Harmlose Aufgaben führen zu kosmischem Horror: in dem kostenlosen Einstiegsabenteuer Zur Geometrie der Welt von FHTAGN treffen völlig Fremde in Berlin aufeinander. Beauftragt von Unbekannten müssen die Charaktere einer verwirrten Frau helfen, um die herum merkwürdige Dinge geschehen. Welche Gefahren in der Nacht noch auf sie lauern, erfahrt ihr hier.
Mathematik ist böse. So oder so ähnlich könnte der Untertitel zum Abenteuer Zur Geometrie der Welt von FHTAGN lauten. Im übersichtlich gestalteten Einstiegsabenteuer für das Horror-System geraten die Charaktere fast zufällig in eine merkwürdige Situation mit einer verwirrt wirkenden Frau. Ihnen bleibt wenig Auswahl als zu helfen, denn sie sind längst in einer gefährlichen Situation gefangen…
Eine Anmerkung vorweg: im Artikel wird zumindest grob der Beginn des Abenteuers beschrieben. Weitere Details werden in Textboxen mit Spoilerwarnung zusammengefasst.
Suizid, Verfall, verzerrte Wahrnehmung
Inhaltsverzeichnis
Die Spielwelt – Mitten in Berlin
Die Handlung von Zur Geometrie der Welt ist in der Gegenwart angesiedelt, in der fast jede erwachsene Person über ein Smartphone verfügt. Die Charaktere treffen über eine mysteriöse Nachricht in Berlin-Friedrichshain aufeinander. Die deutsche Hauptstadt ist ein gern genutzter Ort für Geschichten rund um den Mythos. Der tatsächliche Einfluss auf die Handlung hält sich jedoch in Grenzen, weil es nur sehr wenige Szenenwechsel gibt. Mit kleinen Anpassungen könnte das Abenteuer problemlos in eine andere Großstadt verlegt werden.
Regeln und Charaktererschaffung
Genutzt wird für das Abenteuer das gängige FHTAGN-System, welches online kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Die Spielenden würfeln mit einem W100 auf Attribute beziehungsweise Fertigkeiten mit einer Prozentchance von 1 bis 100. Dabei gilt es, möglichst unter den eigenen Wert zu kommen. Würfelt jemand zwei gleiche Ziffern (22 oder 33 beispielsweise) unter dem Wert, ist es ein kritischer Erfolg. Zwei gleiche Ziffern über dem Wert sowie eine 100 werden hingegen als kritischer Misserfolg gewertet.
Wenn es für die Runde schnell gehen soll, können die Spielenden auch einen Charakter-Generator auf der Internetseite des Systems nutzen. Für das Szenario sind viele verschiedene Konzepte für Charaktere möglich. Diese müssen nur ein funktionierendes Smartphone besitzen und bereit sein, der Aufforderung einer unbekannten Person zu folgen. Was kann da schon schiefgehen?
Die Handlung: Keine Zeit zum Nachdenken
Der Beginn der Geschichte ist linear gehalten. Alle Charaktere erhalten eine App-Nachricht von dem FHTAGN-Netzwerk, dass sie pünktlich mit je einem Gegenstand zu einer bestimmten Adresse in Berlin-Friedrichshain kommen sollen. Dort angekommen gilt es, die jeweiligen Teile sinnvoll zu kombinieren, um damit den Sturz einer Frau aus dem Fenster abzumildern. Bei der Geretteten handelt es sich um eine Mathematikerin, die einen verwirrten Eindruck macht. Sie scheint ihre Retter*innen kaum zu beachten und will sich sofort wieder an die Arbeit in ihrer Wohnung machen. Es liegt an den Charakteren, ob und wie sie ihr helfen können, hinter das Geheimnis ihres Zustands zu kommen.
Prof. Dr. Barbara Köhler beschäftigt sich mit einer wissenschaftlichen Arbeit des Mathematikers Otto Hilber. Dieser hatte im Jahr 1888 in Berlin an einer Formel gearbeitet, was ungewollt zu einem Dimensionsriss in der Raum-Zeit führte. Seine Berechnungen und Beschäftigungen zum Thema lockten einen formlosen Jäger an. Diese mehrdimensionale Bestie attackierte Hilber und tötete unter anderem dessen Familie. In seiner Verzweiflung versteckte der Mathematiker seine Manuskripte im Keller und führte aus Angst vor dem Monster einen Suizid durch.
In der Jetzt-Zeit sind Hilbers Notizen wieder aufgetaucht und werden von Köhler untersucht. Sie steht zu Beginn des Szenarios kurz vor der Vollendung der Formel. Leider haben ihre Berechnungen erneut den Jäger angelockt. Die Charaktere werden über das FHTAGN-Netzwerk, welches insgeheim von der Großen Rasse von Yith betrieben wird, dazu aufgefordert Köhler bei der Fertigstellung ihrer Aufgabe zu helfen. Denn nur so kann der 1888 erzeugte Riss endgültig geschlossen werden.
In mehreren kleinen Aufgaben muss die Gruppe es schaffen, dass die Professorin mit ihrer Arbeit vorankommt. Nach jedem Erfolg oder Misserfolg schreitet die Nacht in der Zeit voran. Am Ende des Abenteuers erscheint schließlich der Jäger, welcher versucht Köhler und die Charaktere zu töten. Gegen dieses übernatürliche Wesen anzukommen, bedeutet für die Charaktere eine große Herausforderung.
Spielbarkeit aus Spielleitungssicht
Für die Spielleitung bietet das Szenario einige interessante Kniffe und Ideen, um schockierende und verstörende Szenen zu erzeugen. Beschrieben werden auch Handlungsmöglichkeiten, falls Charaktere versuchen, aus der Geschichte auszubrechen. Werte und Informationen zu den auftretenden NSC sind sehr überschaubar gehalten. Hilfreich sind insbesondere die Beispiele, welche mögliche Schritte zum Lösen des Rätsels beschreiben.
Im Laufe der Geschichte bekommt die Gruppe zahlreiche „Nebenwirkungen“ der ungelösten Formel zu spüren. Immer wieder verzerren sich Raum und Zeit rund um die Wohnung der Professorin Köhler. Für die Spielleitung bedeutet das viel freie Entfaltungsmöglichkeiten. Wer Spaß an Zeitparadoxen oder unwirklichen Räumen hat, kann sich im Szenario frei austoben.
Möglich sind beispielsweise endlos laufende Treppen und Räume, in denen die Schwerkraft umgekehrt wurde. Charaktere können bei der Lösung durch verschiedene Zeitepochen stolpern oder in völlig fremde Welten mit lila Wolken und mehreren Sonnen am Himmel geraten. Im Laufe der Handlung führen die Spuren immer wieder zurück in das Jahr 1888 und die Formel als Auslöser.
Wichtig ist, dass die Spielleitung früh genug erste Hinweise auf Hilbers Geschichte liefert. Das schafft die Motivation für die Spielenden, sich mehr mit Köhler auseinanderzusetzen und ihr zu helfen. Sollten sie mehr mit sich beschäftigt sein, können die Auftraggebenden mit weiteren klaren Anordnungen einschreiten. Für die Dramatik sollte es außerdem immer wieder Verweise auf die Gefahr des formlosen Jägers geben.
Die Handouts in Zur Geometrie der Welt fallen eher schlicht aus. Spielende beginnen mit einer ausformulierten Nachricht in ihrem Smartphone und können im Laufe der Handlung einige Zeitungsartikel finden. Abseits davon wird moderne Technik wenig genutzt, was gerade mit Blick auf den Einstieg schade ist. Statt ein Blatt Papier auszuteilen könnten die Nachrichten daher auch digital an das tatsächliche Smartphone der Spielenden verschickt werden.
