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Willkommen im finsteren Mittelalter, wo die Nacht noch voller Gefahren ist. Verborgen vor den Augen der Sterblichen ergehen die verschiedenen Vampirclans sich in endlosen Intrigen. Novum Castrum bietet dir die Möglichkeit, im Kampf um Macht und Erfolg für einige Nächte als Vampir gegen deine Widersacher Ränke zu schmieden.

Vampire sind unsterbliche Bestien, und die ältesten von ihnen haben schon viele Jahrhunderte voller Politik und Intrigen durch- und überlebt. Das finstere Mittelalter war eine ganz eigene Zeit für die Vampire: Die großen Gruppierungen der heutigen Vampirgesellschaft hatten sich noch nicht gebildet. Die Welt war voller Aberglauben und Fehden, Kriege haben die vampirische Gesellschaft geprägt.

Die Macht über ein Gebiet, die Beziehung zwischen den Clans, Entwicklungen, welche die Vampirgesellschaft noch viele Jahrhunderte formen werden: All das sind die Dinge, die für jeden Charakter auf dem Spiel stehen. Nur wer bereit ist, Risiken einzugehen, kann sein Ziel erreichen – falls ihm seine eigenen Verbündeten nicht in den Rücken fallen und er alles verliert.

Ramona hat schon immer Vampire gespielt. Die Intrigen und die Politik des Vampire Live faszinieren sie, ebenso, dass jeder Charakter sich mit seinen eigenen negativsten Seiten beschäftigen muss.

Das Vorhaben, Vampire Live Dark Ages zu spielen, entstand aus dem Wunsch nach einer Vampire-Con in einem sehr anderen Setting als dem üblichen Vampire the Masquerade. Weshalb gerade Dark Ages diese Faszination auf sie ausübt, hat sie uns im Interview verraten.

Zwei Cons von Novum Castrum gab es bereits. Vor zwei Tagen, am 1. August, ist die Anmeldephase für Novum Castrum III gestartet. Während sie bei Novum Castrum II noch alleine Spielleitung war, steht ihr bei der nächsten Con Oliver zur Seite, um sie tatkräftig zu unterstützen.

Interview

Teilzeithelden: Hallo Ramona. Zuerst einmal danke, dass du dir die Zeit für ein Interview nimmst. Ganz zu Beginn möchten wir erst einmal fragen, was genau Vampire Dark Ages eigentlich ist?

Ramona: Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Wir halten uns nämlich gar nicht an die Zeitspanne, die White Wolf im Regelwerk vorgibt. Stattdessen bewegen wir uns bei Novum Castrum frei und mit Zeitsprüngen zwischen den Cons. Wir nehmen für das Spiel das, was uns an Vampire the Masquerade gefällt, die Intrigen, die Lügen, das politische Spiel, und bringen dies in das düstere, mittelalterliche Setting.

Teilzeithelden: Was fasziniert Dich an diesem Setting am meisten?

Ramona: Mir gefällt dabei sehr, dass die Bedrohung unmittelbarer erscheint als im Vampire Live in der Jetztzeit. Denn es existiert nicht der Anschein von Rechtssicherheit, kein Spieler erwartet im „finsteren Mittelalter“ das Recht auf einen fairen Prozess. Viel eher wird erwartet, sofort gerichtet oder mit einem Gottesurteil konfrontiert zu werden. Da die Camarilla als große Vampirgesellschaft der Neuzeit mit ihren eigenen Regeln fehlt, gibt es auch keinen Überbau aus Gesetzen, die eingehalten werden müssen – der Fürst eines Gebietes kann sich z.B. nur aufgrund persönlicher Macht und seiner Vasallen halten.

Die allgegenwärtige Religiosität und Kirche als mächtige Institution ist ebenfalls ein sehr spannendes Element. Der persönliche Glaube ist fest in den Köpfen der Charaktere verankert. Bei Vampire Dark Ages muss sich jeder mit der Frage nach Verdammnis und Erlösung befassen. Die Frage „Glaubst du an Gott?“ ist im Mittelalter einfach obsolet. Es geht viel eher um die persönliche Beziehung zu Gott: Hasst der Charakter ihn, liebt er ihn, sieht er sich als ebenbürtig oder als verflucht an?

Auch viele Dinge, die beim Vampire Live in der Jetztzeit als gegeben hingenommen werden, sind im Dark Ages ganz anders. Konflikte mit Menschen bestehen nicht darin, dass die Polizei nach einem sucht, sondern darin, dass die Stadtbevölkerung dich verbrennen will. Wer sich mit einem anderen Vasallen gegen den Fürsten verbünden will, muss Risiken eingehen, einen des Schreibens Mächtigen einen Brief verfassen lassen, den ein Bote durch die gefährlichen Wälder trägt, ein Brief, der im Spiel auftauchen kann, statt sich per Smartphone zu unterhalten.

