Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Zukunftsromane gibt es viele, jedoch entführen sie den Leser meist in ferne Welten und hochtechnologische Settings. Das vorliegende Werk legt sich in der Zeit nicht fest, aber es ist eine nahe, vielleicht zu nahe Zukunft. Dies ist kein Science-Fiction Roman, denn Wissenschaft suchen wir hier ebenso vergebens wie rein fiktionale, fantastische Ereignisse. Brutal, schonungslos, und nur all zu glaubhaft nimmt der Autor uns mit auf eine blutige und gewalttätige Reise, und lässt uns nicht wieder los, bis wir den hinteren Buchdeckel erreicht haben.

Story

Der Roman in der Ich-Perspektive um einen namenlosen Killer weiß zu fesseln. Von der ersten Seite an ist man ein Teil der Geschichte, und taucht aus dem Blick der Hauptperson in eine Welt ein, die von Gewalt, Konkurrenz, Sex und sachdienlicher Freundschaft, aber auch Loyalität bestimmt wird. Linear erzählt, ist die Geschichte doch nie vorhersehbar. Glaubhaft und erschreckenderweise nachvollziehbar wird die Gewalt zum Stilmittel, das sich wie ein blutroter Faden durch das gesamte Buch zieht. Neutral, emotionslos und beobachtend beschrieben, werden Tod und Gewalt hier zur reinen, alltäglichen Arbeit degradiert. In der beschriebenen Zukunft, in der durch eine nicht näher beschriebene Katastrophe der Himmel auf ewig bewölkt bleibt, so das die Sonne und der Mond nie wieder scheinen werden, gibt es nur den Weg des Stärkeren. Dem Protagonisten, den man nur als Alpha-Predator in dieser dunklen dreckigen Welt bezeichnen kann, stehen zwei Frauen gegenüber. Auf der einen Seite Amanda, jung, schön, zerbrechlich und verspielt. Auf der anderen Tamara, die Auftraggeberin des Hauptcharakters. Schön, stark, rücksichtslos, egoistisch und zielbewusst.

Durch die Bindung zu seinem Kartell wird er nach dem Tod des alten Chefs, dessen Nachfolge seine Tochter antreten will in die weiteren Ereignisse hineingezogen. Hin und hergerissen zwischen den beiden Frauen gerät der Protagonist auf eine Berg und Talfahrt zwischen Liebe und Loyalität, Gewalt und Fürsorge. Alle anderen Charaktere verkommen zur Kulisse, mal die Hauptperson unterstützend, dann wieder sich ihm in den Weg stellend. Doch auch hier bleibt der namenlose Antiheld seiner generellen Linie treu. Rücksichts- und emotionslos werden alle Hindernisse auf seinem Weg beseitigt. Nur er allein bestimmt, was falsch und richtig ist, und macht sich zum Alleinherrscher nicht nur seines eigenen, sondern auch der Leben anderer, denen er nahe steht. Aus dieser egozentrischen Dominanz heraus resultiert dann auch, dass er Liebe und Rache über Loyalität und Vernunft stellt. Ein Toter zuviel ist schließlich der Auslöser für den Zusammenbruch der alten Ordnung, die die Verbrecherorganisationen unter sich ausgemacht haben. Vor der Grundsätzlich immer gegenwärtigen Gewalt bieten die letzten Seiten ein überraschendes, wenn auch nur wenig fulminantes Ende. Man wird genötigt, sich mit dem Protagonisten, seinem Schmerz, seiner Medikamentensucht und der inneren Zerrissenheit zwischen Liebe und Loyalität zu stellen. Kein Buch für zartbesaitete Gemüter, aber eines, das den Leser einzufangen weiß.

Schreibstil

Marco Rauch weiß, in seinem Schreibstil zu gefallen. Die in der reinen Ich-Perspektive gehaltene Story kommt ohne blumige Umschreibungen aus, nennt die Dinge beim Namen, ob in seltenen Fällen schön oder in der Gesamtheit hässlich und brutal. In dieser linearen, ohne Nebenschauplätze auskommenden Erzählung, sind wir an jedem Punkt der Geschichte genau so schlau oder dumm wie die Hauptperson selbst. Immer wieder auftauchende, kurze Zeitsprünge lassen der Fantasie des Lesers Raum, um die übersprungenen Momente selbst zu füllen, wirken somit eher anregend als störend. Der Stil ist einfach gehalten, kann aber vor dem Hintergrund des Miterlebens der Gedankengänge des Protagonisten fesseln und wirkt authentisch.

