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Hartgesotten, rüpelhaft und für eine Handvoll Gold zu jeder Schandtat bereit: Söldner genießen einen zweifelhaften Ruf und werden häufig misstrauisch beäugt. Trotzdem ist und bleibt der Söldner ein sehr beliebtes Charakterkonzept. Bei näherer Betrachtung stellt man fest: Unter der harten, oft etwas schmuddeligen Schale verbirgt sich ein überraschend komplexer Kern.

Ebenfalls erschienen in der Serie „Stereotypen im LARP“:

Seit sie im Marschtritt mit klirrender Rüstung angereist sind, Spieße und Hellebarden geschultert, machen alle einen Bogen um die bunt gekleideten, aber abgerissen aussehenden Fremden. Ihre Blicke finster, ihr Gehabe großspurig und laut, die Waffen alt und abgenutzt. Sie sehen gefährlich aus, unnahbar und gewaltbereit. Dass sie Erfahrung im Töten haben, sieht man ihnen an. Wenn nicht gerade gekämpft wird, hocken sie in der Taverne und saufen, würfeln um Geld, prahlen mit ihren Taten, reißen unflätige Witze, überziehen die Schankmägde mit Anzüglichkeiten und machen allen anderen unmissverständlich klar: „Leg dich nicht mit uns an, sonst kriegst du was aufs Maul!“

Söldner sind Gestalten, die in einer mittelalterlich angelehnten Fantasywelt kaum fehlen dürfen. Gewalt ist im LARP allgegenwärtig, Krieg oft genug ein zentrales Element der erzählten Geschichte. Söldner finden dort ganz natürlich ihren Platz. Anders als tapfere und pflichtbewusste Soldaten und strahlende Ritter stehen sie aber für die düstere Seite des Krieges, abseits von Heldentum und Ehrenhaftigkeit. Sie sind keine Helden, sie sind Profis. Sie sind gut in dem, was sie tun, aber was sie tun, ist nicht sehr nett. 

Söldner vergreifen sich an Zivilisten. Abbildung aus dem 30-jährigen Krieg
Söldner vergreifen sich an Zivilisten. Abbildung aus dem 30-jährigen Krieg

Die Legende vom Söldnerschwein

„Was kann schöner sein am Siegen, als fürs Töten Geld zu kriegen?
Was kann schöner sein, als ein Söldnerschwein zu sein?“
Die Streuner; Schnorrer, Penner, Schräge Narren (2000)

Egal, ob sie sich nun Mietklinge, Landsknecht, Reisiger oder auch ganz anders nennen: Söldner haben ein Imageproblem. „Söldner“ ist ein gängiges Synonym für Skrupel- und Gewissenlosigkeit gepaart mit Gier. Wenn man jemanden einen Söldner nennt, dann sicherlich nicht, um ihm zu schmeicheln. Der Begriff an sich hat einen latent negativen Klang. Söldner sind meist dubiose Figuren von fragwürdiger Moral, schlechten Manieren, prahlerischem und rüpelhaftem Auftreten und ungepflegter Erscheinung. Für Geld machen sie alles, sie fehlen bei keinem Besäufnis und keiner Tavernenschlägerei. Sie glauben an nichts, sind schwer zu kontrollieren, ihre Loyalität ist käuflich und damit letztlich bedeutungslos und oft trennt nur ein schmaler Grat den Söldner vom gemeinen Banditen.

Plündern und Leichenfleddern, Rauben und Stehlen, Mordbrennen und Schänden, all das gehört untrennbar zum Nimbus des Söldnertums. Söldner repräsentieren die hässliche, grausame und wenig romantische Realität des Krieges und den kriegführenden Menschen von seiner schlechtesten Seite: Eigennützig, brutal, undiszipliniert, gierig und im Angesicht des Todes entweder feige oder unnötig grausam und blutrünstig.

