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Im Königreich Sommerlund bekämpfen Kriegermönche, Kai Lords genannt, die Schergen der dunklen Herrscher, die das Land ins Verderben stürzen wollen. Bewegt sich das Lone Wolf Adventure Game einfach nur in der breiten Masse der Pen&Paper-Rollenspiele, oder kann es hervorstechen? Einblicke in Welt und Spielsystem gibt es in diesem Ersteindruck.

Das Lone Wolf Adventure Game basiert auf der erfolgreichen Abenteuerspielbuchreihe Lone Wolf von Joe Dever. Bereits 2004 und 2010 gab es erste Versionen eines Rollenspielsystems in Joe Devers Welt (Lone Wolf: The Roleplaying Game und Lone Wolf Muliplayer Game Book), über Kickstarter wurde 2014 schließlich als Weiterentwicklung das Lone Wolf Adventure Game finanziert und 2015 realisiert.

Das Spiel besteht aus drei Büchern: Das Book of Kai Wisdom (Spielleiterbuch), Book of Kai Training (Spielerbuch), sowie das Book of Kai Legends (Abenteuerbuch). Hinzu kommt diverses Material wie Tokens, Karten und Tabellen. Es gibt ein einsteigerfreundliches Read-This-First-Dokument, um absoluten Rollenspielneulingen einen möglichst unkomplizierten Start in die Welt des Rollenspielens im Allgemeinen und das Lone Wolf Adventure Game im Speziellen zu ermöglichen.

Die Spielwelt

Kenner und Fans der Abenteuerbuchreihe werden sicherlich gut über die Spielewelt Bescheid wissen, wer neu ist, findet eine Weltbeschreibung im Book of Kai Wisdom.

Dereinst kämpften die Kräfte des Guten gegen die Mächte des Bösen in der formlosen Leere gegeneinander, erst ein unsicherer Frieden der beiden Seiten ermöglichte es, Welten in dem Universum entstehen zu lassen. Die Götter sahen die entstandene Schöpfung und in ihnen wuchs der Drang, eben jene zu kontrollieren. So zerbrach der Frieden, und Gut wie Böse eroberten die Welten Zug um Zug – alle, bis auf eine. Magnamund, die schönste unter den Welten, blieb unerobert und unbeansprucht. Waren die übrigen Welten gleichmäßig zwischen Gut und Böse verteilt, würde nun diese eine verbleibende Welt die Waage zum Kippen bringen: Magnamund wurde zum zentralen Element im Kampf zwischen den guten und bösen Göttern.

Im Königreich Sommerlund, dem Sonnengott Kai gewidmet, startete Shaen Ruanor, der Baron von Toran, seine Suche nach dem Lorestones of Nyxator. Seine Quest war erfolgreich und mit Hilfe der Lorestones bekam er Zugang zu Weisheit und Stärke. In den westlich gelegenen Hügeln von Sommerlund gründete er die Kai Monastery, in der fortan tapfere Kai Lords ausgebildet wurden, um dem Übel und Bösen in der Welt zu trotzen. Mit einem solchen Kriegermönch als Charakter ziehen die Spieler ins Abenteuer.

Lokales und Historisches ist mit viel Liebe ausgearbeitet
Lokales und Historisches ist mit viel Liebe ausgearbeitet

Der geschichtliche Hintergrund wird mit Liebe zum Detail dargelegt (es gibt eine eigene Zeitrechnung, verschiedene Sprachen, etc.), der bespielbare Teil Magnamunds (The Lastlands, bestehend aus den Königreichen Sommerlund und Durenor, den Wildlands sowie Darklands) wird einzeln aufgeführt und kurz und knapp vorgestellt. Eine entsprechende Landkarte ist ebenfalls vorhanden. Der Aufhänger „Gut gegen Böse“ als Basis der Schöpfung ist ein Klassiker, nicht unbedingt originell, aber solide mit eigenen Inhalten umgesetzt. Die aufgeführten Spielregionen bieten genügend Optionen für viele, unterschiedliche Abenteuer.

Insgesamt ist die Weltbeschreibung eine ziemliche Punktlandung. Es ist nicht zu ausführlich, um überfordert oder gelangweilt zu werden, aber sie bietet genügend Details (z. B. Städte mit Einwohnerzahlen, verfügbare Ressourcen, Währung, etc.), um einen guten Rahmen zu erhalten.

