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Aller Anfang ist schwer – das wissen wir besonders seit den ersten magischen Gehversuchen von Harry Potter. Im neuen Spiel von Mattel seid ihr ebenfalls junge Zauberlehrlinge, welche allerlei magische Aufgaben gestellt bekommen. Bekleckert euch mit Ruhm, bevor euch der königliche Inspektor einen Strich durch die Rechnung macht.

Als reisender Zauberlehrling hat man in der Regel nur ein Ziel: die Vollbringung von ruhmreichen Taten, um später in die höchsten magischen Kreise aufzusteigen. Dafür nimmt man zunächst auch gerne leichte Aufgaben in Kauf, wie z. B. das Herbeizaubern von schönen Ballkleidern, Fußpilz entfernen oder Lagerfeuer-Partys organisieren. Man reist durch Wälder, Täler und verschlungene Pfade, nutzt Teleportsteine und versucht genug Geld zusammen zu bekommen, um sich am königlichen Hof eines der begehrten Zauberdiplome zu sichern. Ach, es wäre so ein schönes Wanderleben, wären da nicht die anderen Mitstreiter, welche versuchen, einem die lukrativsten Aufträge vor der Nase wegzuschnappen.

 Spielablauf

Auf dem Spielbrett können sich zwei bis vier „Zauberlehrlinge“ tummeln, wobei jeder von einer schön gestalteten Miniatur repräsentiert wird. Zu Beginn der ersten Runde bekommt jeder sein Spielertableau und 30 Feenstaub in Form von Plastikkristallen. Sein Ruhmesmarker wird auf der Null der Zählleiste platziert. Auf dem Spielbrett werden die Zauberdiplome sowie die königlichen Siegel bereitgelegt und auf jedem Dorffeld jeweils eine Zauberaufgabe offen ausgelegt. Die Dorffelder dienen auch als Startfelder zu Beginn des ersten Zuges eines Spielers. Jeder Zug besteht aus zwei Phasen:

  • Bewegung
  • Aktion

 

Diese Phasen sind freiwillig, allerdings muss die Bewegung immer vor der Aktion kommen, da die Aktion den eigenen Zug beendet.

Die Bewegungsphase

In der Bewegungsphase darf sich der Zauberlehrling in beliebiger Richtung auf den Feldern bewegen. Das heißt, er darf sich auf oder über Felder bewegen, auf denen schon ein anderer Lehrling steht oder auf Felder zurücklaufen, welche er bereits während seines Zuges betreten hatte. Allerdings kann das Reisen zu Fuß auch etwas kosten. Mit der regulären Bewegungsaktion kann man sich maximal 5 Felder weit bewegen. Tut man nur einen Schritt, bekommt man fünf Feenstaub gutgeschrieben, bei zwei Schritten kostet es nichts, ab drei werden drei Feenstaub fällig, nach vier Schritten sind es schon sechs und nach fünf Schritten stolze zehn Feenstaub.

Andere Fortbewegungsmittel, wie das Vogeltaxi oder die Teleportsteine, werden nicht auf das Bewegungslimit angerechnet – kosten allerdings auch etwas.

Das Vogeltaxi kostet zwei Münzen, von denen man anfangs keine einzige besitzt. Diese müssen erst verdient werden. Dafür können die Routen der Vögel, welche fest vorgegeben sind, einen recht schnell zum gewünschten Ziel bringen.

Mit dem Teleportieren geht es noch schneller. Für zehn Feenstaub kommt man damit von einem Ende der Karten zum anderen. Zudem hat es den positiven Nebeneffekt, dass man ein Amulett (Energie, Natur, Illusion, Tier) des Zielortes erhält. Auf die Amulette kommen wir später zurück. Neben den festen Teleportsteinen gibt es noch den reisenden Bergkobold, welcher ein mobiles Reiseportal mit sich herumträgt. Jederzeit kann von ihm aus zu einem Teleportstein gereist werden und anders herum. Sollte man aber zu ihm reisen, bekommt man kein Amulett, welche jedoch recht wichtig sind zur Ruhmgewinnung. Nach jedem Teleport eines Spielers zieht der Bergkobold auf das nächste nummerierte Steinfeld weiter, wodurch sich geplante Reiserouten ändern können.

Die Aktionsphase

Nachdem die komplette Bewegung abgehandelt wurde, kann sich der Spieler entscheiden, noch eine Aktion auszuführen. Das Erfüllen einer Zauberaufgabe ist hierbei eine der wichtigsten Aktionen. Was zunächst danach klingt, als müssten verschiedene Stationen abgeklappert werden, stellt sich als denkbar einfach heraus. In der linken oberen Ecke einer Karte steht, wie viel Feenstaub es kostet, die Aufgabe zu erfüllen. Der Flavourtext kann hier anfänglich für etwas Verwirrung sorgen, wenn auf der Karte z. B. steht „den Sumpf duften lassen“ oder „den Staudamm versetzen“. Sobald wir den Feenstaub bezahlt haben, haben wir diese Aufgabe erledigt. Nun prüfen wir die Anzahl der Sterne (=Ruhm) und die Geldstücke auf der Aufgabenkarte, welche wir für die Erfüllung erhalten. Jetzt kommen auch unsere Amulette ins Spiel. Anfangs hat jeder Charakter ein Startamulett, welches auf das Spielertableau aufgedruckt ist. Für jedes Amulett, welches mit der Symbolik auf der erfüllten Karte übereinstimmt, bekommt der Spieler eine Münze sowie einen Ruhmespunkt mehr.

Zeigt eine Zauberaufgabenkarte beispielsweise einen Ruhmespunkt, drei Münzen und ein grünes Blatt, welches für das grüne Naturamulett steht, so würde der Spieler, welcher diese Aufgabe mit diesem Amulett löst, zwei Ruhmespunkte und vier Münzen erhalten. Mit zwei solchen Amuletten wären es sogar drei Ruhmespunkte und fünft Münzen, usw.

Nachdem die Aufgabe erfüllt wurde, wird auf das leere Dorffeld verdeckt eine neue Zauberaufgabe gelegt. Die nun sichtbare oberste Karte des Zauberaufgabenstapels zeigt eine Zahl sowie eine Region (Fels, Sand, Wald) des Spielfelds. Auf dieses Feld wird ein Fliegenpilzplättchen gelegt, welches Boni für den Spieler bereithält, der es einsammelt. Dies kann eine Bewegung sein, die Feenstaub kostet, ein Teleportstein, welcher einen vom aktuellen Standort zu einem beliebigen Teleportstein (auch zum reisenden Bergkobold) bringt, zusätzliche/r Feenstaub/Münzen oder auch magische Symbole, wie die auf den Zauberaufgaben.

Da früher oder später der Vorrat an Feenstaub knapp wird, ist noch die Frage zu klären, wie man an neuen kommt. Hierfür gibt es den Marktplatz oder die beiden Händler auf der Karte, welche unsere hart verdienten Münzen gerne in Feenstaub umtauschen. Aber aufgepasst – der Tauschkurs unterliegt Schwankungen und nicht immer bekommt man den besten Deal für seine Münzen. Ähnlich wie der Bergkobold, steht eine Waldelfenfigur auf einem Pilzrondell, welche stets den aktuellen Tauschkurs angibt. Sobald jemand Münzen gegen Feenstaub wechselt, wird diese Figur ein Feld weiter gestellt und der dortige Kurs gilt für den nächsten Tausch. So kann es sein, dass ein Spieler für fünf Münzen 100 Feenstaub bekommt, aber ein anderer nur 55. Daher sollte man die anderen Spieler und deren Vorrat nie ganz aus den Augen verlieren.

Als letzte der drei Aktionen gibt es noch die Möglichkeit, ein Zauberdiplom zu erhalten. Hierfür gibt es in der Mitte des Spielbretts ein Palastfeld, welches betreten werden muss, um diese Aktion ausführen zu können. Bei erstmaligen Betreten darf sich der Spieler das oberste Königliche Siegel nehmen und offen vor sich auslegen. Des Weiteren darf er sich alle verdeckten Zauberdiplome ansehen und überprüfen, ob er eines davon erfüllen kann. Sollte er die Voraussetzungen von mindestens einem Diplom erfüllen, so darf er auch dieses offen vor sich auslegen. Kann er keines erfüllen, so legt er alle wieder verdeckt auf das Palastfeld. Der Spieler kennt nun die Aufgaben und kann versuchen eine von ihnen später zu lösen, um das Diplom bei einem späteren Besuch einzustreichen (sofern nicht ein anderer Spieler schneller war). Ein Spieler darf jeweils nur ein Diplom und ein Zertifikat besitzen.

Die Spieler lösen nun reihum Zauberaufgaben, versuchen mit ihrem Feenstaub gut zu haushalten, um an Ende die meisten Ruhmespunkte zu erhalten. Die neuen Aufgaben, welche nach dem Lösen einer Aufgabe verdeckt abgelegt wurden, werden erst aktiviert, sobald nur noch drei aktive Aufgaben ausliegen. Die drei übrigen Aufgaben bekommen jeweils eine Bonusmünze. Dadurch ist gewährleistet, dass alle Spieler durch das Land reisen müssen, da sonst die aktiven Aufträge ausbleiben, die Münzen bringen, welche bei den Händlern in Feenstaub umgewandelt werden können.

Spielende und Auswertung

Das Spiel endet augenblicklich, sobald im Zauberaufgabenstapel die Karte des Königlichen Inspektors aufgedeckt wird. Es kommt zur Endwertung, wobei jeder, der kein Zauberdiplom erhalten hat, soviel Ruhm verliert, wie auf den noch auf dem Palast liegenden Diplomkarten angezeigt wird. Dann gibt es noch Punkte für Amulette, Symbolmehrheiten und übrige Münzen. Sieger ist der, mit den meisten Ruhmespunkten.

Ein Spiel mit mehr Spielern endet schneller, da die Aufträge durch mehrere Personen nacheinander gelöst werden, was zur Folge hat, dass der Auftragsstapel schneller schrumpft und so der Inspektor früher auf den Plan tritt. Daran sollte man seine Taktik anpassen.

Da nur drei Aktionen zur Verfügung stehen, wären die Züge meist schnell abgehandelt – wäre da nicht das Ressourcenmanagement. Sollte ein Grübler oder ein Wegeoptimierer mit am Tisch sitzen, könnten die Züge künstlich in die Länge gezogen werden. Dennoch ist die Downtime angenehm niedrig und etwas Vorausplanung kann stets betrieben werden. Und hier kommen wir zu einem wichtigen Punkt: dieses Spiel wirkt von außen betrachtet wie ein Kinderspiel, aber im Herzen ist es ein knallhartes Ressourcenmanagementspiel mit Wegeoptimierung. Und ich möchte bezweifeln, dass das jüngere Kinder ab zehn Jahren in dieser Komplexität voll erfassen können. Zudem wirkt der Spielplan anfänglich sehr überladen und bunt. Er ist wunderschön anzuschauen, keine Frage, aber er hemmt in den ersten ein bis zwei Partien etwas den Spielfluss. Hinzu kommt, dass man nicht so richtig gegeneinander spielt. Bei mehr Mitspielern kommt es zwar häufiger vor, dass einer jemandem die Karten vor der Nase wegschnappt, aber im Grunde versucht jeder seine Taktik zu verfolgen und auf seinem Board die Ressourcen im Blick zu behalten. Es gibt zudem einen unnötigen Glücksfaktor, welcher sich aber leicht durch eine Regelvariante aushebeln lässt: auf dem Schlossfeld muss man das oberste Zertifikat nehmen. Da dieses, je nach Symbol, für die Endwertung noch Punkte bringen kann, verwehrt einem dieser Zufallszug wichtige Punkte. Hier wäre es besser, wenn man sich von den Zertifikaten eines frei auswählen könnte.

Ausstattung

Mir gefallen das Artwork und die Gestaltung dieses Spiels sehr gut. Der Illustrator Jean-Baptiste Reynaud hat hier meiner Meinung nach einen tollen Job gemacht. Der Ersteindruck der Komponenten war ebenfalls sehr positiv. Jedes Spielerboard schmückt sich mit der passenden Illustration seines Charakters, das Spiel besitzt große schöne Marker, tolle Miniaturen und ein wunderschönes Spielbrett mit vielen kleinen und liebevollen Details. Zudem verschiedene Plastikkristalle in verschiedenen Ausführungen. Hier ist der einzige Nachteil, dass man wissen muss, welchen Wert welcher Kristall hat, was aber schnell verinnerlicht wird. Die Karten wirken anfangs recht klein, aber alle Symbole können darauf gut erkannt werden und die Qualität ist ganz passabel. Besonders angetan hat es mir das Inlay der Box. Hier hat alles seinen Platz und es wirkt super aufgeräumt. Davon dürfen sich andere Spiele gerne eine Scheibe abschneiden.

Die Spielanleitung selbst ist sehr einfach und verständlich geschrieben. Offene Regelfragen gab es zu keinem Zeitpunkt. Lediglich, dass diese in Form eines aufklappbaren Prospektes gedruckt wurde und nicht als normales Heft, mag etwas seltsam anmuten und ist unnötig umständlich.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Mattel Games
  • Autor(en): Nick Hayes
  • Erscheinungsjahr: 2017
  • Sprache: Deutsch
  • Format: 29,5 x 29,5 x 7,5 cm
  • ISBN/EAN: 887961491548
  • Preis: UVP: 37,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus / Downloadcontent

Auf BoardGameGeek gibt es ein englischsprachiges „How-to-Play-Video“ sowie die vollständigen Spielgregeln, ebenfalls in englischer Sprache.

Fazit

Zauberlehrling gesucht wirkt, mit seinem Aussehen und der farbenfrohen Aufmachung, auf den ersten Blick wie ein einfaches Kinderspiel und ist damit ein Blender im positiven Sinn. Im Herzen schlummern hier taktischer Anspruch und Ressourcenmanagement. Wer gleich los eilt, um sich die ersten Aufträge zu sichern, wird schnell feststellen, dass er im Anschluss kaum noch vorankommt und so andere an ihm vorbeiziehen können. Das Spiel funktioniert mit jeder angegebenen Spieleranzahl, wobei es sich mit zwei Spielern etwas taktischer spielt, aufgrund geringerer Überschneidungen auf dem Spielplan.

Glück spielt hier streckenweise auch eine Rolle, wenn z. B. die für mich wichtigen Zauberaufgaben weit weg bei meinen Kontrahenten aufgedeckt werden, ich ein völlig unpassendes Zertifikat ziehe oder die Bonuspilze partout nichts Brauchbares präsentieren. Allerdings kann man hier mit Umstellen der Taktik zum richtigen Zeitpunkt das Ruder zu seinen Gunsten herumreißen.

Das Spiel bietet zwar keine sehr hohe Interaktion der Spieler, aber dennoch hat die Aufgabenhatz mit seinen Optimierungsmechaniken seinen Reiz. Entsprechend geht der Daumen für Planer und Optimierer, welche keinen allzu großen Wert auf Interaktion legen, noch etwas nach oben.

Artikelbilder: Mattel
Dieses Produkt wurde privat finanziert.

 

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