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Wer ist am besten für geheime Missionen geeignet? Richtig! Leute in motorisierten schweren Gefechtsrüstungen! In der neuen Box Schattenspeer machen sich einige Space Marines auf zu einem Einsatz hinter den Fronten. Wir sind mitgeschlichen und schauen uns die neuen Modelle und Regeln mit euch an.

Das Warhammer 40k-Universum von Games Workshop (GW) kommt im Augenblick einfach nicht zur Ruhe. Eine Neuerscheinung jagt die Nächste, und mit Schattenspeer hat eine neue Kampagnenbox das Licht der Hobbytische erblickt. Die Konzeption von Boxen, in denen zwei halbwegs aufeinander abgestimmte Streitmächte sich gegenüberstehen, ist nicht neu und begleitet Spielerinnen und Spieler schon durch die komplette achte Edition. In den letzten Boxen wie Forgebane oder Tooth and Claw war es bisher so, dass einzelne neue Modelle hinzukamen.

Schattenspeer geht hier einen anderen Weg und bietet komplett neue Modelle für Space Marines und Chaos Space Marines, auf Seiten der Loyalen sogar mit ausschließlich neuen Einheiten. Ergänzt werden die beiden Streitmächte dabei durch Begabungen des Kriegsherrn und Psikräfte. In diesem Bericht sollen daher nicht nur die neuen Modelle vorgestellt, sondern auch ihr taktischer Nutzen betrachtet werden.

Eine Welt am Abgrund – Krieg auf Nemendghast

Wie alle anderen Großboxen seit dem Sommer beschäftigt sich Schattenspeer auch mit der Vigilus-Kampagne und ihren Kriegsschauplätzen. Nemendghast ist ein Planet am Rande des Systems, der zunächst keine besondere Aufmerksamkeit erregt. Als jedoch der Kontakt nach einem Warpsturm abbricht, wird ein schneller Einsatzverband der Ultramarines, der genannte Schattenspeer, zur Untersuchung dorthin geschickt. Schnell finden die Krieger des Imperators heraus, dass der Planet an die Chaosstreitkräfte gefallen ist und nun verdrehte Dämonenmaschinen produziert. Statt sich zurückfallen zu lassen, entscheiden Captain Acheran und sein Trupp sich zum Angriff überzugehen.

Was ein Tausendsassa!

Der eigentliche Hintergrund der Schattenspeer-Box fällt recht kurz aus. Es gibt zwar ein Begleitheft mit 24 Seiten, von diesen entfallen aber nur sieben auf die eigentliche Handlung, den Rest nehmen Bilder und Missionen ein. Schattenspeer richtet sich somit klar an erfahrene Spielerinnen und Spieler im 41. Jahrtausend des Warhammer-Universums. Wer sich nicht im Hintergrund auskennt bleibt hier mit vielen Fragezeichen im Kopf auf der Strecke.

Das Heft selbst ist aber ordentlich gestaltet, der Hintergrund liest sich, auch in der deutschen Fassung, recht angenehm.

Die angefügten sechs Missionen sind so kurzgehalten, dass man sie angenehm an einem Nachmittag durchspielen kann. Sie sind daher ganz nett, geben aber nur einen begrenzten Einblick in das Konzept von Warhammer 40k. Als Alternative zu regulären Missionen bieten sie aber eine ordentliche Abwechslung.

Grundsätzlich geht der Hintergrundteil somit in Ordnung und stellt ein angenehmes Vorspiel zum zweiten Vigilus-Kampagnenband dar.

Heimlich wie ein Vorschlaghammer – Die Schattenspeer-Streitmacht

Wie schon ausgeführt handelt es sich bei den neuen Modellen auf imperialer Seite um Space Marines, der aktuellen Linie treubleibend Primaris Marines. Beim Rüstungsschema wird dabei auf eine leichtere Version der Mark X-Rüstungen zurückgegriffen, die alle Primaris tragen. Das dabei genutzte Schema trägt den Namen Phobos-Rüstung und findet sich auch schon bei den bekannten Reivers, die per FAQ schon das entsprechende Schlüsselwort erhalten haben.

In diesem Schema bekommt man eine beeindruckend breite Streuung unterschiedlicher Charaktermodelle und Einheiten.

Der Anführer der Armee ist ein Captain in Phobos-Rüstung, in der Mission der genannte Captain Acheran. Lobenswert ist, dass dieser, wie alle anderen Charaktermodelle in der Box, kein spezielles Charaktermodell ist, sondern für jede Space Marine-Fraktion genutzt werden kann. Acheran ist nur der Name des Modells in dieser Mission.

Der Captain ist eine solide Auswahl, wenn man diesen sowieso passiv spielen möchte, um beispielsweise Unterstützungseinheiten zu verstärken. Mit fast 120 Punkten ist er aber auch nicht ganz billig.

