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Seit vor 800 Jahren die Oger aus dem Forst von Yorrok mit größter Mühe zurückgeschlagen werden konnten, hält sich die Mär vom Schatz ihres Königs Lormonossor. Ausgerechnet dein fauler Vetter Bolko glaubt, diesen finden zu können – nun liegt es am Leser, ihn in der Welt der 1000 Abenteuer rechtzeitig aufzuspüren.

Der Spielbuchspezialist Mantikore-Verlag übernahm 2014 vom Egmont Verlag die Reihe Die Welt der 1000 Abenteuer von Jens Schumacher. Bisher sind zwei Teile erschienen, Band 1 Das Vermächtnis des Zauberers und Band 9 In den Fängen der Seehexe. Band 2 Der Schatz der Oger knüpft locker an Figuren an, die bereits aus dem Vorgänger bekannt sind.

Handlung

Schon im ersten Teil Das Vermächtnis des Zauberers wurde der Held der Geschichte von seinem großspurigen und verfressenen Vetter Bolko begleitet, der lediglich für Missgeschicke und schnell schwindenden Proviant zu gebrauchen war. Nun hat der Nichtsnutz sich erneut in Schwierigkeiten gebracht: Angeblich hat er eine Karte gefunden, die den Weg zum sagenumwobenen Schatz des Ogerkönigs Lormonossor weist. Vor 800 Jahren führte dieser seine Horden von Menschenfressern gegen die Völker Konduulas und konnte nur mit großer Mühe besiegt werden. Zwar sind die Oger seit dem damaligen Verlust ihres Königs nicht mehr so organisiert, dennoch sind sie im Forst von Yorrok immer noch eine Gefahr. So liegt es nun erneut am Leser, Bolko die Haut zu retten und ihn sicher in das gemeinsame Heimatdorf Roog zurückzubringen.

In 250 Abschnitten versucht der Leser, den Spuren des Möchtegern-Schatzsuchers durch den ausgedehnten Wald zu folgen. Wirkliche Hinweise sind dabei allerdings spärlich, und so stößt der Protagonist eher zufällig auf zahlreiche seltsame Forstbewohner. Nicht nur riesige Faultiere, Schlangen oder Kröten, auch Wegelagerer und natürlich die gefürchteten Oger selbst machen den Forst von Yorrok unsicher. Oftmals bestimmt auch schlicht der Zufall, ob man eine bestimmte Stelle meistert oder ob man ein jähes und damit sehr unbefriedigendes Ende findet.

Zum Glück kann der Held aber auch auf Hilfe hoffen: Hat man ihm zuvor das Leben gerettet, wird man geraume Zeit von dem Äffling Morbert begleitet, der neue Auswahloptionen ermöglicht. Alte Zaubersprüche und Pergamentrollen geben zudem wertvolle Tipps, um bestimmte Hindernisse zu umgehen.

Eine Schatzsuche wäre aber nicht vollständig, wenn nicht am Ende doch die Möglichkeit bestünde, den sagenhaften Hort des Ogerkönigs aufzuspüren. Schlägt der Leser auf seiner Reise die richtigen Pfade ein, so kann er tatsächlich die nötigen Hinweise aufspüren. Allerdings leistet sich Der Schatz der Oger genau an dieser Stelle einen üblen Schnitzer: Hat man auch nur einen Tipp verpasst und scheitert deshalb an der Bergung des Schatzes, so ist es unmöglich, heil nach Hause zurückzukehren. Dieser Fehlschlag auf den letzten Metern hinterlässt schon einen bitteren Beigeschmack.

Regeln

Die Regeln der Welt der 1000 Abenteuer geben sich sehr kompakt, so dass der Leser während seines Abenteuers lediglich Ausrüstung und Hinweise notieren muss. So verzichtet der Band auch auf die tiefgehende Erschaffung eines individuellen Charakters, wie sie in vielen Spielbüchern üblich ist. Der Leser hat lediglich die Wahl zwischen den fünf Talenten Klettern, Tiersprache, Schriftenkunde, Verbergen und Vorahnung, von denen sich letzteres als am nützlichsten erweist.

Auch die weiteren Regeln sind sehr reduziert: Als Zufallsgenerator fungiert eine einzelne Seite, auf der etliche Runensteine abgebildet sind. Immer wieder wird der Leser aufgefordert, das Schicksal herauszufordern, blind auf die Runenseite zu tippen und abhängig vom getroffenen Symbol weiterzulesen. Allerdings kommt es wie schon oben beschrieben nicht selten vor, dass ein Ergebnis auch zu einem jähen Tod des Protagonisten führt und der Leser seine Queste von vorn beginnen muss, so er nicht schummelt und einfach zurückblättert. Eine gewisse Frusttoleranz sei bei der Lektüre von Der Schatz der Oger also anempfohlen.

