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Oft reist man beim Pen-and-Paper von einem Ort zum anderen. Warum nicht einmal durch die Luft reisen? Und damit es nicht zu langweilig wird, kann die Reise durch verschiedene Ereignisse unterbrochen werden. Schafft es die Reisegruppe, pünktlich am Ankunftsort anzukommen?

„So geschah es, dass in einer mondhellen Nacht, als der Sommer sich neigte, Gwaihir, der Herr der Winde, der schnellste der Großen Adler, unerwartet nach Orthanc kam; und er fand mich auf der Zinne stehend. Dann sprach ich mit ihm, und er trug mich davon, ehe Saruman es bemerkte.“

-Gandalf-

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Unterwegs auf dem König der Lüfte

Nicht selten kommt es beim Pen-and-Paper in Fantasy-Settings vor, dass eine Abenteuergruppe auf eine lange Reise quer durch das Land aufbricht. Diese Reise dauert erfahrungsgemäß meist viel zu lang, es werden häufig Umwege gegangen und entsprechend bewegt man sich auch nur sehr langsam seinem Ziel entgegen. Warum nicht einmal, sofern es das Setting zulässt, sich hoch in die Lüfte erheben und wie Gandalf, die Zwerge oder Hobbits auf dem Rücken eines majestätischen Adlers hoch über den Wolken schweben? Gefahren, die in Wäldern und in dunklen Gassen lauern, einfach unter sich zu lassen? Wie einfach wäre es doch, auf den Rücken eines prächtigen Vogels zu steigen und nach kurzer Zeit sicher anzukommen?

Eins wäre es auf jeden Fall: Ziemlich langweilig.

Gerade das ist etwas, was weder die Spielenden, noch die Spielleitenden von einem Rollenspiel in einer phantastischen Welt erwarten, daher folgen ein paar Ideen und Denkanstöße, wie man eine Luftreise für die gesamte Gruppe etwas aufregender und spannender gestalten kann. Die Luftreise kann für die Reisegefährt*innen eine neue Erfahrung sein, so wie es früher die Reise mit einem Zeppelin war.

Gandalf auf Gwaihir ©Warner Bros

Herausforderungen einer Reise durch die Luft

Beginnen wir einmal am Anfang der Reise: Macht euch Gedanken, warum ihr auf einem Adler reisen möchtet und wie ihr ein passendes Tier findet. Gibt es so etwas wie einen Adler-Bahnhof wie zum Beispiel in World of Warcraft? Oder will sich die Reisegruppe einen eigenen Vogel (oder vielleicht mehrere) selber fangen und abrichten, um auf Dauer Zugriff auf eigene Flugtiere zu haben? Natürlich könnte man sich auch mit Magie einen Adler herbeirufen oder ein anderes Tier nach ihm schicken, damit ein Adler erscheint, so wie Gandalf in der Filmtrilogie Der Herr der Ringe. Oder aber ein Gruppenmitglied verwandelt sich in einen Adler und trägt seine Reisegefährt*innen auf dem Rücken durch die Lüfte.

Auf die Frage nach dem Warum gibt es ebenso vielfältige Antworten: Will die Reisegruppe einfach nur besonders bequem oder schnell reisen? Oder beides? Ist die Gruppe vielleicht sogar unter Zeitdruck, da unbedingt der Bauer Hinze Heinz den magischen Dünger des schnellen Wachstums benötigt, um sein Dorf vor einer Hungerkatastrophe zu bewahren? Vielleicht bevorzugt die Reisegruppe auch einfach die Ruhe, die über den Wolken herrscht oder sie glauben, dass die Reise sehr ungefährlich verläuft?

Turbulenzen im Luftraum

Eine Spielgruppe, die sich auf Abenteuer begibt, möchte natürlich eines: Abenteuer erleben! So kann die Reise auf den Schwingen der majestätischen Tiere durch ein oder mehrere Ereignisse unterbrochen werden und die Held*innen müssen sich einer unvorhergesehenen Gefahr stellen. Die Möglichkeiten für die Spielleitung sind vielfältig, ebenso für die Spielenden, mit diesem Drangsal umzugehen.

Am Offensichtlichsten ist natürlich die Wetterlage. Diese kann sich bekannterweise des Öfteren ändern. Während beim Abflug noch strahlender Sonnenschein herrschte, kann es sich einige Zeit später schon zuziehen, verdunkeln und ein Gewitter aufkommen, was die Reisenden dazu nötigen kann, den Flug zu unterbrechen (und auf dem Boden vielleicht noch einem jungen Halbling in Not zu helfen, der sich bei Gewitter unter eine Eiche gestellt hat, um es darunter auszusitzen). Oder aber man beschließt, das Gewitter zu durchfliegen, mit der ständigen Gefahr im Nacken, von einem Blitz getroffen zu werden, durch den starken Wind vom Rücken des Tieres geweht zu werden oder plötzlich mit dem Vogel abzustürzen.

Aber nicht nur das Wetter kann die Reise erschweren. Vielleicht gibt es in dem Landstrich, der überflogen wird, eine Bande von Luftpirat*innen, die Reisende angreifen, um sie um ihre Wertsachen zu erleichtern. Sie greifen die Adler der Reisegruppe an und versuchen sie zur Landung zu zwingen, wo schon die anderen Pirat*innen darauf warten, die Opfer mit Gewalt zur Herausgabe ihres Reisegepäcks zu zwingen. Hier bietet sich die Möglichkeit, einen Kampf in der Luft auszutragen. Die Reisenden könnten sich mit Schusswaffen wie Bogen, Armbrust oder Schleuder verteidigen oder aber durch waghalsige Flugmanöver versuchen, die Angreifenden mit Schwert oder Streitkolben (oder was auch immer gerade zur Hand ist) in Schach zu halten. Vielleicht überfliegt die Gruppe auch die Burg eines Herrschers, der über den Besuch wenig erfreut ist und beschließt, die Adler, die sein Land überqueren, zum Abschuss frei zu geben oder ein Kopfgeld auf die Reiter*innen auszusetzen.

