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Deadpool macht eine Zeitreise. Und Du bist mit von der Partie. Denn Du bist Deadpool. In diesem Comic bestimmen der Leser und das Glück den Weg, den der Söldner mit der großen Klappe nimmt. Per Würfel und gesammelter Gegenstände. Ob das so klappt, wie es versprochen wird? Mal sehen.

Diesmal haben sich die experimentierfreudigen Autoren des Söldners mit der frechen Fressluke etwas ganz Besonderes ausgedacht. Kennt ihr Abenteuerbücher? Im Grunde Rollenspiel für eine Person. Für alle, die gern mit sich selbst spielen. Man liest ein Buch und an bestimmten Stellen wird gewürfelt, oder gefragt, ob man einen besonderen Gegenstand dabeihat, den man zuvor im Buch erlangen konnte.

Je nach Ergebnis blättert man zu einem anderen der durchnummerierten Einträge und erlebt so eine andere Wendung der Geschichte. Genau so ein Lese-Abenteuer liegt jetzt in Comicform vor. Der Leser kann, zum Glück nicht wörtlich, in Deadpools Haut schlüpfen und mit ihm irre Sachen auf einer durchgeknallten Zeitreise erleben.

Handlung

Von einer durchgängigen Handlung zu sprechen, ist hier schwierig, da je nach Situation und Würfelergebnis eine von vielen Varianten zum Tragen kommt. Die zu Grunde liegende Prämisse ist jedoch, dass Deadpool den Auftrag erhält, einen Zeitreise-Helm zu stehlen und nicht zu benutzen.

Wen wundert’s, er macht natürlich genau das. Somit nimmt das Zeit-Chaos seinen Lauf. Auf seinem Weg durch die Jahrzehnte kann der Leser DPs Weg durch Kämpfe per Würfel mitbestimmen und Gegenstände einsammeln, die ebenfalls Auswirkungen auf den Verlauf der Geschichte haben.

Das Buch selbst ist in fünf Abschnitte unterteilt, die gleichzeitig auch Jahrzehnte darstellen, durch die der Held sein Unwesen treibt. Man ist auf der Suche nach Kristallen, die dem Zeithelm neue Energie verleihen, und richtet nebenbei auch allerlei Chaos an. Beziehungsweise versucht man, es wieder gut zu machen, wir haben es ja schließlich auch verbockt. Dabei trifft der Leser, in der Rolle von Deadpool, auf diverse alte Bekannte und weniger bekannte Marvel-Charaktere. Ein wiederkehrender „Zwischengegner“, den es kreativ zu besiegen gilt, ist Grashopper.

Das ist ein B-Klasse-Bösewicht in diversen, dem Schreibstil der Jahrzehnte angepassten Inkarnationen. Der Kerl verkörpert all das, was im jeweiligen Comic-Zeitalter an abgefahrenen und auch schlechten Ideen und Klischees herumgeisterte. Und good old DP muss sich ihm immer wieder aufs Neue stellen. Was keineswegs heißen soll, dass dies langweilig ist. Am Ende jedes Kapitels gibt es natürlich auch einen Bossfight mit einer Größe der Marvel-Bösewicht-Galerie. Und ja, trotz Heilfaktor kann Deadpool draufgehen. Er kann in der Zeit verloren gehen oder all seiner Lebensenergie beraubt werden und und und …

Aufgelockert wird das Ganze durch diverse Mini-Games und Fights mit Handlangern sowie den klassischen Crossover-Missverständnis-Kämpfen, wenn (Anti-)Helden aufeinandertreffen. Darin hängt DPs Erfolg zwar oft sehr vom Würfelglück ab, aber dank Heilfaktor darf man es dann auch ruhig noch einmal probieren. Und wenn man die richtigen Gegenstände dabeihat, klappt’s vielleicht sogar ohne Kampf. Zu dumm nur, dass in Pools Taschen immer nur Platz für drei Dinge ist.

Naja, dann fängt man halt noch mal vom Startpunkt an und nimmt diesmal die Bowling-Kugel mit.

Die DP-Würfel

Regeln

Die sind erfreulich einfach. Würfle mit den zwei mitgelieferten Deadpool-Würfeln, die (nicht nur) DPs Kampfkraft darstellen, um seinen Kampfwert zu ermitteln. Einfach addieren. Würfle für den oder die jeweiligen Gegner mit der vorgegebenen Anzahl von Würfeln und hoffe, dass Deadpools Ergebnis höher ist als das der Bösewichte. Du gewinnst oder verlierst und folgst dem jeweiligen Pfad, der durch nummerierte Abschnitte beziehungsweise Panels beschrieben wird.

Aber Vorsicht! Manche Gegner haben einen größeren Pool aus Deadpool-Würfeln als Deadpools Deadpool-Würfel-Würfelpool (sorry, das konnte ich mir jetzt nicht verkneifen) und sind somit schwieriger zu besiegen. Hier kommen dann Gegenstände ins Spiel.

