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Jet Set für Shadowrun entführt den Leser in die glitzernde glamouröse Welt der Superreichen, Adeligen und Konzernchefs. Sowohl Hintergrund- als auch Kampagnenband bieten dem Leser eine Fülle von Informationen und Plothints, die teils mehr, teils weniger verwertbar sind.

Erscheinungsbild

Das mir vorliegende Exemplar in der pdf-Ausgabe ist mit 170 Seiten rappelvoll mit allerlei wertvollen Informationen. Layout und Design folgen dem Shadowrun-Standard. Ein schreiend buntes Cover, bei welchem ich mich frage, was es darstellen soll und ob es eine Szene aus einem SimSin ist, begrüßt den Leser, für mich schon fast zu bunt, so grell, dass es in den Augen schmerzt.

Das Innere ist in schwarzweiß gehalten, wird auf jeder Seite von den Zierrahmen an den Seiten eingefasst und hier und da von spieltypischem Artwork aufgebrochen. Die Seiten sind sehr stark mit Text gefüllt, auch scheint mir die Schriftart etwas kleiner als sonst zu sein und benötigt daher mehr Konzentration als üblich bei der Lektüre.

Das vorhandene Inhaltsverzeichnis hat leider keine Verlinkungen, genauso wie diese auch beim Charakter Index im hinteren Bereich des Quellenbuches fehlen. 

Alles in allem also nichts neues, von gewohnt hoher Qualität, aber mit kleinen Mängeln.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Catalyst Game Labs
  • Veröffentlichungsjahr: 2012
  • Sprache: Englisch
  • Seitenanzahl: 170
  • Format: pdf
  • Preis: 18 USD (pdf), 17,47 EUR (print)
  • Bezugsquelle: DriveThru (pdf: Klick) / Amazon (print:Klick

 

JetSet_Cover

Inhalt

Wieder einmal ist es niemand anderes als FastJack, der die Datensammlung des ersten Kapitels veranlasst hat. Runner sind selten in der High Society zu finden, eine Ausnahme gibt es jedoch schon: Fianchetto, der selbsternannte Superspion.

Seine Ausführungen erklären uns, wieso die High Society so elitär ist und oft für arrogant gehalten wird. Wir erfahren, wie die Wechselwirkung der Superreichen mit den Konzernen und der Öffentlichkeit ist und erhalten einen Überblick über die Beweggründe und Hintergründe von so schillernden NSCs wie Richard und Samantha Villiers, High Prince Larry Zincan und anderen.

Das Kapitel wird abgeschlossen von einer Übersichtsseite mit einigen Weisheiten, was bei den oberen Zehntausend zu beachten ist.

Das war es dann auch schon für Spieler, denn nun schließt sich der Kampagnenteil an. Leider ist nicht alles zusammenhängend und erst recht nicht in der High Society platziert. An der Stelle geht dem Buch etwas verloren.

Jeder Run greift Szenen und Lokalitäten auf, muss jedoch durch die SL vervollständigt werden. Catalyst Game Labs liefert uns ein Gerüst, mit Leben erfüllen müssen wir es selbst.

Ich fasse nun die einzelnen Runs zusammen und gebe eine kleine Einschätzung.

Semibalistic Impact

Dieser Run hätte auch in jeder anderen Kampagne stattfinden können. An sich ist es gar kein Run. Eigentlich ist das Team nicht zwingend per Zufall an Bord eines Flugzeuges, in welchem ein Attentäter jemanden töten soll. Das Problem: Der Attentäter hat eine Cortexbombe im Nacken und scheut sich nicht davor, diese einzusetzen, um sein Ziel, sich selbst und das gesamte Flugzeug in die Luft zu jagen. Ohne Waffen, mit deaktivierte gefährlicher Cyberware und nur dem, was das Team am Leib trägt, wird das hier eine harte Nummer, die an den Geist der Spieler und Charaktere appelliert und nicht an ihre Waffenfähigkeiten. Manko – die Story hat keinen Bezug zu den Superreichen.