Diese Stereotype kommen nicht von ungefähr. Gerade die Söldnerheere der frühen Neuzeit haben viel dazu beigetragen, das Bild vom Söldnertum als Sammelbecken für Verbrecher und Halsabschneider zu prägen, die ganze Landstriche verwüsteten und Krieg als Vorwand benutzten, um nach Herzenslust alle möglichen Schandtaten zu verüben. Bettelnde, stehlende und sogar raubende arbeitslose Söldner waren zeitweilig eine regelrechte Landplage und vor allem für die Bevölkerung eine schwere Last. Legenden von den ständig betrunkenen, spielsüchtigen und rauflustigen deutschen Landsknechten mit ihrem Hang zum Prassen und Herumhuren verbreiteten sich schon unter ihren Zeitgenossen überall. Und Geschichtsbücher über die Grauen des dreißigjährigen Krieges und die Verbrechen der herumziehenden Söldner-Armeen an der Bevölkerung Europas füllen bis heute die Buchläden.

Es wundert deshalb wenig, dass der Begriff des Söldners auch heute noch eindeutig negativ behaftet ist. Das moderne Kriegsvölkerrecht hat Söldner de facto geächtet, sie zählen nicht als legitime Kriegspartei, haben keinen Anspruch auf Kriegsgefangenenstatus und können für ihre Teilnahme an Kämpfen empfindlich bestraft werden. Heutige Söldner operieren in der Regel völlig illegal bei zweifelhaften Schatteneinsätzen und für illegitime Auftraggeber. Wer sich für so etwas hergibt, der Gedanke liegt nah, kann kein guter Mensch sein.

Zwar haben inzwischen private Militärfirmen und internationale private Sicherheitsdienstleister den angestammten Platz des Söldners eingenommen und private Kriegsdienste wieder zu einem offiziellen und legalen Geschäft gemacht, doch auch sie haben in der breiten Öffentlichkeit einen bestenfalls zweifelhaften Ruf.

Moral und das liebe Geld

„Eure Ehre hat einen Preis, edler Ritter?“
„Sie hat zumindest Kosten. Ehre füllt weder meinen Magen noch beschlägt sie mein Pferd.“
Dragonheart (1996)

Söldner haben nur eines im Sinn, nämlich ihre Bezahlung.
Söldner haben nur eines im Sinn, nämlich ihre Bezahlung. |©  steveheap

„Wenn ihr wirklich nur helfen wollt, falls ihr dafür Gold bekommt, dann brauchen wir Euch hier nicht. Hier gibt es genug andere Leute, die nicht nur auf ihren Vorteil aus sind.“ Diese oder ähnliche Worte hat wohl jeder Söldner-Spieler schon gehört. Wenn das Wort „Söldner“ fällt, dann schwingt immer das Wort „Gier“ mit. Das Klischee sagt: Söldner haben nur eines im Sinn, nämlich ihre Bezahlung. Da ist auch durchaus etwas dran. Söldner sind selbstständige Dienstleister, das Kämpfen ist ihr Beruf, der Sold ihr Lebensunterhalt.

Immerhin kosten nicht nur Nahrung und Unterkunft Geld, auch das Arbeitsgerät, also Waffen und Rüstung, muss regelmäßig repariert oder ersetzt werden. Kampfverletzungen versorgen zu lassen, kostet in der Regel ebenfalls. Wenn er also einen Lohn für seine Dienste fordert, handelt ein Söldner kaum mehr oder weniger gierig oder eigennützig, als ein Handwerker, der von seinem Gewerbe lebt.

Gerade in einer klassischen Fantasywelt werden viele Spielkonzepte aber von hohen Idealen und Moral getragen. Ein Großteil der Spielerschaft zieht selbstlos für das Gute, die Gerechtigkeit, das Land und die Prinzipien lichter Götter ins Feld. Dieser romantisch überhöhte Idealismus verträgt sich nur sehr bedingt mit den sehr profanen Seiten des Heldenlebens. Immerhin ist es wenig episch, wenn der Held vor dem Aufbruch zur Aventüre mit dem König über seine Spesenabrechnung diskutiert. Auch als Belohnung für bestandene Abenteuer hat schnöder Mammon für so manchen einen schalen Beigeschmack. Der Söldner kann sich solchen Dünkel nicht leisten.

