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Mit Blutspur liefert Kult Comics eine düstere Vampir-Story aus deutschem Hause. Die Geschichte um einen zynischen Blutsauger und sein hilfloses Opfer bietet ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel, welches am Ende aber einige existenzielle Fragen auf beiden Seiten aufwirft. Eine spannende Lektüre, die man gar nicht mehr aus der Hand legen will!

Manche Geschichten benötigen keine große Rahmenhandlung mit epischem Hintergrund, um eine spannende Story zu erzählen. In genau diese Kategorie fällt die Graphic Novel Blutspur aus dem Hause Kult Comics. Diese schafft es mit gerade mal zwei Hauptcharakteren und einem Zeitraum von wenigen Stunden mit simplen Mitteln eine fesselnde Handlung zu präsentieren. Dabei haben Texter Michael Mikolajczak und Zeichner Holger Klein ein Werk geschaffen, welches einerseits eine spannende Lektüre bietet, aber am Ende auch zum Nachdenken anregt, denn da sieht man sich mit der Frage konfrontiert: Wer ist eigentlich das wahre Opfer? Der Vampir oder seine menschliche Jagdbeute?

Handlung

Die Nacht bricht an und mit ihr auch die Stunden des namenlosen Vampirs. Auf der Suche nach Opfern muss er teilweise weite Strecken zurücklegen. Doch das liegt nicht am mangelnden Angebot an frischem Blut – eher an dessen Qualität! Seit Einzug der industriellen Revolution vergiftet der moderne Mensch seinen Körper immer weiter durch Drogen, Schadstoffen in der Umwelt und Nahrung sowie Krankheiten und andere Leiden. Eine falsche Einschätzung kann das Todesurteil für Vampire bedeuten, die sämtliche Gifte und Gebrechen über das Lebenselixier der getöteten Personen aufnehmen.

Und so streift der namenlose Blutsauger durch die Straßen einer unbekannten Stadt, auf der Suche nach frischer und möglichst hochwertiger Nahrung. Hierbei kreuzt er schließlich den Weg einer jungen Goth, welche mit ihren beiden Begleitern unterwegs ist. Doch während die beiden Männer die erste Begegnung nicht überleben, wird die Frau ungewollt Bestandteil eines grausamen Katz-und-Maus-Spiels zwischen Monstrum und Mensch.

Wie vorab bereits erwähnt, konzentriert sich die Handlung von Blutspur auf wenige Stunden und begleitet einen Vampir und dessen vermeintliches Opfer durch ihre nächtlichen Erlebnisse. Sollte übrigens Verwunderung aufgrund des Mangels an Namen auftreten – selbst nach zweimaligem Lesen konnte ich keine Erwähnung der Namen der beiden Hauptcharaktere finden. Dies liegt daran, dass die Präsentation der Geschichte zum Großteil über interne Monologe erfolgt, welche selten die Gelegenheit der Erwähnung des eigenen Namens bieten.

Und trotz Action und zurückgelassener Blutspur im Laufe der Geschichte kommt gerade diese Exposition nicht zu kurz. Dies erlaubt schnell einen Einblick in die unterschiedlichen Gedankenwelten des übernatürlichen Jägers und seiner ordinären Beute. Dadurch entsteht ein schnelleres Verständnis für deren Motivation und Probleme, aber auch ein interessantes Zusammenspiel. Wie denken Vampire über moderne Menschen? Was motiviert diesen ausgesuchten Blutsauger zu einer solch spielerischen Jagd auf ein quasi wehrloses Opfer? Und wie nimmt dieses seine scheinbar ausweglose Situation wahr?

Glück in der Nacht

Dem Leser wird somit eine Handlung präsentiert, welche zum einen brachiale Gewalt und zum anderen Dialoge und Gedankenspiele einsetzt, um auf die Probleme und den Überlebenskampf der Protagonisten aufmerksam zu machen. Dadurch entsteht ein authentisches Gefühl einer intensiven Jagd, die beide Akteure auf unterschiedliche Arten fordert und motiviert – deren Ziele bei genauerem Betrachten jedoch gar nicht so unterschiedlich sind.

Kurz zusammengefasst bietet Blutspur eine packende Handlung, welche nicht mit actionlästigen Höhepunkten geizt, aber zum Ausgleich auch die Gedankenwelt seiner Akteure präsentiert.