Sub-Routine

Der Flieger landet in Hong-Kong und nun geht es ans Eingemachte. Der erste richtige Auftrag beschäftigt sich mit der Extraktion einer sehr erfolgreich gewordenen Musikerin, damit diese aus den Verpflichtungen der Yakuza entkommen kann. Interessant wird es dadurch, dass eine andere Partei auch ein Team angeheuert hat, um gleiches zu tun. Was sich zuerst nach einem Kopf-an-Kopf Rennen anhört, wird im Verlaufe des Runs zu einer schrägen Angelegenheit mit viel Chance für situativen Humor.

Nine-Tenths

Morde an (Meta)Menschen, die von Dunkelzahn „Aufmerksamkeiten“ bekommen haben, bewegen die Draco Foundation, zum einen interne Nachforschungen anzustellen, zum anderen aber auch nach außen zu mauern. Das stört nicht nur die offiziellen Stellen, sondern auch einen UCAS Senator. An der Stelle setzt der Run an. Die Spieler agieren als inoffizielle Vertreter und bereisen verschiedene Orte, um die Morde und Hintergründe aufzuklären. Hier agieren die Runner im Auftrag der offiziellen Regierung, was mal etwas anderes ist. Das angedachte Ende wirkt überraschend.

Photo Ops

Es geht mal wieder nach Bogota, mitten in den turbulenten Krieg zwischen Aztlan und Amazonien. Doch dieses Mal nehmen die Runner nicht teil am Krieg in der einen oder anderen Form, sondern müssen Informationen im politischen Sumpf der großen Persönlichkeiten und Celebrities, die sich ein Stelldichein geben, sammeln. Aber eigentlich geht es hier um Menschen mit zu viel Geld, dummen Ideen und falschen Entscheidungen zu falschen Zeitpunkten in einer kriegszerrissenen Region der Welt. Die Runner sollten dazu moralisch im krassen Gegensatz sein, damit das Abenteuer richtig gut ankommt. Ich mag es!

Operation Blindside

Wir bleiben in Bogota. Ein etwas zwielichtiger Johnson heuert das Team an, um Namen und Motivationen der Anführer der Gruppe „Many Worlds, One Bogota“ herauszufinden. Damit sollen dann Satelliten gehacked und letztendlich zerstört werden. Es geht also auch nochmal ins All. Um dem ungewöhnlichen Setting nochmal einen Trumpf aufzusetzen, erscheint ein Agent von Hestaby und offenbar die Identität des Johnson. Am Ende geht es um eine Audienz bei Hestaby selbst.

One Step Ahead

OK, das Ding ist komisch. Auf den ersten Blick zusammenhanglose Sachen müssen überall auf dem Planeten gemacht werden, angefangen vom Austauschen einiger Schaltkreise bei Drohnen bis hin zum Unterstützen eines Saeder Krupp Agenten, damit dessen Infiltration der Renraku Red Samurai gelingt. Jede Aufgabe hat ihren Reiz, aber ich wage zu behaupten, dass sich die Spieler am Ende fragen, was das nun alles sollte. Aufgelöst wird es nicht wirklich und SLs erfahren, dass es sich hier um einen großen Plan eines Drachen mit vielen kleinen Zwischenschritten handelt. Zum einen zu wirr, zum anderen kein Bezug zur High Society. Nicht meins.

Aztlan Counterstrike

Zurück nach Bogota und immer noch nicht in der High Society. Ich verstehe ja, dass Catalyst Games Labs den Metaplot vorantreiben will, aber mir mag nicht zusagen, dass dieses gerade in dieser Form in diesem Quellenbuch geschehen will. Thema verfehlt. Naja, immerhin wendet sich das Blatt am Ende des Runs mehr in Richtung Jet Set. Worum geht’s? Um das Fangen eines Verräters an Aztlan, damit dieser von seinen liebenden Konzerneltern befragt..äh… aufs Übelste gefoltert wird. Nun auch noch für Aztlan arbeiten? Ich will ja hoffen, dass der Rest der Abenteuer besser wird.

The Dragon Slayers

Eine alte Weisheit in der sechsten Welt ist, dass man keine Drachen verärgern sollte. Aber genau darum geht es hier. Das Team wird beauftragt, an verschiedenen Stellen Dinge zu machen, um damit Pläne der Drachen zu vereiteln (und ohne das Wissen der Runner den Krieg der Menschheit gegen die Drachen schneller herbeizuführen). Das andere Problem ist, dass man für diesen Run sehr nah am Metaplot sein muss und viel gelesen haben sollte, da sonst fast kein Sinn im Handeln zu erkennen ist. Zudem entdecke ich echte Logiklücken. Allerdings ist die Idee sehr charmant und hängt sich eng an echte Legenden unserer Welt. Ach ja, Caliburn ist auch dabei.

