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Der Weltraum, unendliche Weiten… Und unendliche Möglichkeiten. Drop Drive bietet davon eine ganze Menge! In dem Sonnensystem, in dem Drop Drive spielt, tummeln sich Piraten, werden Rohstoffe gesammelt und verkauft, Passagiere befördert und vieles mehr. Der gelungene Nachfolger von Dungeon Drop kann so einiges mehr als sein Vorgänger.

Selbstbewusst wirbt Phase Shift Games mit dem Satz: „Instant Space… Infinite Possibilities!“ und beschreibt Drop Drive als Sandbox-Game. In dem Sonnensystem, in dem Drop Drive spielt, gibt es tatsächlich einiges zu tun. Man sammelt Asteroiden, um diese gewinnbringend zu verkaufen, transportiert Passagiere und erhält außerirdische Proben. Außerdem gibt es Piraten, die den Spielenden das Leben schwer machen. Wer nun ob der vielen Möglichkeiten erwartet, dass das Spiel äußerst kompliziert ist, der irrt sich. Ähnlich wie Dungeon Drop, ist das Spiel sehr zugänglich und eines sei vorweggenommen: Wem Dungeon Drop gefallen hat, wird Drop Drive lieben!

Triggerwarnungen

„keine typischen Trigger“

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Spielablauf

Das Spiel ist schnell aufgebaut. Die Sonne wird in die Mitte der hexagonalen Spielfläche platziert und die Spielmaterialien auf die Spielfläche geworfen. Nun sind alle Planeten, die Wrackteile, Treibstoffcontainer und Asteroiden im Sonnensystem verteilt.

Sonnensystem nach Spielaufbau

 Alle bekommen ein Raumschiff, einen Piraten und einen sechsseitigen Würfel. Danach werden die Raumschiffe der Spielenden auf den farblich passenden Planeten platziert.

Besonders gut gelungen sind die individuellen Raumschiffe, die aus zwei Karten für Bug und Heck zusammengesetzt werden. Die Bugkarte zeigt an, wo das Schiff bei Aktivierung des Drop Drive in das Spielfeld geworfen wird, und den Kampfbonus, der bestimmt, wie stark das Schiff ist. Auf der Heckkarte findet man den Erkundungsbonus und den Raketenantriebswert, welcher festlegt, wie weit das Schiff mit dem Nav Tool bewegt werden kann.

Das Nav Tool ist eine Besonderheit. Mit der aus einzelnen Gliedern zusammengesetzten Kette werden Flugbahn und Reichweite des Raumschiffes ermittelt. Der Raketenantriebswert des Schiffes bestimmt, wie viele Kettenglieder aneinandergereiht werden: Die Reichweite der Raumschiffe ist also ebenfalls individuell. Auch die Anzahl der Frachträume wird durch die Heckkarte angezeigt.

Beispiel für ein Raumschiff

Außerdem haben die Spielenden durch unterschiedliche Kapitänskarten individuelle Eigenschaften. Auf Grund dieser Individualisierungsmöglichkeiten hat Drop Drive einen sehr hohen Wiederspielwert.

Ein weiteres wichtiges Element sind die Erkundungskarten, von denen es drei unterschiedliche Typen gibt. Upgrades können direkt in das Schiff eingebaut werden, um dieses zu verbessern. Proben werden an die dafür geeigneten Plätze am Schiff angelegt. Sie dienen am Ende des Spieles als zusätzliche Siegpunkte. Passagiere können zu den ihrer Farbe entsprechenden Planeten befördert werden, damit man Sonderaktionen auszuführen oder Boni nutzen kann.

Die verschiedenen Kartentypen im Überblick

Eine Spielrunde läuft immer in drei Phasen ab: den Piraten aktivieren, den Drop Drive nutzen und per Raketenantrieb fliegen.

Wer an der Reihe ist, muss zunächst den Piraten aktivieren. Ist das Piratenschiff in der eigenen Farbe nicht im Spiel, muss dieses in das Spielfeld geworfen werden. Der Pirat sammelt immer die ihm am nächsten gelegene Ressource ein. Diese wird auf dem der Farbe des Piraten entsprechenden Planeten gelegt. Ist ein Raumschiff dem Piraten am nächsten, greift dieser an.