Das düstere Mittelalter

Teilzeithelden: Aber man sollte sich schon mit dem Mittelalter auskennen, wenn man bei Novum Castrum teilnehmen möchte?

Ramona: Wir spielen ausdrücklich nicht in einem historisch korrekten Setting. Die Spiele finden vor dem Hintergrund realer Begebenheiten statt, aber wichtiger als historische Details, sind die düstere und gefährliche Stimmung während des Spiels. Die Tannenburg, in der wir spielen, trägt dabei ganz stark zum Ambiente bei. „GroMi“, also grob mittelalterlich, reicht uns völlig.

Teilzeithelden: Das ist beruhigend. Welche Herausforderungen stellen sich, wenn diese Stimmung erschaffen werden soll? Gibt es Probleme mit dem Mittelaltersprech, das man von den heutigen Mittelaltermärkten kennt oder fällt es den Teilnehmern schwer auf moderne Begriffe zu verzichten?

Ramona: Nein, eigentlich gar nicht. Das Mittelaltersprech haben wir zum Glück gar nicht im Spiel. Einige Charaktere Ihrzen, aber das ist alles. Auch moderne Ausdrucksweisen sind eigentlich kein Problem. Modernes Denken ist manchmal schon schwieriger, wenn jemand zum Beispiel bewusst als Ketzer auftritt und ihm dann mit weltanschaulicher Toleranz begegnet wird. Aber die meisten Spieler denken sich da sehr gut rein.

Teilzeithelden: Und wie sieht es mit der Gewandung aus? Auf den Fotos sieht man, dass der Standard schon ziemlich hoch ist.

Ramona: Relativ viele Spieler sind auch Fantasy LARPer und haben entsprechend meist eine sehr gute Ausstattung für mittelalterliches Ambiente. Einige schneidern sich auch extra für die Cons etwas. Das finde ich natürlich toll und freue mich immer sehr über schöne Outfits oder Masken. Aber es muss ja auch kein kompliziertes Kleid oder eine große Rüstung sein. Auch mit einer Stoffhose und einem Hemd oder einer einfachen Kutte kann man mitspielen, es muss dann eben nur zum Charakter passen

Zum Beispiel hatten wir den Fall, dass sich jemand sorgte, er müsse, weil er Ventrue spielt, unglaublich viel in eine prunkvolle Ausstattung investieren. Dabei hatten wir den bergischen Füsten, der auf der ersten Con auftrat und ebenfalls ein Ventrue war, ausdrücklich als „einfachen Mann“, einen ehemaligen Fußsoldaten, erstellt, der mit Verachtung auf allen Popanz blickte.

Und wenn jemand wirklich gar nichts hat, soll er sich melden, dann können wir etwas organisieren.

Das Spiel von Novum Castrum

Teilzeithelden: Was willst Du im Spiel erreichen? Wenn die Teilnehmer nach der Con nach Hause fahren, was sollen sie denken?

Ramona: Ich möchte für jede Con erreichen, dass sich niemand unverschuldet langweilt. Jeder Charakter kann über Verknüpfungen und seine eigenen Agenden eine interessante Geschichte erleben. Einige haben sicherlich tragendere Rollen als andere. Aber sie sind so miteinander verknüpft, dass jeder etwas davon hat.

Das hat bisher sehr gut funktioniert. Während der Cons habe ich selbst vieles von dem, was im Spiel passiert ist, gar nicht mitbekommen und bekomme es am zweiten Tag oder zwischendurch erzählt. Da passieren auch immer ganz viele Dinge, mit denen ich gar nicht gerechnet hatte, die nur durch Spieler initiiert wurden. Das ist immer toll! Hinterher gab es sehr viele positive Rückmeldungen, dass jeder das Gefühl hatte, Einfluss auf das Spielgeschehen genommen zu haben.

Teilzeithelden: Was passiert denn im Allgemeinen auf einer Con? Wird viel Politik gemacht oder vieles mit Gewalt gelöst?

Ramona: Das Hauptaugenmerk liegt auf dem politischen Spiel. Natürlich kann es auch zu Kämpfen kommen, aber die sind eher die Ausnahme. Es geht schon mehr um die Intrigen und das Ränkeschmieden mit und gegen die anderen Charaktere.

Teilzeithelden: Was passiert, wenn ein Konflikt eskaliert und ein Charakter stirbt?

