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Was passt in die Hosentasche, hat aber doch Ambition den Weltraum zu beherrschen? Was strengt die Gehirnzellen an und will doch im nächsten Urlaub dabei sein? Was dauert nur 45 Minuten, obwohl es sich um Zeitalter der Galaxien dreht? Die Antwort dazu liefert Asmodee mit Age of Galaxy.

Bei dem Spiel geht es um nichts weniger, als das beste Imperium im Zeitalter der Galaxie-Kriege zu erschaffen. Das Spiel wird als 4X-Spiel angepriesen und setzt sich damit auf eine Stufe mit solchen Krachern wie dem relativ neuen Voidfall oder dem etwas anderen Roll-and-Write Twilight Inscription. Ein episches Werk mit komplexen Strategien und den Spielprinzipien Erforschen, Ausbreiten, Ausnutzen und Vernichten. Solche Spiele haben den Ruf, ganze Wochenenden zu besetzen. Die handgroße Schachtel wirbt mit allerlei Schlagworten wie komplexer Strategien, hohem Wiederspielwert und einzigartigen Mechaniken. Wie viel Spiel steckt aber in der 45-minütigen Spielzeit? Neugierig entstauben wir unsere Weltraumkreuzer, füllen die Protonenkanonen auf, laden die neusten Navigationskarten herunter und setzen den Kurs Richtung Spielerlebnis. Werden wir ankommen?

Triggerwarnungen

keine typischen Trigger

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Spielablauf

Age of Galaxy ist ein Spiel um Siegpunkte. Das Spiel teilt sich in fünf Runden zu je vier Phasen auf. Die erste Phase dient primär dem Erhalt von Aktionswürfeln, der Einkommensgenerierung und der Aktivierung von einigen Fähigkeiten bereits ausgespielter Karten. Die Hauptphasen sind die Aktionsphase (zweite Phase) und die daran anschließende Kriegsphase (dritte Phase). Mit der letzten Phase (vierte Phase) wird primär die nächste Runde eingeleitet.

Eine Galaxie breitet sich vor uns aus.

Das Spielbrett besteht aus fünf von acht möglichen Galaxiekarten. Die Karten werden nebeneinander ausgelegt, aber nur die ersten zwei aufgedeckt. In jeder Runde wird eine weitere Galaxie aufgedeckt und die dort abgebildeten Planeten sind zur Besiedelung offen. Die jeweils äußere aufgedeckte Karte kann erst in der nächsten Runde besiedelt werden und dient damit eher der Vorausplanung. Jede direkt zu erforschende Galaxie steht für eine Runde im Spielverlauf zur Verfügung. Nach der fünften Runde werden die Punkte ausgezählt.

Der Spielplan von Age of Galaxy.

In der Aktionsphase setzen die Spielenden reihum einen ihrer drei Aktionswürfel ein. Es stehen dafür neun Aktionen zur Verfügung, die wiederum unterschiedliche Möglichkeiten offerieren. In der Regel werden die Aktionswürfel verbraucht und verbleiben auf den besetzten Feldern. Mittels zwei Aktionen können die Planeten mit einem respektive zwei Aktionswürfeln besiedelt werden. Es lassen sich aus dem eigenen Vorrat neue Raumschiffe fertigen, diese werden entweder für die spätere Kriegsphase benötigt oder sie können in einer anderen Aktion ausgegeben werden, um erkundete Ressourcen zu erhalten. Mittels drei weiterer Aktionen können Ressourcen eingesammelt oder umgewandelt werden. Es gibt außerdem die Möglichkeit, direkt Siegpunkte im Galaktischen Kongress zu erwerben. Dies geschieht durch eine Art Renn-Mechanismus gepaart mit Worker-Placement. Die ersten Spielenden erhalten im Kongress mehr Punkte als die letzten.

Zusätzlich steht den Spielenden jeweils ein Tableau zur Verfügung. Ähnlich wie es bereits aus Beyond the Sun bekannt ist, gibt es hier einen Technologiebaum zu erforschen. Dieser Baum bietet unterschiedliche Spielvorteile wie etwa die Fähigkeiten, besondere Planeten zu besiedeln, Schutz für die Kriegsphase zu entwickeln oder mit Hilfe des Warp-Antriebs die äußeren Galaxien schon in der aktuellen Runde zu besiedeln.

Das Spieltableau besteht primär aus einem Technologiebaum.

Nachdem alle reihum ihre Aktionswürfel ausgegeben haben, beginnt die Kriegsphase. Diese läuft für die Spielenden parallel ab und ist eine kurze Berechnung, wer die aktuell größte Kriegsflotte sein Eigen nennen darf. Die siegreiche Person erhält einen Bonus in Form von Geld und Siegpunkten. Gibt es einen eindeutigen – im Spiel so genannten – Overlord darf dieser, von anderen Spielenden besiedelte, Planeten mit eigenem Raumschiff besetzen. Das Raumschiff ist dann für das weitere Spiel blockiert und die betroffene andere Person hat mindestens einen Siegpunkt für den nun besetzten Planeten in der Endabrechnung verloren.

Nach dem Ende der fünften Runde werden die Siegpunkte verglichen. Die Summe aller bereits eingestrichenen Siegpunkte, durch Aktionssteine besetzter Planeten und gefundener Relikt-Ressourcen – eine besondere Ressourcenart, die erst gefunden und dann veredelt werden muss – entscheidet den Sieg. Fast.

Am Ende wird abgerechnet.

Dazu kommen noch die Siegpunkte, die durch die gewählte Ideologie entstehen. Dies ist ein weiterer interessanter Mechanismus. Zum Spielbeginn erhalten alle je sieben Handkarten, die idealerweise über Karten-Drafting verteilt werden sollten. Dies wird in den Regeln nur als optionale Regel angeboten, erhöht aber den Spielspaß enorm. Auf den Handkarten ist eine von fünf Fraktionen abgebildet. Die Fraktion ist eine Art Interessenverband für unterschiedliche Weltraum-Rassen, wie etwa den Menschen. Eine von den Fraktionskarten wird direkt zu Spielbeginn ausgelegt. Das dient zum einen der Ermittlung des konkreten Startgeldes und der Kriegsschiffe. Auf jeder ausgespielten Karte ist unten links eine von sechs möglichen Planetenarten abgebildet. Die ausgespielte Karte berechtigt die Person, die jeweiligen Planeten zu besiedeln. Am Ende wird geschaut, welche Fraktionsart jeweils am häufigsten ausgelegt wurde. Dies entscheidet über die zusätzliche Sieg-Bedingung. Von den sieben Karten dürfen nur vier ausgespielt werden. Die übrigen können als Sofort-Ressource verwendet werden.

Strategie und Wiederspielwert

Das Spiel lebt davon, dass manche Aktionen erst dann möglich werden, wenn gewisse Grundbedienungen erfüllt sind. Die Spielenden versuchen, eine Kette von Aktionen und auch Vergünstigungen von diesen zu erreichen. Das geschieht zum einen durch die geschickte Kombination von Fraktionskarten aber auch durch verstärkende Technologiebäume.

Die Fraktionskarten selbst können auch Technologien und Aktionen beinhalten.

In Age of Galaxy gibt es nicht die eine Strategie zum Sieg. Gerade im Spiel zu dritt oder zu viert führen viele Ziele zum Sieg und das ist galaktisch gut umgesetzt. Während eine Person für sich das Besiedeln von Planeten entdeckt, rüstet eine andere Person auf, um die militärische Vormachtstellung zu erreichen. Währenddessen sucht eine nächste Person ausschließlich nach Relikten, die direkt Siegpunkte generieren und so weiter. Es ist toll, dass durch die Fraktionskarten aber auch durch die ausliegenden Galaxien jedes Mal neue Möglichkeiten eröffnet werden und lieb gewonnene Taktiken im schwarzen Loch verschwinden.

