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Im Schwarzwald sind die Tore zur Hölle aufgegangen. Europa wird von einem blutigen Krieg gegen Dämonen, Hexen und finstere Geister überzogen. Große Teile der Niederlande sind untergegangen, bei Magdeburg gibt es ein Meer und was mit den Britischen Inseln ist, weiß niemand. Willkommen im Jahr 1733.

HeXXen 1733 ist bisher das erfolgreichste Crowdfunding von Ulisses. 700 Unterstützer investierten insgesamt 117.068 EUR in die alternative Realität von Mirko Bader und übertrafen damit jede Erwartung.

Pünktlich vor dem Gratis-Rollenspieltag konnten die Crowdfunder den Schnellstarter ausgiebig unter die Lupe nehmen. Auch die Teilzeithelden haben sich das Rapier umgehängt, die Musketen geschultert und sind auf Hexenjagd gegangen.

Die Spielwelt

Wir schreiben das Jahr 1640 in Deutschland. Inmitten der Wirren des 30-jährigen Krieges versteckte sich eine Söldnertruppe in einem verlassenen Kloster mitten im Schwarzwald. Die Hoffnung auf ein paar letzte Kirchenschätze trieb die ungebetenen Gäste zu einer gründlichen Untersuchung der Gemäuer. Doch den Schatz, den sie unter einer verstecken Steinplatte vermuteten, entpuppte sich als höllischer Trugschluss, im wahrsten Sinne des Wortes. Unter dem Kloster wartete nichts Geringeres als ein Tor zur Hölle, aus dem sich einer der Höllenfürsten sogleich anschickte, die Welt mit Zerstörung und Chaos zu überziehen.

Rund 90 Jahre später, im Jahre 1733, ist die Welt nicht mehr, wie man sie kannte. Hexen ließen in einem großen Ritual weite Teile der Niederlande und vermutlich auch Norddeutschlands untergehen. Zumindest ist dort, wo einst die Elbe floss, nun das Magdeburger Meer. Der Kontakt zu Großbritannien ist gleich ganz abgerissen, und ein zehrender Krieg liegt hinter den Nationen Europas. Doch trotz des bevorstehenden Unterganges konnten sich die verbliebenen Nationen nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Katholiken machten das gottlose Leben der Protestanten für die Hölle auf Erden verantwortlich und Protestanten die Katholiken, von Anglikanern oder anderen Gemeinschaften gar nicht erst zu reden. Aber auch territorial wollte kein Reich nachgeben. Zwar sind die Kriege gegeneinander und gegen die Höllenfürsten inzwischen beendet, aber es herrscht eine fragile Waffenruhe, die wieder und wieder durch Dämonen und finstere Hexen gebrochen wird.

Technik, die begeistert

Doch die Tore zur Hölle brachten zudem erstaunliche technologische Entwicklungen mit sich. Nicht alle Kreaturen der Finsternis manifestierten sich, als die Tore zur Unterwelt aufbrachen, einige schwirren körperlos als Sturmgeister über die Welt. Der Pariser Sorbonne-Universität gelang es zuerst, die Essenz dieser Geister, das Seelenlicht, nutzbar zu machen und abenteuerliche Geräte zu entwickeln. So erleuchten 1733 hauptsächlich seelenlichtbetriebene Laternen die europäischen Großstädte. Aber auch Waffen und andere Spielereien verlassen die Manufakturen. Viele dienen einzig dem Zweck, gegen Diener der Höllenfürsten vorzugehen, die wieder und wieder über die Menschen kommen.

In diese alternative Realität werden die Spieler als Jäger geworfen, um aus unterschiedlichsten Gründen Jagd auf die finsteren Wesen zu machen.

Der Schnellstarter für Unterstützer und den Gratis-Rollenspieltag soll einen ersten Eindruck dieser Welt und des Systems vermitteln. Auf 24 Seiten bekommt der Spieler einen Überblick über die Geschichte, Regeln, fünf fertige Testcharaktere, mehrere Marker und ein liebevolles Kurzabenteuer.