Unterwegs kannst du Gegenstände aufsammeln und immer drei transportieren, welche den Verlauf der Story positiv beeinflussen können. Entscheide also gut und denke ruhig mal um die Ecke, denn nicht jeder Gegenstand wird für das eingesetzt, wofür er ursprünglich gedacht war.

Außerdem gibt es noch die Möglichkeit Wades Verhalten in manchen Situationen zu bestimmen, was entweder sogenannte Brutalopunkte, Trübsalpunkte oder positive Vibes bringt. Brutalopunkte und  Trübsalpunkte werden durch positive Vibes aufgewogen. Je nachdem, was  davon am Ende eines Abschnittes oder Kapitels überwiegt, also wie DPs Stimmung gerade ist, wird ebenfalls der Weg beeinflusst, den wir durch Zeit und Raum nehmen.

Lies das Tutorial!

Zeichenstil

Zeichner Paco Díaz und Tuscher Salva Espin haben sich einen besonderen Kniff einfallen lassen, um dem Buch noch mehr Authentizität zu verleihen. Jedes Kapitel ist im Zeichenstil und Farbdruckverfahren der jeweiligen Epoche gehalten, in dem es spielt. Ein Fest für Nostalgiker und interessant für Neulinge.

Erscheinungsbild

Ein broschiertes Comic-Album, liegt gut in der Hand und das Papier ist fest, wie man es von Panini kennt und schätzt. Knallgelb kommt das Buch in einer roten, schmalen Box mit Sichtfenster daher, in welcher sich noch zwei etwas kleine Deadpool-Würfel befinden und zwei unangespitzte Bleistifte im Deadpool-Look.

Eine Charakterbogen-Vorlage, auf deren Kopie man seine Werte und Gegenstände eintragen kann, und ein Einschub, den man als Würfelfläche gebrauchen kann, runden das Paket ab. Wer will, kann sogar den Frevel begehen und sein Gesicht an Stelle von Deadpools Maske an die markierte Stelle kleben. Praktisch.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini
  • Autor(en): Al Ewing
  • Zeichner(in): Paco Díaz, Salva Espin (Tusche)
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Comic Album
  • Seitenanzahl: 56
  • Preis: 15,80 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Die Kapitel werden von den Alternativcovern diverser Künstler eingeläutet.

Fazit

Als Deadpool durch Raum und Zeit reisen und dabei allerlei beknackte Abenteuer erleben? In den Ganzkörperanzug des Söldners mit der großen Klappe schlüpfen und sein Handeln und seinen Werdegang bestimmen, während er Dich, den Leser, anfleht ihn nicht durch ein Abwasserrohr kriechen zu lassen? Fies grinsend lässt Du ihn genau diesen Weg einschlagen … Wer wollte das nicht schon immer einmal tun? Hier ist die Gelegenheit!

Die Story ist witzig und herrlich bizarr, dank Zeitreise- und Heilfaktor mehrfach durchlebbar und dabei so schnell nicht langweilig, weil jeder Würfelwurf und jede Entscheidung zu einer anderen Wendung führen können. Natürlich sind diese nicht unbegrenzt, und am Ende läuft jedes Kapitel natürlich auf einen Sieg hinaus, so man denn nicht endgültig draufgeht, aber hier ist der Weg das Ziel. Oder besser der Spaß am Weg. Denn durch DPs Fähigkeit, direkt mit dem Spieler zu reden, ergeben sich herrlich schräge Momente, und der teils natürlich etwas schwarze Humor tut sein Übriges.

Das Deadpool-Spiel-Comic ist einmal etwas Anderes, aber eben auch nicht. Es ist eine typisch abgedrehte DeadpoolGeschichte voller brutaler Morde, schwarzem Humor und alberner Kalauer … mit Zeitreisen und dir als Leser selbst am Steuer. Sieh zu, dass du am Leben bliebst und habe Spaß dabei!

Einziges Manko ist für mich, dass manche Wortspiele und Kalauer im deutschen Sprachgebrauch leider untergehen, da sie einfach nicht angemessen übersetzbar sind. Aber das kann man niemandem zum Vorwurf machen. Spielbücher sind nicht jedermanns Sache, und auch ich selbst muss gestehen, dass ich kein Fan des Konzeptes bin. Daher ist das Buch für mich eine Herausforderung gewesen.

Aber der skurrile Humor und die Cleverness, mit der hier an die Sache herangegangen wurde, die vielen Easter Eggs und Anspielungen auf Klischees des jeweiligen Zeitgeistes, der satirische Blick, der hier durch Deadpools Augen auf das Golden und Silver Age der Comics geworfen wird, und welcher deren Gepflogenheiten gekonnt durch den Kakao zieht, machen das Spielen zu einem echten Vergnügen für Deadpool-Fans wie mich.

Mit Tendenz nach Oben

Artikelbilder: © Panini Comics, Amazon
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

2 Kommentare

  1. Deathstroke is großartig.
    Einer meiner Lieblings-DC-Charktere.
    Die“Homage“ ist natürlich mehr als deutlich. Slade/Wade und all das.
    Das DP so erfolgreich wird, damit hat glaub ich Rob Liefeld am wenigsten gerechnet.

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