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Wer träumt nicht davon, eine ganze Welt zu erschaffen und mit Anhängern zu bevölkern, die einen anbeten? Und dann auch noch aus dem Hause der Space Cowboys, die uns T.I.M.E Stories gebracht haben, sowie das kleine aber sehr feine Splendor. Doch ist das Spiel selbst zu vergöttern?

Große Erwartungen stellt man an den Verlag, der durch seine innovative Spieleserie T.I.M.E Stories oder die etwas andere Escape-Game-Reihe Unlock! bekannt wurde, wenn ein neues Spiel angekündigt und hierzulande von Asmodee vertrieben wird.

Spielablauf

Das Ziel des Spiels ist es, möglichst viele Siegpunkte zu machen, indem jeder Spieler in 15 Spielrunden je eine Landschaft (bzw. ein Götterplättchen) bei sich anlegt. Als eben diese Gottheit baut man sich aus einer Auslage (der alten, vergessenen Welt) eine neue, die man bevölkert und erweitert.

Der Spielaufbau für zwei Spieler: Immer neun Landschaften, Spieleanzahl+1 Götter und die Bonusplättchen für die meisten/zweitmeisten Tempel
Der Spielaufbau für zwei Spieler: Immer neun Landschaften, Spieleranzahl+1 Götter und die Bonusplättchen für die meisten/zweitmeisten Tempel

In jedem Spielzug nimmt jeder der zwei bis vier Spieler eines der neun ausliegenden sechseckigen Landschaftsplättchen und legt es bei sich an. Alternativ kann man auch eins der Götterplättchen nehmen, von denen eins mehr als Spieler ausliegt, diese bringen einem potentiell Bonuspunkte.

Mit diesen Plättchen bildet man bei sich eine Pyramide, indem man anfängt unten auszubauen. Auf der untersten Ebene liegen am Ende fünf Landschaften und darüber immer eine weniger. Die Spitze ist für den Gott reserviert, um mit ihm noch einige Bonuspunkte zu erlangen.

Von den Landschaften gibt es fünf Typen, die den Farben rot, gelb, grün, blau und weiß zugeordnet sind und jeweils unterschiedlich funktionieren. In den über der Grundebene liegenden Reihen darf man ein Landschaftsplättchen nur anlegen, wenn eins der beiden darunter liegenden auch die gleiche Farbe aufweist. (Ähnlich wie beim ultrakomischen, kurzen und weitgehend unbekannten und tendenziell vergriffenen Spiel Pinguin Party von Rainer Knizia.)

Allen Landschaftsplättchen gemein ist, dass oben die Kosten in „Anhängern“ (dargestellt durch Klötzchen in den fünf Farben) angegeben werden. Diese muss man zurück in den Vorrat legen, damit man das Plättchen anlegen darf. Links auf den Plättchen stehen dann Effekte, welche Siegpunkte, Sondereffekte oder eben wiederum Anhänger bringen. Die erhält man jedoch auch dadurch, dass wenn man z.B. ein rotes Plättchen aus der Mitte nimmt, als erstes auf allen orthogonal davon liegenden Plättchen ein Anhänger hingelegt wird, den derjenige erhält, der dieses Plättchen in einem künftigen Zug nimmt.

Oben die Kosten: hier ein gelber und ein blauer Anhänger, links der Effekt: Wenn man das Teil über einen roten (und einem blauen, damit man es überhaupt legen darf), erhält man 3 Siegpunkte. Unten die zwei roten Sterne: das Teil wird im mittleren Stapel und nur beim Spiel zu dritt oder viert genutzt.
Oben die Kosten: hier ein gelber und ein blauer Anhänger, links der Effekt: Wenn man das Teil über einen roten (und einem blauen, damit man es überhaupt legen darf), erhält man 3 Siegpunkte. Unten die zwei roten Sterne: das Teil wird im mittleren Stapel und nur beim Spiel zu dritt oder viert genutzt.

Und darum dreht es sich im Hauptteil des Spiels: Ein Plättchen aussuchen und Anhänger drumherum schaffen, die auf dem gewählten Plättchen liegenden Anhänger einsammeln, die oben abgebildeten Kosten bezahlen, die Landschaft bei sich anlegen und dann den Effekt der Landschaft ausführen. Man reduziert die eigenen Anhänger gegebenenfalls auf zehn oder weniger, ein neues Plättchen wird nachgefüllt (diese sind in drei aufeinander aufbauende Stapel aufgeteilt, welche jeweils einzeln gemischt werden, damit es später teurere, aber auch mächtigere Teile gibt) und der nächste Spieler ist an der Reihe.