Charaktere

Der Fokus der Handlung liegt definitiv auf dem Vampir und der jungen Frau. Andere Figuren tauchen im Laufe der Geschichte zwar auch auf, dienen aber entweder nur zur Vermittlung von Informationen oder als sprichwörtliches Kanonenfutter für den Blutrausch des Vampirs.

Dies ist jedoch nichts, was Blutspur negativ angerechnet werden sollte, ganz im Gegenteil. Die hauptsächliche Präsentation dieser limitierten Charakterzahl erlaubt ein stärkeres Verständnis von diesen. Dadurch werden Gefühle, Gedanken und Handlungen deutlicher vermittelt.

Der interessanteste Faktor ist dabei aber auch das Zusammenspiel dieser beiden unterschiedlichen Charaktere und ihrer Intentionen. Beide haben als Ziel das eigene Überleben, jedoch verfolgt der Vampir eher einen zynischen und fast spielerischen Ansatz, während die Goth verständlicherweise hauptsächlich von Furcht und Terror getrieben wird. Aber auch in diesem Hinblick entwickelt sich gegen Ende der Handlung eine interessante Dynamik, in welcher die jeweiligen Handlungen des Anderen beide Protagonisten nochmals verändern.

Zeichenstil

Blutspur ist komplett in schwarz und weiß gehalten und erinnert hierbei an Klassiker wie zum Beispiel The Crow. Aus diesem Grund kommen den  Kontrasten innerhalb der Szenen besondere Bedeutungen zu. Schwarz dient quasi als Katalysator von bedeutenden Entwicklungen innerhalb der Geschichte und wird beispielsweise für geschickte Schattenwürfe, temporeiche Actionszenen und blutige Auseinandersetzungen vielfach verwendet.

Ansonsten wird nicht viel Aufwand für komplizierte Strichführung verschwendet – der Stil von Blutspur kann zwar nicht direkt als schlicht bezeichnet werden, jedoch fehlt der Detailgrad vieler anderer, heutzutage erscheinenden, Werke. Allerdings fügt sich diese Entscheidung auch hier in das Gesamtbild ein. Denn dieser vergleichsweise simple Stil rückt die Akteure und deren Handlungen in den Vordergrund und lenkt nicht durch imposante Szenerien oder Detailverliebtheit ab.

Generell wird mithilfe der visuellen Gestaltung von Holger Klein eine düstere, beinahe deprimierende Atmosphäre geschaffen. Wenn Elemente und Schauplätze der Stadt, in welcher der Großteil der Geschichte stattfindet, gezeigt werden, erhält man ein typisches Film Noir-Gefühl. Die vom Vampir beklagten Krankheiten scheinen sich auch in der Metropole zu finden, die heruntergekommen und verfallen wirkt.

Erscheinungsbild

Zur Rezension lag die 1. Auflage 05/2017 vor, die mit einem soliden Hardcover und einer üppigen Zahl von 180 Seiten aufwartet. Die Seiten sind aus dickem Papier gefertigt, wodurch auch einem mehrfachen Gebrauch nichts im Wege steht. Einziges Manko sind einige doppelseitige Panels, welche durch die Falz teilweise verzogen wirken. Dies tritt aber nur in etwa zwei Fällen deutlich auf.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Kult Comics
  • Autor(en): Michael Mikolajczak
  • Zeichner(in): Holger Klein
  • Erscheinungsjahr: 1. Auflage 2017
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Hardcover
  • Seitenanzahl: 180
  • Preis: 24,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

Zwei Schicksale sind in einer Nacht miteinander verbunden und in jedem von diesen geht es um das Überleben. Die Prämisse von Blutspur ist simpel, aber gerade deswegen auch so faszinierend. Schließlich kann jeder von uns die Motivation der beiden Protagonisten irgendwie verstehen. Das entstehende Katz-und-Maus-Spiel zwischen einem Vampir und seinem Opfer entführt den Leser schließlich in eine Geschichte voller Zynismus, Gewalt, aber auch Überlebenswillen und Hoffnung. Der starke Fokus auf die beiden Protagonisten erlaubt ein intensives Erlebnis mit interessanten Facetten beider Parteien. Unterstützt wird diese Handlung durch einen visuellen Schwarz-Weiß-Stil, welcher die Film Noir-Atmosphäre gut einzufangen weiß.

Im Endeffekt kann ich Blutspur jedem Fan von Graphic Novels nahelegen. Es ermöglicht einen unkomplizierten Einstieg in eine packende Handlung, die man eigentlich in einer einzigen Lesung beenden möchte. Nur um dann nochmals von vorne zu beginnen.

Artikelbilder: Kult Comics
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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