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Auf der SPIEL ESSEN 2023 wurde Kingscraft, ein Familienspiel des deutschen Autors David Kühn, vorgestellt. In diesem karten- sowie würfelbasierten Rollenspiel geht es darum, selbst zum Staatsoberhaupt zu werden. Wir zeigen auf, ob es ein Krönchen in der Brettspielsammlung verdient.

Im Königreich Ambossa wurde sich erzählt, dass der König abdanken wolle, um den Lebensabend in Ruhe genießen zu können. Im Klang der Hammerschläge ging die Frage durch die Gassen, wer wohl den Thron besteigen würde, wurden doch in der aktuellen Regentschaft keine Kinder gezeugt. Der Palast verkündete daraufhin, dass die Person, die den König im Duell schlagen würde, künftig über Ambossa herrschen solle. Von da an, machten sich landauf, landab Abenteurer*innen auf den Weg in die Hauptstadt, um ihr Können unter Beweis zu stellen.

Triggerwarnungen

keine typischen Trigger

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Spielablauf

In Kingscraft versuchen zwei bis vier Charaktere den*die König*in im Duell zu besiegen, um auf Ambossas Thron steigen zu können. Die Spielenden können dabei zwischen sechs Charakteren wählen. Um den Thron besteigen zu können, gilt es den jeweiligen Charakter auszustatten, vorhandene Ausrüstung zu verbessern und sowohl Monster als auch schlussendlich den*die König*in im Kampf zu schlagen. Eine zentrale Spielmechanik ist hierbei das sogenannte Schmieden, also das Erhalten und Verbessern von Ausrüstung. Das Spiel endet, wenn der*die König*in im Kampf besiegt wird.

Ein Königreich entsteht: der Aufbau

Das Charaktertableau liefert sowohl eine neutrale als auch eine asymmetrische Seite. Für die erste Partie wird die neutrale Seite empfohlen, hier haben alle die gleichen Fähigkeiten und Lebenspunkte. Auf dem Tableau werden sie mit Heldin oder Held dargestellt.

Anschließend wählen alle eine Spielfarbe und nehmen die dazugehörigen Aktionstafeln.

Bei Kingscraft gibt es keinen klassischen Spielplan, sondern die Schmiede, welche je nach Anzahl der Spielenden aufgebaut wird. Dabei werden die Teile der Schmiede in alphabetischer Reihenfolge ausgelegt.

Spielaufbau für vier Personen

Die Schmiede bietet Platz für Gegenstände der Klassen Eins bis Drei, wobei Klasse Drei die stärksten Gegenstände darstellt. Nach dem Aufbau der Schmiede werden die Gegenstände auf den entsprechenden Platz gelegt. Alle erhalten von den übrigen Gegenständen der Klasse Eins zufällig jeweils zwei Stück. Die Trankkarten werden als verdeckter Stapel ausgelegt.

Eine Besonderheit bei Kingscraft ist, dass nicht reihum gespielt wird, sondern das Spielen der Aktionskarten die Zugreihenfolge bestimmt. Alle Mitspielenden wählen verdeckt jeweils eine ihrer sieben Aktionskarten, die anschließend gleichzeitig aufgedeckt werden. Die konkrete Aktion bestimmt dann die Reihenfolge. Wenn mehrere Spielende die gleiche Aktion gewählt haben, entscheidet der Geschwindigkeitswert des jeweiligen Charakters. Der ist auf dem Charaktertableau abgebildet und kann mit Karten aus der Schmiede aufgewertet werden. Je höher der Wert, desto schneller. Sollten mehrere Charaktere gleich schnell sein, gibt es einen Freundschaftskampf zwischen ihnen. Das wird wie die Aktion Kämpfen abgehandelt. Der Geschwindigkeitswert kann vor allem im Duell gegen den*die König*in relevant sein. Im Zweifel schnappen sich die Spielenden die Krone vor der Nase weg.

Es gibt die folgenden sieben Aktionskarten:

