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Karnak, das einzige Mitglied der königlichen Familie und des Rates der Inhumans, das nie die Terrigenese durchlief. Und dennoch entwickelte er extreme Fähigkeiten. Er ist einer der besten Kämpfer des Marvel-Universums. Dabei hilft ihm seine Gabe, den einen, zerstörerischen Schwachpunkt in allen Dingen zu sehen, auch in Menschen, Konzepten und Welten. Warren Ellis schickt ihn diesmal auf eine philosophische Reise voller Gewalt und Tod.

Erschaffen wurde Karnak im Jahre 1965 von Stan Lee und Jack Kirby als Teil der Inhumans, Marvels Gegenstück zu DCs Neuen Göttern. Sie sind eine Gruppe von ehemaligen Menschen, mit denen das außerirdische Volk der Kree Experimente durchführte, und deren Genstruktur extrem verändert wurde, sodass sie in einem gewissen Alter, durch die sogenannten Terrigen-Nebel besondere Fähigkeiten erlangen und starke, körperliche Veränderungen durchmache, die sie gleichzeitig zu mehr als Menschen und auch weniger menschlich machen.

Karnak von den Inhumans hat sich aus der Zivilisation zurückgezogen und lebt nun als Magister des Turms der Weisheit, umgeben von seinen Schülern, inmitten einer Einöde. Nachdem er starb und mittels seiner Gabe einen Weg aus dem Jenseits zurück in die Welt fand, verbringt er seine Zeit damit über die Sinnlosigkeit des Daseins zu sinnieren und, gelegentlich der Menschenwelt Hilfe zu leisten, um so die Zukunft des Turms zu sichern. Denn seine Dienste sind nicht billig.

Handlung

S.H.I.E.L.D.-Agent Coulson bittet Karnak um Hilfe dabei, einen jungen Mann zu finden, welcher von einer A.I.M.-Splittergruppe entführt wurde. Was die Wissenschaftsterroristen mit dem Teenager vorhaben, ist ihm und seinen Eltern ein Rätsel. Der Junge geriet zwar in die Terrigen-Nebel, als diese über den USA freigesetzt wurden, aber allem Anschein nach hat er, bis auf eine Heilung seiner lästigen Allergien, keinen weiteren Vor- oder Nachteil davongetragen. Seine Eltern sind am Boden zerstört. Karnak, dem Emotionen zuwider sind, verlangt einen hohen Preis von ihnen, willigt aber ein ihn zu finden.

Sein Weg führt ihn zunächst nach Berlin, wo Coulson den Unterschlupf der I.D.I.C. (International Data Integration and Control) Zelle ausfindig gemacht hat. Dort trifft Karnak auf heftigen Widerstand und einen alten Mann, der sich als Priester des neuen Messias ausgibt und Karnak mit extremen, geistigen Fähigkeiten angreift. Vor seinem Tod erzählt der Alte noch davon, dass der Junge etwas Besonderes sei,: „Er ist das Wort. Er ist Freude und Auslöschung.“

In Karnak reift eine Theorie heran, die er kurz darauf Agent Coulson mitteilt,: „Es gibt zwei Möglichkeiten. Erstens, I.D.I.C. ist komplett meschugge, oder I.D.I.C. ist komplett meschugge, hat aber recht. – Überlegen Sie mal. Was, wenn der Junge nur gesagt hat, dass er unverändert ist?“

Ab hier beginnt eine philosophische Orgie der Gewalt und der Glaubenssätze, und darüber, was es heißt ein Mensch und menschlich zu sein, und was passieren kann, wenn man Menschen gibt, was sie wollen.