Auch für die ehrbarste Sache der Welt kann man nicht lange kämpfen, wenn es dafür nur einen warmen Händedruck gibt. Natürlich könnte man auch auf Bezahlung ganz verzichten und sich stattdessen aufs Beute machen beschränken – sofern diese Möglichkeit denn überhaupt besteht. Immerhin geht es gerade in der klassischen Fantasy oft genug gegen Feinde wie Orks, Untote, Monster oder anderes Gezücht, bei dem kaum Aussicht auf wertvolle Beute besteht.

Selbst wenn sich aber ein Soldherr findet – die Auszahlung des Soldes ist oft ein ganz eigenes Problem, schon allein auf der OT-Ebene. Vor allem bei größeren Gruppen kommen schnell recht erkleckliche Summen an IT-Münzen zusammen, die längst nicht jeder Spieler im Spiel mitführt, geschweige denn für so ein Spielangebot ausgeben möchte. Immerhin haben die Münzen ja auch einen gewissen realen Wert. Dieses Problem allerdings lässt sich leicht umgehen, gerade wenn Söldner und potenzieller Soldherr sich im Vorfeld OT absprechen.

Die Söldner könnten beispielsweise einen Wechsel oder eine Schuldverschreibung statt barer Münze akzeptieren. Oder sie bringen die für ihren Sold benötigten Münzen selbst mit lassen sie dem Auftraggeber vorher diskret OT zukommen. Solche Modelle werden von einigen Söldnergruppen benutzt, das freie Söldnerheer von Mythodea beispielsweise kauft jedes Jahr hunderte von Silbermünzen selbst ein, um seinen Leuten den Sold auszahlen zu können, den der Soldherr in der Regel nicht greifbar hat.

Noch Abenteurer oder schon Söldner?

Was ist eigentlich ein Söldner? Was zeichnet ihn aus und wie wird man dazu? Diese Frage ist schwieriger zu beantworten, als man vielleicht meint. Und genau darin liegen einige der größten Vor- und auch Nachteile der Rolle. Das Problem liegt darin, dass der Begriff so unscharf definiert ist. Die moderne Definition von Söldnertum hilft wenig weiter in einer pseudomittelalterlichen Fantasywelt, in der es keine allgemeinen Rechtsgrundsätze, kein Kriegsvölkerrecht und keine internationalen Konventionen zum Status von Kombattanten gibt.

Eine gemeingültige Definition fällt schwer und wird schnell spitzfindig und unnötig kompliziert. Ich selbst denke, was den Söldner als Charakterkonzept ausmacht, ist zunächst einmal die Selbstdarstellung. Söldner ist, wer sich selbst als Söldner sieht und bezeichnet. Außerdem ist Söldnertum in meinen Augen mehr als nur das gelegentliche Erfüllen von kämpferischen Aufgaben gegen Geld. Wäre es anders, könnte man sicherlich gut die Hälfte aller LARP-Charaktere guten Gewissens als Söldner einordnen. Echtes Söldnertum dagegen ist keine Gelegenheitsarbeit, sondern ein Beruf und das Bekenntnis zu einer Lebensweise.

Ein Söldner auf Arbeitssuche kann gehen, wohin er will und überall unverhofft auftauchen.
Ein Söldner auf Arbeitssuche kann gehen, wohin er will und überall unverhofft auftauchen.

Natürlich gibt es aber beim Söldner, so wie bei eigentlich jedem Charakterkonzept, eine Unmenge verschiedener Spielarten. Es folgt ein Versuch, Söldner im LARP auf drei Archetypen herunter zu brechen. Diese sind natürlich nicht in Stein gemeißelt, die Übergänge sind fließend und Mischformen und Varianten aller drei kommen sicherlich vor.