  1. Angriff König: Der*die Spielende fordert die*den König*in zum Duell heraus. Gewinnt der*die Herausfordernde den Kampf, ist das Spiel beendet und der Charakter hat den Thron erobert. Beim Angriff ist darauf zu achten, ob jemand die Aktion Wache nutzt, dann hat der König mehr Grundstärke.
  2. Heilung: Alle verlorenen Herzen werden geheilt.
  3. Angriff Stufe 1: Kampf gegen die aktive Kreatur der Stufe Eins. Bei einem Sieg kann ein Gegenstand der Stufe Eins genommen, sowie eine Schmieden-Aktion durchgeführt werden.
    Angreifen, Schmieden oder vielleicht doch eine Wachen-Aktion?
  4. Aktion Wache: Es kann ein Gegenstand der Stufe Eins aus der Schmiede genommen werden. Im Falle eines Angriffs auf den*die König*in erhält diese*r für die aktuelle Runde jeweils +4 Grundstärke.
  5. Angriff Stufe 2: Kampf gegen die aktive Kreatur der Stufe Zwei. Bei einem Sieg kann ein Gegenstand der Stufe Zwei genommen werden.
  6. Aktion Schmieden: Es kann bis zu zwei Mal geschmiedet werden.
  7. Angriff Stufe 3: Kampf gegen die aktive Kreatur der Stufe Drei. Bei einem Sieg kann ein Gegenstand der Stufe Drei genommen werden.

Unabhängig davon, gegen wen oder was gekämpft wird, kann es Gegnerverbote geben. Das bedeutet, dass bestimmte Ausrüstung oder Waffen im Kampf nicht genutzt werden dürfen.

Die nächsten Herrschenden

Ähnlich wie bei Karak gibt es auch bei Kingscraft Charaktertableaus, die mit Ausrüstung ausgestattet werden können. In der einfachen Variante gibt es jeweils einen Slot für Schuhe, Rüstung, Helm und Handwaffe sowie vier Rucksackplätze, in die Gegenstände oder Tränke gepackt werden können. Alle Charaktere verfügen über drei Leben.

Um Kingscraft etwas komplexer und abwechslungsreicher zu gestalten, kann mit asymmetrischen Charakteren gespielt werden. Es stehen sechs verschiedene Charaktere zur Verfügung:

  • Alchemist: Er hat vier Alchemie-Plättchen zur Verfügung, die er in seinem Zug jeweils einmalig nutzen kann. Er kann auch mehrere Plättchen im selben Zug spielen. Beispielsweise kann er sich einen beliebigen Trank vom Ablagestapel nehmen oder im Kampf zwei, statt wie sonst, einen Trank nutzen.
    Spielende können aus sechs verschiedenen Charakteren wählen
  • Assassina: Sie hat einen zusätzlichen Hand-Slot und kann somit einen weiteren Gegenstand im aktiven Bereich halten. Der erste Hand-Slot ist nicht vom Gegner-Verbot „Keine Hand“
  • Edelmann: Er hat auf seinem Tableau standardmäßig vier Fähigkeiten auf seinen Slots aufgedruckt. So hat er beispielsweise einen Rüstungswert von sieben. Sobald er einen Gegenstand erhält und einen Slot überdeckt, zählt seine Standard-Fähigkeit nicht mehr.
  • Händlerin: Sie lebt von den Aktionen der anderen Spielenden. Am Ende ihres Zuges legt sie ihr Plättchen auf einen Gegenstand in der Schmiede oder auf den Trankstapel. Sobald der Gegenstand beziehungsweise Trank, auf dem das Händlerin-Plättchen liegt, genommen wird, erhält sie einen Gegenstand der Stufe 1 beziehungsweise einen Trank.
  • Haudegen: Er hat sowohl einen zusätzlichen Lebenspunkt als auch einen zusätzlichen dauerhaften Angriffswürfel und ist somit besonders stark und resistent.
  • Schurkin: Sie spielt immer mit der Farbe lila und hat vier zusätzliche Aktionskarten, welche einmalig eingesetzt werden können. Sie kann beispielsweise gleichzeitig ein Herz heilen, einen Gegenstand der Klasse Eins nehmen und zusätzlich einmal schmieden.

Hört ihr wie der Hammer auf den Amboss trifft? Willkommen in der Schmiede

Ein Kernelement des Spiels ist die Schmiede und die dazugehörige Aktion. Die Schmiede ist die zentrale Auslage, in der alle Gegenstände liegen. Im Verlauf des Spiels wird sie zu einem wichtigen taktischen Element, welches zum Gewinnen des Spiels beiträgt.
Beim Schmieden kann zwischen drei Arten des Schmiedens gewählt werden.

Es können zwei Gegenstände kombiniert und zu einem mächtigeren Gegenstand verarbeitet werden. Ebenso können Gegenstände der Klasse Zwei und Drei verbessert werden. Sie werden aufgewertet, dadurch erhält man beispielsweise mehr Würfel, welche im Kampf sehr nützlich sind.

Zu guter Letzt können in der Schmiede Gegenstände zu Tränken verarbeitet werden, welche einmalige Fähigkeiten beziehungsweise Boni geben. Die Spielenden tauschen hierbei einen Gegenstand gegen Trankkarten. Je höher die Klasse der Gegenstände ist, desto mehr Trankkarten können genommen werden. Beim Tausch eines Gegenstands der Klasse Drei erhält man beispielsweise drei Tränke.

