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1200 Spieler machten sich dieses Jahr auf den Weg, um gemeinsam mit Helfern und Orga das 10-jährige Jubiläum des Epic Empires zu feiern. Als jüngste und kleinste der drei Großcons ist das Epic Empires aber in dieser Zeit zu einer festen Größe geworden, die nicht aus der Szene wegzudenken ist.

Vor 10 Jahren machte sich eine Gruppe Enthusiasten auf, um die LARP-Landschaft um ein Konzept zu erweitern, das anders sein sollte. Der Anspruch war dabei kein geringerer, als eine dritte Fantasy-Großcon zu schaffen, die die Marke von 1.000 Teilnehmern knackt. Das Epic Empires war geboren und heute, 10 Jahre später, ist dieses Ziel längst erreicht worden. Über das Jubiläum und die Vision des Orga-Teams haben wir bereits berichtet. Daher haben wir uns auch dieses Mal in das wilde Gemetzel gestürzt und eine lebendige Welt erkundet.

Die Pflicht – Veranstaltungsorganisation

Wie hinlänglich bekannt, unterscheidet sich das Epic Empires bereits in der Anmeldung deutlich von den anderen großen Cons. Die Lager sind allesamt Bewerbungslager, mit mehr oder minder hohen Ansprüchen, aber dem klaren Ziel ein in sich schlüssiges Lagerkonzept zu bieten, dem die Spieler am besten auch optisch zuzuordnen sind. So kauft man also seine Tickets nicht normal im Shop, sondern bewirbt sich bei einem der 12-Themenlager oder der Stadt mit ihren Vierteln. 12 Lager? Ja, genau! In diesem Jahr buhlte ein neues Lager um die Gunst (oder Missgunst) der Lesath: Der Alte Weg. Konzeptionell bewegt sich das Lager wohl zwischen Norrelag, einem stark historisiertem Konzept von Nord- und Mitteleuropäern des 5. – 11. Jahrhunderts und der Zusammenkunft, einem sehr naturverbundenen Fantasy-Lager.

Wer also eine Mischung aus Fantasy und historisch inspirierten Konzepten mit einem hohen Anteil keltischer Mythologie sucht, dürfte hier seinen Spaß finden. Als junges Lager bietet es dabei sicher spannende Möglichkeiten, sich in die Welt des Epic Empires einzufinden.

Positiv zum Thema Logistik ist zudem anzumerken, dass der Check-In dank E-Tickets gefühlt nochmal einen Tick reibungsloser läuft und auch die Dusch-Situation nochmal optimiert wurde. So bekam die Sanitärstation bei den Orks und der Zusammenkunft einen weiteren Duschcontainer spendiert. Das erhöhte die Sauberkeit deutlich und reduzierte angenehm die Wartezeit. Auch die WCs waren verglichen mit anderen Events sauber, und es fand sich fast immer Seife.

Brandschutz first!

Bereits 2017 machten harte Naturschutzauflagen der Orga und den Teilnehmern zu schaffen. Dieses Jahr konnte man sich da zwar besser einstellen, doch sorgten die extreme Hitze und damit verbundene Brandschutzbestimmungen für etwas Mehraufwand. Die Teilnehmer haben hier aber viel Gemeinschaftssinn gezeigt und gefühlt hatte jede Gruppe auf dem Platz einen Feuerlöscher dabei, und die Orga unterstützte mit massig Sand für Feuerstellen. So konnte man aus der Situation viel herausholen. Hier muss man auch den Aufsichtsbehörden danken, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten großzügig agierten. Andere Behörden hätten wohl offene Feuer komplett untersagt.

Gesamt muss man sagen, dass die Orga hier ordentlich kommuniziert hat und das Beste herausgeholt hat, was bei diesem extremen Wetter möglich war.

Die Kür – Regelwerk, Plot und Co.

Über das Regelwerk und die Vision haben wir bereits ausführlich geschrieben. Im Jahr zwei unserer Teilnahme am Epic Empires konnten wir etwas mehr Zeit darauf verwenden, zu sehen wie das Konzept aufgefasst wird.

Von Realismus und Hollywood

Wenig überraschend gibt es viele Herangehensweisen, und das Spiel schwankt zwischen kompetitiven Ansätzen und dem „Hollywood“-Prinzip. Beides hat seine Berechtigung auf dem Epic Empires, und man sollte vermeiden, zwischen besser oder schlechter zu unterscheiden. Es sind einfach unterschiedliche Spielstile im gleichen Sandkasten. Als Teilnehmer gilt es dabei herauszufinden, wo man sich selber in diesem Spektrum wiederfindet und wo man dementsprechend sein Spiel bekommt.