Plant man ein grünes Landschaftsplättchen aus der Mitte zu nehmen, legt man zuallererst auf die 4 waagerecht und senkrecht umliegenden Landschaften je einen grünen Anhänger.
Plant man ein grünes Landschaftsplättchen aus der Mitte zu nehmen, legt man zuallererst auf die 4 waagerecht und senkrecht umliegenden Landschaften je einen grünen Anhänger.

Kann und will man nicht bezahlen oder darf man es nicht regelkonform anlegen (über mindestens ein Plättchen der gleichen Farbe), so muss man das Plättchen umdrehen. Diese Wildnis-Seite, die bei allen Landschaften gleich ist, beschert einem einen Minuspunkt und hat keine weiteren Effekte, zählt dafür aber als Joker für die Farb-Anlegregel. Wenn man den Effekt der Landschaft nicht ausführen kann, erhält man auch die gegebenenfalls entstehenden Siegpunkte nicht. Dann muss man den Bereich mit einem 0-Siegpunkte-Plättchen abdecken.

Bei den unterschiedlichen Plättchen gibt es dann farbliche und anderweitige Synergien:

  • Auf den weißen sind Tempel und am Ende erhält derjenige eine große Anzahl an Sonderpunkten, der die meisten Tempel hat (es geht schließlich um Götter). Der mit den zweitmeisten erhält allerdings auch welche, beziehungsweise absteigend jeder, der mindestens einen Tempel verbaut hat.
  • Die blauen Landschaften werden nur gewertet, wenn eine der Landschaften unter ihnen (die andere muss ja auch blau sein) eine bestimmte andere Farbe hat.
  • Bei den grünen Plättchen müssen unter den sechs potentiellen Nachbarfeldern mindestens drei zu einer von zwei Farben gehören (eine davon ist selbst immer grün).
  • Die gelben geben als Belohnung zunächst Vergünstigungsplättchen, bei denen man künftig eine bestimmte Anhänger-Farbe nicht mehr bezahlen muss; und um die späteren gelben Dörfer zu werten, muss man noch eine bestimmte Anzahl beliebiger Anhänger zurück in den allgemeinen Vorrat legen.
  • Und dann gibt es die roten – diese sind Vulkane und sorgen dafür, dass man beim Nehmen eine bestimmte Anzahl von Anhängern einer Farbe von den anderen acht Plättchen der Auslage wieder wegnehmen muss.

Die Götter, die man alternativ zu einer Landschaft nehmen kann, um sie dann am Ende als Spitze seiner eigenen Landschaftspyramide zu legen, bieten einem oft drei Siegpunkte (also so viel wie eine gute andere Landschaft), wenn man z.B. die meisten gewerteten Plättchen einer Farbe hat. Man arbeitet also gemeinsam auf eines der Ziele hin und muss taktisch überlegen, wann der richtige Zeitpunkt ist, um sich einen bestimmten Gott zu sichern, bevor es jemand anderes tut.

Das grüne Teil kann man auf beide freie Orte oben zwischen blau und grün ODER grün und weiß legen – das blaue darf nur nach zwischen blau und grün.
Das grüne Teil kann man auf beide freie Orte oben zwischen blau und grün ODER grün und weiß legen – das blaue darf nur nach zwischen blau und grün.

Ausstattung

Die Regeln des Spiels sind – wie von den Space Cowboys nicht anders zu erwarten – hübsch, gut geordnet und zusätzlich gibt es auf der Rückseite des achtseitigen Hefts einen Kasten mit oft übersehenen Regeln.

Die Illustrationen der Landschaften und cartoonhaften Götter sind hübsch anzusehen. Die Dicke vor allem der Landschaftsplättchen ist in Ordnung und es fühlt sich wertig an. Für den Preis sind allerdings außer den 75 Landschaften und Göttern sowie 100 farbigen Holzklötzchen nur noch ein paar kleinere Papptoken dabei.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Space Cowboys, Asmodee
  • Autor(en): Tim Armstrong
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 45 Minuten (ca. 15 Minuten pro Spieler)
  • Spieleranzahl: 2 3 4
  • Alter: 10+
  • Preis: ca. 37 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Die deutschen Spielregeln können auf der Homepage von Asmodee heruntergeladen werden.