Unterstützt wird er in dieser Box von einem Librarian und einem Lieutenant, ebenfalls in Phobos-Rüstungen. Der Lieutenant besitzt dabei eine seltsame Ausrüstungskombination, hat er doch einen eingebauten Bonus im Nahkampf, aber eine miserable Nahkampfwaffe.

Der Librarian hingegen kann nicht nur in Versteckter Position aufgestellt werden, sondern kommt mit einer eigenen Psidisziplin daher, der Disziplin der Verdunklung. Diese ist weniger offensiv, sondern eher auf indirekte Stärkung und Schwächung ausgelegt. Diese Fähigkeiten sind teilweise auch nur mit Phobos-Rüstungen kompatibel, was den Nutzen etwas einschränkt.

Neben den genannten Charakteren finden sich noch drei verschiedene Einheiten in der Box: Infiltrators, Eliminators und Suppressors.

Infiltrators stellen dabei eine neue Standardauswahl dar und verdienen in der taktischen Einschätzung später eine besondere Betrachtung. Grundsätzlich sind sie ein Hybrid aus Intercessors und Scouts.

Eliminators ersetzen in ähnlicher Form Scouts mit Scharfschützengewehren, ist ihre Aufgabe doch das Ausschalten von Anführern auf lange Distanz.

Suppressors hingegen sind eine etwas seltsam anmutende Mischung aus schwerer Feuerunterstützung und Sprungeinheiten.

Die neuen Modelle sind von ausgezeichneter Gussqualität, und trotz alles Lobes, das man dahingehend schon in den letzten Monaten lesen konnte, sind die Modelle hinsichtlich ihres Detailgrades nochmals beeindruckender. Seien es die feinen Details auf dem Captain, oder der Infiltrator, der eine schon gezündete Rauchgranate fallen lässt. Die neuen Modelle setzen dabei klar den Stil der Primaris fort, zeigen aber wiederum auch, dass man in der nahen Zukunft nicht mit normalen Marines auf der imperialen Seite rechnen muss. Dafür um so mehr bei den Chaoskräften.

In Abaddons Namen – Die neuen Chaoseinheiten

Schattenspeer hat die Erneuerung der Chaoslinie eingeleitet, die mit dem zweiten Kampagnenband der Vigilus-Reihe und einem upgedateten Codex inzwischen abgeschlossen wurde. Wer mehr zu den späteren Veröffentlichungen, Codex: Chaos Space Marines und Vigilus brennt lesen möchte, findet dazu auch den Artikel bei uns.

Schattenspeer gibt dazu einen Vorgeschmack mit einer ordentlich aufgestellten Streitmacht mit einigen kleineren Makeln.

Angeführt wird diese Horde von dem Master of Posession, einer Variante des Sorcerers. Dieser erschwert nicht nur Psikräfte feindlicher Einheiten in seiner Umgebung, sondern besitzt, wie sein imperiales Gegenstück, eigene Psikräfte. Diese sind vor allem darauf ausgelegt, mit Dämonenmaschinen und Besessenen zu interagieren.

Ergänzt wird diese Kommandoebene von einer neuen Einheit im Elite-Slot, den Greater Posessed. Diese Monstrositäten sind deutlich größer als die alten Besessenen. Sie agieren in kleinen Einheiten auf dem Feld, sind selbst recht gefährliche Nahkämpfer und geben anderen Modellen mit dem Daemon-Schlüsselwort einen Punkt Stärke mehr.

Chaos Space Marines sind natürlich die ikonischsten Antagonisten unter den Verrätern, und auch diese erhalten hier neue Modelle. Der Stil ist ausgezeichnet gelungen, ist er doch gotisch angehaucht und hebt sich klar von den geraden Linien der Primaris ab. Etwas albern ist die Zusammenstellung der Waffen in Schattenspeer, bekommt man schließlich eine gemischte Einheit, die sowohl Modelle mit Boltpistole und Kettenschwert als auch solche mit Boltern enthält. Marines haben in der augenblicklichen Spielszene sowieso schon keinen leichten Stand, doch wenn sie eingesetzt werden, dann eigentlich nur mit Boltern.

Obliterators sind schon lange eine der deutlich besseren Auswahlen im Chaos Space Marine-Codex. Die Box spendiert einem zwei neue Modelle, die die Mischung aus Maschine und dämonisch beseeltem Fleisch gut abbilden. Mit Schattenspeer sind ihre Kampfwerte nochmals besser geworden, schießen sie doch nun sechsmal und sind widerstandsfähiger. Ob sich das auch in einer tatsächlichen Punktkostenerhöhung niederschlägt, ist zum Zeitpunkt dieses Artikels noch nicht final geklärt. Dies wird wahrscheinlich entscheiden, ob man in Turnierlisten Obliterators in maximaler Anzahl oder kaum sieht.

Zuletzt bekommen die Chaosstreitkräfte noch eine neue Dämonenmaschine spendiert, den Venomcrawler. Diese Mischung aus mutierter Spinne und zu vielen Mündern fügt sich optisch ausgezeichnet in die bestehenden beseelten Maschinen ein. Grundsätzlich funktioniert er ein wenig wie der kleine Bruder des Maulerfiends, wobei der Venomcrawler noch schießen kann.