Sicher nicht umfassend, aber vollkommen ausreichend, um die richtige Grundstimmung zu erzeugen, wird zunächst die Welt beschrieben. Dieser Teil umfasst die wichtigsten Daten und Fakten und eine treffende Übersicht von Filmen, die das Gefühl von HeXXen 1733 widerspiegeln.

Für das Abenteuer gibt Ulisses eine Spielzeit von rund 2 Stunden an, die aber durchaus gestreckt werden kann. Die Geschichte ist mit einigen liebevollen Details versehen und vermittelt einen guten Eindruck, was die Spieler in künftigen Abenteuern und Kampagnen erwartet.

Regeln und Charaktererschaffung

Gespielt wird mit drei Sorten W6 und mehreren Markertypen. Dem Schnellstarter liegen Helden-, Feind-, und Lähmungsmarker bei. Für Coups, Idee und Hexerei benötigt man zusätzliche Marker, es wird geraten, zu Pokerchips zu greifen.

Die Regeln des Schnellstarters sind etwas entschlackter, als sie es im fertigen Spiel sein werden, vermitteln aber dennoch einen ersten Eindruck des Gesamtsystems. Außerhalb von Kämpfen wird man eher selten zu den Würfeln greifen müssen, viele Aufgaben lassen sich über eine schöne Erzählung der Spieler lösen. Kämpfe selbst werden auch nur dann ausgefochten, wenn die Gegner eine echte Bedrohung für die Helden darstellen. Dies definiert sich zum einen über den Gegnertyp und vor allem das Gusto der Spielleitung. Die Marker und das Würfelsystem deuten auf die Bedeutung von actionreichen Kämpfen hin, Epik spielt hier eine große Rolle und man erkennt Parallelen zu 7te See.

Proben werden auf Attribut und Fertigkeitswert gewürfelt. Die Summe der Werte gibt die Anzahl der W6 an, die geworfen werden. Als Erfolg zählt dabei eine 5 oder eine 6, und ein solcher reicht, um die Probe zu bestehen. Die übrigen Erfolge werden dann zu Schaden oder anderen Ergebnissen hinzuaddiert. Malus und Bonus werden extra mit sogenannten Janus-Würfeln geworfen, dabei zählen 4, 5 oder 6 als Erfolg und werden der Probe als Malus oder Bonus hinzugefügt.

Zusätzlich können Helden mit Hilfe einer im Kampf begrenzten Anzahl Coups oder Ideen spezielle Fähigkeiten einsetzen. Manche davon lassen einen Charakter sogar mehrere Gegner auf einmal ausschalten. Helden genießen aber noch weitere Vorteile. So können sie im Gegensatz zu NSC Angriffe parieren, blocken oder ausweichen und hauchen erst bei -11 Lebenspunkten ihren letzten Atemzug.

Über die Charaktererschaffung lässt sich nichts sagen, da dem Schnellstarter ausschließlich fertige Charaktere beiliegen und die Regeln nicht ausführlich genug für eine Erschaffung sind.

Spielbericht

Wer Van Helsing mit Hugh Jackman, Solomon Kane oder Hänsel & Gretel: Hexenjäger kennt, wird sich schnell in das Setting einfinden. So ging es auch unserer Spielrunde. Fast genauso schnell fand ein jeder unter den fünf Vorschlägen den für sich passenden Charakter. Zwei der Spielerinnen waren dabei erfahren in verschiedenen Rollenspielsystemen, und eine Spielerin hatte ihr Pen&Paper-Debüt mit HeXXen 1733. Das Abenteuer erlaubt einen schnellen Einstieg in die Welt und lässt der Runde viele Freiheiten, was sich natürlich auf die Dauer auswirkt. Die Gruppe ließ sich fix vom Setting einfangen, und wir spielten knapp drei Stunden, wobei wir so ziemlich alle Möglichkeiten des Schnellstarters ausnutzten. Lediglich die Kämpfe waren dabei etwas gewöhnungsbedürftig, da man von einem narrativen Ansatz plötzlich in eine Kampfsimulation wechselte, die aber nach ein paar Übungen fix und spaßig vonstattenging.

