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Hasbros Tochterfirma Nerf startet eine neue Dartblaster-Produktreihe mit Nerf Ultra. Dabei kommt nun Munition zum Einsatz, die nicht mehr von anderen Herstellern kopiert werden können soll und die eine Reichweite von 30 Metern verspricht. Marc hat sich dieses neue Kaliber des Marktführers für uns näher angesehen.

Seit Beginn der Nerf N-Strike-Reihe erlebte der begeisterte Dartblaster-Anwender öfter die Einführung von neuen Produktreihen mit teils völlig anderer Munition als dem mittlerweile traditionellen Nerf Micro Dart. Heute ist dieses Kaliber der Standard, auch für andere Anbieter von ähnlichen Blastern wie zum Beispiel Buzzbee und Zuru. Mit der Nerf Mega-Reihe führte Nerf sein ursprüngliches Kaliber wieder ein.

Es gab auch die nicht sehr langlebige Produktreihe Vortex. Diese Blaster verschossen kleine Schaumstoffscheiben anstelle der klassischen Schaumstoffpfeile. Als Nächstes wandte sich Nerf mit der Rival-Linie wieder etwas ganz anderem als Pfeilen zu. Bei Rival-Blastern wird mit Schaumstoffbällen geschossen, und diese Blaster haben erheblich mehr Feuergeschwindigkeit als die klassischen Konkurrenten.

Deshalb richten sie sich auch an eine deutlich ältere Zielgruppe als die N-Strike oder N-Strike Elite-Dartblaster. Die Nerf Elite-Reihe mit diversen Unterkategorien wie Doomlands, Modulus und Zombiestrike bleibt nach wie vor die am meisten verkauften Blaster überhaupt. Jedoch wurde bisher jede Munition von Anbietern aus Fernost zu derart günstigen Preisen vertrieben, dass Nerf dies wohl mit der neuen Reihe ändern möchte. Abgesehen davon verspricht der Hersteller eine Reichweite von 30 Metern und mehr. Was ist da dran?  

Das neue Kaliber

Anders als alle bisherigen Nerf- und Drittanbieter-Pfeile (Darts), -Scheiben (Discs) und -Bälle (Balls) kommt hier nicht der übliche weiche Schaumstoff zum Einsatz, sondern ein deutlich härterer. Die bisherigen Elite- und auch Mega-Darts konnte man biegen und darauf treten, und sie ließen sich dennoch weiter benutzen, wenn auch nicht mehr so gut. Die Ultra-Darts brechen beim Biegen einfach mit einem Knacken in zwei Teile.

Der Nerf Ultra-Pfeil wiegt 1,43 Gramm und ist damit schwerer als sein etwa 1 Gramm leichter kleiner Bruder, der Elite Dart. Zum weiteren Vergleich: Ein Mega Dart wiegt 2,54 Gramm. In der Größe liegt ein Ultra-Dart zwischen Elite und Mega-Darts. Er ist beinahe so dick wie ein Mega-Dart, aber dafür wenige Millimeter kürzer als ein Elite-Dart.

Die angegebene Aerodynamik ist lediglich optisch vorhanden. Die angedeuteten Finnen am Dartende erzeugen keine stabilisierenden Eigenschaften. Dennoch erzielt man damit eine präzisere Gruppierung auf einem Ziel als mit Elite-Darts … doch wirklich jeder Dart ist präziser als der Standard-Elite-Dart.

Die Produktreihe der Ultra Blaster verfügt über eine Art DRM (Digital Rights Management). Dies bedeutet, dass die Blaster erkennen, ob ein Nerf Ultra-Dart eingelegt ist oder ein etwaiger Klon. Die Blaster sollen also ausschließlich mit original Nerf-Munition funktionieren.

Außerdem ist die Munition die bisher teuerste, die man kaufen kann – selbst von Nerf.

Übrigens wird die Nerf Ultra One in Deutschland etwa 55 Euro kosten. Ob wir eine leistungsgedrosselte Version bekommen, wie bei den Elite-Blastern, ist aufgrund der langsamen Ergebnisse im Schusstest der US-Version eher unwahrscheinlich.

