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Im Marvel Monthly rezensieren wir für euch die neusten deutschen Marvel-Comics. Der Erfolg der Guardians of the Galaxy im Kino bringt nun eine der im Film ähnlich aufgebaute Truppe ins Weltall. Dazu starten endlich die neuen Uncanny X-Men, während sich mit Extermination das Schicksal der fünf originalen X-Men entscheidet.

Reicht ein Wortspiel aus, um ein neues Superhelden-Team ins Leben zu rufen? Schafft es der Neustart der X-Men endlich, die Fans zu versöhnen, die seit Jahren von den unkreativen Plots der letzten Jahre enttäuscht werden? Und wie wird sich das Schicksal der jungen ersten X-Men-Klasse erfüllen, die vom alten Beast in die Jetztzeit versetzt wurde? Der August steckt voller Fragen, die wir in diesem Monthly hoffentlich alle beantworten können.

Asgardians of the Galaxy #1: Wächter der Götterwelt

Asgard liegt in Trümmern und die einstigen Bewohner sind über alle Welten verteilt. Da ist es nur verständlich, dass sich irgendwann ein neues Team von Asen formiert, die zusammen umherziehen. In diesem Band sieht man, wie Thors lang verschollene Schwester Angela diese Helden und Antihelden um sich schart. Mit dabei ist zuallererst Annabelle Riggs, die sich seit dem Defenders-Megaband einen Körper mit Valkyrie teilt. Daneben noch Skurge, der Frosch des Donners Throg, Kevin Masterson, der sich zu Ehren seines Vaters Thunderstrike nennt, und der Zerstörer. Im Laufe der Geschichte stellt sich heraus, dass letzterer von Kid Loki gesteuert wird, der eigentlich tot sein sollte.

Angela, die ursprünglich aus den Spawn-Geschichten von Image Comics stammt, wurde im Laufe von Original Sin als Thors Schwester ins Marvel-Universum integriert und war bereits Teil der Guardians of the Galaxy. Sie bekommt hier, wie die meisten Charaktere, wenig Einführung. Stattdessen kann man sie direkt in Aktion sehen. Wer die Figur bereits kennt, bekommt so das, was er erwartet. Da es sich aber um eher ungewöhnliche Charaktere handelt, hätte es der Geschichte gutgetan, wenn man dem Leser etwas gegeben hätte, um die Figuren ins Herz zu schließen. Das hat bei der Einführung der Guardians of the Galaxy wesentlich besser funktioniert. Die einzige Figur, deren Exposition glückt, ist Annabelle Riggs, die hier als Protagonistin fungiert. Aber auch sie bleibt eher blass.

Gar nicht funktioniert dagegen die Antagonistin Nebula, deren einziger Antrieb es zu sein scheint, bösartiger und tödlicher zu sein als ihre Schwester Gamora. Das ist wenig nachvollziehbar und gleicht gerade im Kontrast mit den Helden einem Trauerspiel. Ein guter Antagonist zwingt den Protagonisten zu Entscheidungen und hinterfragt die Motivationen der Figur. Hier wird alles nur so vorbereitet, dass möglichst viel Action geboten wird.

Die miese Gruppendynamik zieht sich durch alle Bereiche

Ignoriert man die schwachen Charaktere und den langweiligen Handlungsaufbau, bleiben noch die Action und der Humor. Die Kämpfe sind leider ohne Spannung inszeniert. Zu jedem Zeitpunkt hat irgendeine Figur die passende Lösung parat und niemals kommt Zweifel auf, ob die Helden siegreich aus den Konflikten hervorgehen. Dazu sind die Szenen so nichtssagend, dass man sie gleich wieder vergisst.

Bleibt also noch der Humor. Hier sticht vor allem Throg hervor, der nicht groß mit den anderen Figuren interagieren kann und immer wieder als gewöhnlicher Frosch erscheint. Nimmt er aber seinen Hammer, verfügt er über Fähigkeiten, die denen von Thor gleichkommen. Das sorgt immer wieder für erheiterte Schmunzler, nutzt sich aber schnell ab. Es hätte besser funktioniert, wenn die Gruppendynamik gelungener gewesen wäre.

Die Zeichnungen sind guter Standard. Knallbunt und etwas überladen, aber nichts Besonderes. Es gibt häufiger Geräuschwörter als es momentan üblich ist. Die Bilder unterstreichen so den Humor der Geschichte und sorgen dafür, dass man die Handlung nicht so ernst nimmt. Das ist unterhaltsam, lässt einen den Band aber auch schnell wieder vergessen.