Spielbericht
Das Abenteuer konnte bis zum Erscheinen des Artikels in der Testrunde nicht fertiggespielt werden. Der Einstieg und die Ideen innerhalb des Szenarios wurden aber positiv aufgenommen. Zum Start der Sitzung versammelten sich ein Lkw-Fahrer, eine angehende Influencerin sowie ein Student am Treffpunkt und konnten kurze Zeit später eine Frau vor einem Unfall bewahren. Bei dem Weg zurück in die Wohnung der Unbekannten bemerkten die Charaktere erste Auffälligkeiten, die sie zunächst als Halluzination abtaten.
Oben angekommen bemerkte die Gruppe recht schnell ein Problem: Sie konnten das Appartement nicht mehr verlassen. Die Charaktere versuchten daraufhin mit dezidiertem Vorgehen und Logik die Situation zu lösen. Mit Schrecken stellten sie dabei fest, dass ihr bisheriges Verständnis der Welt völlig unzureichend war. Auf der Suche nach Antworten bemerkten sie zudem erste Spuren einer weiteren Gefahr in der Umgebung…
Erscheinungsbild
Beim Design des Abenteuers werden kunstvoll einige Themen und Ideen des Abenteuers aufgegriffen, etwa Risse und verzerrte Objekte. Dunkle Weltraumflächen in Kombination mit geometrischen Formen schaffen einen kosmischen Hintergrund. Das Seitenlayout ist selten linear gestaltet. Dennoch findet die Spielleitung alle nötigen Informationen auf den 32 Seiten zügig, ohne viel blättern zu müssen. Die Schrift ist trotz häufigeren Wechseln von schwarzen auf weiße Hintergründe passabel lesbar. Wünschenswert wären noch einige Illustrationen oder Bilder gewesen. Bei einem kostenlosen Abenteuer ist das aber völlig vertretbar.
Die harten Fakten:
- Verlag: Deutsche Lovecraft Gesellschaft e.V.
- Autor*in(nen): Julia Knobloch, Idee Moritz Hohnert
- Erscheinungsjahr: 2022
- Sprache: Deutsch
- Format: PDF
- Seitenanzahl: 32
- Preis: kostenlos
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Bezugsquelle: Fachhandel, DriveThruRPG
Fazit
Zur Geometrie der Welt ist ein kurzes und abwechslungsreiches Abenteuer des FHTAGN-Systems. Die Charaktere werden einer merkwürdigen Aufgabe folgend direkt in eine schwierige Situation gebracht, bei der sie einer unbekannten Frau helfen müssen. Wie die Gruppe schnell feststellen wird, gestaltet sich das aber viel schwieriger als anfangs gedacht. Die Geschichte ist wie ein Baukasten strukturiert und kann aus mehreren Teilstücken beliebig gestaltet werden. Die Charaktere geraten dabei immer wieder in bizarre Situationen, während die Bedrohung unaufhaltsam auf sie zukommt.
Die Spielleitung darf in dem gesetzten Rahmen sehr kreativ die Handlung gestalten. Das kann für Neulinge ohne Erfahrungen im ersten Moment überfordernd wirken. Glücklicherweise werden genug Ansatzpunkte für eine spaßige und gleichzeitig gruselige Runde geliefert. Viele Ideen des Abenteuers werden optisch im Layout aufgegriffen. Abgesehen davon gibt es jedoch keine Illustrationen und nur sehr wenige Handouts im Abenteuer.
Wer selbst einen Eindruck von den Möglichkeiten des Szenarios gewinnen möchte, kann es sich kostenlos auf der Internetseite herunterladen. Für das System gibt es noch einige weitere Abenteuer, beispielsweise im Hollywood der 1970er Jahre.
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Abenteuer kurz und spannend gehalten
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Aufgaben kreativ und variabel
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Kostenlos ausprobieren möglich
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Keine Illustrationen
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Freie Struktur eventuell schwierig für Neulinge
Artikelbilder: © Deutsche Lovecraft Gesellschaft e.V.
Layout und Satz: Mika Eisenstern
Lektorat: Nina Horbelt
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.
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