Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Nachdem die Exit-Reihe 2017 zum Kennerspiel des Jahres gekürt wurde, steht dieses Jahr mit Detective ein weiteres Rätselspiel auf der Auswahlliste dieses Preises. Aber auch abseits dieser bekannten Titel gibt es in diese Kategorie interessante Produkte. Eines davon wollen wir euch heute vorstellen.

Schon auf den ersten Blick wird klar, dass man hier kein gewöhnliches Spiel vor sich hat.

Escape Rooms, ob begehbar oder für den Wohnzimmertisch, erfreuen sich anhaltend großer Beliebtheit. Und auch wir als Rollenspieler wissen um die Faszination des gemeinsamen Lösens von Rätseln seit Jahren. Doch oftmals gelingt es den Rätseln nicht, eine Immersion vollständig aufrecht zu erhalten. An vielen Stellen wirken die Hinweise künstlich, die Rätsel konstruiert. Ob es nun die Schlüsselscheiben von Exit sind oder das komplette Spiel Curio – es fühlt sich immer noch eindeutig wie ein Brettspiel an. Geschickt zusammengesetzte Mechanismen, die von einer fadenscheinigen Geschichte zusammengehalten werden.

Das ist bei den Detective Stories anders. Hier steht von Anfang an die Geschichte im Vordergrund und die Rätsel sind eigentlich nicht direkt als solche erkennbar. Aber bevor wir näher darauf eingehen, kommen wir doch erst einmal zu der Frage, was Detective Stories eigentlich sind.

Spielablauf

Detective Stories sind, um einen Begriff aus der Literatur zu verwenden, Whodunits. Es geht also darum, herauszufinden, wer ein Verbrechen begangen hat. In beiden aktuell existierenden Fällen geht es um je einen Mord. Der von der Polizei als mutmaßlicher Täter beschuldigte, bzw. dessen Familie, beauftragt eine Gruppe von Ermittlern damit, den Fall noch einmal in Augenschein zu nehmen und den tatsächlichen Täter zu finden.

In jedem Spiel gibt es zwei Anschreiben. Eines erklärt kurz das Spiel, das andere den vorliegenden Kriminalfall.

Um dies erledigen zu können, werden den Ermittlern, also den Spielern, einige Unterlagen und Beweismittel zur Verfügung gestellt, die entscheidende Hinweise enthalten können. Aber auch den einen oder anderen roten Hering.

Wie für Whodunits üblich ist die Liste der möglichen Täter bei den Detective Stories relativ begrenzt und nach erster Sichtung des Beweismaterials können die Spieler alle Namen, die an der Geschichte beteiligt sind, auf einem entsprechenden Blatt notieren. Der Rest des Spiels besteht nun darin, für jeden von diesen herauszufinden, ob ein Motiv für den Mord vorhanden war, was in den allermeisten Fällen so ist, und ob es ein Alibi gibt.

Hat man alles richtig gemacht, bleibt am Ende nur noch ein einziger Schluss zu, wer es gewesen sein kann. Getreu dem Sherlock Holmeschen Ausspruch: „Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat, muss das, was übrig bleibt, die Wahrheit sein, so unwahrscheinlich sie auch klingen mag.“

Sollte man dabei irgendwo nicht weiterkommen, gibt es jeweils eine Seite im Internet, auf der man sich Hinweise anzeigen lassen kann, die man vielleicht übersehen hat. Und überhaupt spielt das Internet eine wichtige Rolle. Denn die Kriminalfälle spielen in der Jetztzeit, und da sind soziale Netze wichtige Quellen für Informationen. Instagram und Facebook liefern in diesem Spiel bisweilen wichtige Komponenten zur Lösung. Auch die Auflösung kann man nur im Internet überprüfen. Und sollte man den korrekten Täter ermittelt haben, bekommt man auch noch einmal die komplette Geschichte aufgeschlüsselt und kann so Hinweise, die man vielleicht nicht vollständig erfasst hatte, im Nachhinein nachvollziehen.

Dieser recht simpel gehaltene Zettel ist das Einzige nicht wiederverwendbare Spielmaterial. Aber er ist auch sehr einfach zu ersetzen.

