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Es passiert nicht selten, dass man im Pen-and-Paper einen Ortswechsel vollziehen muss, ganz gleich in welchem Genre man sich befindet. Schon Konfuzius soll vor mehr als zweieinhalbtausend Jahren festgestellt haben, dass der Weg das Ziel ist und wie wertvoll die Erfahrungen sind, die auf diesem Weg gemacht werden können.

Wer die Abenteuerlichkeit des Reisens ins Blut bekommt, wird diese Abenteuerlichkeit nicht wieder los. 

-Bruno H. Bürgel, deutscher Schriftsteller und Wissenschaftspublizist

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Das Ziel ist zweitrangig, wenn die Reisebegleitung stimmt

Oftmals besuchen Charaktere im Laufe einer Kampagne andere Orte, die weiter entfernt liegen. Im Fantasy-Genre reisen sie oft zu Fuß oder auf dem Rücken eines Pferdes, in modernen Settings wird gerne ein Auto gewählt und in der fernen Zukunft wird das Universum häufig mit dem Raumschiff erkundet. Doch es gibt noch weitaus mehr Arten der Fortbewegung.

Man kann nicht nur auf dem Landweg reisen, auch der Seeweg oder die Lüfte eignen sich als Reiseroute. Auf jeder Route empfiehlt es sich, den Spielenden abwechslungsreiches Rollenspiel zu bieten. Dabei gibt es nicht nur Gefahrensituationen für Leib und Leben, die gemeistert werden können, sondern auch soziale Interaktionen, um mehr über die Wegbegleiter*innen, das Land und vieles weitere zu erfahren. Bei manchen Reisen bietet sich auch ein Detektiv*in-Abenteuer an. Dabei sollte man aber stets die Gruppenkonstellation betrachten und gegebenenfalls im Vorfeld mit den Spielenden besprechen, welche Art von Abenteuer gespielt werden möchten, denn nicht jede Spielgruppe hat Spaß an Ermittlungsgeschichten oder manch eine Gruppe wünscht sich Action, Spannung und Explosionen.

Gerade für Gruppen, die viel Wert auf das Spiel untereinander legen, kann eine Reise in einem unüblichen Verkehrsmittel ein wundervolles Abenteuer sein, um die Verbundenheit der Charaktere zu vertiefen oder freundschaftliche Bande zu knüpfen. Für die Spielleitung ist dies auch eine Möglichkeit, die Reiseroute ausgiebig zu beschreiben und so die Immersion für die Spielenden zu intensivieren. Man kann beschreiben, was die Reisegefährten sehen, aber auch, was sie riechen und fühlen, zum Beispiel das gleichmäßige Schaukeln des Schiffes auf dem Meer, das monotone Rattern des Zuges auf den Schienen oder das vibrieren und durchgeschüttelt werden, wenn die Kutsche über eine schlecht ausgebaute Straße fährt. Oder einfach schlicht der Wind, der den Reisenden um die Nase weht und neue Gerüche an sie heranträgt.

Von mehr als einer Pferdestärke

Dass gerade im Fantasy-Setting gerne ein Pferd oder die eigenen Füße als Fortbewegungsmittel gewählt werden ist fast schon Standard, ob die Gruppe jetzt alleine reist oder mit einer anderen Gruppe, wie einer Karawane oder einem Tross. Seltener ist es da schon, wenn man auf einem Wolf oder einem Wildschwein reitet, wie beim Schwarzen Auge die Goblins oder Orks bei Warhammer Fantasy. Für manche Bergvölker, die in, am oder auf einem Gebirge leben, würde sich auch ein großer Widder eignen, denn die sind gerade auf steilem und steinigen Untergrund trittsicherer als so mancher Zweibeiner.

Setting übergreifend können die Charaktere auch einmal einen Ritt auf einem großen Reptil wagen. Sei es eine Reitechse oder ein Carnosaurus wie in Warhammer Fantasy, auch die Achaz im Schwarzen Auge nutzen Echsen zum Reiten. In der weit, weit entfernten Galaxis von Star Wars wird auf Taurücken oder Varactylen der ein oder andere Klick, der einem Kilometer entspricht, gemacht.

In moderneren Settings wie Western, Steampunk, Cthulhu oder Shadowrun, wobei letzteres eher genreübergreifend ist, darf es schon einmal etwas schneller sein. Hier ermöglicht eine Vielzahl an motorisierten Vehikeln das Vorankommen. Das Automobil wurde schon erfunden, wobei das erste Modell nur drei Viertel einer Pferdestärke besaß, und wurde stetig weiterentwickelt, sodass eine Held*innengruppe mehrere hundert Kilometer am Tag zurücklegen kann. Autos gibt es für kleine Gruppen, große Gruppen, Metamenschen oder für Güter.

In den Dreißigerjahren waren Zugreisen noch glamouröser. © remik44992
In den Dreißigerjahren waren Zugreisen noch glamouröser. © remik44992

Weitaus spannender sind hier Reisen auf Schienen, wie in einem Zug, gleich ob dieser mit Dampf, Elektrizität oder Diesel betrieben wird oder einer Magnetschwebebahn. Hier bietet sich zum Beispiel für die Spielenden ein Detektivabenteuer an. Eventuell wird ein*e Passagier*in ermordet wie im Film Mord im Orientexpress oder ein wichtiges Gepäckstück mit unersetzbarem Inhalt wird gestohlen und muss unbedingt gefunden werden, ehe der Zielbahnhof erreicht wird. Vielleicht wurde die Spielgruppe angeheuert, um eben so ein Gepäckstück zu entwenden und der*m Auftraggeber*in zuzuspielen, ohne dass sie erwischt werden.

Schiff ahoi

Yo ho und ‘ne Buddel voll Rum © fxquadro
Yo ho und ‘ne Buddel voll Rum © fxquadro

Beim Überqueren von kleineren oder größeren Gewässern wie Flüssen oder Meeren bietet sich allemal ein Boot oder Schiff an. Auch hier gibt es eine große Bandbreite von Modellen, die entweder mit Muskelkraft, Wind, Verbrennungsmotor, Zauberei oder Nuklearantrieb betrieben werden. Tatsächlich gibt es sie in fast jedem Setting, in dem es auch Gewässer gibt. Wie auch im Zug kann man hier den Spielenden ein Detektivabenteuer anbieten, als cineastisches Beispiel sei hier Tod auf dem Nil erwähnt. Doch gerade in Settings mit Pirat*innen und Freibeuter*innen kann auch die ein oder andere Seeschlacht oder ein Entermanöver ausgespielt werden.

In der Welt von Avatar – Der Herr der Elemente wird die Option der Reise auf einer riesigen Löwenschildkröte aufgezeigt, die den Hauptcharakter Aang auf einen spirituellen Pfad mitnimmt. So eine Art von Erlebnis bietet sich besonders für animistisch veranlagte Charaktere an, aber auch für andere, (stark) religiöse Charaktere.

Doch nicht nur über Wasser kann man vorankommen, auch unter Wasser in einem U-Boot. Hier ist der besondere Reiz, dass man nicht einfach ohne weiteres fliehen kann. Bei Reisen über Wasser kann man sich in Notfällen mit einem Rettungsboot oder dergleichen absetzen, wenn Land in Sicht ist, kann man es eventuell auch schwimmend erreichen. Unter Wasser ist so etwas kaum möglich, wenn man bedenkt, dass man komplett von Wassermassen umgeben ist und möglicherweise ein paar hundert Meter unter der Wasseroberfläche schwimmt. Ein besonders dramatisches Szenario lässt sich hier kreieren, wenn das U-Boot plötzlich ein Leck hat und Wasser einströmt. Schaffen es die Spieler*innencharaktere, das Leck zu flicken oder rechtzeitig aufzutauchen? Und finden sie die Ursache, wie eine*n Saboteur*in einer verfeindeten Fraktion?

Über den Wolken

Durch die Luft zu reisen ist in vielen Settings etwas Besonderes, da es nicht unbedingt alltäglich ist. In phantastischen Schauplätzen kann man auf dem Rücken von großen Adlern oder Greifen durch die Luft fliegen, allein das ist für viele Charaktere schon ein Erlebnis. Doch nicht nur auf alltäglichen Tieren kann geflogen werden, sondern auch auf magischen Kreaturen wie Drachen oder Pegasi. Aber manchmal braucht es nicht ein Tier zu sein. Gerade Hexen bevorzugen da unbelebtere Gegenstände, wie Besen, Türen oder Bretter, die mit ein wenig Magie oder Alchemie zu verzauberten Fluggeräten werden. Es soll auch Hexen geben, die ihre Reise auf einem magischen Bett antreten. Manch ein*e Zauberkundige*r schwebt auf seinem Teppich durch die Luft.

In gegenwärtig spielenden Systemen kann man bequem in Flugzeugen reisen. Dies ist quasi das fliegende Pendant zu Schiff und Zug. Es hat eine vorgegebene Route, von der nicht unbedingt abgewichen werden kann, man kann nicht mal eben aus dem Fenster springen und ein vorgegebener Zeitplan wird eingehalten.

Schaut man in die Welt von Harry Potter kann man sich vom verzauberten Ford Anglia inspirieren lassen und auch in vielen Science-Fiction Systemen sieht man immer wieder schwebende oder fliegende Vehikel. Der Luxus hierbei ist, dass die Gruppe unter sich ist und keine vorgegebenen Zeit- und Flugpläne oder Routen eingehalten werden müssen.

In ferner Zukunft verlagert sich der Verkehr nicht selten vom Boden in die Luft  © khius
In ferner Zukunft verlagert sich der Verkehr nicht selten vom Boden in die Luft  © khius

Verlässt man den Planeten und reist durch den Weltraum landet die Gruppe schnell in einem Raumschiff. Damit sind mehr oder weniger schnelle Reisen von Planet zu Planet möglich. Meist gibt es da noch eine etwas andere Möglichkeit, um von A nach B zu kommen: Durch den Warp, Hyperraum oder eine Krümmung der Raumzeit, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Auch hier ist es für Spielleitende eine Option, Gefahren für den Flug ins Abenteuer einzubauen.

Weitere Reiseoptionen

Neben den eben genannten Möglichkeiten zu reisen, welche alle gemeinsam haben, dass sie je nach Entfernung viel Zeit beanspruchen und so Potential für einzigartige Erlebnisse schaffen, gibt es auch Optionen, sehr schnell von einem Ort zum anderen zu reisen. Populär wurde bei Star Trek zum Beispiel das Beamen, es passt hervorragend in dieses futuristische und sehr fortschrittliche Setting, es wurde vor allem aus Kostengründen genutzt, um sich die aufwändigen Special Effects mit landenden Raumschiffen zu sparen.

Mit dem fliegenden Kleinwagen durch ein Portal © grandfailure
Mit dem fliegenden Kleinwagen durch ein Portal © grandfailure

Sehr schnell können Abenteurer*innen auch durch (magische) Portale oder per Teleportation reisen. Man betritt oder berührt es an einem Ort und erscheint binnen Sekundenbruchteilen an einem anderen. Doch diese Methoden haben eines gemeinsam: Sie verschenken viel Spielpotential. Auf Dauer kann es langweilig werden, ständig schnell zum Zielort zu gelangen, natürlich mit einem minimalen Gefahrenpotential. Reisen werden am Spieltisch meist ein notwendiges Übel betrachtet, doch es gibt so viele Möglichkeiten, eine Reise spannend zu gestalten und die Reise an sich zu einem Abenteuer zu machen. Denn erinnern wir uns noch einmal an Konfuzius‘ weise Worte: Der Weg ist das Ziel!

 

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Titelbild: depositphotos © R-K © synovec

Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Nina Horbelt

Über die Autorin

Sabrina Höhne spielt seit über 20 Jahren Rollenspiele, es begann mit DSA 3, schnell folgten darauf andere Systeme. Im Laufe der Jahre kamen auch LARP und diverse Tabletops dazu. Eine große Leidenschaft ist das Bemalen von Miniaturen und Geländebau, Cosplay, sowie Schreiben von kurzen und nicht ganz so kurzen Geschichten im Bereich Fantasy und Science-Fiction.

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