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Larp lebt von Klischees – eine Faustregel, die wir alle kennen. Doch welche Klischees oder besser Stereotype gibt es überhaupt? Und welche bekannten Charaktere der Populärkultur eignen sich vielleicht als Blaupause? Diese Serie beleuchtet verschiedene Klassiker unter den Charakterklassen – und gibt Hilfestellung auf der Suche nach Inspiration.

Der Waldläufer oder die Waldläuferin ist ein Konzept, das so alt ist wie die phantastische Literatur.

Sie sind findig beim Fährtenlesen, Fern- oder Nahkämpfer*innen je nach Bedarf, manchmal Heiler*in oder Geheimagent*in. Aber auch ganz friedliebende Charaktere finden im Wald manchmal ihre Bestimmung. Ein Konzept also für alle, die den Allrounder unter den Rollen suchen.

Wie für die meisten gängigen Konzepte finden Spielende auch hier ausreichend Vorbilder, die sich als spirituelle Pat*innen anbieten. Sei dies für Spielende, die allein oder in einer Gemeinschaft das Abenteuer suchen oder auch solche, die sich da nicht so genau festlegen möchten.

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„Ich folge einer höheren Bestimmung!“ – Waldläufer*in als Solo-Konzept

Für Spielende, die sich gern tief in ein Charakterkonzept einarbeiten und es genießen, ihr Spiel auch nur mit sich allein auszumachen, kann dieser Typus des Waldläufers oder der Waldläuferin ein guter Startpunkt sein. Rätsel, Fährten und Plots, die eher Geduld als großes Schauspiel verlangen, bieten diesen Charakteren die Gelegenheit zu glänzen.

Auch wer schüchtern ist, und nicht gern im Mittelpunkt steht, aber tiefgehendes Spiel genießt, kann hier auf seine*ihre Kosten kommen – wichtig ist nur, sich bei aller Liebe zum Konzept selbst nicht allzu ernst zu nehmen. Die Linie zwischen Einzelgänger, der allein gut zurechtkommt, aber sich auch in das Spiel einbringt, und Eigenbrötler, der sich so wenig zugänglich zeigt, dass der Plot ihn bald abgehängt hat, ist zuweilen schmal. Ein Hintergrund mit Tiefgang ist gut, um diese Rolle auszufüllen, aber wie immer auch hier nur ein Hilfsmittel, um sich in die Rolle einzufinden. Kaum ein*e Mitspielende*r wird sich die Zeit nehmen, den*die mysteriöse*n Waldläufer*in aus dem Schneckenhaus zu locken, egal wer sich vielleicht hinter der schweigsamen Maske verbirgt. Wer in diese Falle tappt, wird schnell enttäuscht sein.

Deshalb ist es gut, sich für dieses Konzept mit Fähigkeiten auszustatten, die allen nützen können und diese entsprechend vorzubereiten, damit man an jedem Feuer ein gern gesehener Gast und in jedem Plot ein*e willkommene*r Teilnehmer*in ist. Wer sich auch im echten Leben ein wenig in Feld, Wald und Wiese auskennt, wird auch im Spiel besser als erfahrene*r Waldbewohner*in ernst genommen. Ein tiefer Respekt gegenüber der Natur verbindet dieses Konzept mit seiner Bestimmung, während er oder sie sich gleichzeitig des Nutzens von Flora und Fauna bewusst ist.

Welche Pflanze wofür? Auch das sollten Waldläufer*innen wissen. © Kruchenkova

Wer die eigenen Verbündeten auch heilen möchte, sollte sich im Vorfeld mit entsprechenden Kräutern, Wundversorgung und Nadel und Faden beschäftigt haben. Waldläufer*innen sind oft auf sich selbst gestellt, daher gilt der Grundsatz: „Hilf dir selbst, dann kannst du anderen helfen“.

Das beste Vorbild für diesen Allrounder ist zweifelsfrei Aragorn – ob Buch oder Film – oder beides als Inspiration dienen soll, bleibt den Spielenden überlassen. Lediglich von der Identität des lange verschollenen Thronerben lohnt es, Abstand zu halten.

„Ich folge meinen Befehlen!“ – Waldläufer*innen als Soldat*innen

Wer die Gemeinschaft sucht und sich in der kriegerischen Ausrichtung des Charakterkonzeptes wohler fühlt, wird sich innerhalb einer Gruppe gut einfinden. Denn auch die Armeen diverser phantastischer Hintergründe beschäftigen Waldläufer*innen in ihren Reihen. Eine solche Einheit ist diesem Typ Waldläufer*in Familie und militärische Struktur zugleich, sie bietet Gemeinschaft und eine gewisse Hierarchie. Für Spielende, die sowohl das Schlachtfeld als auch den Plot lieben, ist eine solche Gruppe der ideale Ausgangspunkt. Auch hier sollten einige der wichtigsten Fähigkeiten bereits im Vorfeld sitzen, um sie überzeugend darstellen zu können. Im Gegensatz zum einzelgängerischen Typ, der nach Möglichkeit bereits alles können sollte, was zum Überleben nötig ist, kann sich der Charakter hier auf die Gemeinschaft verlassen. In einer Gruppe ist Platz für Spezialist*innen und Grünschnäbel – niemand wird von einem*einer Rekrut*in erwarten, bereits das gesamte Repertoire zu beherrschen. Hier ist Platz für Heiler*innen, Fern- und Nahkämpfer*innen, Führungspersönlichkeiten und alle, die sich in der zweiten Reihe wohl fühlen.

Wer sich in dieser Spielweise wiederfindet, kann sich gut an Faramir und seinen Dunedain orientieren. Diese Verkörperung des Charakterkonzeptes zeichnet sich durch einen hohen Ehrenkodex aus, dem sie sich verpflichtet sieht. Bei aller Liebe zu allem was da kreucht und fleucht, sind diese Waldläufer*innen in erster Linie Soldat*innen.