Wie man an der Beschreibung gut erkennen kann, haben die Detective Stories nicht mehr viel mit einem klassischen Brettspiel gemeinsam. Die komplett kooperative Natur ist dabei heutzutage keine Seltenheit mehr. Aber es gibt keine Spielmechanismen im eigentlichen Sinne, keine Punkte, keine wirkliche Zeitbegrenzung, und eigentlich kann man das Spiel auch nicht verlieren. Dennoch kann man mit diesen Geschichten gemeinsam Spaß haben. Zumindest jeweils ein Mal, denn naturgemäß kann man einen Fall kein zweites Mal spielen.

Im Gegensatz zu anderen Rätselspielen wird hier jedoch kein Spielmaterial beschädigt, so dass man die Geschichten danach weitergeben kann, auf dass andere Leute damit Spaß haben können.

Ausstattung

Der Inhalt eines Falles besteht aus einer Akte sowie einigen weiteren Beweisstücken zum Anfassen.

In der Schachtel findet sich jeweils ein OT-Anschreiben, das kurz die Regeln erklärt. Auf der Rückseite dessen befindet sich im zweiten Fall auch eine Liste mit Material, dass ansonsten enthalten sein sollte. Dazu gibt es IT-Anschreiben, das kurz den vorliegenden Fall erklärt, sowie eine Akte und einige Beweismittel, die weitere Hinweise enthalten könnten. Viel Material ist das nicht gerade. Verglichen mit anderen nur einmal spielbaren Spielen wie der Exit-Reihe ist auch der Preis relativ hoch. Da man hier aber das Spiel weitergeben oder -verkaufen kann, relativiert sich dieser höhere Preis wieder etwas.

Die harten Fakten:

  • Verlag: IDVenture (Vertrieb: Asmodee)
  • Autor(en): Alexander Krys
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 60-120 Minuten
  • Spieleranzahl: 1 2 3 4 5
  • Alter: 12+
  • Preis: 24,95 EUR pro Fall
  • Bezugsquelle: Amazon (Fall 1, Fall 2)

 

Fazit

Die Detective Stories von IDVenture haben mit einem klassischen Brettspiel nicht mehr viel zu tun. Vollständig gemeinsam und ohne reellen Zeitdruck versuchen die Spieler einen Kriminalfall aufzulösen, zu dem sie eine Akte und einige Beweismittel zugespielt bekommen haben. Es gilt, Verdächtige zu identifizieren und deren Motive und Alibis herauszuarbeiten. Dazu müssen allerlei Hinweise, die über das Material und das Internet verstreut sind, gefunden und analysiert werden. Am Ende bleibt dann, so man alles richtig gemacht hat, nur ein möglicher Täter übrig und man kann durch Eingabe dessen Namens im Netz kontrollieren, ob man richtig lag.

Im Grunde sind die Detective Stories also, anders als auf den ersten Blick ähnliche Spiele wie Exit oder Unlock, keine Aneinanderreihung von Rätseln, deren Lösung dann weitere Hinweise offenbart, sondern eher wie ein großes Rätsel. Und auch wenn es durchaus mehrstufige Dinge gibt, wo ein gefundener Hinweis Zugang zu neuen Informationen ermöglicht, so wirkt all dies deutlich organischer und echter als bei den Konkurrenztiteln.

Aktuell existieren zwei unterschiedliche Fälle zum Spielen. Weitere werden aber sehr wahrscheinlich folgen.

Der deutlich höhere Preis – trotz weniger aufwendigem Spielmaterial – lässt sich nur dadurch rechtfertigen, dass das Spiel zwar von jeder Person nur einmal gespielt werden kann, beim Spielen aber kein Material beschädigt werden muss, wodurch es ideal ist, um es danach Freunden zu schenken, auf dass diese auch Spaß damit haben können. Und Spaß bietet das Spiel auf jeden Fall – zumindest, wenn man eine Gruppe findet, die Spaß daran hat, verborgene Hinweise zu finden und auszuwerten und so Stück für Stück die gesamte Geschichte zusammenzusetzen. Wer Spaß an „Aha!“-Momenten hat, dem werden diese Geschichten sicherlich große Freude bereiten.

 

Artikelbilder: © iDVenture, Fotografien: Holger Christiansen, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur

 

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein