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Der Name Howard Phillips Lovecraft steht für kosmisches Grauen, Schrecken jenseits des menschlichen Verstandes und vom Untergang gezeichnete Szenerien. Call of Cthulhu von Chaosium bringt den Lovecraft-Horror seit Jahrzehnten an den heimischen Spieltisch. Gelingt es Cyanide studio und focus home interactive, diesen Horror auch auf der PS4 greifbar zu machen?

Kein anderer Horror-Autor hat auf die Rollenspielszene wohl solche Auswirkungen gehabt wie ein Mann aus Providence: Howard Phillips Lovecraft. Sein Cthulhu-Mythos hielt Einzug in viele Rollenspielsysteme und Wesenheiten, die durch seine Beschreibungen inspiriert sind, erfreuen sich insbesondere bei Spielleitern großer Beliebtheit. Ein Spiel, dass sich diesem Mythos mit Hingabe und großem Erfolg widmet, ist Call of Cthulhu aus dem Hause Chaosium Inc..

Bereits seit den späten 80er Jahren des letzten Jahrhunderts schicken Spieler ihre Investigatoren (so nennt dieses Spiel die Spielercharaktere) aus, um Erkundungen über die Großen Alten anzustellen, jene von Lovecraft ins Leben gerufenen unbeschreiblich blasphemischen und wahnsinnigen Wesen. Dabei riskieren die Investigatoren nicht nur ihr Leben, sondern auch ihren Verstand.

Schon viele Computerspiele haben versucht, Lovecrafts Welt des Grauens spiel- und erlebbar zu machen. Dazu zählen Klassiker wie Alone in the Dark oder Shadow of the Comet, aber auch Action-Adventure wie Call of Cthulhu: Dark Corners of the Earth. Mit Call of Cthulhu liefern jetzt Cyanide Studios und focus home interactive ihren von Chaosium Inc. lizensierten Beitrag zu dieser Liste an Titeln des Grauens. Dabei nutzen die Studios ihre Stärken geschickt, um ein eindrucksvolles Werk zu schaffen, an dem Lovecraft-Fans ihre Freude haben.

Genaueres Setting/Geschichte

Edward Pierce ist ein Privatdetektiv im Chicago der 1920er Jahre. Der durch seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg gebeutelte und dem Whiskey verfallene Ermittler wird beauftragt, das Verschwinden der Sarah Hawkins zu untersuchen. Die Familie Hawkins soll auf ihrem Anwesen in einem kleinen Küstenort namens Darkwater Opfer eines tragischen Brandunglücks geworden sein. Doch die verstörenden Gemälde von Sarah, die weit über das menschlich Begreifbare hinausdeuten, legen dunkle und kosmische Zusammenhänge nahe, die dem Auftraggeber keine Ruhe lassen. So macht sich Pierce auf den Weg in jenes Küstendorf, in dem das Schicksal so heftig zugeschlagen haben soll.

In dem finsteren Örtchen, bei dessen düsteren Anblick man den Geruch von Tran und Fisch förmlich in der Nase hat, muss sich Pierce mit degenerierten Einheimischen, dunklen Geheimnissen und Schrecknissen aus der Tiefe auseinandersetzen, die direkt Lovecrafts Schatten über Innsmouth entsprungen sein könnten. Doch die Geschichte nimmt hier nur ihren grausigen Anfang und Pierce erwarten weitere unaussprechliche Schrecken, die an seiner körperlichen und psychischen Substanz zehren werden. Geheime Grotten, die Zellen einer Irrenanstalt und „Milchbars“, in denen man selbst in Zeiten der Prohibition seinen Whiskey konsumieren kann, machen das Lovecraft-Feeling perfekt.

Features

Untersuchen statt Kämpfen

Call of Cthulhu geht für ein Konsolenspiel sehr eigene Wege. Der Kampf ist in diesem Spiel so gut wie nie eine Lösung und führt in der Regel zum Scheitern des Spielercharakters. Stattdessen setzt das Spiel auf Investigation, geschickte Gesprächsführung und clevere Rätsel. Der Spieler ist gut daran beraten, mit wachsamem Auge durch das Spiel zu gehen und seine Entscheidungen mit Bedacht zu wählen. Hitzköpfe verlieren nicht nur wertvolle Verbündete, sondern im schlimmsten Fall auch ihren Verstand oder gar ihr Leben.

Bewegung und Dialogsystem erinnern stark an das Spiel Vampyr aus dem Hause focus. Doch wo bei Vampyr die Textlastigkeit des Spiels manchmal spielstörend und hinderlich wirkte, macht sie bei Call of Cthulhu einen wichtigen Teil des Reizes des Spiels aus. Denn die Dialoge sind hervorragend geschrieben, kurzweilig und vermitteln genau das richtige Maß an lovecraftschem Grauen. Zudem kann der Charakter mit nur wenigen unbedachten Worten bereits wertvolle Informationen verspielen oder mögliche Verbündete vergrätzen. Die Charaktere, denen man begegnet, wirken lebendig und glaubwürdig und sorgen für ausgeprägte Spielerfahrungen.

