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Die Siebenwindküste, an der sich die Mittelreich-Provinz Albernia und der Windhag befinden, steht seit jeher für freiheitsliebende Menschen, die sich im Zweifelsfall selber gegen Banditen, Orks und ganze Armeen behaupten können. In der Rüstkammer der Siebenwindküste müssen also wundersame Waffen lagern – oder?

Nachdem ich euch an dieser Stelle bereits Kracher (Vorsicht! Ironie) wie das Spielkartenset der Siebenwindküste und das Landkartenset der Siebenwindküste vorgestellt habe, möchte ich mich nun weniger wichtigen Spielhilfen zur Region zuwenden, wie der Rüstkammer der Siebenwindküste – Quatsch! Die Rüstkammer hat es dieses Mal in sich und quillt fast über vor Waffen und weiteren Hintergrundinformationen zur Region. Nach der Rüstkammer der Streitenden Königreiche ist die Variante für die Siebenwindküste das zweite Exemplar aus dieser neuen Produktlinie, die DSA 5-Spieler die nächsten Jahre begleiten wird. Grund genug, sie einmal gründlich durchzustöbern.

Inhalt

Auf den ersten Regalmetern der Rüstkammer dürfen wir die lokalen Waffen bewundern. Da ist die Albernische Spießaxt, Usascoall genannt, mit der die Milizen aus Bredenhag damals den Rittern aus den Nordmarken zusetzten. Daneben ruht die Shillelagh, eine schwere Holzkeule, mit der sich jene Bauern verteidigen, die keine scharfen Waffen führen dürfen. Wer es aber darf, der besorgt sich die Albernische Bauernwehr, ein kurzes Schwert, das jeder albernische Krieger im Repertoire hat, da es günstig und unkompliziert herzustellen ist. Dazu gesellen sich viele weitere Waffen wie die Dreizacke aus dem amphibischen Volk der Necker, der Albernische Langbogen, das archaisch aussehende Windhager Drachenmesser, das von den Bergsippen benutzt wird und das Gaoraith, ein robustes Wurfbeil, das an den thorwalschen Schneidzahn erinnert. Viele der Waffen sind also improvisiert, leicht herzustellen oder zumindest günstig zu erwerben, was den freiheitlichen Drang der Menschen an der Siebenwindküste widerspiegelt. Der Partisanenkrieg gegen die Nordmarken steckt den Alberniern noch tief in den Knochen, und auch sonst ist der nächste bewaffnete Ritter, Soldat oder Söldner im Ernstfall mehr als eine Tagesreise entfernt und die Bauern müssen sich selber zu helfen wissen.

Dass die Schmiedekunst in puncto Rüstungen dem Rest des Mittelreichs ein bisschen hinterherhinkt, wird deutlich, wenn man die Abteilung für Rüstungen betritt. Neben einem Lederharnisch aus Havena liegt hier lediglich ein Haufen Lumpen – Pardon, ein Satz Matrosenkleidung. Natürlich gibt es auch in Albernia und dem Windhag Ritter, aber deren Rüstzeug unterscheidet sich offenbar nicht von den Standardmodellen im Rest Aventuriens.

Die Efferdsperle – Eines der karmalen Artefakte

Interessanter sind da schon die magischen Artefakte, die sich an der Siebenwindküste finden lassen.  Ein magisches Krummholz und ein Dryadenamulett verdeutlichen, welche wichtige Rolle die Feen und ihre Magie im tiefen Westen des Mittelreichs einnehmen. Gerade der alte Adel des Landes hütet diese Schätze mit großer Sorgfalt. Die Efferdperle und die Opallöwin, zwei göttliche Artefakte, zeigen die große Bedeutung, die Efferd, Gott der Meere und der Seefahrt, sowie Rondra, Göttin des Sturmes und des Krieges, für die Albernier und Windhager haben.

Bei all diesem Umfang läuft man beinahe an der Kammer mit den ordinären Kleidungsstücken und den liebevoll gefertigten Erzeugnissen des Kunsthandwerks vorbei. Kurze, aber prägnante Texte erläutern, was die Bewohner der Siebenwindküste bei welcher Gelegenheit tragen und welche Besonderheiten sich in ihren Werkstätten finden lassen. Hier erfährt man, was eine Cotte ist und welche Bedeutung ein Windhager Tuch für die dortigen Sippen hat. Ebenso erfährt man, was die Albernische Handharfe so besonders macht und welche gute Reputation Büttenpapier aus Honingen im restlichen Aventurien genießt.

