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Ein Cosplay tragen, das ist schön. Doch woher soll das Kostüm kommen? China-Ware steht heute in Konkurrenz mit dem klassischen, selbst gefertigten Cosplay. Teilzeithelden erläutert die unterschiedlichen Vor- und Nachteile gekaufter und selbstgemachter Cosplays.

Wer sich dafür entschieden hat, ein Cosplay zu machen, hat prompt die nächste Entscheidung vor sich: Wie mache ich das?

Ganz zentral dabei ist die Frage nach Kaufen oder Selbermachen. Die Möglichkeiten für beides sind heute besser denn je, doch die Entscheidung ist keine, die nur auf dem Geldbeutel basiert. Wir zeigen Vor- und Nachteile der verschiedenen Möglichkeiten auf, an sein Wunschcosplay zu kommen.

Gekauft

Klingt ganz einfach: Ein paar Klicks auf Amazon, und dank Prime-Lieferung ist am nächsten Tag das komplette Kostüm zu Hause. Hurra!

Die Kaufkostüme aus überwiegend chinesischer Produktion sind über eBay und Amazon inzwischen auch in Deutschland verfügbar, einige deutsche Cosplay-Shops haben sie ebenfalls ins Sortiment aufgenommen. Es klingt zunächst nach der besten Option, sich einfach ein fertiges Kostüm zu kaufen, zumal viele der Angebote auch nicht besonders teuer sind.

Doch ein zweiter Blick auf die China-Cosplays lohnt, außerdem gibt es durchaus Alternativen.

China-Ware für kleine Chinesen

Das erste Problem ist schon einmal, dass viele Europäer sich schwertun, eine passende Größe zu finden. Die Cosplays werden aufgrund der letztlich doch eher überschaubaren Absatzzahlen in Europa für den asiatischen Markt hergestellt – und dort ist ein zierlicher Körperbau bei Männern und Frauen weiter verbreitet als hierzulande. Wer groß ist und/oder ein paar Kilo mehr auf den Rippen hat, kann noch versuchen, mit einer XL-Bestellung sein Glück zu machen, aber meist mit nur mäßigem Erfolg. Dann ist der Ärmel zu kurz, es spannt an den Schultern, und insgesamt sieht es leider doch nach der Nummer zu klein aus, die man mit dem XL-Kauf vermeiden wollte.

Die meisten Online-Angebote enthalten Größentabellen. Man darf niemals davon ausgehen, dass eine angegebene S/M/L-Größe dieselbe ist, wie man sie hier aus dem Modegeschäft kennt. Wer sich ein Cosplay online bestellen will, sollte vorher seine eigenen Maße nehmen. Nur dann hat man zumindest eine Chance, dass das Cosplay nach der Ankunft auch passt.

Ein weiteres Problem ist der Umstand, dass der in der Regel günstige Preis natürlich nicht von ungefähr kommt. Von den Produktionsbedingungen möchte ich hier nicht sprechen, die kann man sich einfach ausmalen. Viel greifbarer – im wahrsten Sinne des Wortes – ist, wie an Stoff und Verarbeitung gespart wird. Der am häufigsten verarbeitete Stoff in den China-Cosplays ist Allround-Polyester, der zwar ganz passabel aussieht, aber mehr eben auch nicht. Er fühlt sich nicht besonders gut an und ist alles andere als hochwertig.

Zudem werden Details oftmals direkt aufgenäht, egal, wie die Konstruktion des Kleidungsstücks an sich wäre. Schürzen werden schlicht als Teil des Rockes gearbeitet, statt als separates Kleidungsstück mitgeliefert zu werden. Riemen oder Gürtel werden ebenso lieblos auf den Stoff aufgenäht. Das sorgt manchmal dafür, dass die Positionierung dieser Details arg abweichend von der Vorlage ist, und natürlich geht jede Dreidimensionalität verloren.