Nun kann man optional den Drop Drive aktivieren. Für das Aktivieren des Drop Drive ist ein Treibstoffcontainer notwendig, der im Frachtraum des Raumschiffes vorhanden sein muss. Ist dies der Fall, wird der Treibstoffcontainer wieder in das Spielfeld geworfen. Danach kann das Raumschiff aufgenommen und auf die Spielfläche geworfen werden.

Dann aktiviert man den Raketenantrieb. Das Nav Tool wird an das eigene Raumschiff angelegt, um zu bestimmen, wie weit und in welche Richtung das Raumschiff fliegen soll. Es bewegt sich dann am Nav Tool entlang bis zu dessen Ende. Die Bewegung kann man jedoch jederzeit unterbrechen.

Raumflug mit dem Nav Tool

Asteroiden, Treibstoffcontainer und Wrackteile, die in der Flugbahn liegen, müssen aufgesammelt werden. Sollte der Frachtraum voll sein, kann neue Fracht nur dann aufgenommen werden, wenn zuvor geladene abgeworfen wird.

Wenn Spielenden- oder Piratenraumschiffe in der Flugbahn sind, wird die Begegnung abgehandelt.

Zum einen kann man die Grußfrequenzen öffnen. Dann können beide Spielenden jeweils eine Ressource nehmen, die in der Nähe liegt. Dies gilt auch für die Begegnung mit einem Piraten.

Sollte man sich aber zum Kampf entscheiden und die Waffensysteme hochfahren, geht es zur Sache. Die Beteiligten werfen ihre sechsseitigen Würfel. Der Kampfwert des eigenen Schiffes wird hinzugezählt, und wer die höhere Zahl hat, gewinnt. Die Differenz zwischen den Ergebnissen ist der Schaden, den der Verlierer erhält. Danach muss pro erhaltenem Schaden eine Erweiterung im Schiff umgedreht werden. Diese sind erst wieder nutzbar, wenn das Schiff auf einem Planeten repariert wird.

Ablauf einer Begegnung.

Wenn man gegen einen Piraten kämpft und gewinnt, wird dieser vernichtet. Er geht an die Person mit der gleichen Spielfarbe wie der Pirat zurück. Als Belohnung für das siegreiche Gefecht kann man sich zwei Ressourcen aus dem Piratenhort nehmen, der Rest wird auf das Spielfeld zurückgeworfen.

Außerdem hat man die Möglichkeit, sich zu ergeben, sollte man angegriffen werden. Dann muss man an den Angreifenden eine Ressource aus dem Frachtraum abgeben. Sollte man nach der Bewegung im leeren Raum ankommen, endet der Spielzug.

Wenn ein Schiff am Ende der Bewegung einen Planeten berührt, kann man an diesem andocken.

Hat man einen Passagier an Bord, der zu dem entsprechenden Planeten möchte, kann dieser aussteigen. Dabei wird der Sondereffekt auf der Karte abgehandelt.

Eine Planetenkarte mit platziertem Verkaufsmarker

Je nachdem, wie viele Wrackteile man aus dem Frachtraum nimmt und auf das Spielfeld zurückwirft, kann man Erkundungskarten ziehen. Eine davon darf man behalten, den Rest muss man abwerfen. Upgrades können direkt in das Schiff eingebaut, Passagiere aufgenommen und Proben an das Schiff angelegt werden.

Auf jedem Planeten gibt es einen Markt, auf dem bestimmte Asteroiden verkauft werden können. Die Preise für die Asteroiden ändern sich dabei bei jedem Verkauf. Um dies festzuhalten, wird nach dem Verkauf das Preisfeld mit einem Verkaufsmarker abgedeckt und der nun sichtbare Preis zählt beim nächsten Verkauf. Die Preise gelten immer für jeden verkauften Asteroiden.

Bei Spielbeginn besteht die Möglichkeit, Planeten entweder als Homeworld oder als Edgeworld auszulegen. Sollte der Planet als Edgeworld ausliegen, besteht die Möglichkeit, die planetare Einrichtung zu aktivieren, was eine Extraaktion ermöglicht.

