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Die Sängerin Desi wird vielen Besuchern von Anime-Conventions bekannt sein. Im Laufe der Zeit war sie in vielen Showacts aktiv, gewann den deutschen Vorentscheid zum WCS und veröffentlichte zwei CDs in Deutschland. Inzwischen hat sie auch mehrere CDs in Japan veröffentlicht und tritt mit ihrem Soloprogramm Inochi auf.

Man kann daher wohl getrost sagen, dass Desi – oder Désirée Richter – eine erfahrene Veteranin im Show- und Gesangs-Bereich ist. Dies spiegelt sich auch in ihrem genannten Soloprogramm wider, welches als Rückblick und Huldigung ihrer Szenezeit ist. Im Rahmen dessen trafen wir die sympathische Sängerin zum Interview.

Über Desi

Die NRWlerin begann im Alter von 12 Jahren damit Gesangsunterricht zu nehmen, und besuchte 2004 ihre erste Anime-Convention. Bereits 2005 stellte sich der erste große Erfolg ein: Der Gewinn beim Casting von Anime Records zur Gründung einer Band mit der einhergehenden Veröffentlichung der CD Anime no Magic der I love You! Project genannten Band, in welcher sie das jüngste Mitglied war.

Desi während ihrer Inochi-Show auf der DoKomi
Desi während ihrer Inochi-Show auf der DoKomi

Einige Jahre später – 2010 – stellte sich auch ein großer Erfolg als Cosplayerin ein, als sie als deutsche Vertreterin beim World Cosplay Summit in Japan teilnahm und dabei von VOX begleitet wurde.

Ab 2011 folgten Auftritte auf Convention-Bühnen mit Yume, die durch ihre Musicals zu Sailor Moon zu den bekanntesten Showacts der deutschen Szene gehören. Anfangs mimte sie dabei die Rolle der Sailor Venus, bevor sie später die Rolle von Sailor Moon selbst darstellte. Diese gilt auch heute noch als ihre Paraderolle – nicht nur durch Yume. Auch als Gesicht von Sailor Moon German und die CD-Veröffentlichung Sailor Pride bei Anime Records im Jahr 2015 erlangte sie Bekanntheit.

2016 reiste sie erneut als deutsche Vertreterin nach Japan – diesmal zum Haneda International Anime Music Festival. In der Folgezeit veröffentlichte sie sieben digitale CDs in der Reihe Haneda International Anime Music Festival Presents Desi sowie fünf gepresste in der Reihe GaniSong – Desi from Germany. Aktuell ist sie mit ihrem erstem Soloprogramm Inochi 2017 auf Tour.

 

Interview

Desis Alben

Teilzeithelden: Du hast ja bereits einige CDs veröffentlicht – werden demnächst noch weitere folgen?

Desi: Ja, aktuell nehme ich die nächste CD der GaniSong-Reihe auf. Diese wird einen anderen, sehr tanzbaren Stil haben, mit neu aufgelegten Anime-Songs.

Teilzeithelden: Die GaniSong-CDs sind außerhalb Japans nur via amazon.co.jp und auf Conventions erhältlich – wird sich das noch ändern?

Desi: Da sich mein Plattenlabel dort um den Markt besser kümmern kann, werden die CDs nur in Japan und nicht in Deutschland veröffentlicht. Sie arbeiten mit vielen internationalen Künstlern zusammen und bringen von diesen J-Pop-Artists aus der ganzen Welt CDs in Japan heraus – also das, was sich jeder Con-Sänger wünscht. Ich hatte das Glück, einen Vertrag bei ihnen zu bekommen, und das Plattenlabel kümmert sich um die Veröffentlichung. Sonst wäre es nahezu unmöglich, als europäischer oder westlicher Künstler einfach so im japanischen Markt Fuß zu fassen.

Desi während ihrer Inochi-Show auf dem Japantag
Desi während ihrer Inochi-Show auf dem Japantag

Teilzeithelden: Welche der CDs liegt dir dabei besonders am Herzen?