Die Regeln

Das Regelwerk findet sich im Book of Kai Wisdom und ist in Anfänger- und Erweiterungsregeln aufgeteilt. Zuerst werden immer die Einsteigerregeln genannt, die jeweiligen Fortgeschrittenenregeln werden an derselben Stelle aufgeführt, sind aber durch das Textlayout separiert, was sehr zur Übersichtlichkeit beiträgt. Zunächst die grundsätzliche Regelmechanik: Möchten die Spieler eine Handlung ausführen, die ein gewisses Risiko birgt oder eine besondere Leistung darstellt, erfolgt eine Probe auf einen Zielwert, den der Spielleiter entsprechend der Situation festlegt. Es ist vorgesehen, dass die Spieler eine Zufallszahl ermitteln, indem sie ihren Charaktertoken auf die DIN-A4-große Zufallstabelle schnipsen, oder aber mit einem zehnseitigen Würfel (W10) würfeln (wobei hier die 0 nicht 10 ist, sondern tatsächlich 0). Als Standartwert für Proben ist 6 üblich, bei sehr schweren Aufgaben 7, und extrem schwere Aktionen 8. Modifiziert werden kann der Würfelwurf durch erlernte Disziplinen und Wesenszüge (+1 bis zu +3).

Zu den Basiswerten eines Charakters gehört u. A. die Kampffähigkeit, die bei der Charaktergenerierung ermittelt und durch Ausrüstung modifiziert wird. Kommt es zu einem Kampf, wird die Differenz der Kampffähigkeitswerte von der Spielerfigur und dem Gegner errechnet. Der daraus sich ergebende Wert bewegt sich üblicherweise zwischen -11 und +11 und gibt die Spalte in der Kampfergebnistabelle vor. Solange nicht der Gegner wechselt, bleibt dieser Wert bestehen. Um das Ergebnis einer Kampfrunde festzulegen, wird mit dem Wurf des Spielertokens auf die Zufallstabelle oder einem W10 eine Zahl ermittelt, die eine Zeile auf der Kampfergebnistabelle definiert (0-9). In dem sich so ergebenden Feld steht, wie viel Ausdauerschaden sowohl der Spielercharakter, als auch der Gegner erhält. Hier wird also nicht jede Figur nacheinander gewürfelt, sondern der Spielleiter muss lediglich unter Berücksichtigung der jeweiligen Kampffähigkeit seiner Spieler und den erwürfelten Zahlen aus der Tabelle ablesen. Das beschleunigt nicht nur die Kämpfe, sondern ergibt auch eine interessante Kombination aus Zufall und Vorgabe. Im Bereich der Extremwerte auf der Tabelle (-11 / +11) kann es sein, dass beim Spielercharakter bzw. Gegner ein „K“ steht, was „automatically killed“ bedeutet. Mit purem Glück einen starken Gegner zu besiegen, ist demnach nicht möglich.

Kampftechniken - Welcher Kai-Mönch kann ohne?
Kampftechniken – Welcher Kai-Mönch kann ohne?

Prinzipiell funktioniert das Regelsystem und hat höchstens kleinere Unschärfen: Die Dauer einer Kampfrunde wird zwischen zehn Sekunden und eine Minute angegeben – die Spanne ist hier etwas weit gegriffen. Es können Gegnergruppen desselben Typs gebildet werden, die einen Gruppen-Kampffähigkeitswert haben. Dieser Wert verändert sich jedoch mit Dezimieren der Gruppe nicht, was etwas unglücklich ist: Wird beispielsweise eine Gruppe von fünf Giaks auf einen reduziert, kämpft der letzte Giak mit demselben Wert, wie vorher zu fünft. Um den Fluss des Kampfes nicht zu unterbrechen, soll hier nicht neu gerechnet werden.

Charaktererschaffung

Wie bereits erwähnt, ist das gesamte Material des Lone Wolf Adventure Games einsteigerfreundlich, daher gibt es auch einige vorgefertigte Charaktere, mit denen man sofort in das Spiel starten kann. Die Regeln für das Erstellen eigener Spielfiguren finden sich im Book of Kai Training. Dieses Buch ist generell als Buch für Spieler gedacht, denn in den ersten zwei Kapiteln wird die Funktionsweise eines Rollenspiels erklärt und Background zum Leben eines Kai Lords geliefert, ehe es im dritten Kapitel zur Charaktererstellung geht. Hier kann wieder zwischen der Anfänger- oder Fortgeschrittenenvariante gewählt werden. In einzelnen Schritten wird der Charakterbogen im Querformat ausgefüllt. Insgesamt geht die Charakterstellung auch mit allen Punkten der fortgeschrittenen Regeln zügig und gut von der Hand, selbst wer Rollenspielneuling ist, wird schätzungsweise in 30 Minuten fertig sein.