Charaktere

Karnak ist ein gefühlloser, mörderischer Bastard, und kalt wie eine Hundeschnauze macht er sich daran einen jungen Mann zu finden, der sich von einer Terrorzelle, die sich zu einem reiligösen Kult gemausert hat, entführt wurde. Dabei blitzt jedoch immer wieder durch, dass er nicht gar so kalt und unnahbar ist, wie er sich nach außen hin gibt. Karnak, der in allem und jedem den Makel sehen kann, sieht natürlich auch den eigenen. Und um diesen zu verbergen, umgibt er sich mit Gewalt, Brutalität und Kälte. Das finale Bild des Bandes sagt mehr als tausend Worte. Er und Adam, der Junge, den er sucht, haben viel gemeinsam.

Zeichenstil

Roland Boschi und Gerardo Zaffino verleihen der Geschichte eine überaus passende, bedrückende und teils surrealistische Atmosphäre. Ihre Zeichenstile unterscheiden sich und ergänzen einander doch hervorragend. Die teils undeutlichen, wie verwaschen oder unscharfe Fotos wirkenden Bilder erzeugen im Betrachter eine gewisse innere Unruhe, die hervorragend zu den jeweiligen Szenarien passt. Fast das gesamte Buch ist in dunklen Pastelltönen gehalten, bis auf eine Szene in einem Kreuzberger Café, in welcher Karnak einem besonderen Menschen begegnet. Hier wird die Farbpalette unerwartet warm und freundlich.

Erscheinungsbild

Der Umschlag ist größtenteils in Weiß gehalten. Die Vorderseite zeigt eine Nahaufnahme von Karnaks tätowiertem Gesicht, das wirkt, als wäre es mit der alten rot/grünen 3D-Technick gedruckt worden. Leider fehlt mir die passende Brille, um diese Theorie zu testen. Das Buch liegt gut in der Hand, und das Papier hat die gewohnte Panini-Qualität. Die Rückseite ziert eine weitere Darstellung Karnaks unter einem Teasertext.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini
  • Autor(en): Warren Ellis
  • Zeichner(in): Roland Boschi und Gerardo Zaffino
  • Erscheinungsjahr: 2017
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Comic Sammelband
  • Seitenanzahl: 136
  • Preis: 16,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini Comics, Amazon

 

 

Bonus/Downloadcontent

Zwischen den Kapiteln und am Ende des Buches sind reguläre sowie Variant-Cover der ursprünglichen Miniserie zu finden.

Fazit

Das Buch ist eine philosophische Tour de Force, mit einem so heftigen Anteil an Force, dass es mich wundert, dass es ab 12 Jahren freigegeben ist. Auf der Mattscheibe wäre diese Masse an Blut und Splatter sicher ein „ab 16“ wert gewesen. Aber, ist Gewalt eine Lösung? Wenn es nach Karnak ginge, dem Inhuman, der sich selbst ohne die Wirkung der Terrigenese zum Inhuman machte, ist sie ein Mittel, um Ziele zu erreichen. Um durch die Zerstörung von Dingen, Platz zu schaffen für Neues, und um zu zeigen, dass alles vergänglich ist und man nichts im Leben geschenkt bekommt. Doch was, wenn Letzteres mit einem Mal nicht mehr stimmt?

Wie Karnak selbst sagt: „Stellen wir uns eine Welt vor, in der ich sage, Sie sind ein Zen-Schütze, und dann sind sie es, weil Sie mir das glauben. Wäre ich dann nicht … Ihr Gott?“ Dies ist für Agent Coulson eine ziemlich gruselige Vorstellung. Wie reagiert also ein Mann, dem stets der „einfache Weg“ verweigert wurde, und der sich sogar aus dem Jenseits zurück ins Leben kämpfte, auf eine solche Vorstellung? Karnak ist überzeugt davon, dass das Dasein sinnlos ist, hat er doch bereits gesehen, was danach kommt. Religionen und Gefühle wie Hoffnung und Liebe sind ihm ein Gräuel. Warum hilft er also Menschen in Notsituationen? Nur um Geld für die Erhaltung seines Refugiums zu verdienen? Oder steckt doch mehr dahinter? … Der Makel (ist) in allen Dingen.

Artikelbilder: Panini Comics
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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