Foreign Policy

Ah, endlich geht es um die große schillernde Welt. Naja, erst nachher. Als erstes muss eine Ms Johnson quer durch Tir Tairngire geschafft werden, ohne dass das Team erwischt wird. Als ob das nicht genug wäre, geht es nachher an der Seite des High Prince (!) weiter, um einen terroristischen Angriff abzuwehren. Dieser Run ist spritzig, schnell, bringt das Team mit einem der größten Machthaber der sechsten Welt in Kontakt und macht einfach Spaß. Auf so etwas habe ich gewartet.

Nine Lives

Neun Leben, die genommen werden müssen, um an eine machtvolle Person heran zu kommen. Wer nun meint, dass das nach aufrichtigem Mord, also Wetwork, klingt, der liegt richtig. Catalyst Game Labs bringt mit diesem Run wieder eine weitere Erinnerung, dass die sechste Welt ein dreckiger und düsterer Ort ist, in welchem Menschen unaussprechliche Dinge machen. Der Run ist logisch aufgebaut und hat ein passendes Ende. Er gehört zu den besseren Wetwork-orientierten Runs, die ich lesen durfte.

Shell Games

Das Team wird angeheuert als Sicherheit für den Herausforderer bei den Bürgermeister-Wahlen in Seattle. Was an sich wie ein Standardrun klingt, wird herausfordernd, als eine Verwandte des Herausforderers von Agenten des Amtsinhabers entführt wird und der Auftraggeber des Teams sie heil zurück haben möchte. Dieser Run gefiel mit gut, da er sowohl politische Interaktion, als auch das Zusammenführen von Details wie auch eine ordentliche Portion Action hat. Auf jeden Fall geht es tief in die Wirren politischer Machtspiele hinab. Ist das Team mit allem sehr erfolgreich, besteht die Chance, den wohl mächtigsten Elfen der sechsten Welt zu treffen.

Dragonchasers

Mal wieder Drachen, mal wieder starker Metaplot-Anteil und wieder habe ich hier ein Abenteuer, welches durch die ganzen Hintergrundinformationen sehr interessant zu lesen ist, aber vielleicht eher wirr zu spielen. Die Runner eskortieren einen Drachen in Menschengestalt von Denver nach Neo-Tokyo. Dort angekommen, sollen diplomatische Gespräche stattfinden, die prompt von einem Überfall der Yakuza gestört werden. Letztere schießen dann auch auf alles, was sich bewegt. Nun heißt es mit dem Protege unverletzt zu entkommen. Dennoch ganz nett gemacht.

Out of Egypt

Jet Set heißt wohl auch den Globus zu bereisen, daher finden wir hier so viele internationale Abenteuer. Dieses hier führt uns nach Kairo. Die Runner müssen also zuerst mit ihrer gesamten Ausrüstung anreisen, was schon an sich schwer genug ist und dann in das Ägyptische Nationalmuseum einbrechen, um ein altes, angeblich nichtmagisches Artefakt, den Cenotaph von Mentuhotep V. stehlen müssen. Gelingt dies, treffen sie auf Konrad Spinrad, der eigene Interessen hat. Dazu gesellen sich dann noch ein paar Schergen, die das Artefakt für ihre Auftraggeber holen wollen. Alles in allem ein gelungener Run mit Oceans Eleven Feeling.

The Giggling Assassin

OK, wieder ein Run aus der Reihe der etwas schrägeren Art in diesem Buch. Nur wer Corporate Intrigue gelesen hat, wird wirklich verstehen, worum es hier geht. Hier wir die Geschichte um Richter Hino weitergeführt. Aber worum geht es eigentlich? Um den freien Geist Buttercup, die (es wählt eine weibliche Gestalt und wird im Street Legends Supplemental beschrieben) bestimmte Aktionen des Konzerns Evo rund um das Phänomen der E-Ghosts korrigiert haben möchte. Dazu ist sie gewillt, auch über Leichen zu gehen, bevorzugt es aber, wenn bestimmte Personen auf ihre Seite gebracht werden. Leider hat auch dieser Run nur wenig mit der High Society zu tun.

