Geschätzte Lesezeit: 12 Minuten

Arrakis ein Planet, wie er nicht ungastlicher sein könnte. Die Sonne brennt auf den Wüstensand und lebenswichtige Rohstoffe sind Mangelware. Zu allem Überfluss hat sich das Haus Harkonnen in eine Machtposition manövriert und beutet nun die Bewohner Arrakis‚ aus. Doch im Wüstensand gedeiht der Widerstand auch ohne Wasser.

Im neusten Werk von Ignacy Trzewicze, dem Schöpfer von Detective und Vienna Connection, werden wir in die Welt von Dune entführt. Dabei zeigt sich, dass sich die Menschheit auch in knapp 8169 Jahren wenig verändert hat. Es gibt noch immer jene, die sich um jeden Preis mehr und uneingeschränkte Macht verschaffen wollen. Jene, die Ränke schmieden, morden und erpressen, um sich diese Macht zu sichern. Jene, die andere unterdrücken und ausbeuten. Kurz gesagt: Es gibt das Haus Harkonnen.

Doch führt die Unterdrückung eines Volkes letztlich unweigerlich auch zum Entstehen eines Widerstandes gegen die Herrschenden. Im Spiel werden wir zu einem Teil dieses Widerstandes und versuchen, die Machthabenden zu stürzen. Dazu werden wir in ein Gewirr aus Intrigen und Verbindungen zwischen verschiedenen Häusern geworfen. Wir versuchen herauszufinden, wer dem Widerstand nützt und wer den Harkonnen dient. Und wir sammeln Informationen, um den Widerstand zum Erfolg zu führen.

Die Neuverfilmung des Klassikers von 1984 entführte uns in eine Welt aus Sand und Verrat. Im Gegensatz zum Original, erzählte die Neuverfilmung von Denis Villeneuve allerdings nur den ersten Teil der Geschichte. Das Spiel zum Film lässt uns nun genau dort ansetzen, wo der Film pausiert, und gibt uns die Möglichkeit, noch tiefer in die Geschichte einzutauchen. Doch schafft es das Spiel, die gleiche grandiose Atmosphäre aufzubauen, wie es der Film bereits getan hat?

Spielablauf

Vom Spielablauf und Prinzip her ähnelt es sehr stark Detective. Es handelt sich um ein durch die gelebte Geschichte getriebenes Spiel. Die bis zu vier Spielenden übernehmen dabei die Rolle von Charakteren, die in der Spielumgebung Nachforschungen anstellen, um Antworten zu finden. Bei Detective sind es Straftaten, welche aufgeklärt werden wollen, bei Dune sind es stattdessen Nachforschungen zu Personen und Fragen, die sich auf das Geschehen in der Welt beziehen.

Dune ist das geistige Vorbild, darauf ausgelegt, in einer festen Gruppe durchgespielt zu werden. Dafür gliedert es sich in einen Prolog und drei größere Kapitel. Jedes der Kapitel wird durch eine Einleitung eingeführt, auf der die ersten Ansätze für Ermittlungen gegeben werden.

Die Kapiteleinleitungen führen stimmungsvoll in das Kommende ein.
Die Kapiteleinleitungen führen stimmungsvoll in das Kommende ein.

Ab diesem Zeitpunkt entscheiden dann die Spielenden, in welche Richtung sich das Spiel entwickelt. Jede Entscheidung führt zu neuen Ansätzen oder endet in einer Sackgasse. Vollständig vor die Wand laufen und ohne weitere Möglichkeiten vor dem Spiel sitzen wird man jedoch nie.

Um Teil des Spiels und der Spielwelt zu werden, erhalten die Spielenden vorgefertigte Charaktere. Zur Auswahl stehen eine Schmugglerin, eine Spionin, ein Soldat und ein Informant.

Diese Charaktere können sich im Verlauf des Spiels entwickeln und Boni erhalten, welche für Begegnungen und die Nachforschungen entsprechend Vorteile bringen. Häufig hängen diese Boni eng mit den knappen Ressourcen zusammen, welche im Spiel für Interaktionen ausgegeben werden können und müssen. Doch auch wenn der Schauplatz des Spiels lebensfeindlich ist, ohne Ressourcen muss man eigentlich nie auskommen. Um interagieren zu können, müssen die Spielenden wiederum verschiedene Orte besuchen und dort Hinweisen nachgehen.

Für eine kleinere Spielgruppe hat jeder Charakter auch eine Unterstützer*innenseite.
Für eine kleinere Spielgruppe hat jeder Charakter auch eine Unterstützer*innenseite.