Damit wird schon offenbar, dass der Wiederspielwert sehr hoch ist. Der modulare Spielaufbau beschert stets eine andere Galaxie, andere verstecke Plättchen zum Entdecken und schließlich auch andere Fraktionen. Von den vierzig Fraktionskarten werden an vier Spielende je sieben verteilt. Davon werden maximal vier ausgespielt. Da ist genügend Abwechslung vorprogrammiert.

Skalierung

Die Kriegsphase ist die einzige Mechanik, die im Spiel zu zweit leider zu einer Unwucht führt. In zahlreichen Testrunden konnte immer die stärkste Militärmacht das Spiel für sich ausmachen. Im Spiel zu dritt oder zu viert klappt das nicht mehr. Gerade wenn sich die Person mit der Militärmacht auf eine Person einschießt, können die anderen davon partizipieren. Verteilt man die Angriffe auf alle Personen, spielt die Kriegsphase kaum noch eine entscheidende Rolle. Ohne eine Hausregel ans Herz legen zu wollen, ändert sich bereits alles, wenn bei zwei Spielenden nur maximal vier statt fünf Raumschiffe in der eigenen Auslage liegen dürfen.

Es gibt viele Planeten zu entdecken.

Ansonsten wird bei zwei bis vier Spielenden darauf geachtet, ein gut skaliertes Spiel auf die Milchstraße zu bekommen. Auf den Galaxien gibt es für mehr Spielende mehr Planeten und auf den Aktionskarten werden entsprechend der Personenanzahl einige Felder abgedeckt. Für eine solch kleine Schachtel ist es erstaunlich, dass so viele Kleinigkeiten berücksichtigt werden.

Trotzdem liegt der Sweetspot eher bei drei Spielenden. Das liegt daran, dass es zu viert eng wird in den Galaxien und man schon sehr geschickt die Siegstrategie ausklügeln muss. Anreiz und Frust zugleich, aber eher für Vielspielende von Age of Galaxy interessant.

Sofern es einen Solo-Modus gibt, nutzt der Autor dieser Zeilen dies gerne, für einen ersten Regelcheck. Age of Galaxy gehört leider nicht zu den Spielen, bei denen sich der Modus mit einem Automa belohnend anfühlt. Es werden in jeder Runde zwei Fraktionskarten gezogen und aufgrund ihrer Ideologie Standard-Aktionen für die Automa durchgeführt. Das führt dazu, dass sich die virtuelle Person rasend schnell auf Planeten ausbreitet und dazu auch noch viele Raumschiffe erhält. Das nimmt viel Spielfreude, da der Automa die eigene Ausbreitung verhindert und fast immer mehr eigene Raumschiffe im Spiel hat und dadurch die Kriegsphase gewinnt. Die strategischen Feinheiten im Mehrpersonen-Modus gehen hierbei komplett verloren. Schade, denn Spiele wie Woodcraft haben es vorgemacht, dass komplexere Spiele trotzdem ein gelungenes Solo-Spiel erlauben.

Ausstattung

In erster Linie fällt die kleine Schachtel auf. Im Vorfeld habe ich wirklich viele Produktbilder von dem Spiel gesehen. In der Realität fällt der Karton in Anbetracht des Inhaltes winzig aus. Was ist eigentlich alles in der Box enthalten:

  • 45 Karten
  • 36 Weltraumschlachter
  • über 60 Aktivitäts-Würfel
  • über 60 weitere Papp-Marker
  • und noch mehr.
Darf es etwas mehr Inhalt sein?

Die tollen Materialien finden in der kleinen Box relativ gut Platz. Allerdings ist für die Komplexität des Spiels einiges an Aufbauzeit einzurechnen. Alle Teile müssen getrennt und sortiert werden. Jede Person bekommt darüber hinaus eine beachtliche Zahl an Aktionssteinen und Schiffen ausgehändigt. Mit der überladenen Box stößt man damit an die Grenzen der Ordnung.