Es gibt natürlich auch hochwertigere Cosplays, und gerade, wenn bedruckte Musterstoffe im Spiel sind, gibt es bei der China-Variante tatsächlich das richtige Muster an der richtigen Stelle. Auch Schuluniformen und Sporttrikots aller Art sind in der Regel absolut brauchbar, was Qualität und Verarbeitung angeht. Aber man sollte immer überlegen, welche Qualität für den bezahlten Preis realistisch zu bekommen ist, und immer einen zweiten Blick darauf werfen, welche Größe man bestellt.

Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, ein Cosplay zu kaufen.

Gebrauchte Kostüme

Ein ganz eigenes Segment sind die alten Kostüme anderer Cosplayer. Viele bieten ihre älteren Cosplays zum Verkauf an, der Kleiderschrank hat nun einmal begrenzte Kapazität. Wovon man schon genug Fotos hat oder was gar nicht mehr passt, das würde man gerne in andere Hände geben, die vielleicht noch mehr davon haben.

Es werden natürlich mit der steigenden Verbreitung auch gebrauchte Stangen-Cosplays verkauft, der Großteil des „Second-Hand-Markts“ besteht aber aus selbstgefertigten Cosplays. Entsprechend bekommt der Käufer hier sehr unterschiedliche Dinge – fast alle Serien und Genres hat schon irgendjemand mal gecosplayed, was für eine Qualität die Verarbeitung hat, ist vom Einzelstück abhängig. Es gibt keine direkte Auswahl in der Größe, jedes dieser Kostüme ist ein Unikat, meist auch nicht wirklich auf eine Konfektionsgröße geschneidert, sondern angepasst an den Cosplayer, der es hergestellt hat. Die Preisspanne ist auch immens: Mancher, der nur noch seinen Kleiderschrank leer haben möchte, haut alte Teile für Beträge um die 10,00 EUR raus, viele Leute wollen den Wert des Kostüms einigermaßen realistisch abbilden und verlangen zumindest die Materialkosten, was dann schnell über 100,00 EUR sind, oder auch mal 500,00 EUR.

Der tatsächliche Verkaufserfolg ist sehr zufällig. Die fehlende Übersichtlichkeit der Angebote tut ihr Übriges: Die Second-Hand-Angebote sind auf alle möglichen Social-Media-Plattformen verteilt, während Plattformen wie eBay, Amazon oder taobao (quasi ein chinesisches eBay) übersichtliche Suchfunktionen bieten, was die Suche nach bestimmten Serien oder Charakteren sehr erleichtert. Es braucht relativ viel Glück, ein aktuelles Angebot mit halbwegs passender Größe vom gewünschten Charakter zu finden. Plattformen wie cosbay wollten diese Übersichtlichkeit herstellen, haben sich aber letztlich (zumindest bisher) nicht durchgesetzt.

Immer wieder berichten Cosplayer auch von eher frechen Anfragen von potenziellen Käufern, wenn gerade aufwändige Kostüme zu einem Bruchteil der Materialkosten angefragt werden. Viele Leute, die Cosplays kaufen, haben noch nie eines selber hergestellt – oder zumindest kein aufwändiges. Alleine die Materialkosten betragen schon bei handwerklich einfacheren Cosplays 80,00 EUR bis 150,00 EUR, gerade wenn Schuhe, Perücken, Rüstungsteile oder Accessoires enthalten sind. Das muss sich der potentielle Käufer vor Augen halten, und auch wenn der Cosplayer „schon was davon hatte“ und das Cosplay „gebraucht“ ist: Es steckt neben den Materialien eine Menge Arbeit in diesen Kostümen, und man bekommt meist auch ein liebevoll und detailreich umgesetztes Kostüm.

Auftragsarbeiten

Das Thema Material und Preis führt zum nächsten Punkt: Auftragsarbeiten, neudeutsch auch „Commissions“ genannt.