Gemeinsam wird entschieden, wohin die Reise gehen soll, also welcher Spur man folgen möchte. Das wiederum kostet Zeit. Für jede Spur, der man folgen will, muss nämlich eine Zeiteinheit ausgegeben werden. Und diese sind begrenzt. Sind sie aufgebraucht, wird der Abschlussbericht fällig. Ob man sich auf diesen entsprechend umfassend vorbereitet hat, hängt von den Nachforschungen ab, welche getätigt wurden. Denn die Zeiteinheiten dienen in erster Linie nur dazu, den Spielenden die Möglichkeit zu nehmen, alle Stränge der Handlung zu verfolgen. So sollen nicht alle Beziehungen der Charaktere aufgedeckt und nicht alle Intrigen entsponnen werden. Das Spiel lebt zum Teil auch von dem, was man nicht erfahren kann. Dadurch wird den Spielenden ermöglicht, eigene Thesen aufzustellen und über diese dann zu diskutieren.

Zudem gibt es in Dune: Geheimnisse der Häuser bei den Begegnungen die Option, dass diese eine Konsequenz nach sich ziehen. Diese bedeutet den Verlust von Erfahrungspunkten, wodurch das Erwerben von Fertigkeiten begrenzt wird. Diese Fertigkeiten können mit den gesammelten Erfahrungspunkten gekauft werden und werden auf den Charakterkarten aufgeklebt. Im Falle der Nutzung müssen sie dann wiederum abgehakt werden. Dadurch entwickelt sich der Charakter von Kapitel zu Kapitel immer weiter. Zumeist dienen diese Fertigkeiten jedoch ausschließlich dem Ressourcengewinn und nehmen einem damit oft ein wenig die Qual der Wahl ab. Denn so kann man mit dem nicht so knappen Gut doch eher verschwenderisch umgehen.

Ebenso wie bereits in den Vorgängerspielen auch, wird die Geschichte auch von einer Online-Datenbank unterstützt. In Dune werden hierüber oftmals Videos eingespielt, welche den Spielenden Hintergrundinformationen liefern sollen. 

Um nicht zu spoilern, verzichten wir auf eine nähere Betrachtung des Ablaufs und der Konsequenzen, welche Entscheidungen haben.

Ausstattung

Kennt man eines der Vorgängerspiele, ist man auch bei Dune: Geheimnisse der Häuser nicht sonderlich von dessen Ausstattung überrascht. Vieles kommt einem bekannt vor, wodurch die Möglichkeit eines leichten Einstiegs besteht.

Es gibt, wie zuvor, den Kartenstapel für die „Ermittlung“. Die Karten sind dabei nach dem gleichen System aufgebaut, wie bereits aus Detective bekannt. Gefühlt hat man sich hier jedoch Mühe gemacht, um oft möglichst viele Namen in das Spiel einzubinden, welche dann wieder kategorisiert und zugeordnet werden wollen. Anders als bei Detective sind die Karten auch keinen Fällen sondern den Kapiteln zugeordnet, in die das Spiel unterteilt ist. Diese werden jeweils durch einen stimmungsvollen Einleitungstext begonnen.

Vor allem für Spielende, die visuellen Input mögen
Vor allem für Spielende, die visuellen Input mögen

Anders als aus den anderen Spielen bekannt, gibt es den sogenannten „Hinweisstapel“. Bei diesem handelt es sich vordergründig um einen Stapel mit Bildern von im Spiel erwähnten Orten, Personen oder Gegenständen. Diese dienen einer besseren Visualisierung während des Spiels, ohne ihrem Namen jedoch wirklich gerecht zu werden. Ebenfalls der Visualisierung dienen die beiden Landkarten, welche dem Spiel beiliegen. Dabei handelt es sich um eine Karte von Arrakis und eine weitere Karte der Stadt Tel Gezer mit ihren Institutionen. Sie ermöglicht es, die Städte und das Leben in ihnen einordnen zu können und somit auch Hinweise zu geben, in welche Richtung nachgeforscht werden kann.

Leider sind die Karten auf normales Druckpapier aufgebracht. Dadurch sind sie anfällig für Beschädigung, vor allem, wenn sie auf dem Tisch hin und her geschoben werden. Ein strapazierfähiges Material oder gar Stoff hätten sich hier wohl besser gemacht und würden uns vielleicht sogar dazu veranlassen, die Karte von Dune am Ende aufzuhängen.

