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Eine Nerf in einem Fantasy-LARP, die nicht unpassend aussieht? Das ist möglich! Mit einem Umbau zu einem spätmittelalterlichen Faustrohr. So lässt sich ein Dartblaster gut als Fernkampfalternative zur Armbrust oder Bogen verwenden. Das eröffnet Möglichkeiten, die es mit bisherigen Larpwaffen nicht gab. Es ist sicherer und die Munition ist günstig.

Fernkampf im Fantasy-LARP für Nicht-Magier beschränkt sich im Wesentlichen auf das Benutzen eines Bogens oder einer Armbrust. Manchmal fliegen auch Wurfdolche oder andere Wurfwaffen. Shuriken oder auch einfache Steine kommen dann zum Einsatz. An sich ist gegen schwer gepanzerte Gegner, zum Beispiel einen Ritter in Vollplattenpanzer, tatsächlich ein Sack voll Steine das effektivste Mittel. Denn in den meisten Regelwerken heißt es: Ein Treffer ist ein Treffer.

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Dabei ist gemeint, dass es keine Rolle spielt, was die treffende „Waffe“ ist, auch wenn in der Realität ein Holzstab eine Rüstung einfach nicht durchdringen würde. Selbst ein Schwert vermag dies nicht, und aus diesem Grund gibt es die Technik des Halbschwert-Kampfes oder auch die, das Schwert an der Klinge gefasst als improvisierten Streitkolben zu verwenden um eine Rüstung zu durchschlagen oder zumindest stark zu beschädigen. Im LARP kann man also auch mit Erfolg einen Gegner steinigen … leider findet dieses Spielangebot oft nur wenige Freunde unter den Vollplattenträgern. Wird aber ein solch schwer gerüsteter Gegner mit einer Kanone beschossen, sieht das schon anders aus. So kommt das Faustrohr ins Spiel, das wir im Nachfolgenden herstellen wollen. Dabei testen wir auch, welche Konfiguration und Modifikation am besten funktioniert.

Vielen Dank an Blasterparts für die freundliche Zurverfügungstellung der verwendeten Nerf Mega Bigshock und Konverter-Hülse.

Wer sich einen solchen Umbau selbst nicht zutraut, aber dennoch gerne eine hochwertigere Version eines Faustrohres haben möchte, kann sich an die Erfinderey wenden. Dort kann man wirklich schön gearbeitete Faustrohre kaufen. Der Erfinder der Konstruktion war es leid, immer wieder zu hören, dass man einen Dartblaster nicht ins Fantasy-LARP bringen könne. Er bewies das Gegenteil! (Werbung, unaufgefordert, unbezahlt)

Vorteile gegenüber anderen Fernkampfwaffen im LARP

Bedenkt man die Preise für IDV-Pfeile oder Armbrustbolzen, ist ein original Nerf Elite-Pfeil mit 20 Cent und ein Nerf Mega-Pfeil mit etwa 40 Cent einfach unschlagbar im Preis-Leistungsverhältnis. Gerechnet wurde hier mit den Original-Nerf-Produkten und nicht mit den deutlich günstigeren China-Klonen. Sollte am Faustrohr mal etwas kaputt sein, lässt sich jedes Teil günstig austauschen und man kann wirklich alles selbst reparieren.

Der Umbau zum Faustrohr

Mehr braucht es nicht zu Beginn
Viel mehr braucht es nicht zu Beginn

Das benötigte Werkzeug sind eine Heißklebepistole mit Kleber und ein Akkuschrauber mit einem Bohreraufsatz und passenden Holzschrauben. Im Beispiel wurden 3mm-Schrauben verwendet. Eine Metallsäge oder ein Dremel mit Trennscheibe kommt zum Auseinandersägen der Nerf zum Einsatz. Mit der Säge funktioniert es etwas besser. Für das Holz braucht man einen Beizpinsel und Beize, außer man möchte sein Faustrohrholz hell belassen. Schleifpapier in zwei bis drei Körnungen zum Abschleifen des Holzes sollte man auch zur Hand haben.

Empfehlung: 180er-, 400er- und 800er- Körnung. Natürlich kann man das Holz auch ungeschliffen lassen, jedoch fühlt es sich nach einem soliden Schliff einfach besser an. Im Beispiel wurde mit einer 180er-Körnung begonnen und mit einer 400er abgeschlossen. Zum Schluss braucht man eine Blechschere. Eventuell braucht man zum Entgraten noch ein Bastelmesser.

