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Im Jahre 2643 wird der Inquisitor Rüd Kartheiser auf den Neptunmond Athos geschickt, um mysteriöse Todesfälle zu untersuchen. Gemeinsam mit Zack, einer künstlichen Intelligenz, die ihm stets zu Diensten ist, stellen sie das Leben der dort lebenden Mönche auf den Kopf und müssen folgenschwere Entscheidungen treffen, die alles verändern.

Worum es geht: Die Handlung von Athos 2643

Der Inquisitor Rüd Kartheiser und seine ständige Begleitung, eine künstliche Intelligenz, die Zack genannt wird und deren Hologramm dem Bild entspricht, das Rüd von einer idealen Frau hat, bereisen in Athos 2643 den titelgebenden Neptunmond, um einen mysteriösen Todesfall aufzuklären. Zack, die Ich-Erzählerin des Romans, ist darauf programmiert, sich um Rüd zu kümmern und sein Wohl sicherzustellen. Es wird, obwohl eine Künstliche Intelligenz kein Geschlecht aufweist, in diesem Artikel die weibliche Form verwendet, da sie die Erscheinungsform von Zack wiedergibt.

Die KI auf Athos, die für den Lebenserhalt der Bewohner des Mondes, die alle als christliche Mönche ihren Glauben leben, zuständig ist, soll einen von ihnen ermordet haben oder zumindest eine Mitschuld an seinem Tod tragen. Da dies entgegen ihrer Programmierung, die für eine optimale Versorgung sorgen soll, ist, gibt es Anlass zur Sorge.

Doch die Ermittlungen sind selbst für den Experten schwierig: Die Mönche zeigen sich unkooperativ, die Erscheinung von Zack erweckt Anstoß und die künstliche Intelligenz scheint ebenfalls den Methoden des Inquisitors auszuweichen. Als sich die Ereignisse zuspitzen, werden uralte Geheimnisse aufgedeckt und Rüd muss folgenschwer entscheiden, ob er Zack freigibt.

Worum es geht: Die Motive des Romans

Athos 2643 nimmt uns in eine Welt mit, die so anders ist als unsere und die dennoch vertraute Elemente aufweist: Es gibt weiterhin die bekannten Religionen, den altbekannten Starrsinn, neuen Technologien zu vertrauen, und Baklava.

Die Erde gilt als unbewohnbar. Zwar wird nicht erläutert, warum dies so ist, aber es ist dem Lesepublikum durchaus zuzutrauen, die aufgrund aktueller Entwicklungen auf der Hand liegenden Gründe selbst herauszufinden. Interessanterweise haben sich die Nationenzuschreibungen und Religionen über die Jahre im Weltall erhalten. Künstliche Intelligenzen sorgen für das Wohlergehen der Menschen. Hier liegt auch der einzige Kritikpunkt, der sich formulieren lässt: Fremde Abkürzungen für die Künstlichen Intelligenzen und allgemeine Wortneuschöpfungen werden zu schnell eingeführt, sodass der*die Lesende ab und an im Lesefluss ins Stocken gerät.

Auch die Figur des Rüd Kartheiser bildet eine Herausforderung für das Lesepublikum, da er sich nicht in gängige Kommissar-Klischees einordnen lässt und einige Rätsel und Bürden aus der Vergangenheit mit sich herumschleppt. Das fängt Zack, die ihn und seine Reaktionen meist sehr gut einschätzen kann, auf. Doch auch sie kommt stellenweise an ihre Grenzen: „Wäre ich ein Mensch, würde ich ihn jetzt fassungslos anschauen.“ Die Beziehung zwischen den beiden ist eine ganz spezielle, die von gegenseitigen Abhängigkeiten und unklaren Beziehungsmustern gekennzeichnet ist.

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Besonders interessant ist die Entwicklung von Zack, auf die an dieser Stelle wegen hochgradiger Spoilergefahr nicht eingegangen werden kann. Eines muss jedoch angemerkt werden: Besonders die sprachliche Ausgestaltung dieser Entwicklung gelingt dem Autor hervorragend.

Athos 2643 bietet auch ansonsten keine leichte Lektüre: Neben dem klassischen Kriminalfall, der von seiner Ausgangsprämisse an Der Name der Rose erinnert, werden philosophische Fragen diskutiert, die dem*der Leser*in einiges abverlangen, was ebenfalls dem berühmten Roman von Umberto Eco ähnelt. Bereits der Prolog besteht aus einer solchen Fragestellung: Was ist Moral? Was ist Logik? Wie können Menschen gute Entscheidungen treffen? Kann eine Künstliche Intelligenz gute Entscheidungen treffen? Und schließlich die wichtigste Frage: Was ist es, was den Menschen von einer höchstentwickelten Künstlichen Intelligenz unterscheidet? Diese Frage findet eine logische Antwort im Kontext der Ereignisse und Entwicklungen, die durch den Tod des Mönchs ihren Anfang nehmen. Was diese ist, wird an dieser Stelle nicht verraten. Vielleicht so viel: Die Antwort findet sich auch in einem Song von Herbert Grönemeyer.

Allgemeines zum Buch

Der im Februar dieses Jahres erschienene Science-Fiction-Kriminalroman wurde von Nils Westerboer geschrieben. Für den 1978 in Gaildorf geborenen Autor ist dies bereits das zweite Buch in dem Genre. Sein Erstling Kernschatten wurde für den Deutschen Science-Fiction-Preis nominiert und auch Athos 2643 stand auf der Shortlist zum diesjährigen Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Hobbit Presse Klett-Cotta
  • Autor*in: Nils Westerboer
  • Erscheinungsdatum: 19.02.2022
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Paperback
  • Seitenanzahl: 432
  • ISBN: 978-3-608-98494-1
  • Preis: 18 EUR (Print) + 13,99 EUR (E-Book)
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Der Science-Fiction-Kriminalroman Athos 2643 beschreibt mysteriöse Vorgänge rund um Mönche und eine unter Mordverdacht stehende Künstliche Intelligenz auf dem gleichnamigen Neptunmond. Der spezialisierte Inquisitor Rüd Kartheiser wird zusammen mit seiner holografischen Assistentin Zack entsendet, um die Vorgänge auf dem unwirtlichen Mond aufzuklären. Die Ereignisse, die dadurch in Gang gesetzt werden, haben das Potenzial, nicht nur die Beziehung zwischen Rüd und Zack entscheidend zu verändern.

Die Geschichte bildet die perfekte Balance zwischen spannendem Krimi, ausgefeilter Science-Fiction, philosophischen Fragen und Überlegungen, die das Lesepublikum gehörig herausfordern. Besonders der Aspekt der Unterscheidung zwischen Mensch und KI wird langsam aufgebaut und es gelingt dem Autoren, hierauf eine interessante und einleuchtende Antwort zu geben.

Westerboer legt mit Athos 2643 einen Roman vor, der noch längere Zeit nachhallen wird.

  • Sehr gut ausgearbeitete Charaktere
  • Spannende Handlungen
  • Interessante philosophische Betrachtungen
 

  • Zu schnelle Einführung von neuen Worten

 

Artikelbilder: © Klett-Cotta, Titelbild von Birgit Gitschier, Augsburg
Layout und Satz: Norbert Schlüter
Lektorat: Sabrina Plote
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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