Das war es auch schon mit unserer Tour durch die Rüstkammer der Siebenwindküste. Oder? Nein, denn plötzlich stürmen Piraten und Schmuggler hinein und plündern die Kammer gründlich. Ebenso werden wir, die armen Besucher, von den Halunken entführt und in deren Versteck verschleppt. Immerhin, so bekommen wir einen kurzen Einblick in ihren Lebensstil, der auf fünf Seiten beschrieben wird. Der Anführer, den alle nur Nebelnecker nennen, hat seine Bande in einer geräumigen Grotte untergebracht, in die sogar einige Hütten passen. Der Schmuggler handelt mit gestohlenen Waren, die ihm bisweilen von der Flusskrabbe gebracht werden, einer ruchlosen Piratin, die bevorzugt arglose Flussschiffer überfällt.

Doch auch die Rüstkammer liegt nun leer und trostlos dar, abgesehen von einer praktischen Warenliste aller zuvor ausgestellten Stücke. Dort wird nochmal alles mitsamt Gewicht und Preis aufgeführt, damit der unbedarfte Abenteurer von der Siebenwindküste den Überblick behält.

Begleitet wurden wir übrigens von einer Gruppe redefreudiger Abenteurer, die zu jedem Stück einen Kommentar abzugeben hatte. Das war durchaus unterhaltsam, an einigen Stellen aber auch zu viel des Guten.

Erscheinungsbild

Die heimlichen Stars des Heftes sind die Illustrationen. Für jedes Stück gibt es ein Bild, sodass niemand rätseln muss, wie ein Spealleagh, ein Windhager Sichelspeer, aussieht. Keine Seite bleibt unverziert, was den Lesefluss aber niemals stört, sondern eher den Eindruck hinterlässt, ein gut sortiertes Lager oder eine Ausstellung zu betrachten.

Mein einziger Kritikpunkt ist das Titelblatt, das abgesehen vom verkrampften Gesichtsausdruck der dargestellten Kämpferin ziemlich unspektakulär ist und zudem nicht so richtig das Flair der Region einfängt. Ein Scharmützel im Farindelwald, ein Söldner auf hoher See oder einfach nur ein Warenstand im Hafen von Havena wären vermutlich passender gewesen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Ulisses Spiele
  • Autor(en): Daniel Simon Richter
  • Erscheinungsjahr: 2017
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover / PDF
  • Seitenanzahl: 36
  • ISBN: 978-3-95752-413-3
  • Preis: 11,95 EUR (Softcover) / 6,99 EUR (PDF)
  • Bezugsquelle: Amazon, Ulisses E-Books, Sphärenmeister

 

Fazit

Bei der Rüstkammer der Streitenden Königreiche war noch Luft nach oben, die vom vorliegenden Nachfolger bemerkenswert ausgefüllt wird. Die Gegenstände fügen sich nahtlos in den Hintergrund ein und verdichten diesen dadurch noch. Es entsteht das stimmige Bild einer Region mit stolzen und wehrhaften Einwohnern, die zur Not auch mit weniger hochwertigen, aber nichtsdestotrotz robusten Waffen umgehen können. Durch Dreizacke, Säbel und leichte Lederrüstungen wird zudem deutlich, dass das Meer nicht fern ist und die Kultur der Seefahrer über die Stadt Havena hinaus bis ins Hinterland hinein strahlt.

Die Spielhilfe erfüllt ihre Aufgabe also nahezu perfekt. Neben neuen Waffen mitsamt Spielwerten erhält der Leser einen schönen Eindruck, was die Bewohner an der Siebenwindküste ausmacht. Die Rüstkammer ist also auch so etwas wie eine schlanke Regionalspielhilfe, die all jenen Spielern als Alternative dienen kann, die sich nicht viel für den aventurischen Metaplot und detaillierte Beschreibungen von Städten und Landstrichen interessieren. Wer einen Helden von der Siebenwindküste spielen will, den seine Abenteuer in eine andere Ecke Aventuriens geführt haben, aber nicht unbedingt eine komplette Regionalspielhilfe erwerben und studieren will, der sollte hier zugreifen. Gleiches gilt für Spielleiter, die ihrer Gruppe ein bisschen regionales Flair vermitteln möchten, dabei aber nicht ganz in die Tiefe der Materie eintauchen wollen.

Kurz gesagt: Die Rüstkammer der Siebenwindküste ist eine gelungene Regelergänzung, die alle Erwartungen an ein solches Produkt erfüllt. Wer einmal einen Blick auf die Siebenwindküste werfen möchte, der greift hier zu, Fans der Region sollten auf die Rüstkammer sowieso nicht verzichten.

Artikelbilder: Ulisses Spiele
Dieses Produkt wurde kostenlos als PDF zur Verfügung gestellt.

 

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