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Magie und Zauberei sind elementare Bestandteile vieler Tischrollenspiele. Im Verlauf einer Kampagne kann es aber passieren, dass das magische Element an Bedeutung verliert. Wir geben euch Tipps, wie ihr eurer Spielrunde im wahrsten Sinne des Wortes einen ganz besonderen Zauber verleiht.

Hexen, Magier und die mit ihnen verbundenen Künste sind aus einem Großteil der vielfältigen Tischrollenspielwelten nicht wegzudenken. Wenn man sich gemeinsam an den Tisch setzt und die Charakterblätter hervorholt, dann werden mit dem Rollen der Würfel oftmals auch mächtige Zauber und Rituale gewirkt. Obwohl der Regelmechanismus vielleicht gleich ablaufen mag, ist es ein grundlegend anderes Spielgefühl, den eigenen Charakter einen Blitzstrahl zaubern zu lassen als sein Schwert zu schwingen.

Mit dem Fortschreiten des Spiels kann sich aber genau dieses Gefühl des Besonderen verflüchtigen. Die magischen Fähigkeiten eines Charakters werden letztendlich ein Werkzeug, das sich von den restlichen Werkzeugen im Arsenal des Charakters nicht mehr auffallend unterscheidet. Zaubersprüche sind dann nichts anderes mehr als eine Ansammlung von Regeltext und mathematischen Werten, anhand derer der Nutzen der Fähigkeit abgelesen werden kann.

Betone das Einzigartige – 10 Tipps für mehr Spielspaß mit Magie

Für alle SpielerInnen und SpielleiterInnen, die diesem Phänomen entgegenwirken wollen, gibt es eine Reihe von Ansätzen, mit denen gearbeitet werden kann. Zehn beispielhafte Methoden sollen hier kurz vorgestellt werden, wobei die Ideen bewusst nur angerissen werden. Allen ist gemein, dass sie versuchen, dem Thema Magie einen einzigartigen Charakter zu verleihen.

Selbstverständlich kann nicht jeder der hier angeschnittenen Wege für alle Settings und Regelsysteme verwendet werden, gerade, wenn diese vorgefertigt sind. Genauso lassen sich nicht alle Ansätze frei miteinander kombinieren. Einige schließen sich sogar gegenseitig aus, andere sind problemlos vereinbar und ergänzen sich.

Wenn eine eigene Spielwelt erschaffen wird, können sich SpielleiterInnen und SpielerInnen aber relativ frei innerhalb dieser Ideen bewegen und ihre ganz eigene Magie kreieren. Zumindest der Vorwurf, die Idee sei unrealistisch, wird nicht erhoben werden. Wie also kann Magie im Rollenspiel einzigartig werden?

1. Magie ist chaotisch

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Dieser Ansatz geht davon aus, dass die Energien, die hinter der Zauberei stehen, extrem vielgestaltig und wandelbar sind. Wer Magie wirkt, muss mit diesem Chaos umzugehen wissen. Zu zaubern bedeutet immer Unsicherheit, denn vollständige Kontrolle der chaotischen Energien ist unmöglich.

Um die chaotischen Elemente ins Spiel einzubringen, sollten jede Menge Zufallstabellen existieren, die die unvorhergesehenen Effekte beim Zaubern enthalten. Besonders gut wirken diese Tabellen, wenn nicht nur negative, sondern auch positive Nebeneffekte auftreten können. Hauptsache ist, dass die SpielerInnen von Zauberkünstlern stets das Unerwartete erwarten.

Chaotische Magie wird auf die Spitze getrieben, wenn es Charakteroptionen gibt, die erlauben, die eigene Figur gezielt die chaotischen Elemente betonen zu lassen. Dungeons & Dragons bietet mit der Wilden Magie beispielsweise eine Option für die Zauberer-Klasse. Die verschiedenen Fähigkeiten dieses Weges lassen den Charakter gezielt Chaos erzeugen und es zu seinem Nutzen verwenden.

2. Magie ist geheimnisumwittert

Ähnlich wie im vorherigen Ansatz entzieht sich bei dieser Idee die Magie dem vollständigen Zugriff. Allerdings ist das nicht ihrer chaotischen Natur geschuldet, sondern der Tatsache, dass die meisten Mysterien dieser Kunst noch ihrer Entdeckung harren. Magie ist hier eine rätselhafte Angelegenheit, bei der jede Antwort neue Fragen aufwerfen sollte.

Das bedeutet für SpielerInnen zwangsläufig, dass sie zunächst häufig mit der Unwissenheit ihrer Charaktere konfrontiert werden, sobald magische Phänomene ins Spiel kommen. Wer Wert darauf legt, stets perfekt informiert zu sein, könnte sich hier schwertun. Andererseits kann das Verstehen und Entschlüsseln von Zauberei so zu einem ganz eigenen Abenteuer werden, bei dem als Belohnung neue Sprüche, Rituale oder Artefakte winken.