Je nach Ausrichtung des gewählten Hintergrundes können Waldläufer*innen in dieser Ausprägung aber vom ehrenhaften Soldaten bis zur skrupellosen Söldnerin reichen.

„It’s a lifestyle!“ – Waldläufer*innen phantastischer Völker

Es gibt auch Charaktere, für die ein gewisses Maß an Waldläufertum nicht optional ist, sondern obligatorisch. Solche nämlich, die in ein phantastisches Volk hinein geboren wurden, das von Natur aus eine große Verbundenheit zu Wald und Natur besitzt. Wer sich in einer solchen Rolle dann der Profession des Waldläufers oder der Waldläuferin zuwendet, traut sich einiges zu. Denn ob Ork oder Waldelf, hier müssen gleich zwei Rollen ausgefüllt werden, die der eigenen Realität zumindest etwas fremd sein dürften. Erneut gilt, Vorbereitung ist alles. Wie die Verbundenheit des Volkes zur Natur aussieht, kann bereits stark variieren. Während elfische Waldläufer vielleicht mit den Bäumen per Du sind und sich auf spiritueller Ebene mit dem Wald und seinen Lebewesen verbunden fühlen, mag ein orkischer Waldläufer dem Ganzen wesentlich pragmatischer – und archaischer – begegnen, ohne den zarteren elfischen Berufskollegen an Fachwissen nachzustehen.

Wer im Wald aufgewachsen ist, hat ein anderes Verhältnis zu ihm als jemand, der die notwendigen Fähigkeiten erst im Erwachsenenalter erlernen musste.

Daher ist für diese Ausrichtung auch das Erarbeiten des entsprechenden Fachwissens etwas aufwendiger als für die vorher Genannten. Wer hier überzeugen möchte, sollte sich auch tatsächlich auskennen, da sich mitunter Jahrhunderte an Lebenserfahrung nur bedingt improvisieren lassen.

Waldelfe in ihrem Element. ©fotorince74

Denn darstellen muss dieser Typus, da sich eine Begegnung mit Menschen und anderen Sterblichen auf diversen Cons kaum vermeiden lassen wird. Geschieht dies, wird es kaum einen Weg geben, der für diesen Charakter daran vorbei führt, in allen Fragen der Waldkunde die Führung zu übernehmen. Es empfiehlt sich also, ein solches Doppelkonzept nur darzustellen, wenn man es sich wirklich zutraut.

Wer Inspiration sucht, wie sich auch als Sterbliche*r ein solcher Charakter darstellen lassen könnte, kann sich Nuramon aus dem Elfen-Universum anschauen. Wenn auch kein expliziter Waldläufer, so vermittelt dieser Charakter doch ein recht gutes Gespür für den Umgang eines phantastischen Volkes mit dem Erlernen gewisser Fertigkeiten – insbesondere dem Verhältnis zur belebten Natur.

„Alles ist so Grün!“ – Ausrüstung und Gewandung

Die Bekleidung, Rüstung und Bewaffnung eines Waldläufers oder einer Waldläuferin sollte in der Lage sein, einer doppelten Belastung standzuhalten: Zum einen sollte sie das Gegenüber davon überzeugen können, dass dieser Charakter seit einer ganzen Weile in der Wildnis gelebt und das auch gemeistert hat. Zum anderen sollte sie ihren Zweck erfüllen, robust und je nach Bedarf mit Komponenten ausgestattet sein, die Hitze und Kälte erträglich machen.

Die Erfahrung zeigt, dass gerade von Film und Fernsehen inspirierte Gewandungen nicht immer der Prüfung des Larp-Alltags standhalten. Filmkostüme enthalten immer geschickt versteckte Reißverschlüsse und dehnbare Einsätze, sind leicht und schnell an- und wieder auszuziehen und nicht dafür gedacht, darin zu schlafen oder lange Nachtwachen zu schieben. Dasselbe gilt für die Wahl der Bewaffnung. Im Zweifel lieber eine Kombination, die man sich zutraut, als eine, die gut aussieht.

Wer sich also an Filmkostümen orientieren möchte, sollte der Gewandung auf jeden Fall einen Probelauf gönnen. Niemandem ist geholfen, wenn die liebevoll genähte Lederrüstung großartig aussieht, aber nicht genug Platz bietet, um selbständig einen Pfeil aus dem Köcher zu ziehen. Wer sich den Wald und seine Umgebung einmal genau ansieht, wird feststellen, dass Grün nur einen begrenzten Teil des Farbspektrums ausmacht. Es lohnt sich also, die Gewandung auch mit braunen, grauen und blauen Elementen auszustatten – je matter, desto besser. Und so weh es auch tut, ist die Gewandung fertiggestellt, führt kein Weg am künstlichen Altern vorbei. Flecken, Flickstellen und ein gesundes Maß an Dreck machen die Gewandung erst überzeugend. Wer nach einer Anleitung für einen Waldläufer nach dem Mittelerde-Hintergrund sucht, wird hier fündig werden.

Woran kein*e Waldläufer*in sparen sollte, noch weniger sogar als alle anderen Konzepte, ist das Schuhwerk. Denn der wichtige Teil im Wort „Waldläufer“ ist nicht der Wald. Unebenes Gelände, Nässe und Temperaturen müssen ausgehalten werden. Daher sollte dieser Teil der Gewandung gut sitzen und ein anständiges Profil besitzen.

Dann klappt es auch mit dem Waldlaufen.

Artikelbilder: © depositphotos
Titelbild: © depositphotos Autor: mikolajn
Layout und Satz: Andreas Hübner
Lektorat: Susanne Stark

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