Die Einzelteile für die kleine Kanone bekommt man ebenfalls im Baumarkt. Ein PVC-Rohr mit Anschluss gibt es bereits in der Ideallänge von 31,5 cm und einem Durchmesser von 4 cm. Dazu passend nimmt man sich noch eine Rohrisolierung mit. Diese muss genau ins Rohr passen. Mit dem PVC-Rohr geht man in die Holzabteilung und sucht ein Vierkantholz in der gleichen Breite sowie einen Holzstab mit etwa 10 mm Durchmesser. Aus der Metallabteilung bekommen wir das letzte Teil: ein kleines Alublech. Die Ausmaße einer A4-Seite reichen völlig aus. Daraus schneidet man zwei Metallspangen für das Kanonenrohr, um es fest mit dem Holz zu verbinden. Dabei sollte man beide etwa 3 cm breit schneiden.

Nerf Mega Bugshock © Blasterparts
Nerf Mega Bugshock © Blasterparts

Die Nerf Mega Bigshock muss erst einmal auf verschiedene Weisen angepasst werden. Sägt zuerst das T-Stück zum Nachladen ab. Schraubt nun den Blaster unten auf und zieht alles aus dem Zylinder. Sägt nun möglichst nah an der Basis den Rest des orangefarbenen Ladehebels ab.

Sägt den Abzugsschutzbügel direkt am Lauf und am Winkel ab. Direkt an der Zylinderengstelle sägt ihr den Blaster gerade ab, ebenfalls direkt am Anfang des Laufes. Jetzt habt ihr einen abgesägten Lauf und den offenen Zylinder. Reinigt den Zylinder und entgratet alle unsauberen Stellen mit einem Bastelmesser. Der Luftbegrenzer (Air Restrictor) ist jetzt beim Absägen herausgefallen und nicht mehr nötig.

Demontiert und angepasst
Demontiert und angepasst

Der folgende Teil ist der schwierigste! Man muss den Lauf gerade auf den Zylinder kleben. Hier kommt der Heißkleber ins Spiel. Mit leicht abgekühltem Kleber lässt sich der Lauf immer noch ein wenig ausrichten. Benutzt genug Kleber, um den Lauf absolut dicht auf dem Zylinder zu befestigen. Es darf kein Luftloch geben. Setzt nun die Feder wieder in den Kolben und beides in den Zylinder.

Verschraubt wieder alles. Mit dem Ladestab kann man den Dartblaster jetzt testweise durch den Lauf spannen. Es schadet nicht, ihn auch trocken abzufeuern. Dadurch, dass der Luftbegrenzer nicht mehr verbaut ist, hat der Blaster jetzt schon eine Leistungssteigerung, die allerdings durch den verlängerten Lauf im Kanonenrohr wieder geschmälert wird. Das macht aber nichts. Die Reichweite bei Mega-Pfeilen liegt im fertig umgebauten Faustrohr immer noch bei 13–15 m gerade geschossen. Die Bigshock ist jetzt bereit, in das Rohr eingesetzt zu werden.

Die Anpassung des Rohres
Die Anpassung des Rohres

Das PVC-Rohr muss zuerst für die Passgenauigkeit des Dartblasters eingeschnitten werden. Am besten hält man die Bigshock daneben und misst aus, wie weit die Aussparung gehen soll. Gemessen wird hier nur vom Blasterende bis zum Abzug. Von der ausgesägten Stelle etwa 5 mm schmaler von beiden Seiten und 30 mm tief misst man einen Kanal für den Abzug aus, siehe Bild unten. Ein Kuli und ein Lineal reichen hier zum Anzeichnen völlig aus. Der Nerf-Blaster muss vollständig im Rohr verschwinden.

Das Rohr lässt sich nun entweder mit der Metallsäge oder dem Dremel mit Trennscheibe bearbeiten. Ist die Aussparung für die Bigshock fertig ausgesägt und passt sie gut hinein, so platziert man das Rohr ohne Blaster genau so auf dem Kantholz, wie es später fest gemacht sein soll. Durch die Aussparung von oben kann man nun mit einem Akkuschrauber und einem Bohraufsatz ein Loch durch das Rohr und in das Holz bohren. Dort kommt bei der Endmontage eine Schraube zur Fixierung des Rohres rein. Damit der Dartblaster beim Laden nicht herausgeschoben wird, setzt man eine lange Holzschraube genau hinter den Blaster und versenkt diese nur zur Hälfte.

