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Der Bürgerkrieg tobt in der Galaxis. Man stelle sich epische Musik vor, während gelber Text vor einem Sternenhintergrund nach oben läuft. Als Teil der Rebellion versuchen viele Spezialisten ihren Beitrag zu leisten, das Imperium niederzuringen. Aber Star Wars-Feeling ohne Lichtschwerter, geht das?

Normalerweise denkt man bei Star Wars an das wohlige Brummen von Lichtschwertern, fesselnde Schlachten und vor allem die Macht. Gedanken über jene Bewohner der Galaxis, die nicht machtsensitiv sind, sind eher selten und für hartgesottene Fans. So glaubt man. Doch die Galaxis bietet mehr, als Schwertkampf und Blitze werfen. In Zeitalter der Rebellion verkörpert man Spezialisten, die ihren ganz eigenen Anteil am Widerstand gegen das Imperium haben. Nach Am Rande des Imperiums ist Zeitalter der Rebellion das zweite Regelwerk eines Dreigestirns.

Die Spielwelt

Im umfangreichen Star Wars-Universum gibt es weit mehr zu entdecken, als man vielleicht glaubt. Bevor sich Charaktere der Rebellion anschließen, sollte man sich über seine Umgebung, die mittelbare und die weit entfernte, erkundigen. Die Galaxis wird dazu im Regelwerk umfangreich beschrieben: Vom Tiefkern mit der Festungswelt Byss bis zum unerforschten Wilden Raum gibt es tausende Planeten, Gebiete und Standorte, auf und in denen Abenteuer warten. Jede Region wird bezüglich ihrer bekannten Orte und politisch-sozialen Ordnung beleuchtet. Dabei gibt es teilweise Unterschiede zwischen imperialen Informationen und denen der Rebellen. Man bekommt schon während der Lektüre einen Eindruck davon, wie sich der Konflikt bis auf die kleinsten Dinge ausbreitet. Einige sehr bekannte oder wichtige Planeten werden besonders hervorgehoben, darunter Alderaan und Coruscant, was Fans von Star Wars sicher erfreuen dürfte.

Da die Rebellion titelgebend im Mittelpunkt steht, spielt deren Beschreibung ebenfalls eine wichtige Rolle. So gibt es einen geschichtlichen Abriss, in dem man an die Klonkriege erinnert wird und an Bail Organas gefährliches Doppelleben. Man erfährt von der Deklaration der Rebellion und der berühmten Schlacht von Yavin, durch die nicht nur der Todesstern vernichtet, sondern auch die Rebellion erwachsen wurde. Auch die innere Struktur der Rebellion wird beleuchtet, sowie Geheimbasen und sogar allgemeine Taktiken im Kampf beschrieben.

Auf der Gegenseite agieren die Imperialen: Sturmtruppen, Piraten und Moffs (imperiale Verwalter) stellen sich den baldigen Rekruten entgegen.

Rundum gilt festzuhalten, dass man schnell in die Welt gezogen wird und durch die Wiederentdeckung bekannter Orte aus den Filmen auch als Laie einen guten Zugang findet.

Die Regeln

Das Würfelsystem in Zeitalter der Rebellion ist etwas besonders Markantes. Insgesamt sieben Spezialwürfel werden verwendet, dazu einige Marken für so genannte Schicksalspunkte. Doch von vorne: Jede Probe wird mit einer Anzahl an positiven und negativen Würfeln gewürfelt.

Die positiven Würfel sind der grüne W8-Begabungswürfel, der gelbe W12-Trainingswürfel und der hellblaue W6-Verstärkungswürfel. Auf der negativen Seite stehen der lila W8-Schwierigkeitswürfel, der rote W12-Komplikationswürfel und der schwarze W6-Komplikationswürfel.

Ein Würfelpool setzt sich nun aus den positiven Würfeln zusammen, die durch die Fertigkeit, Eigenschaft und Talente, sowie weitere Boni, bestimmt werden. Dazu kommen die negativen Würfel, durch Schwierigkeit, schlechte Umstände, gegnerische Fertigkeiten oder andere Nachteile.

Ein Beispiel:

Ein Soldat möchte auf einen Gegner mit seinem schweren Blastergewehr schießen. Er hat zwei Ränge in der Fertigkeit Schwere Fernkampfwaffe und drei Gewandtheit, welche die Bezugseigenschaft ist. Dadurch ergibt sich ein Würfelpool von drei Würfeln: Zwei Trainingswürfel (gelb) und ein Begabungswürfel (grün). Durch die Entfernung erhält der Schütze einen negativen Schwierigkeitswürfel (lila). Verletzungen oder schlechte Sicht könnten den Schuss noch erschweren, aber das ist in diesem Beispiel nicht gegeben.