Ramona: Das ist bisher noch nicht passiert, zumindest nicht allzu frühzeitig, obwohl es ein paar Mal hätte sein können. In meinen Augen ist es auch Teil des Spiels, immer mit der Angst zu spielen, dass man gleich umgebracht werden könnte. Der Charaktertod macht ja nun mal einen Teil der Bedrohung aus. Generell finde ich es aber schöner für das Spiel, wenn man andere Lösungen findet, als einen Widersacher einfach zu ermorden. Es gibt dafür so viele Möglichkeiten, die allen Beteiligten mehr bringen: öffentliches Demütigen, Zwang oder Diplomatie zum Beispiel. Charaktertod beendet meistens eine Geschichte, ich möchte lieber eine weitererzählen.

Wenn allerdings wirklich ein Charakter vernichtet wird, wird dies Teil des weiteren Spielgeschehens werden. Einen perfekten Mord wird es nicht im Spiel geben, irgendetwas dringt immer ans Licht. So hat auch der Darsteller, der seinen Charakter verloren hat, noch etwas davon und kann zusehen, wie der Tod seiner Figur nicht vergessen wird.

Teilzeithelden: Gibt es auf den Cons eigentlich einen Plot, der gelöst werden muss?

Ramona: Nein, den gibt es nicht. Wie eine Con ausgeht, entscheidet sich vollkommen frei im Spiel. Es gibt eine Ausgangssituation, wie z.B. den Konflikt zweier Parteien. Als Handlung gibt es immer eine Frage und eine Entscheidung, die getroffen werden muss. Um diese Frage dreht sich dann alles, z.B. für welche Seite in dem Konflikt man sich entscheidet.

Das Setting vom Novum Castrum III spielt ein halbes Jahr, nachdem der Vertrag von Thornes unterzeichnet wurde. Dies wird das Spiel also maßgeblich prägen.

Teilzeithelden: Hattest du schon einmal das Problem, dass die Teilnehmer gar nichts gemacht haben?

Ramona: Nein, zum Glück noch nicht. Sicher, manchmal nimmt ein Spieler etwas nicht an und reagiert nicht. Das ist dann schade. Aber das sind wirklich die Ausnahmen. Grundsätzlich besteht das Risiko ja aber in jedem LARP.

Auf der Homepage habe ich geschrieben, dass es keine NSCs gibt. Ich könnte aber auch sagen, dass ich nur mit NSCs spiele, denn jeder Charakter bekommt eigene Verknüpfungen und Ziele und dient damit auch als Spielgeber für andere.

Teilzeithelden: Also werden die Charaktere nicht vollkommen frei geschrieben?

Ramona: Bei den letzten beiden Cons haben die Teilnehmer ihre Charaktere vor dem Spiel bei mir eingereicht. Das reichte von einer Beschreibung in drei Sätzen bis hin zu seitenlangen Charakterhintergründen. Ich habe dann daraus einen ins Setting passenden Charakter gebaut, Verknüpfungen zu anderen Charakteren oder individuelle Ziele vorgeschlagen, die ein Spieler annehmen konnte, wenn er wollte.

Teilzeithelden: Tauchen diese Charaktere eigentlich auf mehreren Cons auf oder ist jede Con ein Reset?

Ramona: Teils, teils. Einige wenige Charaktere werden übernommen, aber viele werden neu sein. Das liegt auch an den großen Zeitsprüngen, denn es wäre schon sehr ungewöhnlich, lauter 500-jährige Vampire herumlaufen zu haben. Es ist zwar schön, wenn Spieler ihre Charaktere lieb gewinnen, aber ich mag auch die Freiheit eines One-Shots. Ich habe den Eindruck, Spieler gehen an Situationen anders heran, spielen mal riskanter oder stecken Niederlagen besser weg, wenn sie wissen, dass sie ihren Charakter nur für dieses Wochenende spielen.

Teilzeithelden: Wie viele Spieler kommen für eine Con zusammen?

Ramona: Wir sind immer um die 40 Spieler. Das ist eine gute Menge, um ausreichend Bewegung und Konflikte im Spiel zu haben.

Das ist die Spielwelt

Teilzeithelden: Sprechen wir von den Vampirclans: Welche können denn bespielt werden? Auf der Homepage sind ja nicht alle 13 Clans aufgeführt.

Ramona: Ja, das stimmt. Bespielt werden können die 7 bekannten Clans, die auch bei Vampire the Masquerade in der Camarilla sind. Dazu kommen noch die Lasombra und bei Novum Castrum III die Giovanni. Auf dem Novum Castrum II gab es erstmals zwei Tzimisce, die als Diplomaten auftraten.

Teilzeithelden: Manchen Teilnehmern sagen diese Namen wahrscheinlich nichts. Was muss ein Einsteiger, der noch gar nichts über die World of Darkness weiß, denn an Vorwissen mitbringen?