Das Hauptproblem dieses Comics ist die fehlende Gruppendynamik und die nicht funktionierenden Charaktere. Man hätte sich mehr Zeit für die Einführung der Figuren lassen sollen oder das Team so zusammenstellen müssen, dass es mehr Reibereien gibt. Diese Asen wirken willkürlich zusammengewürfelt in einem Konflikt, der die Hauptfiguren nicht persönlich betrifft. Die Antagonistin ist ein einziges Armutszeugnis. Ich habe kein Interesse, mich weiter mit dieser Truppe zu beschäftigen. Schade, da es positiv herauszustellen ist, dass Panini sich getraut hat, einen Band mit eher unbekannteren Figuren herauszubringen. Abseits des Mainstreams gibt es viele spannende Bücher. Dieses hier ist aber eher abschreckend und führt hoffentlich nicht dazu, dass noch seltener Experimente gewagt werden.

Die harten Fakten

  • Autor: Cullen Bunn
  • Zeichner: Matteo Lolli, Jill Thompson
  • Seitenanzahl: 116
  • Preis: 13,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics, Amazon

 

Uncanny X-Men Gold #1: Schöne neue Welt

Nachdem im letzten Monat die letzte X-Men-Serie einen Abschlussband bekommen hat, startet direkt im August der neue Run. Die Mutanten werden nach dem Angriff eines nicht mehr zu kontrollierenden Multiple Man und dem Verschwinden ihrer Anführerin Kitty Pryde gezwungen, sich neu zu formieren. Dabei merkt Bishop schnell, dass die ganze Zeitlinie kurz vor einer riesigen Katastrophe steht. Nun liegt es an allen Teams gleichzeitig, die Welt vor einer zunächst unbekannten Gefahr zu retten.

Als Anlehnung an Age of Apocalypse (Die Zeit der Apokalypse) geht es hier mal wieder um Figuren, die in die Zeit eingreifen und die Welt umformen wollen. Im Gegensatz zu vergleichbaren Geschichten, wissen die X-Men diesmal aber nicht, was eigentlich auf dem Spiel steht und welche Motivationen ihrem Handeln zugrunde liegen. Dadurch ergibt sich die Spannung des Bandes und man versucht, ebenso wie die Figuren, zu ergründen, für was man kämpfen sollte.

Am besten funktioniert hier die Schülertruppe um Armor, Anole, Pixie und Glob Herman, die zunächst mit Kitty auf Mission gehen. Da ihre Mentorin plötzlich verschwindet, wollen sie der Sache weiter nachgehen.  Allerdings werden sie von den anderen X-Men nicht herausgelassen, da relativ schnell klar ist, dass es hier um Menschenleben geht. Natürlich machen sich die Schüler trotzdem auf den Weg.

Die Handlung leidet darunter, dass es zu viele Protagonisten gibt. Über die Jahre hat jeder neue X-Men-Autor eigene Figuren eingeführt und die Teams unübersichtlich stark vergrößert. Wer sich noch nie zuvor mit den X-Men beschäftigt hat, wird es hier voraussichtlich schwer haben, den Überblick zu behalten.

Wie wäre es mit einer weiteren Massenkampfszene?

Um möglichst vielen Figuren gerecht zu werden, besteht der Band aus einer ungewöhnlich großen Anzahl an Massenkampfszenen. Diese Bilder machen natürlich optisch etwas her, führen aber dazu, dass man das Gefühl hat, die X-Men würden nichts anderes tun als sich zu prügeln. Abseits davon gibt es hier sehr viele Zeichnerwechsel, die einem beim Lesen gar nicht auffallen. Alle Zeichner präsentieren Bilder im aktuell typischen Marvel-Stil. Das ist solide, aber eben auch nichts Besonderes. Dazu gibt es eher langweilige Hintergründe.