Der Söldner als Abenteuer

Jeder LARPer, der einen neuen Charakter entwirft, sieht sich mit denselben Fragen konfrontiert: Woher kommt mein Charakter, woher hat er seine Fähigkeiten und warum zieht er durch die Lande? Für ein bodenständiges Krieger-Konzept ohne adligen Hintergrund bietet sich der Söldner gut an, denn er bringt mehrere Vorteile mit. Anders als der generische Abenteurer, der als Bauernjunge mit Großvaters Schwert in die Welt hinaus gezogen ist und auf dem Weg irgendwo eine Lederrüstung gefunden hat, ist der Söldner in der Regel ein Berufskämpfer, der auf irgendeine Art der Ausbildung zurück blicken kann und nicht zu erklären braucht, wo und warum er zu kämpfen gelernt hat, woher er die Waffen und die Rüstung hat und wozu er sie benötigt. Das schafft eine solide Grundlage.

Dass der Söldner-Begriff nicht besonders scharf umrissen ist, erlaubt eine recht große Vielfalt an möglichen Charakterkonzepten. Kundschafter mit Pfeil und Bogen, leicht gerüsteter Karawanenwächter, Zwergensöldner mit Axt und Schild, schwer gepanzerter Doppelsöldner, der einfache Landsknecht mit Spieß und buntem Wams oder gar ein Söldner-Kampfmagier – unter dem Oberbegriff „Söldner“ lassen sich alle möglichen Charakterkonzepte unterbringen. Sogar vom Grundsatz her nicht-kämpferische Rollen wie Heiler können als Söldner, aktiv werden, entweder alleine oder im Schlepptau einer kämpfenden Gruppe. Das nach wie vor aktive „Mobile Armierte Söldnerhospital (M.A.S.H.)“ ist ein gutes Beispiel dafür.

Außerdem gewährt das Söldner-Dasein noch eine weitere Freiheit: Man ist gleichzeitig professioneller Krieger, aber nicht fest an ein bestimmtes Land, einen bestimmten Spielhintergrund oder eine bestimmte Gruppe gebunden, wenn man nicht will. Söldner kommen weit herum, das bringt der Beruf fast zwangsläufig mit sich. Ein Söldner auf Arbeitssuche kann gehen, wohin er will und überall unverhofft auftauchen. Er braucht dazu keinen anderen Grund als die Hoffnung auf Anstellung und ist damit sehr viel flexibler, als manche anderen Charaktere. Und wenn man dann schon einmal vor Ort ist, wenn sich irgendwo die Ereignisse überschlagen, dann mischt man sich natürlich ein – in der Hoffnung, jemand möge am Ende für die Hilfe bezahlen.

Der Sold muss dabei nicht unbedingt an erster Stelle stehen. Immerhin geht es Söldnern, wie allen anderen, um das Spiel und die Action. Nicht einzugreifen, wenn man mal nicht bezahlt wird, heißt auch, dass man sich selbst um Spiel bringt. Das kann nicht das Ziel sein. Ungünstig ist es aber, wenn das Söldner-Dasein zum reinen Alibi wird. Ein Söldner, der gar nicht erst versucht, eine Anstellung zu bekommen oder, schlimmer noch, Angebote sogar kategorisch ausschlägt, führt das Konzept ad absurdum. Wer sich partout nicht damit anfreunden kann, im Auftrag anderer Spieler zu handeln, der findet genügend andere Konzepte, die ihm ein freies Abenteurerleben erlauben. Wer ein Söldner sein will, der sollte auch versuchen, als Söldner zu arbeiten, wenn sich die Gelegenheit ergibt.