Die Chaosstreitmacht ist eine homogen anmutende Truppe, die den Stil einer besessenen Streitmacht gut einfängt. Eine Armee, in der die Chaos Space Marines noch die Normalsten auf dem Schlachtfeld sind.

Die Beste der Besten? – Ein taktischer Ausblick

Neue Einheiten bedeuten immer auch, dass man sich mit neuen taktischen Möglichkeiten auseinandersetzen muss. Beide Streitmächte bieten dabei nette Ansätze. In gewöhnlichen Spielen mit Freunden an einem Nachmittag kann man durchaus alles vernünftig nutzen, auf der Turnierebene sieht dies natürlich anders aus.

Auf imperialer Seite dürften die Infiltrators mit am Interessantesten sein. Ihre Kampffähigkeiten sind dabei gar nicht so relevant, sondern die Möglichkeit, sie schon zu Beginn auf einem Missionsziel, am besten in Deckung, aufzustellen. Ihr Omni-Störer verhindert dabei, dass Truppen in zwölf Zoll um sie herum aus der Reserve ankommen. In Kombination mit ihren Rauchgranaten werden diese Truppen potenziell unangenehm zu entfernen, was man über diverse Möglichkeiten natürlich noch erschweren kann. Ein Raven Guard-Trupp in Deckung wird wahrscheinlich mehr Beschuss absorbieren als seine Punkte vermuten lassen. Die anderen Einheiten sind eigentlich nicht schlecht. In der Imperial Soup, einer Mischung diverser imperialen Fraktionen, die im Augenblick gespielt wird, findet man aber einfach Einheiten, die die entsprechende Aufgabe besser erfüllen.

Auf Chaosseite sieht es schnell ähnlich aus. Der Venomcrawler ist zwar nett, wenn man für zwei Punkte mehr jedoch einen Maulerfiend bekommt, fällt die Auswahl wohl nicht schwer.

Am Interessantesten dürften hier wohl noch die neuen Begabungen des Kriegsherren sein, können diese doch für alle Psioniker gewählt werden und somit auch für die gern gespielten Dämonenprinzen. Wie schon ausgeführt sind die Obliterators am Interessantesten, die Auflösung des augenblicklichen Widerspruchs steht aber noch aus.

Insgesamt erhält man hier somit interessante Einheiten, die das Spiel angenehm erweitern, jedoch wahrscheinlich nicht die Balance brechen werden.

What´s in the box? – Die Ausstattung

Schattenspeer kommt im gleichen Format wie die anderen Boxen dieser Art daher. Im Inneren findet sich eine ganze Reihe Material, namentlich:

  • 24-seitiges Schattenspeer-Kampagnenbooklet
  • 24-seitiger Codex: Vanguard Space Marines
  • 24seitiger Codex: Daemonkin
  • Ein Captain in Phobos-Rüstung
  • Ein Librarian in Phobos-Rüstung
  • Ein Lieutenant in Phobos-Rüstung
  • Drei Suppressors
  • Drei Eliminators
  • Zehn Infiltrators
  • Ein Master of Possession
  • Ein Venomcrawler
  • Zwei Obliterators
  • Zwei Greater Possessed
  • Zehn Chaos Space Marines
  • Zwei Bögen mit Abziehbildern
  • Ein faltbarer Warhammer 40.000-Grundregelbogen.

Das Material ist insgesamt gut gelungen, die Güsse sauber, die Bauanleitungen ohne Probleme verständlich. Für alle Modelle ist an sich nur eine Ausrichtung vorgesehen, diese lassen sich aber ohne große Probleme umbauen, sind doch Köpfe beispielsweise Einzelteile und hängen nicht an irgendeinem Brustkorb.

Auf der Ausstattungsebene kann man somit wirklich nicht meckern, auch wenn die Box mit einer UVP von 135€ etwas teurer als die letzten ihrer Art ausfällt.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Games Workshop
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Spieleranzahl: 2
  • Alter: 12+
  • Preis: UVP 135 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Allein unter Feinden – Ein Fazit

Schattenspeer ist eine solide Armeebox geworden. Der Hintergrund ist in Ordnung, das Material umfangreich, die neuen Modelle großartig. Natürlich wird der neue Stil der Chaos Space Marines nicht allen gefallen, der Detailgrad ist aber ohne jede Frage beeindruckend.

Abseits der Einheit Chaos Space Marines stellt die Box im Augenblick die einzige Möglichkeit dar, die neuen Modelle zu erhalten. Wenn man jedoch eine der Fraktionen spielt und glaubt, die zweite Hälfte loswerden zu können, kann man hier eigentlich nicht viel falsch machen. Bis auf marginale Einschränkungen also eine klare Kaufempfehlung.

Mit Tendenz nach Oben

Artikelbilder: © Games Workshop
Fotografien: Markus Kastell
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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