Die Regeln zum Stufenaufstieg finden sich im Book of Kai Wisdom, dem Spielleiterbuch. Abenteuer- oder Erfahrungspunkte sucht man übrigens vergebens: Alle Spielercharaktere starten mit Rang 5 (Aspirant) und steigen nach einem abgeschlossenen Abenteuer automatisch einen Rang auf. Beim Rangaufstieg kann man in der Anfängervariante eine neue Disziplin wählen, mit den Expertenregeln können zudem bestehende Disziplinen verbessert werden, es kommen neue Wesenszüge hinzu, und mit Rang 10 kann eine Disziplin sogar auf das Meisterniveau gehoben werden. Mit Rang 10 endet eigentlich auch die aktive Spielzeit für diesen Charakter. Wem das zu schnell geht, verwendet bei den Expertenregeln das Campaign Play Advancement Chart, bei dem es noch mehr Abstufungen auf dem Weg zur Meisterschaft (Rang 10) gibt. Somit wird es Vielspielern gerecht, ermöglicht es aber auch den Gelegenheitsspielern, mit ihren Figuren in absehbarer Zeit einen hohen bzw. den höchsten Rang zu erreichen.

Was ist eigentlich so ein Kai-Lord?
Was ist eigentlich so ein Kai-Lord?

Erscheinungsbild

Mir lag das gesamte Spielmaterial in PDF-Form vor, daher kann ich zur Qualität der Printversion bzw. der Spielbox, in der alles enthalten ist, nichts sagen. Das Layout ist tadellos, bietet gute Lesbarkeit des Textes, wartet aber auch mit Raum für Verzierungen und Bildern auf. Gut gefällt mir, dass das untere Drittel in allen Büchern aus einem verzierten Kasten besteht, der ein Regeldetail genauer erläutert, einen Sachverhalt erklärt oder Hintergrundinformationen passend zum Seiteninhalt liefert. Öfter gibt es auch Tipps zum Rollenspiel, positiv aufgefallen ist mir der beständige Aufruf zum gemeinsamen Spielen und Spaß haben, kein „gegeneinander“. Im Book of Kai Legends findet man zwei ausgearbeitete (und für den unerfahrenen Spielleiter gestaltete) Abenteuer zum Einstieg, und auch ein komplettes Kapitel, wie eigene Abenteuer gestaltet werden können.

Die Illustrationen sind nicht überragend, aber durchaus gut und passen zum Setting. Alle PDFs sind vollfarbig. Sowohl Inhaltsverzeichnis als auch Index sind überall vorhanden und funktionieren sehr gut. Rechtschreibfehler sind mir keine aufgefallen, das gesamte Material macht einen professionellen Eindruck.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Cubicle 7 Entertainment Ltd
  • Autor(en): Joe Dever, August Hahn, Gary Astleford, Richard Harrison
  • Erscheinungsjahr: 2015
  • Sprache: Englisch
  • Format: PDF
  • Seitenanzahl: drei Bücher mit 96, 64 und 80 Seiten
  • ISBN: 978-0-85744-267-3
  • Preis: 19,09 USD
  • Bezugsquelle: DriveThruRPG

 

Bonus/Downloadcontent

Auf rpgnow.com gibt es einen Lone Wolf Adventure Game – Sampler kostenlos zum Download. Einige von Joe Devers Spielbüchern, sowie offizielles Material, gibt es auf der Seite von Project Aon.

Fazit

Das Basisset des Lone Wolf Adventure Games bietet für einen fairen Preis umfangreiches und hochwertiges Material. Die Welt hat ihre eigene Geschichte und wirkt gut durchdacht. Die Wahl der Ortsnamen empfinde ich jedoch stellenweise als etwas unglücklich, wer kann zum Beispiel „Dajdokriitzka“ auf Anhieb aussprechen? Die Karten wirken auf mich etwas „überbeschriftet“, wirklich alles ist benannt und lässt keinen Raum mehr für Eigenkreationen. Für Einsteiger ist das sicherlich in Ordnung, erfahrene Rollenspieler mögen sich vielleicht etwas eingeengt fühlen. Wer zudem auf Rassen- bzw. Klassenvielfalt steht, und gerne aus den Vollen schöpft, wird nicht auf seine Kosten kommen: Jeder Spielercharakter ist ausnahmslos ein Kai Lord und kann nur durch unterschiedliche Disziplinen und Wesenszüge individualisiert werden. Zudem können nur Charaktere mit ausschließlich guter Gesinnung gespielt werden.