Der Söldner als professioneller Dienstleister

„This world doesn’t need a hero. It needs a professional.“
– Geralt von Riva, The Witcher III: Wild Hunt (2015)

Der Soldherr und der Söldnerhauptmann kommen bei einem Glas Wein zu Verhandlungen zusammen. Der Hauptmann hat erstaunlich viele Unterlagen mitgebracht. Von vornherein stellt er eines unmissverständlich klar: Du kannst unsere Dienste kaufen, aber nicht uns selbst. Was genau zu kaufen ist, zu welchen Bedingungen und zu welchem Preis, wird im Vorfeld genau ausgehandelt und schriftlich festgelegt. Jeder Söldner im Fähnlein wird später darauf vereidigt, den geschlossenen Vertrag pflichtgemäß zu erfüllen. Fehlverhalten steht unter Strafe, jeweils im Artikelbrief, dem Regel- und Gesetzeswerk der Einheit, schriftlich festgelegt. Die Einhaltung dieses Regelwerks hat jeder Söldner bei der Aufnahme in das Fähnlein feierlich gelobt. So oder so ähnlich könnte ein Vertragsabschluss bei Söldnern ablaufen, die sich als professionelle militärische Dienstleister begreifen.

Das klingt alles sehr förmlich und militärisch. Und genau das sollte es auch sein: Denn ein Söldner ist nicht einfach irgendein Bewaffneter und eine seriöse Söldnereinheit mehr als nur eine lose zusammengewürfelte Bande von Totschlägern. Ein Söldner ist ein professioneller Dienstleister. Diese Professionalität ist es auch, die ihn vom dahergelaufenen gedungenen Schergen unterscheidet.

Seriöse Söldner handeln mit ihrem Auftraggeber genau aus, was ihre Pflichten sind: Gegen wen haben sie zu kämpfen, wie lange und zu welchen Bedingungen? Zu welchem Lohn werden sie angestellt, wann und wie der wird der Sold ausgezahlt und welche Rechte haben sie als Soldnehmer? Auch ob und wie beispielsweise die Wundversorgung geregelt ist und unter welchen Bedingungen der Vertrag gelöst werden kann, wird in der Regel vorher ausgemacht. Das schützt nicht nur den Soldherrn vor bösen Überraschungen, sondern auch und vor allem die Söldner selbst. Niemand möchte schließlich nach geschlagener Schlacht unbezahlt sitzen gelassen werden oder den sauer verdienten Sold durch maßlos überzogene Lazarettgebühren dahin schmelzen sehen.

Um sich nach außen als ernstzunehmende Einheit präsentieren zu können, die auch als Gesamtheit verhandeln und Verträge schließen kann, müssen sich Söldner zwangsläufig disziplinieren. Ein geeintes Auftreten braucht Regeln und ein Mindestmaß an Ordnung. Es entsteht eine Kommandostruktur. Jemand muss das Sagen haben und für die Einheit sprechen können, egal ob er nun Sergeant, Hauptmann oder Waibel heißt. Wo eine Kommandostruktur und Regeln sind, muss es auch Disziplin und Strafen geben. Im Grunde unterscheidet sich ein einigermaßen organisiertes Söldnerfähnlein deshalb kaum von einer regulären Armee-Einheit. Organisierte und professionelle Söldner sind im Kern nichts anderes als auf Zeit mietbare Soldaten.

Diese Auffassung gefällt aber längst nicht jedem. Denn der Soldat ist ein Gegenentwurf zum Söldner, egal ob nun Berufssoldat oder Mitglied einer Miliz oder Wehrpflichtigen-Armee. Als nationale stehende Heere und Wehrpflichtarmeen das Söldnertum in Europa Stück für Stück verdrängten, hat man sich große Mühe gegeben, sie als dem Söldnertum in jeder Hinsicht überlegen darzustellen. Der Soldat nämlich dient, soweit das romantische Ideal, vor allem seinem Land und seinem Herrscher, nicht seinen eigenen Zwecken. Sein höchstes Gut ist die Disziplin und der Gehorsam, sein höchstes Ziel die Erfüllung seines Eides und die Verteidigung seines Dienstherrn. Sein Sold hingegen ist für ihn eher eine Art Aufwandsentschädigung und nicht sein Lebensinhalt.