Ramona: Tatsächlich gar nicht so viel. Die Clansnamen kann man sich sehr schnell merken. Und wer nur wenig oder gar kein Hintergrundwissen hat, spielt einen Charakter, der dieses Wissen auch (noch) nicht besitzt.

Teilzeithelden: Und wie sieht es mit dem Wissen um die Spielwelt aus? Es gibt ja sicherlich einiges an vampirischer Geschichte, die für die Cons relevant ist.

Ramona: Alle relevanten Informationen finden sich auf der Homepage. Aber das ist überschaubar und sollte keinen Einsteiger abschrecken. Wir spielen ja nun einmal auch im Mittelalter und kaum ein Charakter verfügt über irgendwelche gesicherten Informationen.

Novum Castrum ist so gestaltet, dass auch Anfänger sehr viel Spaß haben können. Ich weise Neuspieler immer gerne darauf hin, dass viele Jahre Spielerfahrung kein Garant für tolles Spiel sind und ich auch schon Neulinge gesehen habe, die alte Hasen an die Wand gespielt haben. Bisher waren tatsächlich alle möglichen Spieler vertreten: Leute, die noch nie ein Rollenspiel betrieben haben, diejenigen, die Vampire nur vom Pen & Paper kannten und Spieler, die schon viel Erfahrung mit Vampire Live hatten. Die meisten sind aber tatsächlich langjährige Vampire-Spieler.

Teilzeithelden: Dann ist Novum Castrum also auf jeden Fall auch für Einsteiger geeignet?

Ramona: Ja, auf jeden Fall. Ich sage immer, dass jeder Vampire Live spielen kann. Ich halte auch gar nichts von „Anfängerclans“ und Ähnlichem.

Schwierigkeiten haben tatsächlich eher die Spieler, die auch Vampire Live in ihren Domänen spielen und das übliche Erzähltempo des Vampire Live gewohnt sind. Während man sich eine Situation in einer Domäne über einige Monate hinweg anschauen kann, ehe man langsam beginnt eine Intrige zu spinnen, bleiben auf einer Con nur zwei Nächte. Für einige Spieler ist das schon eine Umgewöhnung und man muss sie ein bisschen anstupsen, die Spielzeit auch zu nutzen.

Teilzeithelden: Und wie sieht es mit dem Regelwerk aus?

Ramona: Wir verwenden ein sehr vereinfachtes Regelwerk, bei dem man sich nur wenige Werte merken muss. Die Regeln sollten einerseits so einfach sein, dass man sie gut behalten kann, gleichzeitig sollten sie sich so sehr von den vielen gängigen Hausregeln unterscheiden, dass niemand verwirrt wird. Bisher haben sie sich auf jeden Fall bewährt.

Wie kann ich teilnehmen?

Teilzeithelden: Gut, jetzt hast du uns wirklich neugierig gemacht. Wenn wir am Novum Castrum III teilnehmen möchten, wie machen wir das?

Ramona: Beim Novum Castrum III werden wir es etwas anders handhaben als bisher und die Charaktere selbst näher definieren. Wenn ihr mitmachen möchtet, meldet ihr euch an und beantwortet einige Fragen dazu, wie ihr spielen wollt – ob ihr zum Beispiel lieber Geheimnissen nachforscht oder euch der Politik widmet, Freude am reinen Ambientespiel habt oder euch eine führende Rolle zutraut und auch bereit seid, euch im Spiel soweit zurück zu nehmen, dass ihr für andere als Spielgeber fungiert. Außerdem verratet ihr uns, auf welche Clans ihr Lust habt und welche ihr überhaupt nicht spielen wollt. Ihr könnt auch Charakterideen einreichen, im Idealfall vertraut ihr aber einfach darauf, dass wir einen Charakter erstellen, der eurem Spielstil entspricht und im Setting gut funktioniert.

Ihr erhaltet dann eine kurze Beschreibung eines Charakters und könnt sagen, ob dieser euch gefällt oder nicht. Wenn ihr zufrieden seid, erhaltet ihr den ausgearbeiteten Charakter.

Teilzeithelden: Das ist alles? Was müssen wir sonst noch mitbringen?

Ramona: Eine passende Gewandung, die Bereitschaft sich auf das Spiel einzulassen und die Fairness, auch eine Niederlage zu spielen. Denn man kann Vampire Live nie gewinnen.

Teilzeithelden: Das lässt sich machen. Nach all den Informationen sind wir auf jeden Fall gespannt zu hören, was alles auf dem nächsten Novum Castrum passiert ist. Vielen Dank für das Gespräch!

Ihr wollte eure Chronik auch bei uns vorstellen? Dann schreibt eine Mail an frauke.bitomsky@teilzeithelden.de

Artikelbilder: Mit freundlicher Genehmigung von Novum Castrum

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