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Büchertürme ragen in die Höhe, durch die Gänge wälzen sich Menschenmassen, immer wieder bleibt man stehen, um jemandem zuzuwinken oder ein Buchcover zu bestaunen. Ganz klar, das kann nur eine Buchmesse sein. Auch in diesem Jahr hat es uns nach Frankfurt auf die Jagd nach phantastischen Trends verschlagen.

Alle Jahre wieder im Oktober trifft sich die bibliophile Welt in Frankfurt am Main zur Buchmesse. In diesem Jahr war es vom 11. bis 15. Oktober soweit. Auch diesmal stürzten sich einige der Teilzeithelden ins Gewimmel, wo sich das Romanressort der alljährlichen Suche nach den Trends der phantastischen Literatur widmete. Dabei gab es Einhörner, Selfpublisher und Vertrautes, unzählige Bücher, ungewohnte Standanordnungen und Freude darüber, dass die Phantastik-Bestenliste bereits von Verlagen als Werbung genutzt wird.

Trendjagd

Ein richtiger Trend ließ sich jedoch trotz ausgiebiger Suche nicht erkennen. Viele der Verlage, die Phantastik herausbringen, scheinen sich an Vertrautem festzuhalten und zu orientieren. Bekannte Autorennamen bei bekannten Verlagen zeigten wie bereits im letzten Jahr noch immer ein gewisses Übergewicht an Science-Fiction, so wurde beispielsweise die Kantaki-Saga von Andreas Brandhorst mit einheitlichem Look neu aufgelegt. Doch ähnlich wie Filme dieser Art noch immer ins Kino kommen, aber den Markt nicht mehr komplett überschwemmen, scheint es sich auch in der Buchwelt zu verhalten. Science-Fiction-Bücher kommen auf den Markt, doch so richtig neu ist dabei wenig. Mitunter bleibt der Eindruck, dass sie der aktuellen Welle der Filme hinterherlaufen. Hannes Riffel von Fischer TOR äußerte uns gegenüber auch eine eher abwartende Haltung, ob sich die Science-Fiction, die dem Trend im Filmbereich folgt, letztlich in den Zahlen niederschlägt und damit ein wirklicher Trend für Bücher ist, bleibe abzuwarten.

Wer möchte nicht an einem solchen Turm Ruhe finden?

Neben der Science-Fiction erscheint auch die High Fantasy in Form mehrbändiger Sagas voller Intrigen und Blut weiterhin in größerer Zahl. Bereits die Cover dieser Bücher zeigen deutlich, dass sie sich an die Leser einer sehr erfolgreich als Serie verfilmten Buchreihe richten.

Die Anordnung der Verlage innerhalb der Hallen war in diesem Jahr anders als zuvor, Kleinverlage waren zwischen die Großen platziert worden, so dass man aus dem Stand eines bekannten Verlagshauses heraustreten und plötzlich vor einem deutschen Spiele- oder anderem Kleinverlag stehen konnte. Auch die verschiedenen Selfpublishing-Plattformen waren lockerer zwischen andere Verlage gestreut, gruppierten sich jedoch immer noch stark um die beiden Selfpublisher-Bühnen. Besonders dort nahm die Phantastik immer wieder viel Raum, wenn beispielsweise über Genre-Literatur diskutiert wurde.

Abseits der üblichen Bücher waren ebenfalls an verschiedenen, teilweise unerwarteten Stellen immer wieder Hinweise auf Phantastisches zu finden: in etlichen Kontexten sind Einhörner zurzeit sehr beliebt, es wurden mehrere Exemplare aus Plüsch an verschiedenen Ständen von Verlagen gesichtet, die üblicherweise weniger für ihre Phantastikbücher bekannt sind. Mehrere Cover des Lustigen Taschenbuchs waren mit Goofy, Mickey und Kollegen geziert, die mit Bogen oder großer Stabwaffe eindeutig Ähnlichkeiten zu Figuren aus Computerspielen und Filmen der Phantastik aufwiesen. Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ging in diesem Jahr an Margaret Atwood, die sich zwar nicht als Fantasyautorin sieht, deren Bücher jedoch teilweise eindeutig ins Genre der Social Science-Fiction fallen, man denke nur an das dystopische Der Report der Magd. So gesehen war die Phantastik absolut unausweichlich anwesend auf der Messe, nur nicht immer auf die erwartete Art und Weise.