Ein Söldner ist ein professioneller Dienstleister.
Ein Söldner ist ein professioneller Dienstleister.

Kann folglich ein Söldner kein verlässlicher Soldat sein? Und kann er es an Hingabe, Disziplin, Motivation und Treue nicht mit einem Soldaten aufnehmen? Doch, das kann er. Denn soldatische Tugenden wie Disziplin, Gehorsam und Treue sind kein Selbstzweck. Sie sind hingegen gerade für einen freiberuflichen Dienstleister ein entscheidendes Qualitätsmerkmal, das ihn von der Konkurrenz abgrenzt.

Wer als unzuverlässiger, schlampiger, treuloser oder feiger Vertragsbrecher bekannt ist, hat sehr bald keine Kundschaft mehr, denn so etwas spricht sich bekanntlich schnell herum. Wer sich allerdings ein Renommee als zuverlässig und professionell erworben hat, der kann nicht nur auf weitere Anstellung und Weiterempfehlung hoffen, er kann auch höhere Preise verlangen als die Konkurrenz.

Es gibt durchaus historische Beispiele dafür, dass Söldnertruppen als hoch professionelle, disziplinierte und durch und durch vorzeigbare Soldaten aufgetreten sind. Die Schweizergarde des Vatikans, ursprünglich eine Truppe von Reisläufern, dem Schweizer Äquivalent der deutschen Landsknechte, ist bis heute ein Paradebeispiel dafür. Gerade die Schweizer Söldner hatten hinsichtlich Loyalität und Zuverlässigkeit einen exzellenten Ruf und waren als Leibgarden, aber auch als Kampftruppen sehr gefragt.

Der Söldner als Halunke

„Ist der Ruf erst ruiniert …“ – Sprichwort


Gerade weil Söldner allgemein so einen schlechten Ruf genießen, bietet es sich natürlich an, diesem auch gerecht zu werden. Es gibt mehr als nur ein paar Söldner-Spieler, die sich in der Rolle des dauerbetrunkenen, gewaltbereiten und pöbelnden Raubeins durchaus gefällt. Gossen- und Pöbel-Larp sind immerhin eine durchaus beliebte Nische und der Söldner passt hier bestens ins Bild. Auch dabei sind alle möglichen Spielarten denkbar und vertreten. Die Liste umfasst beispielsweise Auftragsmörder und Mietschläger, die für genügend Geld tatsächlich jeden fertig machen und keine Fragen stellen.

Entsprechend skrupellose Söldner können sich auch als schwerbewaffnete Strauchdiebe und Wegelagerer betätigen. Auch der kriegsversehrten Bettler im Rinnstein kann ein herunter gekommener Söldner sein, dem das Schicksal übel mitgespielt hat. Und dann gibt es da natürlich auch noch die quasi hauptberuflichen Raufbolde in der Schänke, die ihre Zeit mit Würfeln, saufen und Schlägereien zubringen – Ein unter Söldnern nicht allzu seltenes Hobby

Fazit

Egal, ob nun als Abenteurer, als Dienstleister, als Halunken oder alles in einem: Söldner polarisieren. Und sie bereichern die Spielwelt. Sie halten dem oft idealistisch überhöhten Bild von Selbstlosigkeit, Ritterlichkeit und Heldenmut im Krieg den Spiegel vor und zeigen auf, dass Krieg eigentlich ein ziemlich schmutziges und wenig ruhmreiches Geschäft ist. Ein Geschäft, bei dem jeder schauen muss, wo er bleibt. Und sie füllen den gerade im Fantasy-Bereich sehr weiten moralischen Raum zwischen Schwarz und Weiß, Gut und Böse, mit grauen Zwischentönen.