Darf und kann man ein Teil nicht bezahlen oder regelkonform anlegen, muss man es auf seine Wildnisseite drehen. Man bekommt zwar einen Minuspunkt, aber dafür zählt dieses Gebiet künftig als Joker für weiteres Anlegen und Bonuseffekte.
Darf und kann man ein Teil nicht bezahlen oder regelkonform anlegen, muss man es auf seine Wildnisseite drehen. Man bekommt zwar einen Minuspunkt, aber dafür zählt dieses Gebiet künftig als Joker für weiteres Anlegen und Bonuseffekte.

 Fazit

Ich habe den Fehler gemacht, das Spiel als Warm-up in eine Expertenrunde mitzunehmen. Bei den Kollegen ist das Spiel auf Grund seiner Einfachheit komplett durchgefallen. Daraufhin dachte ich, es sei dann wohl das perfekte Spiel für die Familie meines Freundes. Dort war es dann aber wohl doch zu komplex, zumindest für eine der Anwesenden. Gleiche Erfahrungen hörte ich auch von einer befreundeten Spielebloggerin.

Ich mag es, aber mit wem spielen? Ich würde sagen, es ist ein Spiel, welches man in Runden auf den Tisch bringt, die Spaß an Splendor oder 7 Wonders haben, denen aber Zug um Zug vielleicht zu einfach und Marco Polo oder Rajas of the Ganges schon zu komplex sind.

Es lässt sich generell schnell spielen – man nimmt ja letztlich nur 15 Plättchen, die man anlegt. Die Dynamiken durch die unterschiedliche Reihenfolge und die zufälligen Gottheiten schaffen ein wenig Wiederspielbarkeitsreiz, aber um an die von Spielen wie Splendor oder dem Spiel des Jahres 2018 Azul ranzukommen, fehlen Einfachheit und/oder Haptik.

Unten auf den Landschaften sind jeweils drei schwarze, rote und weiße Sterne. Die kommen in den dritten Stapel. Schwarz immer, rot nur im Spiel mit drei und vier Spielern und weiß nur bei vier Spielern.
Unten auf den Landschaften sind jeweils drei schwarze, rote und weiße Sterne. Die kommen in den dritten Stapel. Schwarz immer, rot nur im Spiel mit drei und vier Spielern und weiß nur bei vier Spielern.

Mechanisch ist es ein wirklich solides Spiel. Mein zentrales Problem mit dem Spiel habe ich allerdings damit, dass sich das Thema ein wenig beliebig anfühlt. Jeder Spieler (Gott) schafft seine eigene Welt und dass man mit bestimmten Menschen bestimmte Landschaften bevölkert, ist für mich noch soweit nachvollziehbar. Auch, dass man Anhänger sterben lässt, wenn man ein Vulkanfeld aus der „Urwelt“ reißt, aus dem man sich offenbar mit seinen Landschaften bedient.

Dass man allerdings Menschen auf umliegenden Plättchen des gewählten erschafft, wirkt doch irgendwie abstrakt und konstruiert. Auch Menschen durch Klötzchen darzustellen ist irgendwie nicht mehr ganz zeitgemäß – kleine Meeple könnte man bei dem Preis schon erwarten und würden das Spiel haptisch sehr aufwerten. Und mag es auch spieltechnisch sinnvoll sein, dass Götter selbst auch einfach ein Plättchen unter vielen sind, so schwächen ihre durchschnittlichen Punktezahlen doch den Eindruck, dass die Götter für die Welt (& damit das Spiel) irgendwie entscheidend wären.

Es sei erwähnt, dass das Scaling zwischen zwei, drei und vier Spielern gut funktioniert, wenn es auch zu etwas Rumsortiererei bei Spielbeginn führt: Wenn man nicht immer mit der gleichen Anzahl Spieler dabei ist, muss man zuvor bestimmte, durch die Farben der Sterne gekennzeichnete Landschaften aussortieren. Nichtsdestoweniger ist das Spiel (wie so viele) ab drei Spielern zu empfehlen.

mit Tendenz nach oben

Artikelbild: Asmodee, Fotografien: Daniel Hoffmann, Bearbeitet von Verena Bach
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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