Desi: Ich mag aufgrund zwei bestimmter Lieder die dritte GaniSong-CD unglaublich gerne. Die beiden Lieder sind sehr nachdenklich, und ich verbinde persönlich viel mit ihnen. Das sind Sakurane, bei dem es um Vergänglichkeit geht, dargestellt durch die japanischen Kirschblüten, und Uninstall, das Opening des Animes Bokurano. Dieser Anime stellt sehr existenzielle Fragen. Ich mag solche Animes sehr gerne, mit denen man sich auch hinterher noch beschäftigt.

Teilzeithelden: Mit einem Plattenvertrag in Japan bist Du vermutlich oft dort?

Desi:Ich war letztes Jahr in Japan, dieses Jahr vermutlich einmal im Winter, um mich auch wieder mit dem Label zu treffen. Die ganze Arbeit mache ich aber von zuhause aus, sprich: ich habe mein eigenes kleines Tonstudio und schicke das Material dann online nach Japan. Dort wird es dann gemixt und direkt vertrieben. Ich muss also nicht nach Japan fliegen, um für ein japanisches Label zu arbeiten.

Teilzeithelden: Machst Du das inzwischen hauptberuflich?

Desi: Ich bin hauptberuflich eigentlich Studentin. Aktuell bin ich im Master-Studiengang Japanisch in Düsseldorf. Letztes Jahr habe ich bei einer Ausschreibung des animexx e.V. gewonnen, um Deutschland bei einem Anime-Konzert in Tokyo zu vertreten, wodurch ich an das Plattenlabel gekommen bin. Verdienen tu ich allerdings nicht so viel, als dass ich es hauptberuflich machen könnte – so etwas hat eine unglaublich lange Anlaufzeit, und gerade am Anfang investiert man mehr Geld als man wieder hereinbekommt. Zum Beispiel muss in Werbung investiert werden, und auch nicht alle Auftritte werden direkt bezahlt. Da muss man oft noch ordentlich feilschen mit den Veranstaltern. Davon leben könnte ich derzeit also auf jeden Fall nicht.

In der Szene

Teilzeithelden: Aber es geht ja auch um Spaß, und den hast Du ja auch noch nach der langen Zeit.

Desi: Ja, natürlich. Ich trete auf seit ich 12 bin, anfangs im schulischen Kontext, ab 16 dann auf den deutschen Convention-Bühnen – immer ehrenamtlich, bis ich dann im letzten Jahr angefangen habe das beruflich auszubauen.

Teilzeithelden: Wie schaust Du heute rückblickend auf deine Anfangszeit?

Desi: Ich habe vor kurzem noch alte Videos angeschaut – Auftritte, auf die ich damals unglaublich stolz war. Heute denke ich dabei Sachen wie „oh, falsche Atemtechnik“, „da klinge ich wie eine Ente“, „was mache ich da mit meiner Hand?“ oder „sie soll bitte aufhören“. Meistens kann ich mir das gar nicht lange ansehen, weil ich ständig etwas zu meckern habe. Aber ich bereue nichts davon, so wie ich generell eigentlich nie etwas bereue. Es gibt kein Richtig oder Falsch, sondern Entscheidungen die wir treffen, und im besten Fall lernen wir ja auch daraus.

Teilzeithelden: Wie sieht es hinsichtlich deiner anderen Projekte abseits des Soloprogramms aus?

Desi: Bis letztes Jahr war ich bei Yume und Sailor Moon German tätig, aber ich habe im Herbst alles abgegeben, um mich voll auf Inochi konzentrieren zu können. Die Harmoonics gibt es noch, aber wir machen aktuell nichts, da jeder von uns gerade seinen eigenen Sachen verfolgt. Jeder von uns dreien ist so involviert in Solo- und anderen Projekten, dass wir es auch nicht schaffen zu proben. Das ist zwar schade, aber wir sind privat weiter alle sehr gut befreundet.