Dem einen ein Ärgernis und Dorn im Auge, dem Anderen willkommene Verstärkung im Kampf und dem Dritten schlicht ein praktisches Werkzeug zur Erreichung der eigenen Ziele. Söldner bereichern das Spiel und bieten mit ihrer Vielfalt einen reichen Schatz an Möglichkeiten und Spielangeboten, egal ob nun loyal und professionell, unberechenbar und hinterhältig oder schlicht und einfach krimineller Abschaum. Die Welt hat Assassinen, Dämonenjäger und Drachenkrieger kommen und gehen sehen – Söldner aber hat es immer gegeben und das wird es auch wohl immer. Unkraut vergeht schließlich nicht.

Artikelbilder: Wikimedia, Fotografien: © Wintergrafie, Bearbeitet von Jennifer Stramm

1 Kommentar

  1. Hervorragender Artikel, der die Facetten sehr gut beleuchtet und erklärt. Was an dieser Stelle noch fehlt ist eine Einschätzung, wie sich das tatsächliche Spiel im LARP gestaltet, bzw. gestalten kann.
    Als jemand, der seinen Charakter etwas über 10 Jahre als Söldner gespielt hat, kann ich sagen, das dieses Konzept sehr schnell an die Grenzen des konsequenten und schönen Spiels stößt.

    Auf Cons wie Mythodea noch relativ unproblematisch, weil in große Heere eingebunden und meiner Meinung nach nicht so immersiv und intensiv wie kleine Veranstaltungen, wird das Söldner Spiel auf Abenteuer Cons ganz schnell sehr schwierig und meistens sehr sehr langweilig, wenn man das konsequent verfolgt, weil es eben nicht immer einen Soldherren gibt und die SL praktisch nie Soldspiel anbietet.

    Am Anfang noch lustig und in der Gestaltung sehr frei verliert der Söldner spätestens dann an Glaubwürdigkeit und Spielspaß wenn der Charakter ein paar Jahre auf dem Buckel hat und in seinen Fähigkeiten weiter ist.
    Warum?
    Weil es auf kleinen Veranstaltungen ganz oft schlichtweg keinen Soldherren gibt. Und die Konsequenz dann ist, das man im Lager oder in der Taverne sitzt und säuft und frisst. Das ist mal lustig. Auch zweimal. Aber spätestens beim dritten Mal zuschauen, wie sich andere heldenhaft in den Kampf stürzen, während der Söldner seine Haut nur gegen Bares riskiert, wird es fade.
    Und wenn es ein erfahrener Söldner ist, wird er auch teurer. Spezialbewaffnung, Rüstung, spezielle Fähigkeiten … der Söldner wird zum Spezialisten der z.T. sehr teuer werden kann (Assassinen, Meisterdiebe, Leibwachen, Grossschwerter, Vorhut etc.)
    Ich habe am Schluss mehrere Cons mit Nichtstun verbracht, weil es keine Soldherren gab, die einen Doppelsöldner wollten oder brauchten und die SL das auch nicht in ihren Plot aufgenommen hat (ja, die wusste im Vorfeld davon).

    Wir/Ich haben dann unser Spiel geändert. Statt Söldner haben wir zum Glauben gefunden und mit dem Ordensspiel wieder genau die Motivation gehabt, uns gegen das Böse zu stellen und uns auch ohne Geld am Plot zu beteiligen.

    Bevor man sich also zum Söldner entschließt, sollte man genau in sich hineinhören und sich fragen, wie man sein Spiel gestalten will, ob man kontrovers auftreten will und wie man seinen Spielspaß generieren will.
    Und man sollte sich immer eine Hintertür einbauen, wie man aus dem Söldnerspiel wieder herauskommt, um auch dauerhaft Spaß am Spiel zu haben.
    Für mich gehörten die letzten zwei Jahre Söldnerspiel mit zum langweiligsten Teil meiner LARP Zeit, im Gegenzug gehörten Teile der ersten fünf Jahre mit zum Besten, was ich im LARP erlebt habe und waren eine verdammt gute Zeit.
    Liebe Grüße,
    Weriand

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