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Imperial Settlers von Ignacy Trzewiczek gehört zu den erfolgreicheren Reihen des Verlags Portal Games. Doch in der dort simulierten Welt wird nicht nur gesiedelt, sondern auch gebuddelt! Anderer Autor, andere Spielmechanismen – ist Imperial Miners damit für die gleichen Leute interessant, die auch den großen Bruder mögen?

Imperial Settlers, Empires of the North, zahlreiche Erweiterungen, ein Roll and Write – das Spiel, das eigentlich eine Neuauflage des noch älteren 51st State ist, hat sich über die Jahre zu einer großen Marke von Portal Games entwickelt, die von Pegasus Spiele auch fleißig ins Deutsche übersetzt wird. Bisher war Ignacy Trzewiczek stets als Autor an diesen Spielen beteiligt. Mit Imperial Miners erscheint nun das erste Spiel, dass den „Imperial“-Titel trägt, in der entsprechenden Welt spielt, aber von einem völlig anderen Autor stammt: Tim Armstrong. Dieser ist kein unbeschriebenes Blatt und hat Spiele wie Orbis oder Arcana Rising veröffentlicht.

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Spielablauf

Die ein bis fünf Spielenden übernehmen in Imperial Miners jeweils die Leitung einer Mine, dargestellt durch einen Stolleneingang. Diese Mine wird im Laufe von zehn Runden immer weiter ausgebaut. Jede Runde folgt dabei der gleichen Struktur und kann von allen Spielenden parallel durchgeführt werden.

Die Stolleneingänge sind bis auf die Farbe alle gleich.

Die Runden beginnen mit einem zufälligen, stets positiven Ereignis. Diese können einmalige Soforteffekte, Effekte, die für die komplette aktuelle Runde gelten, oder aber Effekte enthalten, die am Rundenende von allen ausgeführt werden müssen.

Es gibt deutlich mehr Soforteffekte als andere Ereignisse.

Der eigentliche Hauptteil des Spiels findet danach in der Minenphase statt. In dieser Phase wird die eigene Mine stets um eine Karte aus der eigenen Hand erweitert. Die Minenkarten gibt es für verschiedene Ebenen – I bis IV, wobei nur die ersten drei regulär gezogen werden können. Um eine Karte auslegen zu können, muss man die Kosten – die je Ebene immer gleich sind – zahlen und einen entsprechenden Bauplatz verfügbar haben. Dazu ist es nötig, die Karte so anlegen zu können, dass oberhalb von ihr bereits eine Karte liegt. Es ist also logischerweise nicht möglich, eine Karte auf Ebene III zu spielen, wenn nicht zuvor die Ebenen I und II erschlossen beziehungsweise entsprechend breit ausgebaut wurden. Karten werden jeweils um eine halbe Karte seitlich versetzt in den Ebenen platziert, sodass jede Karte potenziell zwei Karten über beziehungsweise unter sich haben kann.

Die Effekte der Minenkarten sind der Hauptaspekt von Imperial Miners.

Nach dem Ausspielen der neuen Minenkarte wird ihr Effekt aktiviert. Über diesen Effekt kommen die Spielenden zum Beispiel an neue Karten, neues Gold (die Währung, über die in Imperial Miners alles bezahlt wird) und Edelsteine (Siegpunkte). Manche Minenkarten erlauben auch das Aktivieren anderer Karten oder Fortschritt auf den Entwicklungsleisten.

Ist die neue Karte abgehandelt, geht es in der Mine gen Oberfläche, und auf jeder darüberliegenden Ebene darf eine Karte, die die vorher aktivierte berührt, ebenfalls aktiviert werden. Das gilt auch für den Stolleneingang, auf dem die stets gleichen drei Optionen zur Verfügung stehen.

Nachdem die Karte in Ebene II gelegt wurde, kann eine der beiden Karten darüber und dann einer der drei Effekte des Stolleneingangs aktiviert werden.

Neben Minenkarten, die immer den gleichen Effekt haben, gibt es auch solche, die komplexere Mechaniken verwenden. So müssen einsturzgefährdete Karten nach Aktivierung erst wieder freigelegt werden, um einen Effekt zu haben – zum Beispiel, indem man sie erneut aktiviert, ohne etwas anderes dafür zu bekommen. Bei Maschinenkarten hingegen kann bei jeder Aktivierung die Entscheidung getroffen werden, die Maschine zu verbessern – was bis zu drei Mal möglich ist – oder aber sie in der aktuellen Stufe zu verwenden. Je öfter die Maschine verbessert wurde, desto besser ist natürlich der Effekt, den sie verleiht.