Beim Schnipsen eines Tokens auf das Blatt mit den Zufallsnummern habe ich bei intensiver Anwendung in einer Spielsitzung Bedenken, erfreulicherweise kann aber problemlos ein W10 verwendet werden. Für normale Fertigkeitsproben funktioniert das 1W10-System, die erlernten Disziplinen könnten etwas stärker die Probe beeinflussen, um gelernt/ungelernt deutlicher zu unterscheiden. Das Abhandeln eines Kampfrundenergebnisses über die Tabelle mit nur einem W10-Wurf beschleunigt zwar den Kampf, ist aber schon arg minimalistisch. Fans von Würfelpools bzw. Attacke/Parade-Würfelgefechten werden enttäuscht sein. Zudem würfelt man generell als Spielleiter nur selten, im Kampf eigentlich nie, was wohl auch Geschmackssache ist.

Dieser Ersteindruck basiert auf dem Lesen des Materials, dem Erschaffen einer Spielfigur, sowie dem Würfeln etlicher Kämpfe. Zudem habe ich das Abenteuer „The Lost Caravan“ in meiner Spielrunde als Oneshot gespielt (drei Spieler, ich als Spielleiter). Ein ausführlicher Spieltest ist nicht vorgesehen.

Artikelbilder: Cubicle 7 Entertainment Ltd
Dieses Produkt wurde kostenlos als PDF zur Verfügung gestellt.

Über den Autor

Kilian Braun ist seit vielen Jahren Phantastikfan und leidenschaftlicher Spiele-Spieler. Über DSA kam er zum Tischrollenspiel und probiert mittlerweile gern unterschiedliche Systeme aus. Er ist Autor von Romanen und Kurzgeschichten im Bereich Fantasy und Science-Fiction.

 

 

 

 

11 Kommentare

  1. Die Spielbeschreibung finde ich im Haupttext recht gelungen. Das Fazit dagegen ist leider ein Totalausfall.
    Nachvollziehbare Bewertungskriterien fehlen vollständig. Stattdessen werden unbegründete Geschmacksurteile abgegeben, die noch nicht mal einen Bezug zu den Intensionen des Spiels erkennen lassen. Dabei wurde das zentrale Anliegen des Spiel anscheinend sogar bemerkt („um absoluten Rollenspielneulingen einen möglichst unkomplizierten Start in die Welt des Rollenspielens im Allgemeinen“ [zu geben]).

    Anders gesagt: Das Spiel wird im Wesentlichen an seinen Design-Entscheidungen vorbei bewertet. Von einem Lizenzprodukt darf nicht unbedingt eine „originelle Spielwelt“ erwartet werden – aber eine Umsetzung, die dem Original gerecht wird. Die wohl gewünschten taktischen Finessen sind für ein Design, das sich bewusst dafür entschieden hat die Spielbuch-Regeln zu einem Vollrollenspiel auszubauen … reichlich fehl am Platz.

    Was man kritisieren könnte wäre z.B. das Einsteigerabenteuer, das nicht so gelungen ist, da es Logiklöcher hat und deutlich mehr wie ein Tutorial wirkt, als es müsste. Man könnte auch (falls es so empfunden wird) kritisieren, dass die Design-Entscheidung auf den Spielbuchregeln aufzubauen für ein RSP aus diesen oder jenen Gründen nicht funktioniert. Und so weiter …

    Fazit:
    Schade, dass sich hier eine an sich ganz gelungene Spielbeschreibung über ein unpassendes Fazit und eine – selbst unter Berücksichtigung des Fazits – nicht nachvollziehbare Bewertungsgrafik selbst entwertet.

  2. Ach! Ich kenne das noch aus den Anfängen, als es noch Bücher waren, wo am Ende eines Absatzes man sich entscheiden oder Würfeln musste, um dann auf einer ganz anderen Buchseite weiterzulesen. Diese Bücher haben mich damals durch viele rollenspiellose langweilige Dorfabende gebracht. Ich hab sie sehr geliebt.