Der Autor hat mit diesem Buch sein Debüt auf dem Romansektor gegeben. Der 1984 geborene Marco Rauch lebt in Wien, dem Schauplatz seines Erstlingswerkes. Bereits mit 16 schrieb er Kurzgeschichten die sowohl Sci-Fi als auch surreale und fantastische Inhalte abdeckten. Nach dem Studium der Theater- Film- und Medienwissenschaften, einer ersten Veröffentlichung in einem Deutschen Sci-Fi-Magazin und der selbstständig publizierten Kurzgeschichtensammlung  Black Desert liegt mit dem Werk Hard Boiled sein erster Roman vor.

Preis-/Leistungsverhältnis

Das vorliegende Buch ist fesselnd und als durchgängig spannend zu werten. Gerade das macht es jedoch schwer, es aus der Hand zu legen. Es zeigt uns eine beklemmende, dunkle, brutale Zukunft, in der der Mensch nur noch nach seinem Wert für die Verbrecherkartelle bewertet wird. Eine spannende, fesselnde Story. Mit seinen knapp unter 300 Seiten eröffnet es somit ein unterhaltsames, aber auch kurzes Lesevergnügen. Angesichts des Preises ist es in meinen Augen etwas zu kurz geraten.

Erscheinungsbild

Hard Boiled Koios Verlag CoverDer Roman kommt recht unspektakulär in einem knapp unter A5 gehaltenen Format daher. Der Hochglanzdruck des Deckblattes der mir vorliegenden Paperback-Ausgabe macht es zu einem Handschmeichler, den man ungern wieder bei Seite legt. Die Papierqualität macht einen befriedigenden Eindruck, durchaus im Bereich dessen, was man bei Paperbacks erwartet. Die relativ kleine Schrift ist trotz des leichten Gelbstiches des Papiers sehr gut lesbar. Einen Index sucht man ebenso wie Illustrationen vergebens, allerdings hätte dies bei einem Roman, der sich an ein erwachsenes Publikum richtet, auch überrascht. Der durchgängig im Blocksatz gehaltene Text ist gut und schnell aufzunehmen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Koios Verlag
  • Autor(en): Marco Rauch
  • Erscheinungsjahr: Mai 2013
  • Sprache: Deutsch
  • Format: A5
  • Seitenanzahl: 283
  • ISBN: 978-3-902837-06-6
  • Preis: 14,90 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon (nur digital), Druck beim Verlag selbst

 

Bonus/Downloadcontent

Hier ist zu erwähnen, dass dieser Roman auf der Verlagsseite und Amazon für 4,90 EUR als E-Book heruntergeladen werden kann. Eine hervorragende und günstige Alternative zu der in meinen Augen doch recht teuren Printversion.

Fazit

Der vorliegende Erstlingsroman Hard Boiled von Marco Rauch macht neugierig auf mehr. Die schonungslose Erzählweise weiß mitzureißen. Durch die Ich-Erzählweise wird man in das Geschehen hineingezogen, dazu gezwungen, sich den Geschehnissen mit dem Protagonisten zusammen zu stellen. Linear erzählt, ist man immer auf derselben Wissensstufe wie die Hauptperson. Ungeschönt, hart und brutal geschrieben, ist dies kein Werk für Schöngeister oder schwache Gemüter. In dieser zukünftigen Welt begeben wir uns auf eine Reise, die erschreckend und faszinierend zugleich ist.

Ein leider zu kurzes Buch, bei dem man sich wünscht, es länger in der Hand gehabt zu haben. Ich hoffe, dass der Autor noch weitere Werke in der vorliegenden Qualität schreibt. Der einzige Wehrmutstropfen im Lesegenuss bleibt der nach meinem dafürhalten der etwas zu hohe Preis der vorliegenden Ausgabe. Trotzdem eine ganz klare Leseempfehlung von mir.

Daumen4Maennlich

Artikelbild: Koios Verlag

 

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