Mit der Karte von Dune lässt sich die Handlung in einen globalen Zusammenhang setzen
Mit der Karte von Dune lässt sich die Handlung in einen globalen Zusammenhang setzen

Damit man sich nicht merken muss, wie viel Zeit man schon während der Nachforschungen verbraucht hat, beziehungsweise wie lange man noch für diese hat, ist eine Zeitleistenkarte beigefügt. Auf dieser ist ebenfalls die Konsequenzenleiste aufgebracht. Auf der Rückseite werden zudem die Siegpunkte nach Beendigung des letzten Kapitels gezählt. Zu einer echten Wertung der Punkte kommt es allerdings nicht.

Um den Fortschritt auf diesen Leisten zu markieren, wurden dem Spiel zwei Holzmarker beigelegt.

Dagegen wirken die Marker für die Ressourcen schon eher ernüchternd. Einfache Pappmarker in verschiedenen Formen und mit unterschiedlichem Artwork sehen, wenn man daneben bemalte Holzvarianten legt, eben nicht gut aus. Zwar unterscheiden sich die Formen der Plättchen nicht sehr stark voneinander, durch das Artwork sind sie aber dennoch leicht zu kategorisieren.

Besonders hervorzuheben sind die Charaktere und ihre Tafeln. Diese sind schön gestaltet und beinhalten neben den Fertigkeiten auch eine kurze Geschichte. Ein Bild des Charakters ist in einem Hochglanz-Hochdruckverfahren auf jeder Karte aufgebracht, wodurch die Karten einen sehr hochwertigen Eindruck vermitteln.

Das erwähnte Material erhalten die Spieler*innen in einer Schachtel, dessen Artwork ebenfalls als Filmplakat hätte dienen können. Die Schaupieler*innen aus dem 2021er Film sind eindeutig zu erkennen. Dadurch verbindet man das Spiel direkt mit dem Film und dessen Handlung.

Sieht zwar schön aus, ist aber deutlich zu groß: die Box.
Sieht zwar schön aus, ist aber deutlich zu groß: die Box.

Die Anleitung in der Box ist gut und übersichtlich gestaltet. Wer das Spielprinzip kennt, muss diese nicht einmal lesen. Ein Überfliegen der Anleitung reicht, um die neuen Komponenten richtig ins Spiel bringen zu können.

Als kleiner Wermutstropfen muss allerdings auch die Größe der Box erwähnt werden. Diese ist für das gelieferte Material erheblich zu groß. Die Anleitung und die Aufkleber zur Charakterverbesserung sind die einzigen beiden Komponenten, welche die komplette Fläche der Box einnehmen. Damit das Material nicht in dieser riesigen Box umher fällt, wurde ein Plastikinlay eingefügt. Das alles hätte sicherlich auch kleiner, platzsparender und ressourcenschonender verpackt werden können. Letztlich ist man nach dem Öffnen der Spielschachtel nämlich etwas enttäuscht, wie viel teure Luft sie enthält. Ein weiterer Punkt ist auch die Qualität. Da die Karten des Hinweisstapels und die Charakterkarten allesamt sehr schön aussehen, sieht man ihnen allerdings leider auch nach einigen Handgriffen an, dass sie genutzt wurden, wodurch sie sehr schnell Teile ihrer Optik einbüßen.

Auch wenn sie nicht Teil der Box ist, so ist die Onlinedatenbank ein Teil des Spiels und daher muss sie auch erwähnt werden. Sie unterstützt das Spiel insofern, dass dort kurze Videosequenzen gezeigt werden oder man am Ende der Kapitel dort den Abschlussbericht ablegt. Im Gegensatz zu Detective ist die Datenbank jedoch mehr schönes Beiwerk denn entscheidender Spielinhalt.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Pegasus Spiele / Portal Games
  • Autor: Ignacy Trzewiczek
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 120+Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 1 2 3 4
  • Alter: ab 14 Jahren
  • Preis: ca. 33 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Zum Download befindet sich auf der Verlagsseite von Pegasus die Anleitung des Spiels, sodass man sich für einen Spielabend schon einmal vorab informieren kann, ohne das Spiel selbst zu besitzen. Zudem gibt es im offiziellen Spieleblog bei Pegasus auch einen Eintrag zu den Hintergründen der Charaktere des Spiels. Hierdurch erhalten diese noch etwas mehr Tiefe.

