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Valerian, klassische, französische Comic-Science-Fiction. In zwei detailreichen, farbenfrohen, lustigen und auch spannenden Geschichten erzählen uns Zeichner Piere Christin und Autor Jean-Claude Mezieres die Abenteuer der beiden Raum-Zeit Agenten Valerian und Laureline, die es mit den verrücktesten außerirdischen Kreaturen aufnehmen, um Erde und Sternenreiche vor dem Untergang zu retten.

Der dem klassischen Franko/Belgischen Stil angehörige Comic Valerian wurde 1967 erstmals im französischen Magazin Pilote veröffentlicht, und erschien in Deutschland zunächst ab 1972 im Magazin Zack unter dem Namen Valerian und Veronique. Ab 1978 veröffentlicht der Carlsen Verlag die Geschichten als Comicbände und in Sonderausgaben wie Dieser. Weshalb damals der Name des weiblichen Protagonisten geändert wurde ist nicht bekannt. Vielleicht fand man, dass eine Alliteration einfach besser klang.

Das vorliegende Buch bedeutet für mich eine kleine, nostalgische Reise in meine Kindheit. Fühle ich mich doch beim Lesen zurückversetzt in die städtische Bücherei. Wo ich auf einem etwas durchgesessenen, weißen Sofa hocke und, während meine Muttern im Gebäude gegenüber einen Amtsbesuch macht, die Abenteuer der beiden Helden in mich hineinschlinge. Fasziniert von den detailreichen, bunten Bildern und den ungewöhnlichen Geschichten, die von einer glorreichen Zukunft der Menschheit, zwischen den Sternen erzählen. Später bin ich dann auch allein dort hin getigert, nur um zu schauen, ob ein neuer Band der Reihe vorlag und diesen dann genüsslich zu lesen. Zusammen mit Isnogud, den ich ebenfalls dort entdeckte, war dies mein Einstieg in die Comicwelt. Heute sehe ich die teils kritischen Untertöne und manchmal ins Extreme überzogene Skurrilität einiger Charaktere mit den Augen eines Erwachsenen, und werde mir am Ende dieses Artikels ein Fazit über den Inhalt des Sammelbandes erlauben.

Handlung

„Im Reich der tausend Planeten“

In der ersten Geschichte des Bandes, die ursprünglich Band Zwei der Reihe ist, werden die Agenten des Raum-Zeit-Service Valerian und Laureline beauftragt den Planeten Syrtis inkognito zu besuchen. Dieser ist der Mittelpunkt eines gewaltigen, außerirdischen Imperiums, das als potentielle Gefahr für die Erde und die mit ihr Verbündeten Welten angesehen wird. Jedoch noch nicht in der Lage ist, Raum-Zeit Sprünge durchzuführen, was momentan noch Sicherheit gewährt. Man soll herausfinden, ob Expansionspläne bestehen und wie weit fortgeschritten die Technologie dieses Reiches ist. Nachdem die Beiden gelandet sind, gelingt es ihnen schnell herauszufinden, dass es mit der Technologie verhältnismäßig nicht weit her ist, und die feudal orientierte Gesellschaft sich im Umbruch befindet. Sogenannte Kundige horten die fortschrittlichsten Technologien für sich selbst und flüstern, verborgen hinter stählernen Masken, der dekadenten Herrscherkaste süße Nichtigkeiten ins Ohr. Sie sind die wahren Herrscher des Reiches und unterdrücken, während der Adel luxuriöse Nabelschau betreibt, brutal das Volk, das in Elend und Hunger lebt. Die Helden wären nun keine Solchen, wenn sie sich nicht einer Rebellion anschließen und ihr Möglichstes tun würden, um die finsteren Geheimnisse der Kundigen aufzudecken.

„Botschafter der Schatten“

In der zweiten Geschichte sind die Bezüge zum Film schon eher zu erkennen, wenn man den bis dato bekannten Trailer betrachtet. Valerian und Laureline werden, sehr zum Missfallen Laurelines, damit beauftragt den arroganten Botschafter der Erde zum gewaltigen, künstlichen Planetoiden Central City (im Film Alpha genannt) dem Sitz des galaktischen Rates, zu begleiten. In diesem Jahr ist es zum ersten Mal an der Erde den Vorsitz des Rates zu übernehmen, und der Botschafter ist sehr darauf erpicht, den anderen, seiner Meinung nach primitiveren Rassen zu zeigen, dass die Menschen diesen Posten in Zukunft permanent innehaben sollten. Doch kaum im Habitat der Menschen eingetroffen, wird die Delegation von Aliens angegriffen, die den Botschafter entführen. Valerian, der zunächst allein die Verfolgung aufnimmt, wird ebenfalls nach kurzer Zeit gefangen genommen. Nun liegt es an der cleveren und hartnäckigen Laureline, zusammen mit dem etwas naiven Majordomus des Habitats, die Hintergründe der Entführung aufzuklären, und den Botschafter zu finden, bevor dieser, in wenigen Stunden, sein Amt antreten muss. Ein Rennen gegen die Zeit, durch die unterschiedlichsten Bereiche Central Citys, beginnt.