Der Band ist meiner Meinung nach ein gelungener Neustart. Die Handlung ist etwas komplexer als man es sonst gewohnt ist, was sicher vieler Neueinsteiger überfordern könnte. Nicht jede der Figuren wird ideal eingeführt und so bleibt die Motivation der Figuren hinter den vielen Actionszenen zurück. Am ehesten sind Bishop und Amor als Identifikationsfiguren geeignet, die bisher noch nicht so oft als Hauptfigur agierten. Man merkt dem Band an, dass er in den USA in sehr kurzer Zeit und mit vielen Beteiligten veröffentlicht wurde. Die Dynamik ist stark, die Handlung wirkt aber noch wie ein großer Flickenteppich, der erst sinnvoll zusammengesetzt werden muss. Wer sich darauf einlassen will, bekommt hier den Einstieg in ein Epos, das die Geschichte der Mutanten nachhaltig prägen könnte.

Die harten Fakten

  • Autoren: Ed Brisson, Matthew Rosenberg, Kelly Thompson
  • Zeichner: Pere Pérez, Mahmud Asrar, R. B. Silva, Adrian Di Benedetto, Yildiray Cinar
  • Seitenanzahl: 164
  • Preis: 17,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics, Amazon

 

X-Men: eXtermination

Seit Brian Michael Bendis 2012 die originalen X-Men in die aktuelle Zeitlinie eingeführt hat, hatte die Truppe immer eine aktuelle Serie, bei der sie unter anderem auf die Guardians of the Galaxy trafen oder sich auf Zeitreise begaben. Die Rückkehr in ihre ursprüngliche Zeit war immer wieder angedacht, aber dann wieder verworfen. Im Zuge des Neustarts ist es nun soweit und die Figuren bekommen ihr großes Finale. Eingeleitet wird es mit dem Eintreffen des Mutantenjägers Ahab, der direkt eine Figur ins Jenseits befördert. Gleichzeitig taucht noch ein jüngerer Cable auf, der seine ganz eigenen Ziele verfolgt. Die X-Men stehen plötzlich zwischen den Fronten und wissen nicht, gegen wen sie eigentlich vorgehen müssen.

Ganz ähnlich wie im oben besprochenen Uncanny X-Men-Band befinden sich die Mutanten zwischen zwei Fronten, deren Absichten sie nicht ganz durchschauen können. Die Spannung basiert auf eben dieser Ungewissheit. Da es hier mit den fünf Originalen (Cyclops, Jean Grey, Beast, Iceman und Angel) eindeutige Protagonisten gibt, ist es aber viel einfacher, der Handlung zu folgen und mitzufiebern. Dazu wirkt alles wie aus einem Guss.

Weitere Protagonisten, deren Handlungen hier weitererzählt werden, sind Cable und Rachel, die auch beide aus einer anderen Zeit stammen. Beide sind sehr gut in die Handlung integriert. Zusätzliche wird hier auch ein neues X-Force-Team eingeführt, das aus Domino, Boom-Boom, Cannonball, Shatterstar und Warpath besteht. Hierzu werden wenig Worte zu verloren, doch ich mag diese Zusammenstellung sehr gerne und würde mehr über dieses Team lesen.

Der Comic ist wenig originell, macht dabei aber auch wenig Fehler

Optisch wird hier ganz klar der Stil der ersten Abenteuer der zeitversetzten X-Men imitiert, der damals noch von Stuart Immonen gezeichnet wurde. Sowohl die Zeichnungen als auch die Kolorierung sind hier wunderbar eingefangen und der Zeichnerwechsel von Immonen zu Larraz fällt gar nicht auf. Wie immer sind die Abenteuer dadurch sehr bunt und haben eine gewisse Niedlichkeit, die an Disney erinnert. Auch die Lichteffekte schaffen eine Entfremdung von der Wirklichkeit, die aber die Erzählweise der Handlung unterstreicht.

Letztendlich wird hier wenig anders gemacht als in vergleichbaren Geschichten. Aber nicht immer muss das Rad neu erfunden werden, um eine unterhaltsame Geschichte zu erzählen. Und unterhaltsam ist dieser Band allemal. Man hat hier eine in sich geschlossene Handlung, die einen einfachen Einstieg bietet, die Geschichte einiger Figuren sinnvoll weiter oder zu Ende erzählt und nicht zu stumpf ist, um keinerlei Spannung zu erzeugen. Damit kann ich diesen Comic jedem empfehlen, der damals die Geschichte um die erste Klasse verfolgt hat und wissen möchte, wie man die Handlung zufriedenstellend abschließt.

Die harten Fakten

  • Autor: Ed Brisson
  • Zeichner: Pepe Larraz
  • Seitenanzahl: 140
  • Preis: 16,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics, Amazon

 

Artikelbild: Panini Comics
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

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