Spielbarkeit aus Spielleitersicht

Der Schnellstarter macht es SpielleiterInnen, auch mit wenig Erfahrung, leicht, das Abenteuer für ihre Gruppe vorzubereiten. Lediglich zwei, drei kleine Anmerkungen zu den Kampfregeln für NSC hätten nicht geschadet, da nicht sofort klar war, wie viele Würfel diese für welche Attacke einsetzen dürfen. Aber abseits dessen sind alle Informationen da, um draufloszuspielen und die richtige Grundstimmung aufzubauen. Blättern wird man kaum müssen, da die Regeln eingängig sind. Die zusätzlichen Infos im Abenteuer, kurze stimmige Vorlesepassagen, vorbereitete Marker und ein paar Tipps zum Settingaufbau erleichtern die Aufgaben der SpielleiterIn.

Spielbarkeit aus Spielersicht

Wie auch für SpielleiterInnen, sind die Regeln für SpielerInnen schnell einzuprägen. Schon nach den ersten paar Proben geht es flüssig von der Hand. Die fertigen und charmanten Charaktere sind schlüssig aufgebaut. Eine kurze Hintergrundgeschichte gibt genug Tiefe für den Beginn, und die Fähigkeiten sind verständlich erläutert. Man braucht nicht einmal ein Charakterblatt, es reicht die Beschreibung aus dem Schnellstarter. Wer aber dennoch seinen Charakter extra niederschreiben möchte, kann eines nutzen, das Ulisses zur Verfügung gestellt hat. Die Mischung der vorgeschriebenen Spielercharaktere ist gut gewählt, so dass jeder Spielertypus etwas finden sollte.

Coverbild © Ulisses
Coverbild © Ulisses

Die harten Fakten:

  • Verlag: Ulisses Spiele GmbH
  • Autor: Mirko Bader
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch
  • Format: PDF/Heft
  • Seitenanzahl: 24
  • ISBN: –
  • Preis: –
  • Bezugsquelle: Gratis-Rollenspieltag

 

Bonus-/Downloadinhalte

Unterstützer des Crowdfundings haben bereits auch den ersten Soundtrack zu HeXXen 1733 von Orkenpack erhalten. Die Musik passte beim ersten Spieltest sehr gut zur Spielwelt, und besonders die Kampfmusik schaffte eine epische Atmosphäre.

Fazit

Mirko Bader hat mit HeXXen 1733 ein Spiel mit Fokus auf actionreichen und schnellen Kämpfen sowie epischen Geschichten versprochen. Nimmt man den Schnellstarter, hat er dieses Versprechen auch erfüllt. Auch wenn man viele Würfel über den Tisch rollt, lichten sich die Reihen der Gegner sehr fix, wenn die Helden ihre Fähigkeiten geschickt einsetzen. Fordernd sind dann die größeren Gegner, aber auch hier sind Kampfbegegnungen, selbst mit teils ungeübten Spielern, im Vergleich zu anderen Systemen recht kurz. Gepaart mit der Möglichkeit, Würfelorgien durch epische Beschreibungen zu umgehen, entsteht ein sehr gut und einfach spielbares System.

Man darf also auf das endgültige Regelwerk gespannt sein und darauf, ob Proben, besonders Kämpfe, weiterhin so zügig vonstattengehen. Die Welt indes hat unsere Testrunde schon in ihren Bann gezogen, und wir freuen uns schon, wenn wir das nächste Mal auf Jagd gehen. Da draußen gibt es verdammt viele Monster, also gehen wir es an.

Artikelbild: Ulisses Spiele GmbH, Bearbeitet von Verena Bach
Fotografien: Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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