Charaktere

Valerian und Laureline sind Charaktere voller Ecken und Kanten. Was gerade in der zweiten Geschichte deutlich wird. Sie verabscheut die Überheblichkeit des Botschafters, Valerian hingegen, ist von seinem starken Auftreten angetan und bewundert ihn sogar etwas. Er ist bisweilen ein wenig kurzsichtig und machohaft, was Laurelines volatiles Temperament schnell überschäumen lässt. Dies fügt sich gut in den, für die damalige Zeit noch etwas ungewöhnlichen, Grundtenor von Gleichberechtigung und Toleranz, der sich als roter Faden durch die Serie zieht. Die Aliens sind rundweg skurril und teils bizarr entworfen. Jedoch sind ihre Darstellung und Rollen gut durchdacht, und ergeben ein höchst unterhaltsames Bild von einer Multi-Spezies Gesellschaft, die einander toleriert und doch ihre jeweilige Identität bewahrt, sowie dabei weit möglichst friedlich koexistiert.

Zeichenstil

Der Zeichenstil ist natürlich für heutige Konsumenten arg gewöhnungsbedürftig. Kein Vergleich zu den heutigen in Hochglanz, 3D, computeroptimierten, cineastisch orientierten Bilderfluten. Veraltet? Sicher. Nostalgisch? Klar. Zeitlos künstlerisch? Auf jeden Fall!

 Junge Leser mögen enttäuscht sein, von den klar abgegrenzten Panels, der linearen Erzählweise und der etwas schwachen Farbpalette. Doch möchte ich zu bedenken geben, das damals jedes Original dieser Panels noch von Hand gezeichnet, getextet und coloriert wurde, bevor es in den Druck ging. Die Zeichnungen sind liebevoll und voller Details, wie sie heutzutage kaum mehr zu finden sind. Carlsen tut gut daran, diese Bücher nicht digital aufzuhübschen oder zu sehr am Format herum zu pfuschen. Zwar ist der vorliegende Band ein wenig kleiner als die originalen Comicalben, aber längst nicht so klein, dass seine Zeichnungen an Pracht einbüßen.

Erscheinungsbild

Der vorliegende Band ist vollfarbig, in einem eigenen Sammelband-Format, mit semi-hartem Karton-Einband. Das Cover zeigt die beiden Helden in einer klassischen Titelbild-Pose, vor einem sternenübersähten Nachthimmel an dem ein Mond und ein Planet aufgehen. Die Rückseite, des insgesamt Nachtblau gehaltenen Umschlages, zeigt die Titelbilder der ursprünglichen Ausgaben und gibt eine kurze Synopsis der Hauptgeschichte der Comicreihe.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Carlsen
  • Autor(en): Piere Christin
  • Zeichner(in): Jean-Claude Mezieres
  • Erscheinungsjahr: 2017
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Sammelband
  • Seitenanzahl: 96
  • Preis: 9,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Kein Bonus Inhalt

Fazit

Ein Comic-Klassiker für Science-Fiction-Fans, Freunde des Franko/Belgischen Stils und jene die sich für die Ursprünge von Luc Bessons Blockbuster interessieren. Detailreich und spannend werden zwei Episoden aus der ursprünglichen Kontinuität der Valerian und Laureline-Reihe erzählt, die als Inspiration für den Kinofilm dienten. Was mir besonders gefällt, ist das die Filmemacher einige der faszinierenderen Alien-Designs und Bilder aus den Büchern beinah unverändert in den Film übernommen haben, und somit Zeichner und Autor ein würdiges Denkmal setzen. Unterhaltsam sind die Geschichten allemal, wenngleich sie auch für moderne Lesegewohnheiten etwas angestaubt daherkommen.

Die lineare Erzählweise, klar abgegrenzte Panels und die nicht-digitalen Zeichnungen werden vielleicht das jüngere Publikum abschrecken. Kenner und Aufgeschlossene werden jedoch eine Perle der Comic-Kultur vorfinden, die handwerklich auf höchstem Niveau liegt, und Lust macht die alten Bände wieder hervorzukramen, oder neu zu kaufen. Auffällig ist, dass die Agenten nur im äußersten Notfall auf Gewalt zurückgreifen, um ihre Ziele zu erreichen und sogar feindliche Alien-Söldner nur betäuben, anstatt zu töten. Und selbst dies wird als Akt der Barbarei angesehen. Die Story-übergreifende Botschaft von Toleranz gegenüber dem Fremden, Gleichstellung aller Wesen und dem Streben nach Frieden zwischen den Bewohnern der verschiedensten Welten und Kulturen, ist zeitlos und aktuell wie eh und je.

Artikelbilder: Carlsen Comics
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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