Fertig ist das Faustrohr
Fertig ist das Faustrohr

Das Kantholz einfach schleifen, dabei mit der groben Körnung beginnen und zur feineren Körnung wechseln. Anschließend eventuell dunkler beizen und trocknen lassen. Das Gleiche gilt für den Ladestab. Der Ladestab sollte nicht kürzer als 37 cm sein.

Nach der Lackierung klebt man mit Sekundenkleber ein Stück Hanfseil als Lunte an die Seite der Abzugsführung.

Zuletzt biegt man die beiden Alubügel um das Rohr und bohrt unten zwei Löcher für Schrauben durch das Metall in das Holz. Schrauben eindrehen, und es ist fertig.

Das Faustrohr lädt man wie folgt:

  1. Ladestab in den Lauf stecken und Runterdrücken, bis es klickt.
  2. Pfeil in den Lauf stecken.
  3. Mit dem Ladestab den Pfeil bis zum leichten Widerstand weiter in den Lauf schieben.
  4. Aus der Hüfte oder von der Schulter aus feuern.

Hier nochmal alle Schritte in der korrekten Reihenfolge

 

Der Kanal für den Abzug
Der Kanal für den Abzug

Lackierung

Bei diesem Nerf-Mod ist die Lackierung sehr schlicht und daher auch schnell erledigt. Wie immer muss man zunächst die zu lackierenden Teile fettfrei bekommen. Das funktioniert sehr gut mit Silikonentferner aus dem Baumarkt. Bei diesem kleinen Blaster wird nicht empfohlen, ihn völlig auseinanderzunehmen und nur das Gehäuse in Spülmittel einzulegen. Diese Methode ist bei großen Blastern zum Lackieren geeignet, doch nicht bei der Bigshock. Da es immer noch von einigen Leuten propagiert wird, die Blaster abzuschleifen, sei geschrieben, dass das zwar auch fettfrei macht, aber in keiner Art und Weise die Lacke besser haften lässt und es dazu noch eine zeitaufwändige Maßnahme ist.

Spart euch die Zeit. Vor allem darf man nach dem Schleifen den Blaster mit blanken Fingern nicht mehr berühren, sonst ist es hinfällig. Generell empfehlen sich hier Haushaltshandschuhe. Im Zuge des Umweltschutzes sollten keine Einweghandschuhe verwenden sondern Mehrweg-Haushaltshandschuhe. Diese kann man immer wieder beim Basteln und Lackieren verwenden.

Nachdem das Rohr und der Blaster fettfrei gemacht wurden, kommt der Lack drauf. Im Beispiel wurden die Teile mit Silikonentferner abgerieben.

Ein Kanonenrohr ist meistens einfach nur schwarz, doch da keine Farbe ewig hält und man während eines LARPs eher nicht zum Nachlackieren kommt, empfiehlt es sich, das Kanonenrohr schwarz zu grundieren und es mit Silber trockenzubürsten oder einige Male einem silbernen Sprühnebel auszusetzen.

Als Lack eignet sich entweder einer mit haftgrundierender Wirkung gut oder – noch besser – Graffiti-Farbe. Diese ist billiger als andere Lacke und dafür gemacht, auf jeder Oberfläche unter allen Umständen zu überdauern. Ansonsten ist Auto-Basislack zu empfehlen, da dort bereits eine Haftgrundierung im Lack enthalten ist. Hier wurde mit Belton Molotow-Graffiti-Farbe in schwarz grundiert und mit Acrylfarbe in Trockenbürsttechnik etwas Silber aufgebracht (Jolt-Version des Faustrohres, siehe Bild unten). Die Bigshock wurde einfach nur mit Belton Molotow schwarz grundiert. Zum Schluss kann man mit Klarlack den Grundierungslack und/oder die drüber gebürstete Farbe schützen. Das glänzende Finish wirkt auch authentischer.

Beim Klarlack ist jedoch Vorsicht geboten, da einige Lacke sich nicht vertragen, sich dann alles unschön zusammenzieht und man alles abschleifen und von vorn beginnen muss. Also testet zunächst am Boden des Rohres, ob alles passt. Auch bei gleichem Hersteller und gleicher Produktlinie kann es mal nicht passen. Explizit abzuraten ist in diesem Zusammenhang von Plasti Kote-Lacken.

Nachdem das Rohr und die Nerf Bigshock getrocknet sind, kann es weitergehen. 