  3. Hallo Athair,

    vielen Dank für deine Rückmeldung. Was sind für dich „nachvollziehbare Bewertungskriterien“? Ich habe es nicht als zentrales Anliegen des Spieles verstanden, nur und ausschließlich Rollenspiel-Neulinge zu bedienen. Dass es eine Einstiegshilfe gibt, finde ich gut, aber das allein war für mich kein Indikator, dass es nur für Neulinge angedacht ist. Erfahrene Rollenspieler werden anders an ein System herangehen und auch andere Ansprüche haben – es wird immer auch der persönliche Geschmack entscheiden, ob einem das Produkt letztendlich gefällt oder nicht.

    Kenntnis der Spielbücher und Welt von Joe Dever habe ich nicht, und habe somit auch das Rollenspiel unabhängig davon beurteilt. Wenn es Voraussetzung ist, hiermit schon vertraut zu sein, muss dies meines Erachtens nach ausdrücklich erwähnt werden. Ich habe es nicht als Regelumsetzung der Spielbücher in den Pen&Paper-Bereich verstanden, sondern als eigenes, unabhängiges Spiel – so bin ich an das Material herangegangen und habe es bewertet.

    Das Einsteigerabenteuer fand ich zum Beispiel inhaltlich völlig in Ordnung: Schritt für Schritt wird man in die Spielmechanik und die Welt eingeführt und kann ohne großes Regelbuchlesen gleich loslegen. An dieser Stelle benötige und erwarte ich keine Raffinesse oder eine tiefgehende Story, sondern eben genau diesen Tutorialcharakter. Das ist für mich kein Negativkritikpunkt.

    Ich möchte mich entschuldigen, wenn im Fazit zu sehr mein persönlicher Geschmack und Beurteilung eingeflossen ist. Es ist wohl eher eine Zusammenfassung und Aufzählung der Pros und Cons angemessen. Ich werde zukünftig besser darauf achten. Ich habe auch die Rückmeldungen aus meiner Spielrunde beachtet, um verschiedene Einschätzungen zu hören. Wir waren hier jedoch sehr ähnlich im Eindruck. Kannst du mir ein Beispiel für ein „unbegründetes Geschmacksurteil“ geben? Danke!

    Viele Grüße,
    Kilian

  4. … ist leider (?) ziemlich lang und ausführlich geworden. Vielleicht magst du’s trotzdem lesen:

    Naja. Nachvollziehbare Bewertungskriterien ergeben sich für mich aus der Beobachtung des Vorhandenen. Daraus ist abzuleiten, was das Spiel will, welche Designziele es verfolgt, an wen es sich richtet, … Eigene Erwartungen sind nur insofern relevant, als dass sie sich aus dem vorliegenden Bild- und Textmaterial speisen. Eigene Präferenzen sind für die Bewertung nicht relevant, denn sie sagen nur was über den Leser/Rezensenten und kaum was über das Produkt.

    Am besten zeige ich aus dem Obertext, welche Bewertungskriterien anzulegen gewesen wären. Der passt ja.

    „Im Königreich Sommerlund bekämpfen Kriegermönche, Kai Lords genannt, die Schergen der dunklen Herrscher, die das Land ins Verderben stürzen wollen.“
    => Daraus wäre abzuleiten: Im Spiel müssen Kai Lords gespielt werden können. Da die meisten Rollenspiele aber nicht alle weitere Charakterklassen anbieten, könnte man vermuten, dass das auch hier der Fall sein könnte. Als Erwartung darf ich es aber nicht annehmen. Zum einen handeln die Spielbücher der Reihe „Lone Wolf“ fast ausschließlich von Kai Lords (=Markenkern der Lizenz) und zum anderen gibt es auch Rollenspiele wie Mage, bei dem man nur Magier spielt oder Spiele wie Prince Valiant Storytelling, bei dem man vornehmlich Ritter spielt.
    Ähnliches kann man über Diversifikation via Spielregeln und besondere Charakterfähigkeiten sagen. Auch hier gibt es wenig Gründe anzunehmen, dass das Spiel das liefern müsste. Ich jedenfalls fände die Begründung „weil DSA und Pathfinder das so machen und weil ich das mag“ jedenfalls komisch.
    => Beine „Bewertung“ geht da gar nicht auf den beobachteten Befund ein sondern es heißt schlicht:
    „Wer zudem auf Rassen- bzw. Klassenvielfalt steht, und gerne aus den Vollen schöpft, wird nicht auf seine Kosten kommen: Jeder Spielercharakter ist ausnahmslos ein Kai Lord und kann nur durch unterschiedliche Disziplinen und Wesenszüge individualisiert werden. Zudem können nur Charaktere mit ausschließlich guter Gesinnung gespielt werden.“

