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Wie einem Phönix aus der Asche ist es Jean Grey vergönnt erneut wiedergeboren zu werden. Doch sie hat Großes vor und leitet ein komplett neues X-Men-Team an, um endlich Xaviers Traum verwirklichen zu können. Sind die beiden Comics nur ein Marketingtrick oder wirklich lesenswerte Geschichten?

Der Tod von Jean Grey in der Dark Phoenix-Saga war einer der Gründe für den früheren Erfolg der X-Men-Comics und gilt noch heute als einer der Meilensteine des Genres. Als man sich Ende der Achtziger dazu entschied, sie zurück zu holen, legte man den Grundstein für all die nachfolgenden Superhelden-Tode, die nie lange Bestand hatten. Ihr letzter Tod liegt nun über zehn Jahre zurück. Es war schon zu erwarten, dass sie irgendwann zurückkehren würde. Da im Zuge des Neustarts alle alten Helden zurückkommen, ist nun der passende Zeitpunkt erreicht. Zu unserer Überraschung sind dabei aber wirklich empfehlenswerte Comics entstanden.

Phoenix Resurrection – Die Rückkehr von Jean Grey

Überall auf der Welt gibt es seltsame Phänomene, die nur auf eine Erklärung hinauslaufen: Der Phoenix ist zurück. Hat er dabei wohl seinen liebsten Wirt Jean Grey wiederbelebt? Die X-Men beginnen eine Krisensitzung und teilen sich in viele Teams auf, welche die Vorfälle untersuchen. Bei der Macht des Phoenix muss man sich fragen, ob sie dabei überhaupt einen freien Willen haben oder nur manipuliert werden.

Die Handlung läuft ruhig ab, da die X-Men lange brauchen, bis sie erkennen, was eigentlich hinter dem Ganzen steckt. Sie wird aber immer wieder unterbrochen von einer Jean Grey, die in einem Diner arbeitet und scheinbar keine Ahnung hat, was gerade geschieht oder wer sie eigentlich ist. Das erzeugt ein gewisses Mysterium, welches gelüftet werden will. Die Auflösung des Ganzen kann aber leider nicht mit diesem Spannungsaufbau mithalten.

Die Zeichnungen sind gut gelungen und geben die Handlung erfolgreich wieder. Besondere Highlights sucht man dabei aber vergebens. Die dauerhafte Präsenz des Feuers ist ein schönes Stilmittel, welches die Bedrohlichkeit der kosmischen Macht deutlich macht.

Zusammenfassend kann man sagen, dass dieser Comic wenig falsch macht und eine gute Geschichte gewählt hat, um einen der ganz alten Charaktere zurückzubringen. Das ist bei anderen Wiederkünften nicht so gut gelungen. Dabei fehlt aber noch ein gutes Stück zum Klassiker, denn schlussendlich wird die Handlung souverän heruntergespielt und wirkt trotz aller Spannung nicht so, als ob alle gezeigten Elemente essenzielle Bestandteile der Geschichte sein müssten. Ich hätte mir gewünscht, dass man besser versteht, was der Phoenix genau bewirken wollte. Dennoch hat mir alles gut gefallen und selbst Skeptiker ewiger Wiedergeburten können einige positive Elemente finden.

Die harten Fakten

  • Autor(en): Matthew Rosenberg
  • Zeichner(in): Leinil Francis Yu, Carlos Pacheco, Joe Bennett
  • Seitenanzahl: 140
  • Preis: 16,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics

 

X-Men: Red #1 – Gedankenspiele

Dieser Band spielt nach Phoenix Resurrection. Jean Grey fühlt sich jetzt zu Höherem berufen und will die Mutanten in eine neue Zeit führen. Daher hat sie einen Termin vor den Vereinten Nationen vereinbart und hält eine schillernde Rede für mehr Toleranz. Doch danach passiert ein Unglück und statt einer eigenen Stimme für die weltweite Mutantenpopulation wird nur der Hass neu entfacht.

Der größte Teil des Comics handelt davon, wie Jean Grey ihr eigenes Team zusammenstellt und sie zusammen das tun, was X-Men normalerweise machen: Sie reisen zu Mutanten, welche Hass ausgesetzt sind und retten sie aus brenzligen Situationen. Dabei wird aber auch eine Bedrohung aus dem bekannten Run von Grant Morrison wieder aufgegriffen, welche der Handlung einen gemeinsamen Rahmen gibt. (Zur Erklärung: Als Run bezeichnet man aufeinanderfolgende Ausgaben eines bestimmten Autoren.) Dennoch fühlt sich dieser Band mehr nach einem Prolog an, als das er wirklich eine eigene Geschichte erzählt.

Die Zeichnungen sind recht cartoonhaft, erzeugen dadurch aber starke Dynamik und emotionale Verbundenheit. Der Stil ist treffend, könnte aber interessanter koloriert sein. Das ebenfalls enthaltene Annual, welches direkt nach Phoenix Resurrection spielt, gefällt mir hier weniger. Der Zeichenstil der Gesichter erinnert unangenehm an das Phänomenen Uncanny Valley. Man hätte diese Ausgabe auch besser am Anfang oder am Ende des Buches platziert, statt inmitten der fortlaufenden Handlung.

Was mir an diesem Comic besonders gefällt sind indirekte Bezüge zur Flüchtlingskrise 2015, zu Pränataldiagnostik und anderen zeitgenössischen Themen. Dadurch ist dieser X-Men-Comic mal wieder besonders nah am Puls der Zeit. Die Zusammenstellung des Teams gefällt und verspricht einen feinfühligen Umgang mit den typischen Themen, gleichzeitig aber auch ein wenig Sprengstoff, wenn es benötigt wird. Diese Ausgabe ist ein gelungener Prolog, der Lust auf mehr macht, aber leider nicht kohärent genug ist, um als besonders gelungen durchzugehen. Dafür freut mich, dass hier im Gegensatz zu anderen aktuellen X-Men-Comics die Essenz der Mutantengeschichten erkennbar ist: Toleranz.

 

Die harten Fakten

  • Autor(en): Tom Taylor
  • Zeichner(in): Mahmud A. Asrar, Pascal Alixe
  • Seitenanzahl: 156
  • Preis: 16,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics

mit Tendenz nach oben

 

Fazit des Monats

Die beiden Comics zu Jean Greys Rückkehr sind erstaunlich gut gelungene Geschichten. Sie nehmen bekannte Themen wieder auf, bringen diese aber in die aktuelle Zeit und schaffen es durch leichte Variationen durchgehend spannend zu bleiben und dabei frisch zu wirken. Gerade X-Men: Red #1 fängt den Zeitgeist und das klassische X-Men-Gefühl ein wie kaum ein Comic der letzten Jahre. Wenn bei der nächsten Ausgabe der Fokus straffer wird, kann man davon Großes erwarten. Solange es die Unterdrückung von Minderheiten gibt, gibt es einen guten Grund für die positive Botschaft der X-Men.

 

Artikelbilder: Panini Comics, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

1 Kommentar

  1. Tatsächlich bin ich in den letzten Jahren ein wenig vom Umstand frustriert gewesen, dass sich die X-men kaum wie X-men anfühlten. Wolverine and the X-men war da eine rühmlich Ausnahme. X-men Red, die ich auf englisch bisher bis Ausgabe 11 gelesen habe, ist da erfreulich anders und erinnert erfreulich an die früheren Comics oder sogar an den Wheadon-Run der Astonishing X-men.

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