Wie schon Das Vermächtnis des Zauberers verzichtet Der Schatz der Oger auf ein Kampfsystem. Dieses vermisst man als Leser auch nicht wirklich, findet man sich ja in der Rolle eines jungen Abenteurers wieder, von dem Waffengeschick im Gegensatz zu Schläue und Mut gar nicht erwartet wird.

Schreibstil

Das Spielbuch ist routiniert geschrieben, hält aber auch keine großen Überraschungen parat. Die Sprache entspricht der jungen Zielgruppe, langweilt aber auch erwachsene Leser nicht. Zwar besticht der Forst von Yorrok durch zahlreiche originelle Begegnungen und Gefahren, letztlich sind die Charakterzeichnungen aber ähnlich schwarz-weiß wie schon in Band 1 Das Vermächtnis des Zauberers.

Erscheinungsbild

Der Schatz der Oger erscheint im gleichen klassischen Taschenbuchformat wie seine Vorgänger. So liegt es gut in der Hand und verträgt das für Spielbücher typische Blättern sehr gut. Die einzelnen Abschnitte sind, passend für die jüngere Zielgruppe, großzügig gesetzt und mit angenehm großen Ziffern versehen. Auch die Schriftgröße und Zeilenabstände sorgen für gute Lesbarkeit.

Bei der Gestaltung des Titelbilds bleibt man der Serie ebenfalls treu und zieht den Leser direkt in die Geschichte. So sieht man in der Bildecke die eigene Hand mit einem klobigen Dolch, der auf einen herannahenden Oger mit drohender Keule gerichtet ist. Auch die rein schwarz-weißen Illustrationen und Vignetten des Illustrators Wolf Schröder haben mir durchweg gut gefallen, weisen sie doch eine fast holzschnittartige Flächigkeit auf.

Eine einseitige Übersichtskarte des Königreichs Konduula ist ebenfalls enthalten und entspricht der aus dem Vorgänger Das Vermächtnis des Zauberers. Wurde dort allerdings auch das gesamte Land von Nord nach Süd bereist, beschränkt sich Der Schatz der Oger lediglich auf den Forst Yorrok, zu dem keine separate Karte beiliegt. Daran schließen die wenigen Seiten mit Regeln und ein ausführlicher Prolog an, in dem ausführlich geschildert wird, wie ausgerechnet der tumbe Bolko sich in den Kopf gesetzt hat, den legendären Schatz zu finden. Nach einem einseitigen Charakterbogen beginnt schließlich das eigentliche Abenteuer mit Abschnitt 1.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Mantikore-Verlag
  • Autor: Jens Schumacher
  • Erscheinungsjahr: 2017
  • Sprache: Deutsch
  • Format: broschiert
  • Seitenanzahl: 268
  • ISBN: 978-3-945493-89-2
  • Preis: 11,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

Mit Der Schatz der Oger setzt Jens Schumacher die Serie der Welt der 1000 Abenteuer für junge Leser nahtlos fort. Erneut muss man in der Rolle eines gewitzten Schmiedegehilfen seinem vorlauten und tölpelhaften Vetter Bolko zur Hilfe eilen, der ausgerechnet den legendären Schatz eines Ogerkönigs finden möchte. Die Erforschung des ausladenden Forsts von Yorrok gestaltet sich dabei abwechslungsreich, hat aber auch einige Stolpersteine.

Wie schon in den anderen Bänden der Serie spielt der Zufall eine große Rolle. Oftmals kann dieses Glücksmoment ohne Vorwarnung für ein jähes Ende der Lektüre sorgen. Auch ist der Leser wie in den anderen Teilen aus der Welt der 1000 Abenteuer darauf angewiesen, den exakt richtigen Weg einzuschlagen, ansonsten wird er auf einem der letzten Abschnitte, die Rückkehr ins sichere Heimatdorf schon vor Augen, noch schmählich scheitern. Sind diese frustrierenden und fast schon willkürlichen Enden in Spielbüchern wirklich noch nötig?

Eine kurzweilige und spaßige Lektüre ist Der Schatz der Oger aber trotzdem. Die Pfade durch den Forst sind verschlungen und brauchen einige Zeit für ihre Erforschung. Für eine jüngere Zielgruppe ist Die Welt der 1000 Abenteuer weiterhin ein guter Einstieg in Abenteuerspielbücher, Veteranen werden aber kaum Neues vorfinden.

Artikelbild: Mantikore-Verlag, Bearbeitung: Roger Lewin
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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