Wenn man die Oberfläche des Planeten erkunden möchte, kann man entsprechend des Erkundungswertes des eigenen Schiffes zuzüglich eventueller Boni eine Anzahl an Erkundungskarten ziehen. Von diesen Karten kann man wiederum eine behalten und muss den Rest abwerfen. Diese Karte darf sofort verwendet werden. Alternativ besteht die Möglichkeit, das Schiff zu reparieren. So können die beschädigten Erweiterungen umgedreht werden und stehen wieder zur Verfügung. Damit endet der Spielzug.

Sobald der letzte Verkaufsmarker auf eines der Marktfelder gelegt wurde, endet das Spiel. Dann kehren alle Raumschiffe automatisch auf den nächstgelegenen Planeten zurück, damit letzte Ressourcen verkauft oder Erkundungskarten genutzt werden können.

Danach kommt es zur Schlusswertung. Hier kommen die gesammelten Proben ins Spiel. Diese geben, je nachdem, was auf der Karte angegeben ist, zusätzliche Credits. So gibt es beispielsweise Karten, bei denen man für jede rote Probenkarte drei Credits erhält. Durch diese Wertung kann es am Ende spannend werden, denn wer die meisten Credits hat, gewinnt.

Zum Grundspiel kommen noch diverse Anomalien dazu, die es im Sonnensystem zu entdecken gibt. Das Besondere an den Anomalien ist, dass jede drei unterschiedliche Spielmodi hat, was zur Spieltiefe immens beiträgt. Da wäre zum Beispiel die Dyson-Sphäre. Im Modus Short-Range Scan wird nur einmal der Effekt auf der Anomalie abgehandelt. Beim Long-Range-Scan wird die Dyson-Sphäre aufgebaut, inem man sie um die Sonne legt.  Alle erhalten dann, sobald mit dem Schiff an einer der Versorgungspylonen der Sphäre angedockt wird, einen Marker, der wie ein Treibstoffkanister für den Drop Drive verwendet werden kann. Alternativ kann man sich aber auch dazu entscheiden, die Dyson-Sphäre direkt zu Spielbeginn aufzubauen. Und so funktionieren alle Anomalien.

Aufgebaute Dyson-Sphäre

Wenn man nun bedenkt, dass man inklusive der Erweiterungen 18 Anomalien erhält, ist der Wiederspielwert entsprechend hoch. Dabei ist freigestellt, wieviel Anomalien man wählt und in welchem Modus. Außer Empfehlungen in der Anleitung gibt es keine weiteren Vorschriften, welche Anomalien man wie verwenden soll, was typisch für ein Sandboxspiel ist. Ab dem zweiten oder dritten Spieldurchgang sollte man unbedingt mit den Anomalien spielen, um alles auszuprobieren und so das Sonnensystem stets anders zu gestalten.

Pick-up-and-Deliver ist in Drop Drive sehr gut in das gesamte Spiel eingebunden. Es macht Spaß, durch das Weltall zu düsen, Dinge einzusammeln und diese zu verwenden oder zu verkaufen. Durch die Proben kommt noch Set-Collection dazu, was in guter Eurogame–Manier für Spannung sorgt. Anhand des Spielablaufes ist außerdem zu sehen, wie viele Möglichkeiten das Spiel bietet, taktisch vorzugehen und so Siegpunkte zu generieren. Die Möglichkeit, andere Mitspielende oder die Piraten anzugreifen, verleiht dem Spiel zudem etwas Interaktion, welche man ansonsten schwer vermissen würde.

Ausstattung

Das Design des gesamten Spieles ist außerordentlich gut gelungen. Die Komponenten sind durchweg hochwertig. Allen, denen das Spiel gefällt, können wir die Deluxe-Materialien empfehlen. Die Nav Tools in individuellen Farben oder die Metall-Credits sind einfach schön und werten das Spiel um einiges auf. Die dazugehörige Spielmatte und die Deluxe-Barrieren sind ein Must-Have, denn die Wände, die dem Spiel beiliegen, sind zweckmäßig, aber doch etwas dünn.