Es gibt sechs verschiedene Symbole, die gewürfelt werden können. Aus der Kombination ergibt sich dann ein Ergebnis.

  • Das Erfolgssymbol macht seinem Namen alle Ehre, es sorgt für Erfolge. Es findet sich auf allen positiven Würfeln. Bleibt nach Abzug der Fehlschlagsymbole, die auf allen drei negativen Würfeln abgebildet sind, noch ein Erfolg übrig, gelingt das Vorhaben.
  • Vorteilssymbole lösen positive Nebeneffekte aus und können auf verschiedenste Art verwendet werden. Bedrohungssymbole negieren Vorteile. Beide Symbolarten sind jeweils auf den drei zugehörigen Würfelgruppen abgebildet.
  • Triumph- und Verzweiflungssymbole sind eine Verschmelzung der ersten beiden Varianten und lösen zusätzlich einen besonderen Effekt aus. Dies kann ein automatischer kritischer Treffer für das Triumphsymbol auf dem Trainingswürfel, eine Ladehemmung für ein Verzweiflungssymbol, das sich auf dem Komplikationswüfel befindet, oder etwas ganz anderes sein.

 

In unserem Beispiel fielen die Würfel wie folgt:

Star Wars DiceDer grüne Würfel zeigt ein Erfolgssymbol, die gelben insgesamt drei Vorteile und einen Erfolg. Durch den lila Würfel, mit dem ein Fehlschlagsymbol gewürfelt wurde, bleiben am Ende noch ein Erfolg und zwei Vorteile. Das bedeutet: der Schuss trifft und durch die drei Vorteile können situative Nebeneffekte auftreten. In diesem Fall heißt das, dass die Waffe einen kritischen Treffer landet und der Gegner das Zeitliche segnet.

Wenn dieses Grundkonzept verstanden wurde, kann man sich mit dem weißen W12 beschäftigen, dem Machtwürfel. Wenn ein machtsensitiver Charakter dabei ist, spielt er für ihn eine Rolle, aber auch für alle anderen hat er zumindest eine Funktion. Zu Beginn eines Spielabends würfelt jeder Spieler den Machtwürfel ein Mal. Die hellen und dunklen Punkte ergeben dann summiert die Schicksalspunkte des Abends. Mit Schicksalspunkten kann man einen positiven oder negativen Würfel aufwerten, also einen grünen durch einen gelben bzw. lila gegen einen roten austauschen. Auch Talente können von ihnen profitieren und es ist mit ihnen möglich, einen Teil zur Geschichte beizutragen, womit ein wunderbares Element für die Einbindung von Spielern in die Erzählstruktur gegeben ist. Helle Schicksalspunkte sind dabei für die Spieler vorbehalten und dunkle für den Spielleiter. Benutzt man einen von ihnen, wird einer der zweifarbigen Marker umgedreht und steht danach der jeweils anderen Seite zur Verfügung.

Bei konkurrierenden Proben würfeln beide Parteien gegeneinander mit ihrem entsprechenden Pool. Der verteidigende Charakter tauscht dabei alle positiven gegen die entsprechenden negativen Würfel aus. Nach dem Wurf wird verglichen.

Die Grundlagen sind gut zu verstehen und nicht kompliziert, solange man die richtigen Würfel hat. Es wird eine Umrechnungstabelle mitgeliefert, aber im Praxistest war es eine Qual, ohne das richtige Würfelset zu spielen. Ein Trostpflaster ist, dass auch die anderen Regelwerke des Star Wars-Universums Am Rande des Imperiums und Macht und Schicksal ebenfalls diese Würfel verwenden. Leider genügt ein Set nicht für alle Situationen, ein Problem, das viele Würfelsets teilen.

Wenn man die Würfel nicht hat, hilft die Würfelkonvertierung

Charaktererschaffung

In zehn Schritten zum Erfolg bzw. zum Charakter führt einen das Regelwerk. Die Beschreibungen sind wirklich ausführlich, so dass man auch ohne Vorkenntnisse einen zum Star Wars-Universum passenden Charakter erstellen kann. Aber wie so oft ist Vorwissen hilfreich. Aus sieben Rassen, darunter auch Droiden, wählt man eine aus, nachdem Hintergrundgeschichte und Pflicht festgelegt wurden. Es gibt ein paar gelungene erzählerische Hilfestellungen, mit denen die Hintergrundgeschichte erdacht werden kann. Die Pflicht spiegelt ein höheres Ziel und eine Art ideeller Leitfaden wider.