Hierbei helfen auch die kurzen, aber umfassenden Lagerbeschreibungen, samt Steckbrief, Leitfaden und Fotostrecke, die einen guten Einblick und meist auch Aufschluss darüber geben, welche Spielphilosophie dominiert.

Die Kämpfe

Ein dominierender Bestandteil des Epic Empires ist der Kampf, egal ob als Schlacht, Scharmützel oder Attentat. Zum Glück erlaubte eine deutliche Abkühlung eine erhöhte Schlachtendichte, und es konnte meistens eine mittägliche Hitzelethargie verhindert werden.

Da es keine Banner zu erobern oder nur selten Plotziele zu erobern gibt, folgen Schlachten einer eigenen und höheren Dynamik. Man greift an auf wen man grade Lust hat und sucht sich einen simplen Grund. Dies fällt bei Konzeptolagern deutlich leichter. Man muss keinen Grund suchen als Warhammer-Imperium, Lager des Lichts oder Elfenlager das verhasste Warhammer-Chaos anzugreifen und vice versa. SO kann man den Reigen munter weiterspinnen: Kurzum es findet sich immer ein Grund für eine Tracht Prügel.

Dass es dabei im Grund nichts zu gewinnen gibt, und auch die Teilnehmerzahl deutlich niedriger ist, als auf den anderen beiden Cons, führt, gefühlt, zu wesentlich entspannteren und sichereren Kämpfen. Klar, auch hier passieren mal ungünstige Treffer, oder ein hoher Adrenalinspiegel führt zu mehr Härte, als man vorhatte zu verteilen, aber unter dem Strich spielt der größte Teil der Teilnehmenden umsichtig und rücksichtsvoll.

Im Dunkeln ist gut Munkeln

Ein echtes Highlight auf dem Epic Empires sind nächtliche Aktionen. Die meisten Wehranlagen haben mehr und weniger ausgeprägte Schwachstellen, und viele Teilnehmende verstehen nachlässiges Wachspiel als bereicherndes Spielangebot.

Palisadenklettern kann man hier also wortwörtlich nehmen, wobei es auch manchmal ein Geheimgangschleichen ist. Man munkelt, es gibt Lager, die Indiana Jones-gleiche Fallengänge aufbauen, inklusive super ineffizienten Bolzenschussanlagen. Wer also seinen Kick eher in Splinter Cell als Doom findet, dürfte bei manchen Angeboten der Lager ein kleines Tränchen vergießen.

Aber auch sonst ist nachts viel geboten, von illegalen Faustkämpfen über Raubüberfälle, es lohnt wach zu bleiben.

Jäger des verlorenen Plotes

Wer nicht nur kämpfen, schleichen oder morden will, braucht sich nicht abschrecken zu lassen. Auch für Spielende, die eher zur Kategorie Petra und Paul-Plot gehören oder das Ambiente einer kompletten IT-Stadt genießen wollen, bot das Epic Empires wieder genug Raum. Neu-Ostringen hat weder eine OT-Fress- und Shopping-Meile noch ein absolut dominierendes Verbrechermoloch. Beides trägt zu einem sehr dichten und glaubhaften Stadtspiel bei, auf welches man sich, gleich welcher Profession, einlassen kann. An jeder Ecke gibt es dabei reichlich zu entdecken und wenn man bedenkt, dass davon 99% von Spielern ausgehen, findet man wohl wenig Fantasy-Cons mit einer höheren Dichte an Spielerpartizipation.

Zwar stellt auch die Orga einen Meta-Plot zur Verfügung, hier die Rivalität zwischen gottähnlichen Wesen, die gerne das Land beherrschen würden, diese sind aber kaum bis gar nicht spielrelevant, sondern wirklich nur für die Spieler, die gerne etwas Plot wollen.

Indiana Jones und die Lade des Lichts

Die überwiegenden Plots entstammen dabei der Feder von Spielern, die entweder in Absprache oder frei für alle Spielangebote liefern wollen. Einen ganz besonderen Moment schuf dabei das Lager des Lichts, welches beim Eröffnungsritual eine Bundes… äh Lichtlade präsentierte. Die Inszenierung wies dabei frappierende Parallelen zu Indiana Jones auf und dürfte Fans popkulturellen Anspielungen ein Lächeln auf die Lippen gezaubert haben. Wenig Lächeln konnten indes die Anhänger des Chaos, die mit schmerzerfüllten Schreien flohen oder sich einfach gleich in Wohlgefallen auflösten.

In einer der folgenden Nächte, wurde die Lade jedoch gestohlen, vom Chaos für seine Zwecke verunreinigt und als pervertierte Lade der Dunkelheit für einige Schlachten vor sich hergetragen, bis sie danach ein paarmal den Besitzer wechselte.

Dies ist nur eines von vielen Beispielen, wie große und kleine Geschichten auch Plotjäger fordert und zu reichlich Interaktion, abseits von Schlachten führt.

