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Nach dem Debakel von Spider-Man 2 hatte Sony seine weiteren Pläne für eigene Filme über die menschliche Spinne auf Eis gelegt. Stattdessen gab es einen Deal mit Marvel, und in Civil War war Tom Hollands Spider-Man auch das erste Mal zu sehen. Kann Marvels Version von Spider-Man auch alleine überzeugen?

Im Titel steht, dass das Review spoilerfrei sein wird. Und das ist auch weitestgehend korrekt. Um die Geschichte aber grob zu umreißen, werden zumindest die Dinge, die in den ersten 15-20 Minuten des Films passieren, kurz angerissen. Genau genommen könnte man diese Informationen Spoiler nennen, aber es sind in diesen Minuten keine Überraschungen versteckt, sodass es den Filmgenuss nicht beeinträchtigen sollte, wenn man bereits über diese Informationen verfügt.

Spider-Man ist einer der bekanntesten und beliebtesten Helden aus dem Hause Marvel, und das nicht nur in den Comics, sondern auch auf der Kinoleinwand. Kein Wunder also, dass Sony, die die Filmrechte an der Figur besitzen, wieder und wieder Filme, die von der Spinne handeln, auf eben diese Leinwand bringen. Doch nachdem bei der ersten Reihe (2002-2007) von Sam Raimi der dritte Teil fürchterlich schlecht war und bei der darauffolgenden Amazing Spider-Man-Reihe (2012-2014) bereits beim zweiten Teil so gar nichts mehr stimmen wollte, mussten neue Lösungen gesucht werden. Und so erfüllte sich der Traum vieler Fans, und Spider-Man wurde endlich Teil des Marvel Cinematic Universe (MCU). Seinen ersten Auftritt sollte er in Captain America: Civil War haben, gefolgt von einem eigenständigen Film, der aber nichtsdestotrotz Teil des MCU sein sollte. Genau dieser Film ist nun unter dem Titel Spider-Man: Homecoming im Kino angekommen.

Story

Der Film beginnt mit einer Rückblende in die Zeit kurz nach dem Angriff der Chitauri auf New York, den die Zuschauer im Film The Avengers bestaunen durften. Ein Team des Unternehmers Adrian Toomes (Michael Keaton) hat einen Großauftrag zur Beseitigung der Schäden erhalten und dafür weitere Leute eingestellt und neue Maschinen angeschafft. Doch die Arbeit wird unterbrochen durch das Eintreffen von Mitarbeitern des Department of Damage Control, das in Zusammenarbeit mit der US-Regierung und Stark Industries gegründet wurde und die Arbeiten von nun an leiten wird, um sicherzustellen, dass keine Alien-Technologie in die falschen Hände gerät. Toomes ist den Job los, und seine Firma steht vor dem Ruin. Doch glücklicherweise liefen die Arbeiten bereits einige Zeit, und auf einem seiner Pick-ups lag noch ein Fundstück vom Vortag, das Toomes, um seine Mitarbeiter und seine Familie weiter versorgen zu können, zusammen mit seinem Techniker Phineas Mason (Michael Chernus) auseinandernimmt, statt es der Regierung zu übergeben.

Danach macht die Handlung einen Sprung von acht Jahren (was bedeutet, dass Spider-Man: Homecoming entweder im Jahr 2020 spielt oder die Handlung von The Avengers nicht 2012, wie bisher gedacht, sondern 2009 stattgefunden haben muss). In kurzen Szenen, die Peter Parker mit seinem Handy aufgenommen hat, wird gezeigt, was kurz vor und während des großen Kampfes von Helden gegen Helden in Captain America: Civil War stattgefunden hat. Nach diesem Kampf wird Happy Hogan (Jon Favreau) zu Spider-Mans Aufpasser ernannt, und Spider-Man erhält den Auftrag, sich erst einmal zurückzuhalten und zu lernen. Den von Tony Stark (Robert Downey Jr.) gebauten Spider-Man-Anzug darf er dafür aber behalten.

Auf geschickte und schnelle Art wird so in wenigen Minuten die Situation gezeigt, in der die beiden Hauptfiguren des Filmes sich gerade befinden, beziehungsweise was ihre grundlegenden Ziele sind. Toomes fühlt sich ungerecht behandelt von „denen da oben“, die erst die halbe Stadt zerstören und dann auch noch von den Aufräumarbeiten profitieren, während Peter Parker versuchen will, Tony Stark zu beweisen, dass er für die Avengers bereit ist.