Preise und Politik

An anderer Stelle war die Phantastik unausweichlich und direkt erkennbar. Mehrere der großen Verlage haben mittlerweile reine Online-Imprints gegründet, in denen Genreliteratur wie Phantastik oder Liebesromane nur noch als E-Book veröffentlicht wird. Die Coverübersichten verrieten, dass dabei eine größere Menge an guter wie weniger guter Phantastik zu erwarten ist.

Auch in der Selfpublishingszene rangiert die Phantastik ganz oben bei den beliebten Genres. Sogar der Deutsche Selfpublishingpreis ging an einen Phantastik-Titel.

Dieser Preis wurde am Donnerstag, den 12.10. auf der Buchmesse vergeben. Anders als beim Deutschen Phantastikpreis mussten die Zuschauer hier nicht einiges an teilweise unpassendem Rahmenprogramm ertragen. Es wurden ganz klassisch die Sponsoren des Preises vorgestellt, das Prozedere der Teilnahme und der Auswahl. Dann bekam das Publikum die Shortlist des Preises aus zehn Titeln präsentiert, während danach die Gewinnerin bekannt gegeben und mit einer humorvollen Laudatio überschüttet wurde.

Madeleine Puljic

An dieser Stelle wollen wir noch einmal der Preisträgerin Madeleine Puljic gratulieren und uns zugleich für den Fehler entschuldigen, der uns in dem Tweet unterlaufen ist, mit dem wir den Gewinnertitel bekannt gegeben haben. Hinten im Publikum stehend und die Aufmerksamkeit permanent zwischen Twitterstream und Bühne teilend, wurde bei dem Untertitel Durch den Nimbus leider aus Nimbus Limbus. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen, der Preisträgertitel des Deutschen Selfpublishingpreises von Madeleine Puljic heißt korrekt Noras Welten – Durch den Nimbus.

Ein weiteres Thema, das die Frankfurter Buchmesse 2017 und vor allem die Berichterstattung darüber prägt, ist die Politik. Das Konzept der Messeveranstalter, rechtsextremen Verlagen Standplätze in unmittelbarer Nähe zu antirassistischen Projekten, wie zum Beispiel der Amadeu Antonio Stiftung, zuzuweisen, war in der Theorie vielleicht gut, endete jedoch nicht nur in Wortgefechten, sondern auch in Handgreiflichkeiten. Wir waren dabei nicht anwesend, sondern haben nur die entsprechende Standverteilung gesehen und sind uns im Nachhinein nicht sicher, ob dieses Konzept so gut war und ob der Börsenverein des deutschen Buchhandels als Veranstalter der Messe der radikalen Rechten so viel Raum hatte geben sollen.

Ganz im Geheimen hoffen wir natürlich auch, dass ein Virus, das alle Menschen freundlich und tolerant macht, eine Gruppe Klingonen oder ein Superheld unserer Wahl dieses Problem langfristig löst.

Wichtiger denn je

Fazit

Den einen großen Trend in der Phantastik konnten wir auf der Buchmesse leider nicht ausmachen. Doch wir freuen uns über die Neuauflagen bekannter Serien, zahlreiche Einhörner und die phantastische Vielfalt, die im Bereich der Selfpublisher zu sehen ist, auch der Deutsche Selfpublishingpreis ging in diesem Jahr an einen Phantastik-Titel. Es bleibt also spannend.

Fotografien: Marie Mönkemeyer

 

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