Psst! Es gibt tatsächlich bereits ein neues Projekt, an dem Desi und Dominik Schirach (bekannter als Yukiya) derzeit arbeiten: PAM. Dies steht für The poet and the muse und wird aus komplett eigenen Songs bestehen – sowohl von den Texten als auch den Melodien, so dass Auftrittsuploads und das Herausgeben oder veröffentlichen der Lieder lizenzrechtlich unproblematisch sind. Aufgenommen wird im bereits genannten Heimstudio, und das erste Lied ist auch bereits fertig, und konnte von uns angehört werden. Mit etwas Glück wird man schon in diesem Jahr die beiden erstmals mit ihrem neuen Projekt in der Öffentlichkeit erleben können.

Inochi

Teilzeithelden: Stichwort Inochi. Aktuell trittst Du damit erstmals als Solokünstlerin mit eigener Tour auf – ist dieser Schritt etwas Besonderes für dich?

Desi: Ja, sehr, ich wollte mich eigentlich zurückziehen von den Convention-Bühnen. Die letzte Tour sollte dabei etwas Besonderes sein und widerspiegeln, was ich in all den Jahren in der Szene – fast 15 Jahren – mitgenommen habe. Die Anime-/Manga-Szene hat mir viel gegeben und ich wollte ein Stück schreiben über ein Wesen, dass in einer Welt ankommt die erst wieder aufleben muss. Es muss dabei lernen, wie mächtig Gefühle sein können – wie sehr sie einen runterziehen, aber auch wie schön sie sein können. Im Grunde ist das Inochi. Die Figur ist dabei komplett meinem Kopf entsprungen, genauso wie das Outfit. Das LED-Gerüst habe ich zusammen mit meinem Team umgesetzt, aber Stoffe, Perücke und Styling sind alle von mir.

Bei der Inochi-Bühnenschau handelt es sich um ein rund dreißig Minuten langes Programm, in dem mittels Videoeinspielern eine Handlung erzählt wird. Die ausgewählten Lieder, die vorgetragen werden, fügen sich dabei inhaltlich ein und treiben die Story fort. Um allen das Verständnis zu erleichtern, werden im Hintergrund mittels Video die Liedtexte parallel zum Gesang in Übersetzung angezeigt. Im Laufe der Schau trägt Desi zudem mehrere Kostüme beziehungsweise Variationen des Charakteroutfits. Die hier gezeigten Bilder entstammen dabei allesamt der Inochi-Show.
Desi während ihrer Inochi-Show auf der DoKomi
Desi während ihrer Inochi-Show auf der DoKomi

Teilzeithelden: Du sagst, Du wolltest dich „eigentlich“ nach einer letzten Tour zurückziehen – wie sieht es da aus?

Desi: Eigentlich hatte ich das vorgehabt. Doch ich denke, dass ich durch die vielen Auftritte mit Inochi vor allem begriffen habe, dass die Conventionszene ein essentieller Teil von mir bleiben wird und ich mich auch künftig weiterhin auf Bühnen bewegen möchte, dem Publikum etwas mitgeben will. Und vielleicht irgendwann auch außerhalb der Conventionszene? Wer weiß!

Teilzeithelden: Im Vergleich: Wie unterscheiden sich für dich die Soloauftritte gegenüber denen in Gruppen?

Desi: Mit einer Band ergibt sich eine gewisse Synergie. Wenn ich mit Saleia gesungen habe, dann habe ich mich meistens darauf konzentriert, dass unsere Stimmen miteinander harmonieren oder ich auf die Riffs von Dominik gesungen habe. Es ist ein Gefüge, wo man die meiste Zeit mehr auf die Bandmitglieder als auf das Publikum achtet. Mit Inochi wollte ich einen Schwerpunkt darauf legen, dass ich als Figur mit dem Publikum interagiere. Dass bisherige Feedback ist dabei sehr gut, gerade hinsichtlich der zusammenhängenden Story die erzählt wird.