A Taste of the Tour

Hinter der „Grand Tour“ verbirgt sich eine Reisegemeinschaft der Superreichen, die von nur wenigen als sinnbefreit bedacht wird. Für den Großteil ist es die Verkörperung des eleganten und stilvollen Lebensstils der High Society. Und genau in dieses Wespennest wird das Runnerteam gebracht… Der Auftrag klingt simpler als er ist: Danielle de la Mar mit einem hochrangigen Saeder-Krupp Angestellten an einen Tisch zu bringen. Danach geht es aber erst richtig los. Bizarre Geldmengen werden für noch bizarrere Jobs bewegt. Zusammen mit Photo Ops ist das der Run, dessen Stil ich bei vielen anderen Runs in diesem Buch massiv vermisse. Wieso nicht mehr davon?

Pure Wrath

Unheimliche Ereignisse an der Angels Tower Arcology in London ziehen schattenhafte Ermittler auf den Plan. Das Abenteuer bemüht sich, eine unheimliche und gruselige Atmosphäre zu erzeugen und schafft das an sich ganz gut, auch wenn das in der Sechsten Welt recht schwer ist, die von Grundwegen bereits sehr finster ist. Die genannte Arkologie ist verlassen und soll als zukünftiger Platz für technologische Experimente mit der Matrix dienen. Aber noch sind dort …Dinge…welche die Pläne zurzeit verhindern.

Reclaiming lost sheep

Auch hier bewegen wir uns wieder nahe am Metaplot. Unkenntnis desselben wirft die Spieler etwas aus der Bahn, macht aber den Run nicht unmöglich. Der Auftrag ist Miles Lanier zurück zu NeoNET und Richard Villiers zu bringen. So gradlinig das klingt, so anders ist es natürlich. Spielercharaktere können hier eine Menge Geld machen, aber nicht nur deswegen ist der Run spielenswert. Die Geschichte endet mit einem mysteriösen Ausblick in die Zukunft, den wir sicher in folgenden Quellenbüchern aufgenommen sehen werden.

Character Trove

Es folgt eine Liste von Charakteren, NSCs und deren Werte. Zwei kleine Karten schließen sich an und beenden somit den Inhalt des Quellenbuchs.

Preis-/Leistungsverhältnis

16 bis 18 EUR sind nun wahrlich nicht viel Geld, wenn man die Fülle der Abenteuer sieht, immerhin sind es 17 Stück. Auch wenn der erwartete Kontext nur selten gehalten wird, gefallen mir die Runs durchaus gut. Aufmachung und Inhalt passen zum Preis. Der Inhalt ist, wie oben geschrieben, teils am Thema vorbei.

Bonus/Downloadcontent

Uns ist kein weiterer Content bekannt.

Fazit

Ich muss mich ehrlich fragen, ob ich Jet Set mag. So richtig viel erfährt man über die oberen Zehntausend eigentlich nicht und ich verliere den Eindruck nicht, dass das lediglich der Aufhänger für den Kampagnenband war. Wobei – eine richtige Kampagne ist es nicht, eher manchmal lose zusammenhängende Abenteuer. Die Runs hingegen sind an sich gut gemacht, aber bis auf wenige Ausnahmen meist am Thema vorbei, aber das schrieb ich ja bereits.

Lasse ich meine Erwartungshaltung weg, bekomme ich 17 solide Runs, die alle für sich gut dastehen, jedoch Eigenleistung seitens des Spielleiters benötigen.

Vielleicht zwei Runs weniger, dafür mehr Informationen über die soziale Überschicht, Catalyst? Hätte dem Buch gut getan.

Was ich überhaupt nicht mag, ist, dass der Metaplot sich mittlerweile durch fast alle Quellenbücher durchzieht und man die Zusammenhänge nur dann versteht, wenn man alles gelesen hat. Vielleicht kommt ja noch ein neues Almanach in 5 Jahren, wo alle Informationen zusammen geführt werden?

Daumen3maennlich

Artikelbild: © Catalyst Game Labs 

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