Eine Auswahl der Spezies

Daraufhin wird der Beruf bestimmt, wobei es sich um die Rolle handelt, die man in der Gruppe erfüllen will. Will man lieber kämpfen oder Fahrzeuge steuern, unterstützen oder andere überzeugen, anführen oder folgen? Daraus ergeben sich die Berufe: Fliegerass, Kommandant, Diplomat, Ingenieur, Soldat, Spion und die Zusatzausbildung des Rekruten. Zusätzlich kann man sogar machtsensitiv werden, wenn man nicht darauf verzichten will.

Die Standardberufe können dann noch einmal spezialisiert werden. So kann der Ingenieur sich als Mechaniker hervortun, Saboteur oder Wissenschaftler werden. Ein Soldat wird Scharfschütze, Kommandosoldat oder Sanitäter. Jede Spezialisierung kommt mit eigenen Boni und Talentbäumen daher und fühlt sich anders an. Das ist eine wunderbare Möglichkeit zur Individualisierung. Hier gibt man Erfahrungspunkte aus, während der Erstellung und danach. Man steigert seine Eigenschaften Stärke, Gewandtheit, Intelligenz, List, Willenskraft und Charisma.

Dazu kommen die Fertigkeiten, und daraus errechnen sich die Würfelpools und andere Werte. Wenn man nun noch die Motivation findet, also den Grund, warum der Charakter den Weg in die Rebellion gewagt hat, schnappt man sich noch etwas Ausrüstung, legt fest, wie der Charakter eigentlich aussieht und heißt und bekommt als Gruppe noch ein paar Ressourcen von der Rebellion. Danach trägt man alles auf dem übersichtlichen Charakterbogen ein und es geht los.

Insgesamt dauert die Erschaffung neuer Charaktere unterschiedlich lang. Erfahrene Spieler brauchen sicherlich nicht länger als 30 Minuten, um sich zwischen den vielen Optionen zu entscheiden, wobei ein Großteil der Zeit auf das Lesen der 73 Seiten entfällt, die sich mit der Erstellung von Rebellen beschäftigen. Für den ersten Versuch sollte man aber eine gute Stunde einplanen, damit man es nicht bereut, etwas verpasst zu haben. Das wirkt zwar recht lang, aber dadurch, dass die Erstellung an sich sehr einfach ist, fühlt es sich nicht lästig, sondern eher wie Charaktererstellung zum Genießen an.

Spielbarkeit aus Spielleitersicht

Das Grundregelwerk liefert viele Anhaltspunkte, um eine gute Geschichte am Spieltisch zu präsentieren. Die unterschiedlichen Orte und Völker, das starke Konfliktpotential zwischen Imperium und Rebellion und die Pflichten der Charaktere sind dafür geradezu prädestiniert. Während des ausgiebigen Tests des Systems stellte sich jedoch heraus, dass das Würfelsystem wirklich gewöhnungsbedürftig ist. Positiv zu bemerken ist, dass durch die vielen Vorteilssymbole viele Dinge geschehen können, die Lebendigkeit in die Szene bringen.

Gegner gibt es genug!
Gegner gibt es genug!

Gleichzeitig muss der Spielleiter aber immens viel improvisieren und hat bei nahezu jedem Wurf etwas zu ergänzen. Auch rücken die Würfe damit sehr in den Mittelpunkt und können unter Umständen die Dynamik unterbrechen, die sich am Tisch aufbaut. Einsteiger sind da sicherlich überfordert und auch erfahrene Spielleiter sollten aufpassen, dass sie sich nicht wiederholen, da sonst ein sehr spannender Teil des Systems verloren gehen würde. Vorbereitung und Kenntnis der Spielwelt sind für einen Spielleiter in diesem System damit wichtiger als in manch anderen. Dann läuft es auch rund und man hat wirklich viel Spaß.

Spielbarkeit aus Spielersicht

Zur Charaktererstellung muss man sagen, dass die Anzahl der beschriebenen Völker recht gering ist, denn es werden nur sieben vorgestellt. Der Hinweis darauf, dass man dies erweitern kann, ist wenig tröstend. In Erweiterungsbänden und anderen Regelwerken finden sich aber ergänzend zum Zeitpunkt des Artikels 18 Völker, und natürlich sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Die Talentbäume wiederum kamen gut an, jeder Spieler sollte die Entwicklung des Charakters aber sorgfältig planen.