    Nächster Teil: Zum Setting wird im oberen Teil folgendes als Zusammenfassung geschrieben:
    „Insgesamt ist die Weltbeschreibung eine ziemliche Punktlandung. Es ist nicht zu ausführlich, um überfordert oder gelangweilt zu werden, aber sie bietet genügend Details (z. B. Städte mit Einwohnerzahlen, verfügbare Ressourcen, Währung, etc.), um einen guten Rahmen zu erhalten.“
    Im Fazit schreibst du dann:
    „Die Welt hat ihre eigene Geschichte und wirkt gut durchdacht. Die Wahl der Ortsnamen empfinde ich jedoch stellenweise als etwas unglücklich, wer kann zum Beispiel „Dajdokriitzka“ auf Anhieb aussprechen? Die Karten wirken auf mich etwas „überbeschriftet“, wirklich alles ist benannt und lässt keinen Raum mehr für Eigenkreationen. Für Einsteiger ist das sicherlich in Ordnung, erfahrene Rollenspieler mögen sich vielleicht etwas eingeengt fühlen.“
    … finde ich etwas seltsam.
    1) Was sucht das „Namensproblem“ denn plötzlich im Fazit. Und ja, ich konnte das gleich aussprechen. Aber ich fand den Vulkan Ejyafjallajökull (bei dessen Ausbruch sich Nachrichtensprecher.innen 2010 immer wieder verhaspelt haben) auch nicht so schlimm. Insgesamt gibt es im Fantasyrollenspielbereich wesentlich Komplizierteres.
    2) Den Eindruck der „überbeschrifteten Karte“ … kann ich ein Stück weit nachvollziehen. Nur: Was hat das mit Einschränkungen zu tun (außer dass da halt schon ein Name steht). Das ja muss a) nicht bedeuten, dass die so abgebildeten Orte alle überhaupt eine Geschichte haben (und detailiert beschrieben sind wie in Aventurien) und b) hat die Präferenz für oder gegen eine eng beschriftete Karte keinen ersichtlichen Zusammenhang mit „Neulingen“ oder „erfahrenen Rollenspielern“ und c) auch hier die Frage: Was hat die Anmerkung im Fazit verloren?

    Gut: Ehe ich hier noch ewig weiterschreibe.
    Mein Problem mit den FAZIT:
    a) Da tauchen plötzlich ganz neue Beobachtungen auf. Das ist nicht der Sinn von einem Fazit. Da geht es um Bündelung oder eine abschließende Beurteilung ,…

    b) Das Fazit soll die visuelle Beurteilung (Daumen) widerspiegeln. Das tut es aber nicht. Stattdessen finde ich Formulierungen wie diese: „arg minimalistisch“ oder „was wohl auch Geschmackssache ist“. Findest du das Kampfsystem, das du mMn erfolgreich als minimalistisch nachgewiesen hast gut oder schlecht? Und vor allem: Passt es zu dem, was das Spiel will? Beide Fragen müssten beantwortet werden. Das fehlt. Dem Daumen nach würde ich vermuten, dass dir die Ausführung eher nicht gefällt. Mehr als diese Vermutung kann ich aber nicht anstellen.

    c) Du schreibst davon, dass deine Bewertung (auch? nur?) auf eueren Spieleindrücken beruht … aber welche ihr da gemacht habt, das fehlt.

    d) Man kann im Fazit ganz viel über den eigenen Geschmack schreiben. Man kann darüber schreiben inwiefern das Spiel die eigenen Präferenzen bedient (was du wohl auch gemacht hast). Das hilft durchaus einzuschätzen, ob das Spiel was für mich ist oder nicht. Damit können Zielgruppen bestimmt werden.
    Um aber die Qualität eines Spiel zu beurteilen, muss ich mich daran orientieren ob es seine selbstgesteckten Ziele erreicht oder nicht. Mein Geschmack ist dafür höchstens am Rand relevant.