Fazit

Vorweg sei erwähnt, dass das Fazit spoilerfrei ist, um jenen nicht den Spaß zu rauben, die die Geschichte selbst erleben wollen. Denn sie ist sehr schön erzählt. Es hat Spaß gemacht, einzutauchen, sich der Wüste und den Gefahren von Arrakis hinzugeben. Man lernt Bereiche kennen, die so keinen Einzug in die Filmumgebung gefunden haben. Doch am Ende bleibt leider der Geschmack von Sand im Mund. Wir haben zwar genug Wasser, um diesen Sand herunterzuspülen, dies ist aber bereits eines der Probleme. Denn trotz der lebensfeindlichen Umgebung und den knappen Ressourcen, hatten wir nie wirklich das Gefühl, haushalten zu müssen. Durch unsere Fertigkeiten und alternative Vorgehensweisen hatten wir nie mit Mangelerscheinungen zu kämpfen. Und das obwohl der Mangel doch eigentlich eines der zentralen Themen in Dune sein sollte.

Vielleicht liegt das aber auch daran, dass unsere Nachforschungen nur oberflächlich von Interesse waren. Während man in Detective noch von der Tiefe mancher Frage im Abschlussbericht überrascht wurde, ist es in Dune unerheblich, ob man sich in die Geschichte einarbeitet oder Beziehungen richtig zuordnet. Auf jeder Karte, die man erforscht, bekommt man es gefühlt mit acht neuen Personen zu tun und wie sie zu manchen der anderen stehen, doch im Spielverlauf muss man sich das nicht wirklich merken. Das Anlegen von Beziehungsdiagrammen verliert da auch schnell den Reiz und irgendwann bekommt man das Gefühl, mit Namen ohne Sinn beworfen zu werden.

Auch die Fragen, welche zu Beginn der Kapitel gestellt werden, scheinen am Kapitelende nicht mehr von Bedeutung zu sein. Anstatt einen Mord genau zu untersuchen und detailliert zu ermitteln, gestehen Täter*innen ohne Druck und manche Fragen werden vollkommen ohne Zusammenhang beantwortet.

In Vorgängerspielen noch zentrales Element, bei Dune mehr Beiwerk.
In Vorgängerspielen noch zentrales Element, bei Dune mehr Beiwerk.

Die Datenbank, welche in Vorgängerspielen wirklich noch unterstützendes Element des Spielsystems war, verkommt hier leider total. Es scheint fast, als hätte man dieses Hilfsmittel während der Spielentwicklung zwischenzeitlich vergessen und hat kurz vor Fertigstellung noch Content produziert. Die gelieferten Videos bestehen zudem meist auch nur aus Text, der oft viel zu lang ist, um ihn in der Sequenz lesen zu können. Daher muss pausiert oder die Transkription im Anschluss gelesen werden. Das hätte auch eine weitere Karte im Spiel erledigen können.

Am Ende des Spiels, bei der Wertung der Siegpunkte, erhalten die Spielenden dann den nächsten Dämpfer. Denn es findet keine Wertung statt. Die Siegpunkte sind vollkommen überflüssig. Da das Spiel sich durch die veränderten Charakterkarten nicht erneut spielen lässt, kann man auch nicht versuchen, bei einem neuen Durchlauf mehr Punkte zu erhalten. Es scheint ganz so, als ob man vergessen hätte, hier eine Wertung hinzuzufügen.

Wer ein tiefsinniges Spiel erwartet, durch das man vor Herausforderungen gestellt wird, wird leider enttäuscht. Wirkliche schwere Entscheidungen gibt es nicht, und am Ende stellt sich heraus, dass es keine Konsequenz hat, was man getan hat. Es ist eine schöne, wenn auch manchmal verworrene Geschichte, die aber auch in ein Abenteuerbuch hätte verpackt werden können.

Wer spielerisch in die Welt von Dune eintauchen möchte hat mit Dune Imperium als Brettspiel, Abenteuer im Imperium als Pen-and-Paper oder Spice Wars als digitale Umsetzung am Ende des Tages mehr Spaß.

Dieses Spiel fährt leider wie ein Zug auf seiner Schiene und lässt die Spielenden lediglich mitfahren. Es zeigt eine schöne Landschaft, wobei eine Entscheidung der Mitfahrenden das Reiseziel nicht ändert. Nicht einmal eine Weichenstellung kann beeinflusst werden.

Da ist bei der Durchquerung des Planeten wohl leider etwas Sand ins Getriebe geraten, wodurch das Spiel nicht sein volles Potential entfalten konnte.

  • Schöne Geschichte
 

  • Aufträge werden nicht überprüft
  • Entscheidungen ohne Einfluss
  • Nur 1x spielbar (Legacy-Charakter)

 

Artikelbilder: © Pegasus Spiele
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Saskia Harendt
Fotografien: Thomas Mottl
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein