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Die Plattform LarpGate.com bietet seit Anfang 2016 Spielerinnen und Spielern aus dem Live-Rollenspiel die Möglichkeit, ihre Charaktere, Gruppen, Kampagnen und Conventions kostenlos online zu präsentieren. Das Team hinter LarpGate hat nun das letzte Jahr an einer neuen Version gearbeitet. Also höchste Zeit, mit den Gründern des Projektes zu sprechen.

Stephan Egbringhoff ist seit Anfang 2014 im Live-Rollenspiel unterwegs. Beruflich kommt er aus der Design- und Marketingecke. Zusammen mit Oliver hat er eine Softwarefirma, mit der sie individuelle Lösungen für Industrie und E-Commerce entwickeln.

Oliver Holz larpt nun seit fast 10 Jahren und ist fast genauso lange Teil der Welder-Orga, die jedes Jahr vier bis fünf klassische Fantasy-Cons veranstaltet. Als Softwareentwickler verantwortet er in der gemeinsamen Firma die technische Planung und Koordination der Entwickler.

Die Gründer des LARPGate
Die Gründer des LARPGate

Teilzeithelden: Wie kamt ihr auf die Idee, so etwas zu machen?

Stephan: Die meisten Ideen entstehen ja, wenn man mit einer Situation nicht glücklich ist. In meinem Fall war ich als LARP-Anfänger ziemlich überfordert, eine passende Gruppe zu finden. Mir kam dann die Idee, dass es doch cool wäre, wenn es ein Register mit LARP-Gruppen geben würde, in dem ich nach unterschiedlichen Kriterien suchen kann. Und weil es hier nichts Passendes gab, haben wir einfach selber angefangen, etwas zu bauen, damit LARP-Neulinge dieses Problem zukünftig nicht mehr haben.

Mehr als eine Insellösung

Teilzeithelden: Ist das in Zeiten von Facebook und Co. noch zeitgemäß?

Oliver: Auf jeden Fall. Die großen sozialen Netzwerke sind viel zu allgemein, als dass man damit ein spezielles Hobby wie Live-Rollenspiel wirklich abbilden kann. Deren Schwerpunkt liegt in der täglichen Kommunikation zwischen den Usern, die ihre Story posten sollen.

Wir haben mit LarpGate ein anderes Ziel: Wir geben unserem Hobby mit dem System eine Struktur, schaffen Übersichtlichkeit und helfen damit vor allem Neueinsteigern, die ersten Schritte zu gehen. Dass man bei uns auch seine neuen Charakter-Fotos posten oder über die vergangene Con chatten kann, ist eher eine ergänzende Funktion.

Teilzeithelden: Wieso etwas Neues, wenn es schon Lösungen gibt?

Stephan: Wir sind kein Fan von vergleichender Werbung. Es ist gut, dass andere Leute auch ihre Ideen umgesetzt haben und dafür brennen. Oder gebrannt haben. Nur durch Leute, die eine Idee haben und sie dann auch umsetzen, entwickelt sich unsere Szene weiter.

Um aber auf die Frage zurückzukommen: Natürlich gibt ein paar Versuche, die Larper im deutschsprachigen Raum zu verbinden. Und natürlich gibt auch es jede Menge Insellösungen. Ein vergleichbares Projekt wie das, was wir realisiert haben, kennen wir aber nicht. Selbst wenn man die Verwendung von halbwegs aktueller Webtechnologie nicht berücksichtigt.

Oliver: Genau. Der wohl größte Unterschied zu allem, was wir kennen, liegt wohl darin, dass wir LarpGate von Grund auf selbst entwickelt und alles passgenau auf unser Hobby zugeschnitten haben. Das neue LarpGate besteht aus rund 120.000 Zeilen Code, den wir speziell für dieses Projekt geschrieben haben, und zusätzlich über 700.000 Zeilen Quellcode, die wir aus anderen Frameworks eingebunden haben.

Stephan: Dies gibt uns Freiheiten, die ein Baukastensystem, eine Forenplattform oder ein Wiki nie geben kann. Wir können nicht nur alles so bauen, wie es uns am besten erscheint. Wir können auch auf Feedback reagieren und uns kurzfristig neuen Gegebenheiten anpassen.

Alles neu macht der … Februar

Teilzeithelden: Bisher war der Funktionsumfang überschaubar und hatte, bis auf eine wirklich gelungene Optik, keine signifikanten Unterschiede zu bestehenden Lösungen. Was erwartet die User mit V 2.0?

Oliver: Es freut uns, dass das alte Design positive Resonanz erfährt. Doch die erste Version kann man aus heutiger Sicht nur noch als eine Art Testballon betrachten.

Wir hatten am Anfang eine grobe Idee, haben diese umgesetzt und dann das Feedback ausgewertet. So ist das erste LarpGate Schritt für Schritt gewachsen und wir haben gelernt, was sich die Community wirklich wünscht. Bei der neuen Version sind wir anders vorgegangen: Wir hatten nun ja schon Unmengen an Feedback, Wünsche und Erfahrungen gesammelt und konnten alles besser einschätzen.

Wir haben also die Chance genutzt, uns wirklich auch Zeit genommen und die Plattform nochmal von Grund auf neu konzipiert. So konnten wir auch viele mögliche Erweiterungen direkt einplanen und alles für die Mehrsprachigkeit vorbereiten.

Stephan: Um deine zweite Frage aber nicht zu vergessen: Das, was den Usern wohl als erstes ins Auge sticht, ist das neue Design. Nach dem Motto „weniger ist mehr“ haben wir das Interface erheblich verschlankt, vereinheitlicht und alles noch mehr für mobile Geräte optimiert. Außerdem bringt die neue Plattform zwei größere neue Module mit. Die von unseren Usern am meisten erwartete Funktion sind die neuen Orga-Tools:

Mit unserem System, das wir mit mehr als 50 LARP-Veranstaltern in Kooperation umgesetzt haben, kann man nicht nur seine Con präsentieren, sondern darüber hinaus auch den kompletten Anmelde- und Bewerbungsprozess abwickeln.  Mit den neuen Orga-Tools kann jeder kostenlos Con-Termine erstellen und verwalten. Der Spieler muss sich nur noch das passende Ticket zum aktuellen Staffelpreis aussuchen, die gewünschte Übernachtungsmöglichkeit, Verpflegungsoption und Extras markieren, seinen Charakter wählen und die Anmeldung oder Bewerbung absenden.

Handelt es sich um eine Bewerbungs-Con, muss der Veranstalter den Spieler anschließend freischalten. Bei normalen Anmeldungs-Cons erhält der Spieler direkt eine Mail mit den Zahlungsinformationen. Ist die Zahlung eingegangen, bestätigt der Veranstalter dies mit einem Klick, und der Spieler erhält eine weitere E-Mail mit seinem personalisierten Ticket und allen weiteren Informationen. So wird die Verwaltung von Cons ein ganzes Stück unkomplizierter, und Excel-Listen oder Google-Formulare sind überflüssig. Druckversionen von Charakterbögen oder vorausgefüllte Checklisten machen das System dann richtig rund.

Oliver: Die andere Neuerung, von der Stephan sprach, ist unsere neue LARP-Karte.

Wir haben ein Modul geschaffen, mit dem Charaktere, Gruppen, Organisationen, Kampagnen und Conventions automatisch auf einer Karte angezeigt werden. So kann ich sehen, welche Cons bei mir in der Nähe stattfinden oder wo ich beispielsweise die nächste Elfen-Gruppe finde.  Die weitreichendsten Neuheiten verbergen sich aber unter der Oberfläche. Das neue LarpGate setzt in allen Bereichen auf neuste Webtechnologie und hat eine viel komplexere Systemlogik. Für den User heißt dies vor allem, dass die Plattform schneller und geschmeidiger läuft.

Teilzeithelden: Im Internet herrscht oft ein rauer Ton, andere Portale, aber auch soziale Medien leiden da durchaus drunter, und es gibt nicht wenige Kritiker dieses Umgangs. Wie wollt ihr das im LarpGate verhindern?

Stephan: Bisher haben wir bei uns zum Glück keine Probleme damit. Dies liegt aber wahrscheinlich auch daran, dass bei uns mehr IT-Inhalte veröffentlicht werden und die User diese sehr gerne lesen.

Wir wissen aber, dass es speziell bei der Bewertung von Gewandungen in anderen Netzwerken immer wieder zu Problemen kommt. Sollte dies auch bei uns irgendwann so losgehen, werden wir aber einen Weg finden, um die Regeln der Höflichkeit durchzusetzen.

Teilzeithelden: Wie finanziert sich so ein umfangreiches Projekt?

Oliver: Im Grunde genommen konnten wir die neue Version nur realisieren, weil wir die Möglichkeit hatten, es selbst zu programmieren. Wenn man so etwas bei einer Digitalagentur in Auftrag geben würde, bräuchte man sicher ein gut sechsstelliges Budget. Wir haben mit unserem Team im vergangenen Jahr jede Woche rund 120 Stunden an diesem Projekt gearbeitet. Im Endspurt dann mit bis zu acht Personen meistens über 200 Stunden. Wirtschaftlich gesehen ist das absoluter Wahnsinn.

Stephan: Das hört sich jetzt ziemlich drastisch an. (lacht) Oliver und ich haben aber auch das Glück, dass wir das Projekt durch andere Aufträge unserer Firma etwas subventionieren konnten. Wenn man dann den privaten Gürtel ein bisschen enger schnallt, klappt das irgendwie.

Sowas macht man aber auch nur, wenn man wirklich daran glaubt, was man tut. Uns ist LarpGate wie noch nie zuvor ein Projekt ans Herz gewachsen, und wir haben es bis heute noch keine Sekunde bereut.

Oliver: Außerdem haben wir speziell in den letzten vier Monaten einige tolle Sponsoren gefunden, die an unser Projekt glauben.

Wir wollen die Chance nutzen und uns nochmal bei Freyhand, LARP-Fashion, der Metwabe, CP-Abenteuer, Zeughaus und der LARPzeit sowie World of LARP, dem Ritterladen, Wyvern, Pera Peris, McOnis, Cast4Art und Orkenspalter TV bedanken. Wenn solche Leute einem sagen, dass sie an einen glauben, beflügelt das natürlich ganz schön.

Teilzeithelden: Was erwartet die Nutzer in der Zukunft bei LarpGate?

Stephan: Die Wunschliste unserer User ist noch viele Kilometer lang. Neben vielen kleinen Erweiterungen planen wir als nächstes größeres Modul ein System, welches den Einstieg ins Live-Rollenspiel noch einfacher machen soll.

Vom Prinzip her wird der User Stück für Stück durch die Settings, Genre und Spielsysteme des LARP geführt und kann dabei markieren, was ihn interessiert. Am Ende bekommt er dann passende Charakterkonzepte, Spielergruppen und Conventions vorgeschlagen, so dass der Start ins LARP auch wirklich ein Erfolg wird.

Teilzeithelden: Das klingt nach einer sehr spannenden Idee, und es scheint, als hättet ihr noch Großes vor?

Oliver: Das merkt man, oder? Wir haben uns das Ziel gesetzt, dem geilsten Hobby der Welt eine übergreifende Plattform zu geben. Nicht mehr und nicht weniger.

Stephan: Genau. Wir wollen das LARP dauerhaft unkomplizierter und übersichtlicher machen.

Manche sagen, es wäre zu ambitioniert. Andere sagen, es wäre vollkommen verrückt. Wir stoßen natürlich nicht immer nur auf Gegenliebe. Einige hassen uns wahrscheinlich sogar dafür, dass wir den Status Quo in Frage stellen. Aber man kann es halt nicht allen recht machen.

Wir sind der absoluten Überzeugung, dass eine Plattform wie unsere das Hobby Live-Rollenspiel dauerhaft auf ein neues Level heben kann und so weiter in die Mitte der Gesellschaft rücken wird. Das hilft allen!

Artikelbilder: LARPGate.de

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