Zwei Adler beim Kampf ©henk.bogaard@planet.nl
Zwei Adler beim Kampf ©henk.bogaard@planet.nl

Genauso könnte es passieren, dass der Adler selbst zur Beute wird. Während Adler in der realen Welt so gut wie keine natürlichen Feinde haben (vom Menschen mal abgesehen), kann es in dem Setting, in dem gespielt wird, passieren, dass er auf der Speisekarte eines Drachen steht, der nur darauf wartet, wieder einmal ein zartes Stück Geflügel zu verspeisen.

Eventuell hat sich die Gruppe auch eine ungünstige Reiseroute gesucht, die viel länger dauert, als ursprünglich berechnet und so muss die illustre Reisegesellschaft zwischendurch ihre Vorräte auffüllen und erst einmal in freier Wildbahn frisches Wasser finden, ein paar Früchte oder Beeren sammeln oder auf die Jagd gehen (und dabei aus Versehen im Jagdgebiet der schlecht gelaunten Königin wildern).

Die Möglichkeiten sind vielfältig

Wie man sieht, kann man eine auf den ersten Blick gefahrlose Reise mit einigen Ereignissen spicken. Man sollte immer vor Augen haben, dass alle Teilnehmenden, sei es auf der Seite der Spieler*innen oder der Seite der Spielleiter*innen, einen abwechslungsreichen Überflug erleben. Es muss nicht unbedingt eine Nahtoderfahrung auf die nächste folgen, doch die ein oder andere Turbulenz kann dafür sorgen, dass man sich noch lange nach dieser aufregenden Reise an eben diese erinnert.

Dabei hilft es, sich bei der Beschreibung des Fluges besonders Mühe zu geben. Gerade von oben hat man einen einzigartigen Blick auf die Welt, die Charaktere können sehen, wie große Dinge auf einmal klitzeklein erscheinen und die Gegend aus einer erhobenen Perspektive bewundern. Die klare, frische Luft in großer Höhe ist kein Vergleich zu der doch etwas schwer duftenden Waldluft und während unten das laute Stadtleben tobt, genießen die Reisenden das sanfte Rauschen an ihren Ohren, während sie durch die Wolken gleiten – nur ab und an hören sie den Ruf ihres Flugtieres.

Die Reise muss auch nicht unbedingt auf dem Adler beginnen. Es kann auch passieren, dass der oder die Adler die Reisenden aus einer Misere befreien und ihnen zur Flucht verhelfen, so wie sie Gandalf die Flucht von Sarumans Turm ermöglichten oder Frodo und Sam aus Mordor retteten, als sie im Herr der Ringe den Ring in den Schicksalsberg warfen. Dabei sollte man als Spielleiter*in im Vorfeld darauf achten, dass die Vögel einen Grund haben, die Charaktere zu unterstützen, sei es, weil die Reisegruppe den Adlern bei einer Sache geholfen hat oder weil der Druide oder die Schamanin der Gruppe eine mystische Verbindung zu Vögeln hat.

Alternativen zur Reise auf Adlerschwingen

Das Luftschiff ist eine luxuriöse Alternative ©Elenarts
Das Luftschiff ist eine luxuriöse Alternative ©Elenarts

Es muss nicht unbedingt der Adler sein, auf dem die Charaktere die Welt bereisen. Je nach Setting oder auch dem Spielstil der Gruppe kann man die Adler durch andere Tiere substituieren. Wie wäre es alternativ fest im Sattel eines stolzen Greifen oder auf dem Rücken eines großen Falken oder Bussards? Vielleicht kommt für die Reise auch ein Pegasus in Frage oder, wenn es etwas ausgefallener sein soll, sogar ein Drache? Die ganz Mutigen (und feuerfesten) trauen sich vielleicht sogar auf einem Phönix zu fliegen.

Durchaus kann es auch etwas ganz anderes sein, zum Beispiel ein Luftschiff, welches von Zwergen gebaut wurde oder eine Luftschraube, wie sie einst Leonardo da Vinci skizzierte? Oder man wählt für kürzere Strecken einen Luftgleiter?

Es gibt auch noch die Klassiker, die gerade von Hexen bevorzugt werden: Der Besen und das Hexenfass. Beim Schwarzen Auge gibt es die wirklich nützliche Flugsalbe, die einen hölzernen Gegenstand nach Wahl für ein halbes Jahr zu einem Fluggerät macht. So könnte man theoretisch auch auf einem Zaun oder einer Tischplatte fliegen. Ein weiteres typisches Fluggerät ist der fliegende Teppich, der gerade bei orientalisch inspirierten Settings gerne benutzt wird und einen gewissen Komfort bietet.

Dies alles kann als Inspiration für ein nächstes Abenteuer dienen, wenn man einmal die Füße schonen möchte oder einen neuen Reiz für eine Reise sucht.

Titelbild: © Warner Bros.
Artikelbilder: © Warner Bros., © Depositphotos | wie gekennzeichnet
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Giovanna Pirillo

 

Über die Autorin

Sabrina Höhne spielt seit über 20 Jahren Rollenspiele, es begann mit DSA 3, schnell folgten darauf andere Systeme. Im Laufe der Jahre kamen auch LARP und diverse Tabletops dazu. Eine große Leidenschaft ist das Bemalen von Miniaturen und Geländebau, Cosplay, sowie Schreiben von kurzen und nicht ganz so kurzen Geschichten im Bereich Fantasy und Science-Fiction.

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