Einen besonderen Reiz kann das Rätselhafte an den arkanen Künsten bekommen, wenn sie nicht neu-, sondern wiederentdeckt werden. Magie ist dann untrennbar mit der Vergangenheit der Spielwelt verbunden, deren Schleier sich Stück für Stück lüften. SpielerInnen, die an der Geschichte der bespielten Welt Interesse zeigen und diese gerne rekonstruieren, werden hier bestens bedient.

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3. Magie ist rational

Im Gegensatz zur Idee der chaotischen Magie sind bei diesem Ansatz alle magischen Kräfte strikten und unabänderlichen Regeln unterworfen. Zauberei kann die Realität verändern, aber nur innerhalb dieser Regeln. Magie funktioniert dadurch wie eine Wissenschaft.

In einer Spielwelt, in der Magie nach diesen Regeln funktioniert, werden Zauberer vermutlich auch wie Wissenschaftler auftreten. Sie erforschen ihre Kunst, indem sie Thesen aufstellen, im Experiment überprüfen und dann entweder beweisen oder widerlegen. Ihre Organisationen könnten sehr universitär anmuten, mit klaren Rangfolgen und Befugnissen.

Die eingangs erwähnte Gefahr, dass Magie zu einem reinen Regelkomplex mit mathematischen Werten verkommt, wird bei diesem Ansatz in Kauf genommen und in einen Vorteil verwandelt. Wenn der Magier im Spiel mithilfe mathematischer Analyse den Nutzen verschiedener Zauberschulen und -sprüche abwägen kann, stört es nicht, wenn diese Analyse auch am Spieltisch stattfindet. Tatsächlich kann sie, wenn sie etwas ausgeschmückt vorgetragen wird, sogar für zusätzliche Atmosphäre sorgen.

4. Magie ist gefährlich

Wenn nach diesem Grundsatz gespielt wird, geht jede Beschäftigung mit Magie immer mit einem Risiko einher. Wer Zauber lernt und anwendet, setzt sich diesem Risiko aus. Vielleicht reicht es sogar aus, nur mit der Magie anderer in Kontakt zu geraten, um in Gefahr zu sein.

Wie diese Gefahr aussieht, ist nicht automatisch festgelegt. Magische Kräfte könnten an einen bösen Ursprung gebunden sein, wobei jede Anwendung diese Quelle der Kraft immer weiter stärkt. Zauberei könnte aber auch ein solches Glücksgefühl bei ihren Anwendern hervorrufen, dass ein großes Risiko besteht, süchtig nach ihr zu werden.

Je nachdem, wie die konkrete Gefahr aussieht, die Magie in sich trägt, lässt sich diese Methode leicht mit anderen kombinieren. Chaotische Magie birgt schnell Gefahr, gefährliche Zauberei kann schnell verboten sein. Das Ergebnis sollte dabei immer echte Macht sein, die einem Charakter zur Verfügung steht, bei der es aber auch ernsthaft zu erwägen gilt, wann und wie oft sie eingesetzt wird.

5. Magie erfordert Opfer

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Mit dem Konzept der gefährlichen Magie eng verwandt ist die Idee, dass der Einsatz von Zauberei nicht möglich ist, ohne etwas zu opfern. Die klassische Idee ist dabei das Opfern verschleppter Prinzessinnen und Dorfbewohner, wie es Dämonenbeschwörer bevorzugt praktizieren. Diesen Ansatz werden viele SpielerInnen nur ungern für ihre Charakter wählen.

Die Opfer, die für die Magie gebracht werden müssen, können aber auch anders aussehen. Zauber können materielle Komponenten erfordern, die schwer aufzutreiben oder empfindlich teuer sind. Zauberei bekommt dadurch einen Ressourcen- und Verwaltungsaspekt, der zusätzlichen Spielspaß bedeuten kann.

Vielleicht muss aber auch Blut geopfert werden, wenn Magie gewirkt wird. Oder die Beschäftigung mit Zauberkünsten bedeutet den Verfall von Verstand und Menschlichkeit, wie es in Call of Cthulhu der Fall ist. In jedem Fall gilt es, die gebrachten Opfer mit entsprechend starken Fähigkeiten aufzuwiegen, damit Zauberwirker gegenüber anderen Charakteren nicht benachteiligt sind.

6. Magie ist grenzenlos

Es gibt keine Macht, die nicht durch Magie überwunden werden könnte. Wenn dieses Credo Grundlage der Spielwelt ist, können Zauberwirker mit genug Macht buchstäblich die ganze Welt aus den Angeln heben. Die einzige Grenze von Zauberei ist die eigene Vorstellungskraft.

Wenn mit solch einem Konzept Magie gespielt wird, kann die Macht, über die Spieler- und Nichtspielercharaktere verfügen, schnell aus dem Ruder geraten. Von allen Beteiligten ist daher Fingerspitzengefühl am Spieltisch gefragt, vor allem, wenn nicht alle Charaktere in der Lage sind, Magie zu wirken. Das Gefälle zwischen Zauberern und mundanen Charakteren wird sonst schnell zu stark.

Am besten sollte die grenzenlose Magie daher mit einem der anderen Ansätze kombiniert werden. Zauberei kann beispielsweise alles bewirken, bedeutet aber ernste Gefahr für Körper und Geist. Oder die unbegrenzte Macht der Magie kann nur durch umfangreiche Vorbereitung in Form von Forschung und Opfern angezapft werden.