Hierbei beauftragt man jemanden, ein Cosplay vollständig oder in Teilen zu erstellen. In den ersten Tagen des Cosplay soll es vereinzelt Leute gegeben haben, die sich bei einer örtlichen Schneiderei erkundigt haben, was denn ein bestimmtes Kostüm kosten würde. Sie sind meist rückwärts aus dem Laden gefallen und unverrichteter Dinge wieder abgezogen. Eigentlich kann in Deutschland kaum jemand eine solche Auftragsarbeit angemessen bezahlen. Die meisten Cosplays brauchen individuell erstellte Schnitte, haben viele Details, es kommen viele Arbeitsstunden zusammen, auch für jemanden, der professionell schneidern kann. Setzt man dafür einen realistischen Handwerkerlohn an, würde ein Kostüm regelmäßig im Preisbereich von 500,00 EUR bis über 1000,00 EUR liegen.

Solche Angebote sieht man in der Cosplay-Szene kaum, weil es auch so gut wie niemanden gibt, der sie bezahlen könnte oder wollte. Deutlich verbreiteter sind Perücken-Aufträge und Commissions zu einzelnen Waffen oder Rüstungen. Einzelne Kleidungsstücke werden auch noch angeboten, ebenso wie kleine Accessoires wie Schleifen oder Haarschmuck. Gesamtkostüme sind aber auch für Hobbyschneider kaum adäquat bezahlbar anzufertigen. Wo ganze Kostüme für andere Leute genäht werden, ist meist eine Freundschaft und damit auch ein Freundschaftspreis die Grundlage.

Gerade für exotischere Arbeitstechniken setzen inzwischen aber viele Cosplayer auf mehr Arbeitsteilung. Wer sich ein teures Spezialwerkzeug gekauft hat, das bestimmte Arbeiten erheblich erleichtert, kann sich so auch einen Teil des Anschaffungspreises wieder „hereinarbeiten“ – gerade Stickmaschinen, Plotter oder 3D-Drucker sowie Software dazu sind für die wenigsten Leute rentabel in der Anschaffung. Hat man sie aber einmal da und kennt sich damit aus, sind Auftragsarbeiten eine gute Möglichkeit, auch eine rentable Auslastung zu erreichen.

Da der Aufwand für die einzelne Auftragsarbeit unglaublich stark variiert, lässt sich kaum sagen, was für Preise hier realistisch sind. Wer sich etwas anfertigen lässt, sollte zunächst die Materialkosten bedenken und dann noch einmal mindestens denselben Betrag für den Aufwand oben draufschlagen, sonst kommt man kaum auf ein faires Angebot. Freundschaftspreise sind keine Preise, die man bei einer normalen Auftragsarbeit ansetzen kann – weil eine Freundin mal für 20,00 EUR etwas genäht hat, ist das keine angemessene Entlohnung.

Auftragsarbeiten ermöglichen, dass man in Bereichen, in denen man wenige Fähigkeiten hat, trotzdem gute Ergebnisse einkauft – wenn man bereit ist, Geld dafür auf den Tisch zu legen.

Alles selbst gemacht

Auf der anderen Seite gibt es natürlich noch den Klassiker der Szene: das selbst geschneiderte und gebastelte Cosplay.

Als Ende der neunziger Jahre die ersten Cosplayer hierzulande anfingen, gab es schlicht noch keinerlei Angebote an Kauf-Cosplays, abgesehen von ein paar Sailor-Moon-Faschingskostümen für Kinder. Selber zu nähen und zu basteln war die einzige Option.

Heutzutage ist das Angebot erheblich größer, aber das selbstgemachte Cosplay hat immer noch entscheidende Vorteile.

Zunächst ist man unbeschränkt darin, was man machen möchte. Die einzige Grenze ist die eigene Fantasie – und in gewisser Weise das eigene Können. Und auch bei Cosplays, die es an sich zu kaufen gäbe, kann man viele der Nachteile der Kaufware ausgleichen: Man ist selber für Passform und Größe verantwortlich, kann das Kostüm also an die eigenen Maße anpassen und sich Materialien aussuchen, die einem selbst gefallen.