Doch neben seinen ersten Gehversuchen als Held, bei denen er so wichtige Dinge tut wie einen Fahrraddieb zu stellen, ohne zu wissen, wem das Fahrrad eigentlich gestohlen wurde, muss Peter sich auch weiterhin mit der Highschool auseinandersetzen. Denn seine Leistungen dort leiden unter dem Doppelleben. Und was wäre so ein Teenagerleben ohne Probleme mit dem anderen Geschlecht? In diesem Fall ist es seine Klassenkameradin Liz, deren Herz Peter gerne erobern würde. Es fehlt ihm jedoch der Mut, sie zum Homecoming-Tanz einzuladen.

Natürlich trifft Spider-Man im späteren Verlauf des Films auf die Schergen von Toomes, der sich selbst einen geflügelten Anzug gebaut hat, um weitere Technologie zu stehlen. Aber wie genau, und was danach passiert, will ich hier nicht weiter erwähnen. Nur so viel: Der Film kann mit der einen oder anderen Überraschung aufwarten, die man nicht unbedingt kommen sieht.

Darsteller

Für einen guten Superheldenfilm ist der Gegenspieler fast noch wichtiger als der Held, und mit Adrian Toomes / Vulture, gespielt von Veteran Michael Keaton (Batman, Birdman) hat Spider-Man: Homecoming hier einen wirklich guten zu bieten. Denn anders als gewohnt handelt es sich hier um eine Figur mit erheblicher Charaktertiefe, deren Motivation weitgehend nachvollziehbar erscheint. Auch will dieser Gegner nicht die Welt vernichten oder etwas Ähnliches, sondern einfach nur seine Familie weiter ernähren können. Gerade wenn im späteren Verlauf der Handlung nicht Spider-Man und Vulture aufeinandertreffen, sondern Adrian Toomes und Peter Parker, spürt man die immense Erfahrung und das Können von Keaton. Diese Szenen sind brillant inszeniert, werden von beiden Seiten hervorragend gespielt und zählen zu den absoluten Highlights des Films. Auch der 21 Jahre alte Tom Holland macht als 15jähriger Peter Parker eine gute Figur. Sowohl mit als auch ohne Spinnenanzug stellt er die Rolle des unsicheren und unerfahrenen Möchtegernhelden stets glaubhaft dar.

In weiteren Rollen brilliert wie gewohnt Robert Downey Jr. als Tony Stark / Iron Man, ohne jedoch jemals den Focus des Filmes zu sehr an sich zu reißen. Auch andere bekannte Figuren aus dem MCU sind mit von der Partie: Zum ersten Mal seit Jahren gibt es ein Wiedersehen mit Gwyneth Paltrow als Pepper Potts, Jon Favreau hat als Happy Hogan eine mittelgroße Rolle im Film, und in einigen Szenen, die man am ehesten als Cameo bezeichnen kann, taucht auch Chris Evans als Captain America auf. Wie schon in Captain America: Civil War spielt Marisa Tomei wieder Peters Tante May, bei der er wohnt.

Neben diesen bereits bekannten Figuren werden einige neue eingeführt. Auf der Seite der Helden sind das Jacob Batalon als Peters bester Freund Ned, Laura Harrier als Peters Angebetete Liz, sowie die Musikerin Zendaya als die stets schlecht gelaunte aber gewitzte Michelle. Gegen Peter arbeiten unter anderem Tony Revolori als gehässiger Mitschüler Flash, Logan Marshall-Green (Prometheus, Snowden) und Bokeem Woodbine (The Rock, Saving Grace) als zwei Versionen des Schurken Shocker, sowie Michael Chernus (Orange ist the New Black, Men in Black 3) als Phineas Mason / Tinkerer. Die Darstellungen sind durchweg glaubhaft und gelungen, aber den Figuren wird nicht genug Zeit eingeräumt, um ihre Motivationen einzeln nachvollziehen zu können. Ein interessantes Detail: Die Schauspieler aller wichtigen Figuren aus der Stufe von Peter Parker wurden im wahren Leben im Jahr 1996 geboren und sind damit zwar ein gutes Stück älter als die Figuren, die sie verkörpern, aber immerhin alle in etwa gleich alt.

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Inszenierung

Ich habe den Film in einem gigantischen IMAX-Kino in 3D gesehen. Der IMAX-Effekt und die Größe der Leinwand waren dabei beeindruckender als die 3D-Effekte, was ein wenig sonderbar erscheint, da gerade das Schwingen durch die Häuserschluchten New Yorks viel Potenzial für atemberaubende 3D-Fahrten geboten hätte. Aber diese halten sich in Grenzen, und der Film konzentriert sich mehr auf die Charaktere als auf Action. Damit will ich nicht sagen, dass die Action zu kurz käme. Und wenn sie stattfindet, wird sie auch gut in Szene gesetzt. Leider werden dabei manchmal sehr schnelle Schnitte verwendet, sodass es schwer ist, den entsprechenden Szenen wirklich zu folgen.