Die abgebildeten Maschinen wurden bereits ein, zwei oder drei Mal verbessert.

Die Minenkarten gehören meist zu einem, manchmal zwei, von sechs Völkern. Schotten, Ägypter, Barbaren, Atlanter, Japaner und Römer. Kenner von Imperial Settlers erkennen sofort, dass hier Völker verwendet wurden, die auch im großen Bruder vorkommen. Die Völker verfügen über unterschiedliche Stärken. Einige profitieren davon, wie viele andere Karten desselben Volkes sich in der Mine befinden. Andere Karten hingegen werden besser, je mehr verschiedene Völker vertreten sind. Je nach Partie und den erhaltenen Karten muss hier die richtige Mischung gefunden werden, um die eigenen Karten optimal nutzen zu können.

Eine Lore war durch geschicktes Anlegen bereits gefüllt, eine halb gefüllte bereits aufgewertet. Die beiden Loren am unteren Kartenrand sind komplett leer und können somit nie befüllt werden.

Neben dem Volk und dem eigentlichen Effekt einer Karte sind bei der Platzierung in der Mine auch noch die Loren am Rande der Karten interessant. Werden diese so platziert, dass vollständig gefüllte Loren entstehen, sind diese am Spielende weitere Siegpunkte wert. Halb gefüllt Loren können durch Effekte mit komplett gefüllten Loren-Holzmarkern überdeckt werden, komplett leere hingegen bleiben stets leer.

Neben der eigenen Mine und den Ereigniskarten gibt es je Partie noch drei Fortschrittsleisten. Man entscheidet sich beim ersten Entwickeln – so der Begriff im Spiel für Fortschritt auf den Leisten – für eine Leiste und kann und diese erst nach dem letzten Feld wieder wechseln. Da noch dazu Effekte oft Dinge erlauben wie „Entwickle bis zu fünf Felder“, übersprungene Felder aber in den meisten Fällen nicht aktiviert werden, muss gut geplant werden, welche Felder auf welcher Leiste für die eigene Strategie optimal sind.

Diese Fortschrittsleisten bieten oft starke Effekte, aber es ist auch nicht einfach, auf ihnen voranzuschreiten.

Am Ende der zehn Spielrunden werden die Siegpunkte (gesammelte Kristalle, vollständig gefüllte Loren) zusammengezählt und verglichen. Wer am meisten Punkte hat, gewinnt. Und ist vielleicht überrascht, dass da noch andere Personen sind, denn im Verlauf des Spiels findet überhaupt keine Interaktion statt. Viele Spiele haben immerhin noch einen offenen Markt, auf dem sich um wichtige Karten gestritten wird. Bei Imperial Miners hingegen werden alle Karten verdeckt und damit komplett zufällig gezogen. Auch sucht man vergebens nach Effekten auf Karten, die die anderen Spielenden irgendwie tangieren würden. Entsprechend empfiehlt auch die Regel, dass spätestens ab drei Spielenden die Minenphasen parallel abgehandelt werden. Man bekommt also nicht einmal mit, was die anderen machen. Würde man die Züge aber sequenziell abhandeln, wäre die eigene Downtime recht hoch und ziemlich langweilig, da ja ohnehin nichts passiert, was das eigene Spiel tangieren würde. Somit ist es schwer zu sagen, was die ideale Anzahl an Spielenden für Imperial Miners ist. Will man an den Spielzügen der anderen teilhaben, empfiehlt sich, das Spiel mit zwei oder maximal drei Personen zu spielen. Ist das den Spielenden egal, ist auch die Anzahl der Teilnehmer an einer Partie irrelevant.

Durch den recht hohen Glücksfaktor beim Ziehen der Minenkarten sind die Ergebnisse am Ende nicht einmal unbedingt gut vergleichbar. Aber immerhin bietet dieser gleiche Glücksfaktor eine hohe Varianz, sodass in unterschiedlichen Partien auch komplett unterschiedliche Strategien notwendig sind, um möglichst viele Punkte zu erlangen. Das sorgt für einen gewissen Wiederspielwert. Dieser wird durch die Ereignisse sowie unterschiedliche mögliche Fortschrittsleisten noch einmal erhöht.