Das einfache Initiativekonzept wurde bei den Spielern ebenfalls sehr gut aufgenommen. Auch die durch Vorteile und Bedrohungen bunt gestalteten Szenen machten ausgesprochen viel Laune. Negativ zu bemerken ist aber, dass insgesamt das Gefühl aufkommt, wenig erreichen zu können. In vielen Situationen wurden drei oder mehr Vorteile erwürfelt, aber letztlich kein Erfolg in der Sache an sich erzielt. Vielleicht – und hoffentlich – straft ein längerer Test diese Erfahrung Lügen.

Erscheinungsbild

Das Regelwerk hat einen festen Einband, recht dickes Hochglanzpapier und ist insgesamt sehr wertig. Es wiegt fast 1,8 kg und umfasst 464 Seiten. Gestalterisch ist es wunderbar, abwechslungsreich und hat sogar ein wenig Schabernack verbaut. Die Kapitel werden mit doppelseitigen Illustrationen eingeführt, das ist im Themenbereich für Spielleiter dann beispielsweise Darth Vader. Wenn man nach dem Umblättern mal kein neues und hochwertiges Bildmaterial sieht, ist das eine absolute Ausnahme.

Der Text wird durch zahlreiche Zwischenüberschriften, farbliche Absetzungen, Informationskästen und Tabellen aufgelockert, so dass es wirklich eine Freude ist, darin zu blättern und zu lesen. Die Struktur ist konsequent und mit dem Index kann man gezielt nach Informationen suchen. Des Weiteren können die Talentbäume allein durch die hellblaue Hintergrundfarbe schon durch die Betrachtung von außen identifiziert werden, was repräsentativ für das durchdachte Design ist. In der Ausrüstungsabteilung finden sich schematische Darstellungen der Waffen und Gegenstände sowie Bilder vieler Fahrzeuge und Raumschiffe. Ein wirklich besonders gut entworfenes Machwerk!

Die harten Fakten:

  • Verlag: Heidelberger Spieleverlag, Ulisses Spiele
  • Autor(en): Daniel Schumacher, Nicolas Mendrek, Mhaire Stritter, Julia Klein
  • Erscheinungsjahr: 2017
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Hardcover
  • Seitenanzahl: 464
  • ISBN: 9783957522382
  • Preis: 59,95 EUR
  • Bezugsquelle:  Amazon, Sphärenmeister

 

Bonus/Downloadcontent

Es gibt ein Einsteigerset, das bereits von ex-Kollege Philipp Lohmann getestet wurde.

Fazit

In Star Wars: Zeitalter der Rebellion wird eine spannende Zeit in der Galaxis beschrieben. Das Grundregelwerk ist von sehr guter Qualität und außerordentlich schön mit hochwertigen Illustrationen und viel Hingabe gestaltet. Das ungewohnte Würfelsystem ist einfach zu verstehen, schwankt jedoch zwischen Spaß und Frustration, gerade wenn viele Proben fehlschlagen, aber eine besondere Situationskomik alles auflockert. Daraus kann man aber auch einen gewissen Reiz ziehen.

Ohne die speziellen Würfel mag ein Spielabend trotz Umrechnungstabelle allerdings sehr zäh werden. Für fast 60 Euro erhält man ein unabhängig vom Spielsystem lesenswertes Regelwerk. Wer mehr möchte, erhält ein individuelles Würfelsystem, das mit dem richtigen Equipment richtig Laune macht. Nicht nur für Star Wars-Fans eine lohnende Anschaffung.

Artikelbilder: Ulisses Spiele
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

3 Kommentare

  1. Das Grundgefühl von Age of Rebellion ist wie im film Rogue One.
    Man ist Teil der Rebellion, aber eben nur einer der Typen die da mit einem Gefechtshelm und Ausrüstungsweste gegen das Imperium ziehen. Aber immerhin den moralischen Imperativ auf Ihrer Seite haben.

    Die Regeln sind verbesserte Warhammer 3 Regeln und machen jeden Schuss interessant und interpretierbar.
    Und die Abenteuer machen auch fetzt die sehr schön das Feeling der Schlacht von Hoth oder Scarrif einfangen. Aber auch Basenbuilding oder Diplomatische Missionen.

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