Ermittlungen stellt man ähnlich wie bei klassischen Point-and-Click-Abenteuern an: Fällt der Blick der Titelfigur auf einen Gegenstand, bei dem eine Untersuchung lohnt, erscheint ein Lupensymbol und deutet darauf hin, dass hier agiert werden darf. Nicht jeder Hinweis ist wertvoll, aber bei allen lohnt sich ein Blick. Gelegentlich erscheint in der rechten unteren Bildschirmhälfte auch ein blinkendes Lupensymbol. Dies deutet auf versteckte Geheimnisse hin. Hier ist sehr genaues Hinsehen erforderlich.

Charakterentwicklung

Ein weiterer großer Reiz des Spiels ist die Charakterentwicklung. Diese ähnelt entfernt dem Regelsystem des Tischrollenspiels, bei dem anhand von Prozentpunkten dargestellt wird, wie gut der Spielercharakter in einzelnen Fähigkeiten ist. Mehrere Eigenschaften, darunter Redegewandtheit, Aufmerksamkeit, Ermittlung und andere, können im Laufe des Spiels mit Charakterpunkten gesteigert werden und vereinfachen dem Spieler gegebenenfalls das Lösen einiger Rätsel.

Zwei besondere Fähigkeiten sind Medizin und Okkultismus, die durch das Auffinden von Büchern an den Schauplätzen des Spiels gesteigert werden und ganz entscheidend zum Ausgang des Spiels beitragen können. Hier kommt echtes Rollenspiel-Feeling auf.

Die Macht der Bilder

Interessant ist der Aspekt der Grafik in diesem Spiel. Call of Cthulhu basiert auf der Unreal Engine, die nicht zu den neuesten ihrer Art gehört. Dies sorgte bei mir eingangs für den Effekt, dass ich dachte: „Bei der Grafik sticht dieses Spiel aber nicht gerade heraus.“ Und das stimmt auch. Jedoch habe ich gerade die grafischen Unschärfen, die Grobschlächtigkeit und Ungenauigkeit im Laufe des Spiels sehr schätzen gelernt. Die größte Schwäche des Produktes entwickelte sich zu einer entscheidenden Stärke.

Denn es ist gerade das Wage, Angedeutete und Ungenaue, das den Werken des Cthulhu-Mythos so stark entspricht. Vieles ist der Fantasie des Betrachters überlassen und wird von dessen Geist mit Details aufgefüllt, die den Horror sehr persönlich werden lassen. Ein scharfes, klar konturiertes Bild wäre dem Cthulhu-Mythos nicht gerecht geworden. So aber darf der Spieler ein Stück weit auch die düsteren Abgründe des eigenen Geistes erkunden und sich ganz auf die Unfasslichkeit von Lovecrafts Horror einlassen.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: Cyanide Studio /focus home interactive
  • Publisher: Koch Media
  • Plattform: PS4
  • Genre: Horror
  • Releasedatum: 31.10.2018
  • Spielstunden: 48
  • Spieleranzahl: 1
  • Altersfreigabe: 16
  • Preis: 48,99 EUR
  • Bezugsquelle: Call of Cthulhu bei Amazon

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Fazit

P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos hat in Call of Cthulhu von Cyanide und focus eine würdige Umsetzung auf der Playstation erhalten. Das Spiel atmet die Atmosphäre des kosmischen Grauens, die das Werk des Mannes aus Providence prägt.

In der Rolle von Privatdetektiv Edward Pierce taucht der Spieler ein in eine Welt bestehend aus verfallenen Städten, düsteren Höhlen und pervertierten Irrenanstalten. Dabei muss er sich nicht nur mit den degenerierten und undurchsichtigen Bewohnern jener Schauplätze auseinandersetzen, sondern bekommt es mit Schrecken zu tun, die den Verstand des Charakters zu übersteigen drohen.

Call of Cthulhu verzichtet zum größten Teil auf Action-Einlagen. Ermittlung und geschickte Gesprächsführung stehen im Vordergrund. Das entspricht ebenso dem Tischrollenspiel, auf dem das Videospiel basiert, wie das interessante System der Charakterentwicklung. Für die Playstation ist dieses Konzept zwar ungewöhnlich, geht aber perfekt auf. Call of Cthulhu hat meinen Geist auf eine kosmische Reise des Schreckens mitgenommen und droht, ihn nicht so bald wieder frei zu geben.

Artikelbilder: focus home interactive
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

8 Kommentare

    • Wodurch es auch einfach mal wirklich in einem sinnvollen Rahmen zu spielen ist. Und an keinem Punkt mangelt es der Story an irgendwas.
      Was will ich mich 60 oder 100 Stunden Spielzeit, wenn diese entweder nur aus Open World Kasperei und/oder Grind besteht und ich deshalb das Ende nie zu Gesicht bekomme, weil ich einfach nicht die Zeit habe soviele Stunden in ein Spiel zu investieren? Zumal das Spiel ja von den Kosten unter denen eines echten AAA bleibt.

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