Ausstattung

Das wichtigste Spielmaterial bei Imperial Miners sind die Minenkarten, die für jede Partie gemischt werden müssen. Erfreulicherweise wurde hier eine sehr solide Qualität gewählt, und die Karten sind robust genug, um lange zu halten. Die Siegpunkt-Edelsteine werden durch knallbunte Plastikedelsteine repräsentiert. Unterschiedliche Farben haben unterschiedliche Wertigkeiten. Leider sind Blau und Grün dabei bei schlechtem Licht (oder Farbfehlsichtigkeit) nur schwer voneinander zu unterscheiden. Außerdem ist ohne Blick in die Regel nicht erkennbar, welche Farbe denn nun wie viele Punkte repräsentiert.

Die Plastikkristalle sind hübsch, aber bei schlechtem Licht nicht gut zu unterscheiden.

Für Loren, die im Spiel selbst gefüllt werden, gibt es kleine Holzmarker, die vor der ersten Partie selbst beklebt werden müssen. Für die Fortschrittsleisten pro Person einen Holzmarker mit Aussparung in Form einer Spitzhacke. Alles andere wird mit Pappmarkern nachgehalten. Diese sind funktional, aber nicht weiter bemerkenswert.

Insgesamt bekommt man für die aktuell verlangten knapp 30 EUR eine angemessene Menge Spielmaterial von guter Qualität.

© Pegasus Spiele

Die harten Fakten:

  • Verlag: Pegasus Spiele, Portal Games
  • Autor*in(nen): Tim Armstrong
  • Illustrator*in(nen): Hanna Kuik
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 30-60 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 1 2 3 4 5
  • Alter: 10+
  • Preis: circa 30 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Die deutschen Regeln für Imperial Miners gibt es leider nicht auf der Produktseite bei Pegasus Spiele, dafür aber bei BoardGameGeek. Die englischen Regeln finden sich ebenfalls bei BGG. Bei Portal Games findet sich des Weiteren ein Halloween-Solo-Szenario auf Englisch. Auch finden sich dort die englischen Regeln, wenn man auf der Seite weit nach unten scrollt.

Fazit

Die ungewöhnlichen Holzmarker markieren die Positionen auf der Fortschrittsleiste.

Imperial Miners gehört vom Namen her zur Imerial Settlers-Reihe und verwendet Völker und Symbole, die bereits dort verwendet wurden. Allerdings stammt das Spiel von einem anderen Autor und hat spielerisch eigentlich nichts mit Imperial Settlers zu tun. Beide Spiele sind Engine Builder, ja. Aber die Art und Weise, wie sie sich spielen, sind doch sehr unterschiedlich. Einmal gespielte Karten können nur begrenzt oft wieder aktiviert werden, man hat kein eigenes Volk, und auch keine Möglichkeit, das Spiel der anderen zu beeinflussen oder von diesem beeinflusst zu werden.

Für Spielende, die Solo-Optimierungen mögen, ist Imperial Settlers dennoch für einige Partien ein interessantes Spiel. Die unterschiedlichen Völker und Fortschrittsleisten bieten viel Potenzial zur Optimierung, und Effekte, die andere Karten aktivieren, sind häufig genug, um schöne Kombos konstruieren zu können – wenn man denn das Glück hat, entsprechende Karten zu ziehen.

Die Partien vergehen, auch durch das gleichzeitige Spielen aller Beteiligten, recht schnell, und Auf- und Abbau sind ebenfalls fix erledigt Imperial Miners eignet sich gut dazu, auf den Tisch zu kommen, wenn ein kurzes Spiel gefordert ist und alle Spielenden damit leben können, dass sie im Grunde jeweils eine Solopartie spielen und lediglich am Ende die Punkte vergleichen.

  • Eigenes Spiel kann nicht von anderen gestört werden
  • Kurze Spieldauer
  • Komplett ohne Kenntnis von Imperial Settlers spielbar

 

  • Warum sitzen hier eigentlich andere Menschen am Tisch?
  • Relativ hoher Glücksfaktor
  • Hat im Grunde nichts mit Imperial Settlers gemeinsam
 

Artikelbilder: © Pegasus Spiele
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Rick Davids
Fotografien: Holger Christiansen
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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