Etwas zur Reichweite

Da es aktuell nur einen Blaster gibt, die Nerf Ultra One, lässt sich nur eine eingeschränkte Aussage zur Schussreichweite treffen. Dennoch ist diese stichhaltig. Nerf verbaut als einziger Hersteller diverse Sperren in seine Blaster. Das war schon in der N-Strike-Linie so und setzt sich mit der Elite und deren Unterlinien fort. Elektrische Dartblaster werden gedrosselt, federbetriebene mit schwacher Feder versehen. Die Modding-Gemeinschaft behebt dann diese Werkseinstellungen liebevoll, um die Dartblaster entsprechend aufzuwerten. Dazu muss es jedoch einige Grundlagen geben – und das ist das Dart-Design. Stimmt es hier nicht, werden die Darts von modifizierten Dartblastern einfach nach ein paar Metern Flug verrissen.

Aussagekräftig für ein gutes Potenzial sind hier die FPS (Feet per second). Und die Ultra-Darts fliegen mit 45 FPS im amerikanischen Modell der Ultra One. Das ist dermaßen enttäuschend, dass man sich fragt, warum diese Produktlinie überhaupt existiert. Zum Vergleich: Nerf-Raketen- beziehungsweise Granatwerfer schießen in etwa genauso schnell, und diese werden mit Muskelkraft betrieben. Sicherlich ist es nicht ganz gerecht, die großen Granaten mit dem viel kleineren und leichteren Ultra-Dart zu vergleichen, doch die Nerf Mega Bigshock und die Nerf Elite Jolt schießen mit etwa 65 FPS, und das sind die kleinsten Blaster der jeweiligen Reihen. Eine Nerf Elite Stryfe schießt mit 70 FPS die Darts aus dem Blaster (amerikanische Version, deutsche etwa 65 FPS).

Schon bei den Reichweiteangaben der Elite-Reihe merkte man schnell, dass sie nicht unbedingt stimmen. Deshalb wird es immer mit „bis zu“ angegeben, doch wann wurde in der Testphase des Herstellers jemals diese Distanz erreicht? Wie also will Nerf einen Dartblaster bauen, der so weit schießt, ohne dabei den bisherigen Kurs zu ändern? Die Rival-Serie ist klar für die Zielgruppe 15+ angegeben, doch die Ultra-Serie reiht sich bei der Zielgruppe der Elite-Produktlinie ein. Mit einem Dart, der so langsam und somit auch nicht weit fliegt wie der Ultra-Dart, ist ohne erhebliches Modifizieren (Modden)  nichts zu machen.

Eine Einschätzung der potenziellen Zielgruppe

Tatsächlich ist es aktuell schwer, zu schreiben, für wen die neue Produktlinie entwickelt wurde. Welche Zielgruppen, abgesehen vom Alter, gibt es und was wollen sie?

Zuerst kommt der Nerf-Liebhaber jeden Alters, der jeden Blaster besitzen möchte. Hier handelt es sich jedoch im Vergleich zu den anderen Gruppen um eine Minorität. Die Liebhaber werden sich also die neuen Blaster kaufen. Doch das taten sie auch schon bei bereits ausgestorbenen Reihen wie der Nerf Vortex. Also fallen sie nicht ins Gewicht.

Kinder sind die klassische Zielgruppe. Sie kümmern sich nicht um Aufwertungen und haben davon an sich auch keine Ahnung. Das Spielzeug muss nur cool aussehen und etwas verschießen können, das entweder im Gesicht der Eltern, des besten Freundes oder in Mutters hässlicher Blumenvase landen kann. Auch wenn sie nur mit Schaumstoff schießen, sieht dieser wie eine Rakete oder Granate aus, und die zielgruppeneigene Imaginationsbox zwischen den Ohren erzeugt die nötigen Geräusche und Bilder. Ist der Blaster ansprechend und erinnert an eine wirklich übertrieben effektive Waffe mit viel Bums dahinter, so will sie ein Kind sicher. Dazu kommt noch die Vorstellungskraft der Kleinen.