Erweiterungen: Strange Signals und mehr

In der Erweiterung Strange Signals erhält man acht weitere Anomalien, bei denen das Nerd-Herz höherschlägt. Thematisch ist das Spiel ein Fest für jeden Science-Fiction-Geek. So beinhaltet das Erweiterungs-Set das so genannte Drop Gate oder den Wal aus Per Anhalter durch die Galaxis, welcher dem Spiel einen Schätz- beziehungsweise Rate-Mechanismus hinzufügt. Erwähnenswert ist auch das Furball Fiasco, das in seiner Mechanik durch Star Trek inspiriert wurde.

Die Anomalie Death Dodecahedron mit dazugehörigen Spielmaterialien

Außerdem ist die Erweiterungsbox praktischerweise groß genug, um alle bis jetzt erschienenen Erweiterungen unterzubringen. Genial, denn hier wurde mitgedacht!

Eine weitere, separat erhältliche Anomalie ist der Death Dodecahedron, einer Raumstation, die nach und nach anfängt, die Planeten im Sonnensystem zu vernichten. Wenn es nicht gelingt, die Raumstation aufzuhalten, endet das Spiel nach der Vernichtung des letzten Planeten vorzeitig. Der Kampf ist ungeheuer schwer, es sei denn, man findet die Baupläne, dann erhält man beim Würfeln satte Boni. Der Todeszwölfseiter besteht im Übrigen stilecht aus Metall.

Dies sind nur Beispiele für die diversen Erweiterungen, die alle dem Spiel deutlich mehr Spieltiefe verleihen. 

Die harten Fakten:

  • Verlag: Phase Shift Games
  • Autor*in(nen): Scott R. Smith
  • Illustrator*in(nen): Gong Studios
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Englisch
  • Spieldauer: 45 – 60 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 2 3 4 (5)
  • Alter: ab 8 Jahren
  • Preis: ca. 40 EUR (Grundspiel)
  • Bezugsquelle: Fachhandel

Bonus/Downloadcontent

Das Regelwerk kann hier heruntergeladen werden.

Es gibt einige Promokarten zum Spiel.

Fazit

Der Vorgänger Dungeon Drop hat in unserem Test bereits eine gute Bewertung erhalten, Drop Drive ist im Vergleich eindeutig das bessere Spiel. Obgleich es, ebenso wie sein Vorgänger, nicht sonderlich komplex ist, eröffnet es eine weit größere Menge an Handlungsalternativen. Vom Handel über die Jagd auf Piraten bis zum Suchen nach Anomalien oder dem Ausbau des eigenen Schiffes: Immer gibt es etwas zu tun. Der Mix der vielen Mechaniken wie Set Collection, Pick-up-and-Deliver und die variablen Spieler*inneneigenschaften ist äußerst gut gelungen. Die Anomalien bringen außerdem weitere Tiefe ins Spiel. Allein, dass jede Anomalie drei verschiedene Spielmodi aufweist, sorgt für sehr viel Abwechslung und damit für einen hohen Wiederspielwert. So bekommt man mit ihnen mehrere Spiele im Spiel, die man modular hinzufügen kann.

Der Preis ist das einzige große Manko. Der Einstiegspreis von 40 Euro ist zwar absolut in Ordnung, wer aber die Erweiterungen und Deluxe-Materialien, die Spielmatte und die Banden dazu haben möchte, landet schnell jenseits der 100 Euro. Da die Erweiterungen die Spieltiefe deutlich erhöhen und für den einen oder anderen Schmunzler sorgen, sind diese durchaus empfehlenswert. Spielmatte und Banden sind hingegen eindeutig ein Must-Have.

Alles in allem ist Drop Drive ein absoluter Hit! Drop Drive erhält 5 von 5 Anomalien.

  • Schneller Spielaufbau
  • hoher Wiederspielwert
  • leichte Regeln
 

  • Mit allen Erweiterungen sehr teuer

 

Artikelbilder: © Phase Shift Games
Layout und Satz: Andreas Hübner
Lektorat: Alexa Kasparek
Fotografien: Andreas Memmert

Dieses Produkt wurde privat finanziert.

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