Links Nerf Jolt, Mitte und Rechts Nerf Bigshock
Links Nerf Jolt, Mitte und Rechts Nerf Bigshock

Etwas zur Munition

Gerade bei Dartblastern gibt es dank vieler chinesischer Klone und Billigvarianten etliche unsichere Schaumstoffpfeile. Die teuersten Pfeile sind die des Marktführers Nerf. Ein Elite-Pfeil kostet heruntergerechnet 19 Cent, ein Mega-Pfeil in etwa das Doppelte. Die Originale kann man sehr leicht erkennen: Am Gummikopf ist immer ein Buchstabe angebracht. Kein Off-Brand-Pfeil hat das. Man sollte darauf achten, da es gerade bei den Großpackungen aus China, erhältlich über Amazon, Ebay, Wish etc. in Gebinden von 200 Stück aufwärts, beinahe ausschließlich um Hartkopf-Pfeile geht – also genau die Art von Projektilen, die niemand an den Kopf bekommen will. Für LARP-Zwecke sehr ungeeignet.

Bei Mega-Pfeilen verhält es sich anders. Hier kann man bedenkenlos die China-Versionen benutzen, alle erhältlichen Köpfe sind weich und gut biegsam. Auch bei den Rival-Bällen ist es so. Generell ist die Rival-Munition die sicherere, da der gesamte Ball aus verformbarem Schaumstoff besteht und eine höhere Auftreffzone hat als die Pfeilpendants. Somit verteilt sich die auftreffende Energie auf eine größere Fläche. Also sind auch die China-Klone der Rival-Bälle zu empfehlen, da sie genauso gefertigt sind. 

Verschiedene Modifikationsmöglichkeiten

Zunächst kann man nicht nur die Nerf Mega Bigshock sondern auch die Nerf Elite Jolt oder die Nerf Elite Snapfire für den Bau eines Faustrohres verwenden. Da es keine sinnvolle Tuningfeder für  diese Blaster gibt, bleibt das Leistungsmodding des Blasters ziemlich beschränkt. Auf verschiedenen Portalen werden 9-kg-Federn für Jolt und Bigshock angeboten … lasst es! Diese Federn sind so stark, dass sie kaum einzubauen sind und nach einigen Schuss den Blaster sprengen. Den Pfeil verreißt es außerdem nach einigen Metern oft in der Flugbahn, so dass man nichts trifft. Darum kommt die Bigshock ins Spiel. Dieser Mega-Blaster kann mittels einer Konverterhülse umgerüstet werden, so dass er die deutlich kleineren Elite-Pfeile verschießt – und dies in einem Blaster der Mega-Reihe mit erheblich mehr Druck!

In der Bigshock ohne Konverterhülse können auch Nerf Rival-Bälle verschossen werden. Diese haben allerdings nur 4 m Reichweite, wenn man das Faustrohr angewinkelt abfeuert. Aber es geht! Vorsicht ist dabei aber auch geboten: Man sollte den Ball nicht zu tief in den Lauf schieben, da er sonst nicht mehr herauskommt, ohne dass die Nerf aus dem Rohr geschraubt werden muss. Wenn man einen kleinen Widerstand mit dem Ladestab spürt, reicht das völlig.

Wird eine Konverterhülse in die Bigshock eingesetzt, ist es ein bisschen Fummelarbeit, einen Nerf Elite-Pfeil durch das Kanonenrohr in den Lauf zu bekommen. Hier lohnt es sich, eine Art Trichter aus dem Rest der Rohrisolierung zu schneiden und vor dem Lauf anzubringen.

Generell beeinträchtigt jede Art von Laufverlängerung eine Reichweiteneinbuße, außer der Lauf ist so breit im Durchmesser, dass er nur kosmetischem Zweck dient. Mit der Konverterhülse erreicht man auch gerade geschossen ohne Schwierigkeiten 18 m.

Fazit

Das Nerf Mega Bigshock-Faustrohr ist selbst mit geringen handwerklichen Kenntnissen gut herzustellen. Lediglich wenig Werkzeug ist dafür nötig. Der Dartblaster passt als Umbau gut ins Fantasy-LARP, und die Munition ist sicherer und deutlich günstiger als Armbrustbolzen und Pfeile.

Alles kann man im Falle eines Falles sogar selbst reparieren und/oder austauschen. So lässt sich eine mittelalterliche Schusswaffe ins LARP bringen, die so bisher noch keine große Verbreitung findet. 

Fotografien: Marc Baecker
Titelbild-Hintergrund: Doppelpistole mit Radschloss (Faustrohr) – 
Kunsthistorisches Museum

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