    Addendum:
    Zur Zielgruppe der Neulinge: MMn richtet sich das Spiel v.a. aber nicht nur an Neulinge. Dafür spricht, dass das Spiel umfangreiche „Tutorial-Materialien“ – „Read this first“, „Tutorial-Abenteuer“, Basis-Regeln (die getrennt von den Ausauregeln gehalten werden) und weitere Abenteuer, die den Handlungsspielraum der SL sukzessive erweitern sollen.

    Zu den Spielbüchern: Man muss das Originalprodukt nicht kennen, um das Rollenspiel zu spielen. Muss man bei vielen anderen Lizenz-RSP auch nicht. Wenn man aber ein Lizenzprodukt beurteilen mag, dann sollte man die Elemente der Marke im Blick haben. Bei der Umsetzung eines Star-Wars-Rollenspiels geht es ja auch darum „großes Kino“, „Western-Wuxia-Märchen in Space“, „Psi-Kriegermönche mit Lichtschwertern“ sowie „Macht und Korruption“ abzubilden. Die Erwartung hier plausible Erklärungen für Zukunftstechnologien oder Gesellschaftsmodelle zu bekommen, die im SF-Bereich auch üblich sind und ich ich viel lieber können mag, wären keine geeigneten Bewertungskriterien.

    Zur Fazit-Gestaltung: Man kann das mehrgliedrig aufbauen. Zum Beispiel a) Erfüllt das Spiel seine eigenen Ziele/Interessen? Warum/warum nicht? b) Welche Interessen hatte ich?/ War das Spiel was für mich?/ Hat es meine Wünsche erfüllt?/ Haben meine Erwartungen zu dem gepasst, was das Spiel liefern wollte? und c) Für wen ist das Spiel was?
    Zur Bewertungsgrundlage erheben kann ich aber nur v.a. a). Wenn das Spiel bei mir falsche/richtige Erwartungen weckte und das als Verschulden des Spiels anzusehen ist, dann wäre das auch zu berücksichtigen.

    Beste Grüße
    daniel

    • Hallo Daniel,

      selbstverständlich habe ich es gelesen (und jetzt auch den Antworten-Knopf gefunden …). Ich verstehe jetzt deine Kritikpunkte gut und werde das auf jeden Fall bei einem nächsten Artikel sehr gerne berücksichtigen. Die Gestaltung des Fazits habe ich falsch interpretiert und umgesetzt, es ist überwiegend eine „Persönliche Meinung“, kein Fazit. Wer Kriegermönche in einer soliden Fantasywelt mit unkomplizierten Regeln spielen möchte, ist in der Tat hier richtig. Gleichwohl bin ich der Meinung, dass sich jedes Produkt immer auch ein Stückweit mit seinen „Marktbegleitern“ (wie es so schön heißt) messen lassen muss, aber ich sehe ein, dass dies bei mir vermutlich zu deutlich passiert ist. Meine Daumen-Bewertung ändert das rückblickend allerdings nicht: Das Lone Wulf Adventure Game empfinde ich insgesamt als „ok“, d.h. weder besonders gut, noch besonders schlecht. Auf der Daumen-Skala von 1-6 ist das für mich eben eine klare 3.

      Besten Dank für deine Kritik, nur so kann ich die Gestaltung des Fazits nächstes Mal besser machen. Mich würden weitere Meinungen zu dem Problemteil „Fazit“ des Artikels interessieren.

      Viele Grüße,
      Kilian

      PS:
      Material für Neueinsteiger ist meines Erachtens nach heute Standart bei jedem (halbwegs neuen) Rollenspiel und keine besondere Auffälligkeit – meine persönliche Meinung

      Bei einer überwiegend „leeren Karte“ wissen Neulinge u. U. nicht, was sie hier tun sollen, erfahrene Rollenspieler haben damit für gewöhnlich gar keine Probleme (sondern genießen den Freiraum?) – meine persönliche Meinung

      Das „Würfel“-System gefällt mir nur wenig, weder im Kampf, noch bei den Fertigkeitsproben. Das war auch der Tenor meiner Spielrunde; es trübt für mich den gesamten Spaß am Spiel – meine persönliche Meinung

      Nur Kriegermöche spielen zu können ist mir einfach auch für ein Lizenzprodukt zu eindimensional und unflexibel. Beispiel: Bei Star Wars kann ich unterschiedlichste Charaktere wählen, eben nicht nur „Jedi“ – meine persönliche Meinung

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