Dass das Selbermachen günstiger ist als ein Fertigkauf, ist allerdings selten der Fall. Das Material ist bereits teuer, gerade zu Anfang kommen zusätzlich die Anschaffungskosten für Werkzeuge hinzu. Selbst eine billige Nähmaschine kostet in der Anschaffung so viel wie ein ganzes China-Kostüm, und mit der Nähmaschine alleine ist es nicht getan. Wer mit hochwertigen Materialien arbeiten will, muss gerade in Deutschland meist tief in die Tasche greifen.

Der Aufwand und die Kosten variieren insgesamt sehr und sind abhängig davon, was man ganz persönlich investieren möchte und welche Ansprüche man an das Ergebnis stellt. Ein einfaches Cosplay ohne größere Details kostet auch selbstgemacht meist über 50,00 EUR, detailreiche Ballkleider oder Rüstungs-Outfits sind mehrere hundert Euro teuer. Wenn man Fehler macht, muss man Material nachkaufen oder mit dem suboptimalen Ergebnis leben. Bis man alle Fertigkeiten gemeistert hat, um genau das zu erschaffen, was man sich vorstellt, muss man oft viele weniger erfolgreiche Versuche hinter sich bringen. Arbeitszeit, Schweiß und manchmal auch Tränen stecken in jedem Kostüm. Und der eine oder andere Blutstropfen bleibt an der Nähnadel.

Ob man sich für ein gekauftes oder selbst gemachtes Cosplay entscheidet, ist letztlich persönliche Vorliebe. Viele Wettbewerbe verlangen allerdings für die Teilnahme bis heute ein (weitgehend) selbst gefertigtes Cosplay, da auch die Herstellung einen Faktor in der Bewertung darstellt. Wer bei einem Wettbewerb mitmachen will, sollte immer einen Blick in die Regeln werfen.

Nicht zuletzt haben auch viele Cosplayer große Freude daran, sich der Herausforderung zu stellen, ein ganzes Kostüm selber anzufertigen und dabei viele verschiedene Arbeitstechniken zur Anwendung zu bringen.

Es gibt keine bessere oder schlechtere Art des Cosplays. Die Möglichkeiten, die heute dank Internet und internationalem Versand zur Verfügung stehen, haben das Hobby immer mehr Leuten zugänglich gemacht. Das ermöglicht uns allen, mehr verschiedene Cosplays zu machen und zu sehen – und das ist schön!

Artikelbild: Depositphotos (c) SergPoznanskiy

 

2 Kommentare

  1. Es ist schon sehr verführerisch, sich mal aus Jux ein fertiges Cosplay zu bestellen, aber die Kosten auf einmal lassen dann meinen Finger zum Glück ruhig. Ich mache eigentlich alles, was für mich möglich ist selber. Wie viel Geld da am Ende zusammen kommt, übersteigt je nach Kostüm garantiert ein „Kaufcosplay“, aber ich habe den Vorteil, dass ich bei langer Planung im Vorfeld die Kosten auf einen Zeitraum strecken kann. Anstatt alles auf einmal kann ich auch den Preis auf 2-3 oder mehr Monate strecken. :)
    (Und, als Bastler macht das Selbermachen ja auch unheimlich Spaß – egal wie viel man flucht. Es lohnt sich ja!)

  2. Ich habe mir erst vor kurzen den Oberteil – also Jacke der „Section 31“ Uniform bekommen. Ich hab es mir bei einer Schneiderin machen lassen. Ich selbst kann ja mit Müh und Not einen Knopf annähen und das schaut echt beschissen aus. Selbst hier in Österreich ist scheinbar Größe nicht gleich größe. Ich war mal beim New Yorker und fragte nach Hosen, ich weiß das mir Größe 42 paßt. Ich bekam die Größe und ich konnte sie nicht anziehen – die wirkte wie ne Größe 32/34 oder so. Die Männerhose in Größe 42 paßte dann. Bei der Frauenhose stand aber auch 42 drin. Ich war im März in Südamerika und hab mir im Hard Rock Cafe ein T-Shirt gekauft, bei den Frauen Shirts mußte ich XXL nehmen das es mir passte. Normalerweise trage ich M. DAs sind schon krasse Unterschiede.

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