7. Magie entfremdet

Die genaue Beschaffenheit von Magie ist bei diesem Ansatz nur von untergeordnetem Interesse. Entscheidend ist, dass die Beschäftigung mit der Magie ihre Anwender automatisch in eine soziale Sonderrolle befördert. Wer zaubert, entfernt sich unweigerlich von der normalen Gesellschaft.

Zaubernde Charaktere könnte etwa der Zugang zu bestimmten Ämtern und Posten verwehrt werden. Oder ihr Sonderstatus als Zauberer verbietet es ihnen, romantische Beziehungen zu führen und Nachwuchs in die Welt zu setzen. Vielleicht bedeutet Magie wirken zu können aber auch, zu einer gesellschaftlichen Elite zu gehören, die sich über die mundane Bevölkerung erhebt.

Gerade in Gruppen, die viel Wert auf das Bespielen von Beziehungen zwischen verschiedenen Figuren legen, wird dieser Ansatz eine große Bereicherung darstellen. Jede Interaktion bekommt dann einen besonderen Stempel, sobald ein Zauberer beteiligt ist. Dabei sollte immer betont werden, dass die Sonderstellung eines Magieanwenders Vor- und Nachteile mit sich bringt.

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8. Magie ist verboten

Diese Idee ist eng verwandt mit dem Ansatz von entfremdender Magie. Allerdings sind Zauberer keine sozialen Sonderfälle, sondern Kriminelle oder Ausgestoßene. Die Anwendung von Magie wird per Gesetz oder vielleicht sogar von den Göttern selbst verboten und unter Strafe gestellt.

Wichtig ist hier vor allem, in welchem Umfang das Verbot besteht. Ist die gesamte Spielwelt betroffen, oder sprechen sich nur einzelne Länder oder Kulturen gegen den Einsatz von Zauberei aus? Ist letzteres der Fall, werden auch die politischen Verhältnisse der einzelnen Fraktionen durch ihre Einstellung zur Magie geprägt.

Genauso interessant ist die Frage nach dem Ursprung des Verbots. Wenn Magie gefährlich oder chaotisch ist, könnte es durchaus angebracht sein, ihren Gebrauch unter Strafe zu stellen, oder nur unter sehr speziellen Voraussetzungen zu erlauben. Das Warhammer Fantasy Roleplay bietet ein sehr anschauliches Beispiel mit seinen sanktionierten Magiern, die stets mit einem Bein auf dem Scheiterhaufen stehen, da die Magie den Winden des Chaos entspringt.

9. Magie erzählt Geschichten

Bei diesem sehr ungewöhnlichen Ansatz bedeutet Magie nicht alleine die klassischen Zaubersprüche. Stattdessen wird sie durch außergewöhnliche Taten und durch Erzählungen über diese Taten geformt. Das Schwert eines Kriegers etwa mag zu Beginn seiner Karriere eine ganz gewöhnliche Waffe sein, doch im Laufe seiner Abenteuer vollbringt der Held so viele Großtaten mit der Klinge, dass sie in seinen Händen zu einem magischen Gegenstand wird.

Earthdawn hat diese Idee mit der Fadenmagie, die allen Spielercharakteren zur Verfügung steht, zu einem zentralen Element des Settings gemacht. Charaktere können sich hier mit Gegenständen und anderen Lebewesen verbinden und durch gemeinsame Erlebnisse oder erforschte Historie besondere Fähigkeiten erlangen. Auch die Charakterklassen des Spiels sind Archetypen, deren Fähigkeiten und Eigenheiten durch die Magie der Welt geprägt werden.

10. Magie ist Technik

Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden. Dieser Satz von  Arthur C. Clarke bildet die Grundlage für diese Methode zur Darstellung von Magie, die beispielsweise in Numenera zur Anwendung kommt. Wirkliche Zauberei existiert in der Spielwelt überhaupt nicht, stattdessen basieren alle quasimagischen Effekte auf extrem weit entwickelter Technologie.

Je nach Art der Spielwelt wird diese Technologie von vielen oder sogar allen Bewohnern für Magie gehalten. Wie genau sie beschaffen ist und wie sie von der Gesellschaft wahrgenommen wird, kann frei entschieden werden. Deshalb lässt sich diese Methode auch problemlos mit jeder anderen kombinieren lassen.

Fazit

Damit Magie am Spieltisch ihr volles Potenzial entfalten kann, muss sie sich besonders anfühlen. Zauberei sollte mehr darstellen als ein beliebiges Werkzeug.

Um diese Einzigartigkeit hervorzuheben, lohnt es sich, genauer zu definieren, was das Wesen der Magie in der bespielten Welt ausmacht. Vor allem wenn die Welt selbst entworfen wird.

Wir hoffen, ihr probiert unsere Tipps aus und gebt somit eurer Spielrunde einen ganz eigenen Zauber.

Artikelbild: Depositphotos | Samiramay, Bearbeitet von Verena Bach

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