Teilzeithelden: Ist es in gewisser Weise auch anspruchsvoller?

Desi: Nein, anspruchsvoller nicht. Es ist aber eine ganz andere Herausforderung, als Alleinunterhalter auf der Bühne zu stehen und spricht andere Arbeitsbereiche für mich als Musikerin an. Beides hat dabei Vor- und Nachteile.

Teilzeithelden: Was würdest Du dir wünschen, wie es weitergehen soll?

Desi: Wir haben uns noch für sehr viele weitere Bühnen in diesem Jahr beworben, da hoffen wir aktuell auf Zusagen. So ein Programm zu schreiben ist das Eine, aber es bringt nichts, wenn man es nicht aufführen kann. Ich wünsche mir, dass wir das Programm noch auf vielen Bühnen zeigen können. Wir haben uns dabei auch nicht nur bei Conventions und in Deutschland beworben, sondern auch bei einigen Streetfestivals, Messen und Jugendveranstaltungen. Ich denke, Inochi ist ein Programm, das über den Con-Bereich hinaus noch andere Zielgruppen anspricht. Auf der Leipziger Buchmesse hat das auch sehr gut funktioniert und wurde bei der ARD über Twitter auch gelobt.

Teilzeithelden: Und wie äußert sich der Einfluss deiner 15-jährigen Szenezeit innerhalb des Programms?

Desi: Na, schau mal. Ich war damals noch klein, mit 14 Jahren, und zum Beispiel die Cosplay-Szene war auch noch richtig klein und familiär. Ich habe gesehen, wie die Szene riesig groß geworden ist. Heute ist es nicht mehr so, dass jeder jeden kennt. Ich treffe heute kaum so viele Leute, wie zu damaligen Zeiten. Das liegt vor allem daran, dass man sich in den Massen an Menschen meist übersieht.

Aber zurück zur Frage. Damit aufzuwachsen, das in sich aufzunehmen, ein Stück weit mit zu verändern und zu prägen – das hat mir auch für mein privates Leben viel gegeben, und jetzt möchte ich diese Erfahrung weitergeben. Weil ich sagen möchte: Mensch Leute, jetzt sind wir hier – nutzen wir diese Zeit und schauen uns dieses Leben an. Es kann unglaublich kompliziert sein, es kann uns auf den Boden der Tatsachen werfen, und vielleicht möchten wir dann auch nicht mehr aufstehen. Aber es lohnt sich, immer wieder. Diese Szene hat mir gezeigt, dass man jederzeit mit Tiefschlägen rechnen muss, und nicht mehr aufstehen möchte. Aber dann trotzdem den Biss haben sollte, es zu tun, und sei es nur für einen selbst. Zurück ins Licht, weil das Leben etwas Schönes und lebenswert ist. Das möchte ich den Leuten mitgeben, denn das ist, was ich in den 15 Jahren gelernt habe, wenn ich es auf eine Quintessenz herunterbrechen müsste.

Teilzeithelden: Gibt es noch etwas, was Du gerne mitteilen möchtest?

Desi: Ich habe ja das Glück, in Japan CDs zu veröffentlichen. Aber das wäre alles nicht möglich gewesen, wenn ich nicht so starke Unterstützung in Deutschland gehabt hätte. Wenn mir nicht Leute auf die Schulter geklopft und gesagt hätten „wir glauben an dich“, „bewirb dich“, „mach weiter auf der Bühne“. Einfach nochmal ein Dankeschön an alle, die auf der bisherigen Reise dabei waren. Und eine herzliche Einladung an alle, die noch dabei sein wollen. Mal schauen, wohin die Reise noch gehen mag!

Teilzeithelden: Da sind wir auch gespannt. Vielen Dank für deine Zeit!

Artikelbilder: Michael Fuchs

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