Larper: Sie kaufen sich Dartblaster im Wesentlichen unter den Fragestellungen, ob man den Blaster gut umbauen (modden) kann, so dass er nach einer echten Waffe aussieht (optisches Modding), und wie effektiv er ist. Sofern nicht in den jeweiligen Regeln verschiedene Munitionstypen verschiedenen Schaden ausrichten, ist die Nerf Ultra-Reihe ebenso belanglos für die Larp-Welt wie es schon Nerfs Vortex gewesen ist.

Kommen wir zu den Nerf-Moddern. Es gibt natürlich Modder, die sich die Blaster für ausgefeilte Umbauten kaufen werden. Die Szene besteht aus Leuten, die einen Blaster mit neuer Munition als Herausforderung sehen. Als die Nerf Mega Centurion herauskam, bauten viele Modder sie auf Elite-Dart-Kaliber um. Auch Rival-Blaster waren vor solchen Umbauten nicht sicher. Die Mehrheit aller Modder bleibt jedoch der Elite-Reihe treu. Gibt es doch die bereits besten Blaster – nämlich die Dartblaster – bereits. Nicht ohne Grund ist die Nerf Elite Stryfe der beliebteste Blaster überhaupt. Er ist wegen seiner Vielseitigkeit das Nonplusultra. Ob sich da die Ultra-Reihe etablieren können wird, ist eher fraglich.

Gelegenheits-Nerfer bilden hier auch noch eine Zielgruppe. Sie können Larper oder Nicht-Larper sein, die zum Hobby mit Dartblastern geführt werden. Somit kaufen sie sich mehr oder weniger überlegt einen oder zwei Blaster. Wenn die Ultra-Reihe bei den anderen Gruppen gut ankommt, werden sie sich auch Blaster dieser Reihe zulegen, sonst angesichts des Preises eher nicht.

Der Preis wird jedoch sicher in fast jeder potenziellen Zielgruppe zum Nachdenken über die Kaufentscheidung anregen, und die Ultra-Darts sollen schließlich die einzige Munition sein, die man mit den Blastern der Ultra-Serie verschießen kann. Also muss man die teuren Darts kaufen oder doch wieder mit Elite- oder Rival-Blastern spielen.

Fazit

Die neue Produktlinie von Nerf findet sicher ihr Publikum, auch wenn es eher ein eingeschränktes sein wird. Die versprochene Präzision wird nicht erreicht, und auch die Reichweite von mehr als 30 Metern nicht. Es bleibt abzuwarten, welche Blaster in der Nerf Ultra-Reihe noch entwickelt werden.

Doch aktuell ist die Zielgruppe dieser Linie noch unklar, und das ganze Produkt wirkt hastig auf den Markt geworfen und etwas unausgereift. Entgegen anderer Meldungen muss man sich auch keine Sorgen machen, dass es nur noch Nerf-Dartblaster mit Kopierschutz geben wird. Dazu ist der Absatz von Elite und anderen Blastern zu hoch, und abgesehen davon gibt es noch andere Anbieter als Nerf selbst.

Artikelbilder: © Hasbro

1 Kommentar

  1. Habe den Blaster gestern von Amazon* geliefert bekommen. Bin doch sehr ernüchtert von der Leistung, selbst mit stärkeren Batterien. Präzision der Darts auch nur so-la-la. Habe aber bislang aber auch nur drinnen geschossen. Ob sich das durch entfernen eines etwaigen Widerstands und ähnlichem Modding ändern lässt muss sich zeigen. Leider ist die Ultra-One auch auch nur halbautomatisch, was schade ist. Habe mich darüber im Vorfeld nicht wirklich informiert. Gut, macht aber auch Sinn, wenn das Magazin fest verbaut ist. Trotzdem

    Aber mal angenommen die Reihe kommt gut an und die Produktlinie exisitiert ein paar Jahre: Gib „dem Chinesen“ ein Viertel- bis halbes Jahr und das Thema teure DRM Darts ist sicher auch vom Tisch und auf ebay wirds von billigen China-Darts nur wimmeln

    Was lustig ist. Obwohl bei amazon.fr bestellt ist das Versandzentrum für so ziemlich ganz Europa ja trotzdem in DE. Das dick und fett „nicht in Deutschland zum Verkauf“ steht hat keinen interessiert. Warum der so in DE aber nicht verkauft werden darf ist mir aber ein Rätsel.

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