Age of Galaxy lebt stark von der Symbolik auf den Karten und dem Tableau. Diese muss einmal verinnerlicht werden, da diese nur durch das Regelheft auf vier Seiten erläutert wird. Gerade in der ersten Partie werden Neulinge oft nachfragen müssen. Nach der ersten Runde sind die Symbole allerdings in Alienfleisch und grünes Blut übergegangen.

Wo hat sich Age of Galaxy versteckt?

Die Regeln sind gut am Tisch zu vermitteln und auch das Regelwerk als solches ist gut verständlich. Insbesondere die Aktionen sind mit aussagekräftigen Beispielen hinterlegt. Jede Person erhält eine Rundenübersicht mit den wichtigsten Kernaspekten. Die Aktionen werden auf einer gesonderten Karte für alle sichtbar ausgelegt. Leider sind auf der Rückseite dieser Karte auch die Siegpunkte für die Endabrechnung aufgedruckt. Hier wären zwei separate Karten schöner gewesen. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau und auch nur für Neulinge und die ersten Runden wichtig.

 

Die harten Fakten:

  • Verlag: Asmodee
  • Autor*in(nen): Jeffrey CCH
  • Illustrator*in(nen): Samuel Horowitz, Roxy Dai
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 45 – 60 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 1 2 3 4
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Preis: ca. 25 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Asmodee ist erfreulicherweise noch einer der Verlage, die die Regeln online zur Verfügung stellen. Die PDF-Version ist jedoch nicht optimal gespeichert respektive formatiert. Das Regelheft ist klar strukturiert: Links die Regeln und rechts die Beispiele dazu. In der PDF-Version liest man oftmals zwei bis drei Regeln und findet dann auf der nächsten Seite zwei bis drei Beispiele dazu.

Ausdruck für mehr Ordnung.

Für etwas mehr Ordnung in der überladenen Box sorgen Einlagen aus dem 3D-Drucker. Mein persönlicher Favorit ist ein Projekt, das den Fokus auf die Materialen der Spielenden gelegt hat. Der Karton wird damit knapp einen Zentimeter höher. Wen das nicht stört, der bekommt viel Ordnung und ein schönes Design geschenkt.

Fazit

Zugegebenermaßen hinkt der Vergleich mit der 4X-Kategorie etwas. Age of Galaxy bedient sicherlich alle dazugehörigen Mechanismen, aber eben auf galaktischer Flughöhe. Wo bei anderen Spielen langfristig angespart und aufgerüstet werden muss, bevor ein Planet besiedelt werden kann, reicht hier eine einzige Aktion. Dafür ist mit Age of Galaxy nach 45 Minuten Schluss mit der Eroberung.

4X im Taschenformat: Age of Galaxy.

Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in der kleinen Box genügend taktische Tiefe gibt, die Vielspielende über mehrere Partien gut beschäftigt. Gepaart mit dem hohen Wiederspielwert, erhält man ein ausgezeichnetes Spiel. Hinzu kommt die Verpackungsgröße, die auch auf Fernreisen einen Platz im Koffer finden wird.

Etwas enttäuschend ist der Zwei-Personen-Modus, da die Kampfstrategie übermächtig wirkt. Um das Spiel gerade im Urlaub auch zu zweit zu genießen, haben wir eine Hausregel eingeführt, die das Ungleichgewicht besser kontrolliert: Niemand darf mehr als vier statt fünf aktive Schiffe besitzen.

  • Dauert nur 45 Minuten für ein expertiges Spiel

  • Hoher Wiederspielwert

  • Für die Reisetasche geeignet

 

  • Überladene Box / Aufbau und Sortierung dauert etwas

  • Zu zweit Ungleichgewicht

  • Solo-Modus verändert das Spiel

 

 

Artikelbilder: © Asmodee, depositphotos ©alexaldo
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Laura Pascharat
Fotografien: Horst Brückner

Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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