Auf die nächsten 10 Jahre

Das Epic Empires ist anders als andere Cons, und das ist gut so. Es versucht nicht mit DrachenFest oder ConQuest zu konkurrieren, sondern setzt eigene Akzente. Wer hier erwartet mehr als Gelände, Infrastruktur und einen Rahmen vorgesetzt zu bekommen, wird wohl enttäuscht werden, gerade wenn man den durchaus knackigen Preis der letzten Staffel betrachtet. Dafür fließt viel Geld der Teilnehmerbeiträge an die Lager zurück, um ihre Bauten und das Ambiente kontinuierlich zu verbessern.

Daher sollte man auch nicht versuchen die Cons zu sehr miteinander zu vergleichen. Alle drei sprechen eine eigene Klientel an, die mal Schnittmengen hat, mal nicht. Besuchen sollte man sie allemal.

Man darf jedoch gespannt sein, wie sich das neue Lager und die neuen Stadtviertel in den kommenden Jahren entwickeln. Seitens der Orga gibt es überdies Überlegungen bereits den ganzen Mittwoch zu einem vollwertigen Spieltag zu machen, und nicht erst abends offiziell IT zu gehen. Wir werden auch im Jahr 11 dabei sein und schauen, was sich im Lande der Lesath so tut und auch ein bisschen auf’s Maul geben.

Artikelbilder: Nummi (Stefan Hirtz)

 

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6 Kommentare

  1. „Wenig überraschend gibt es viele Herangehensweisen, und das Spiel schwankt zwischen kompetitiven Ansätzen und dem „Hollywood“-Prinzip. Beides hat seine Berechtigung auf dem Epic Empires, und man sollte vermeiden, zwischen besser oder schlechter zu unterscheiden. Es sind einfach unterschiedliche Spielstile im gleichen Sandkasten.“

    Seltsamerweise finde ich nur einen dieser beiden Ansätze auch im Regelwerk wieder. ;-)
    In welchem Lager war denn der Autor?

  2. Schöner Bericht, drei Punkte würde ich aber gern korrigieren:

    Ein offenes „Lager“ gibt es m.W. noch – die Stadt außerhalb der Viertel ist bewerbungsfrei.
    Und die Naturschutzauflagen waren m.W. auch dieselben wie im Vorjahr (Wiesen nicht befahren, Aue-Gebiet nicht betreten) – Brandschutz war also nicht anstelle dessen, sondern zusätzlich.
    Zudem muss man erwähnen – klar, Kampf-Gründe gegen „finstere“ Lager wie Orks und Chaos gibt es viele, aber da diese deutlich in der Unterzahl sind und nicht die ganze Zeit 7-8 „lichte“ Lager 2-3 „finstere“ bekämpfen können, muss man seinen Grips schon etwas mehr anstrengen, um Kampfgründe als Pilger gegen das Lager des Königs oder als Licht gegen das Imperium zu finden – das wird mir im Text etwas zu sehr heruntergespielt.

    • Hallo Hana,

      danke für Dein Feedback und Lob :-) Mein Stand ist, dass auch de Gewerke in der regulären Stadt ein Bewerbungsverfahren haben.

      Bei den Kampfgründen muss ich widersprechen ;-) Aus meiner Sicht haben auch andere Lager sehr gute Gründe, die nicht konstruiert sein müssen. So kann das Imperium ohne groß zu argumentieren gegen die Elfen ziehen, das Norrelag alles plündern wollen, der GK die Welt erobern und die Pilger reklamieren das Land eh für sich und die Antike bringt den Barbaren Kultur und sich selbst reichlich neue Arbeitskräfte.

      liebe Grüße
      Michael

  3. „Wenig überraschend gibt es viele Herangehensweisen, und das Spiel schwankt zwischen kompetitiven Ansätzen und dem „Hollywood“-Prinzip. Beides hat seine Berechtigung auf dem Epic Empires, und man sollte vermeiden, zwischen besser oder schlechter zu unterscheiden.“

    Seltsamerweise finde ich nur einen der beiden erwähnten Ansätze auch im Regelwerk wieder. ;-)
    In welchem Lager war denn der Autor? Ansonsten ein schöner Artikel.

    • Hallo Friedrich,

      danke für Dein Feedback. Was in einem Regelwerk steht und was Spielrealität ist, sind oftmals zwei verschiedene Dinge. Ich habe nun auf zwei Epic Empires beide Prinzipien hier gesehen, nicht nur bei isolierten Spielern, sondern durchaus bei ganzen Gruppen. Auch in Diskussionen die ich zu diesem Thema geführt habe, gab es einen signifikanten Anteil Spieler, die eher einen kompetitiven Ansatz verfolgen.

      viele Grüße
      Michael

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