Musikalisch geht der Film den gewagten Schritt, das bekannte Thema der 1960er-Jahre-Zeichentrickserie über Spider-Man zu modernisieren und als eines der Haupt-Themen des Films zu verwenden. Dieser Schritt gelingt überraschend gut.

Erzählstil

Der absolut überwiegende Teil des Films folgt den Handlungen von Peter Parker. Nur in wenigen Szenen wird ein anderer Teil der Handlung gezeigt, um es dem Zuschauer besser zu ermöglichen, die Geschichte verfolgen zu können und danach passierende Dinge zu erklären. Dies führt jedoch nie dazu, dass Überraschungen nicht funktionieren würden, denn die dazu notwendigen Informationen werden glücklicherweise auch dem Zuschauer vorenthalten.

Wie bei Marvel üblich hat der Film eine gehörige Portion Humor, und im Gegensatz zu einigen anderen Filmen des MCU sind viele der Sprüche gut gelungen. Da Spider-Man auch in den Comics nie um einen Spruch verlegen ist, passen sie umso besser ins Gesamtbild.

Bonus/Downloadcontent

Neben den üblichen Trailern gibt es ein Video mit Szenen von den Dreharbeiten und ein paar Hintergrundinformationen. Es verrät nicht mehr als die Trailer, sodass es ohne Gefahr auf weitere Spoiler angeschaut werden kann,

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Wie üblich für Filme des MCU gibt es während des Abspanns weitere Szenen. Die erste davon kommt bereits recht schnell. Sie zeigt, wie es mit ein paar Figuren weitergeht und gibt damit Hinweise auf die Handlung des nächsten Films. Wer genug Geduld hat, um den kompletten Abspann anzuschauen, wird dafür mit einer weiteren Szene belohnt, die jedoch für keine Handlung von irgendeiner Bedeutung ist. Auf eine etwas gemeine Art und Weise ist sie aber ziemlich lustig.

Fazit

Spider-Man: Homecoming. Der Titel kann auf zwei unterschiedliche Arten verstanden werden. Zum einen kommt Spider-Man mit diesem Film wieder Heim ins Universum der restlichen großen Marvel-Helden. Und zum anderen ist der Homecoming-Tanz ein wichtiger Punkt in der Geschichte des Films. Der Titel ist also in gewisser Weise „meta“. Und er ist nicht das einzige Element des Films, das dieses Prädikat verdient. Der Film ist so voll mit Anspielungen auf Comics, andere Spider-Man-Filme und Serien, andere Filme, in denen die Darsteller mitgespielt haben, oder überhaupt die Popkultur an sich, dass es für aufmerksame Zuschauer eine unglaubliche Anzahl an Kleinigkeiten zu entdecken gibt.

Einige Anspielungen, und was diese möglicherweise für weitere Spider-Man-Filme bedeuten könnten, versteht man nur, wenn man ausreichend Tiefenwissen über sowohl das MCU als auch Spider-Man in den Comics hat. Da die Filme aber eine komplett eigene Geschichte erzählen, kann es sein, dass all dies falsche Fährten sind. Weder muss es eine Bedeutung haben, dass der Onkel von Miles Morales im Film auftaucht, noch muss die Verwandtschaft des Schulleiters zu einem der Howling Commandos wichtig sein. Und auch das Auftauchen der Ultimate Spider-Man-Rüstung oder die Namen, beziehungsweise Spitznamen, diverser Figuren bedeuten zwangsläufig, dass diese in den Filmen eine ähnliche Rolle einnehmen werden, wie dies in den Comics der Fall war. Denn dass die Filme im MCU eine komplett andere Geschichte erzählen als die Comics, ist ja nichts Neues. Und auch in Homecoming ist einiges anders, als man es aus den Comics kennt. Denn dort in Tony Stark nicht der Mentor von Spider-Man, Vultures Fluganzug hat keine Alienursprünge, und Adrian Toomes selbst ist ein sehr alter Mann.

Doch all diese Details lenken in den meisten Fällen nicht zu sehr von der eigentlichen Geschichte des Filmes ab. Grundlegend verankert im MCU, welches die Basis für die Motivationen der beiden Hauptfiguren liefert, funktioniert diese Geschichte komplett auf sich alleine gestellt. Ein schwieriger Spagat, der aber gut gelungen ist. Und dass die Kooperation nicht nur eine einmalige Sache war, sieht man daran, dass Avengers: Infinity War im Jahr 2018 der nächste Film sein wird, in dem dieser Spider-Man zu sehen ist.

Unsere Bewertung

Artikelbild: ©Marvel Studios

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