Auf in dem Kampf!

Wer Ambossa regieren möchte, muss die eigene Kampfkunst unter Beweis stellen. Dies passiert bei Kingscraft über Würfel. Dieses bewährte System wird beispielsweise auch in Dungeons of Doria genutzt.

Je nachdem, ob mit den neutralen oder den asymmetrischen Charaktertableaus gespielt wird, verfügen alle über einen beziehungsweise zwei sechsseitige Würfel. Durch Tränke und Ausrüstung kann man weitere Würfel erhalten.

Es kann entweder gegen eine Kreatur oder den*die König*in gekämpft werden. Wird diese*r besiegt, ist das Spiel zu Ende und der*die Nachfolger*in steht fest.

Im Kampf gegen Kreaturen wird immer gegen die oberste Karte der jeweiligen Kreaturen-Stufe gekämpft. Auf der Karte ist jeweils aufgedruckt, mit wie vielen Würfeln die Kreatur kämpft, ob sie bestimmte Fähigkeiten besitzt, und ob es ein Verbot gibt. Letzteres bedeutet für den*die Herausforderer*in, dass ein bestimmter Slot auf dem Charaktertableau inaktiv ist.

Im Kampf gegen diese Kreatur der Stufe Zwei dürfen keine Waffen genutzt werden

So können manche Kreaturen den Einsatz von Waffen verhindern. Der Assassina kann das allerdings egal sein, da eine Ihrer Waffen niemals gesperrt ist.

Um zu bestimmen, wer einen Kampf gewinnt, muss zunächst die Kampfkraft ermittelt werden. Dazu würfelt der*die aktive Spielende alle eigenen verfügbaren Würfel. Wenn bestimmte Fähigkeiten es erlauben, können Würfel auf Wunsch neu gewürfelt werden.

Anschließend wirft der*die Spielende zur linken mit den verfügbaren Würfeln der*des König*in oder der Kreatur. Auch hier können bestimmte Fähigkeiten ein erneutes Würfeln auslösen.

Die jeweiligen Würfelwerte werden zur Grundstärke und etwaigen Extraschäden addiert und somit erhält man die Kampfkraft. Nun gibt es noch die Möglichkeit einmalig einen Trank einzusetzen, um die Kampfkraft zu verbessern.

Wer am Ende eine höhere Kampfkraft hat, gewinnt das Duell. Bei Gleichstand (oder niedriger) ist der Kampf verloren.

Nach jedem Kampf muss der*die aktive Spielende seinen*ihren Schaden bestimmen und gegebenenfalls Herzen verlieren. Wenn durch den Kampf alle Herzen verloren sind, gilt auch der Kampf automatisch als verloren. Der*die Spielende muss sich erst wieder heilen, um erneut kämpfen zu können.

Der Kampf ist der Teil des Spiels, für den gegebenenfalls etwas Frustrationstoleranz notwendig ist. Da gewürfelt wird, handelt es sich um ein Push Your Luck Element, weil der richtige Zeitpunkt für einen Kampf gegen den*die König*in ausgewählt werden muss. Wird zu früh gekämpft, ist das Risiko eines Scheiterns hoch, was es den Mitspielenden leichter macht. Wird zu spät in den Kampf gezogen, verpasst man möglicherweise seine Chance, da jemand anders schneller sein konnte.

Ausstattung

Das Artwork von Kingscraft passt gut ins Thema. Sowohl die Schachtel als auch die Anleitung wurden von Roman Kucharski schön illustriert.

Karten, Würfel und Tableaus

Ebenso gibt es an der Anleitung nichts auszusetzen. Sie ist sehr gut strukturiert und man kann sich beim Aufbau daran entlanghangeln und anschließend sofort los spielen. Die Ikonographie ist ebenfalls gut umgesetzt, sie ist intuitiv und gut nachvollziehbar dargestellt. Sollten diesbezüglich doch Fragen bestehen, kann alles auf den Spielhilfen nachgelesen werden. Hier ist hervorzuheben, dass standardmäßig für jede*n Spielende*n eine Hilfe beiliegt, was leider nicht selbstverständlich ist.

Das Spielmaterial besteht aus Pappe, die Qualität ist in Ordnung, es gibt aber nichts Herausragendes. Für das Sortieren des Materials liegen Tütchen bei, hier wäre es schöner gewesen, wenn es eine Art Insert gegeben hätte. Insgesamt ist die Qualität für ein gehobenes Familienspiel passend.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Skellig Games
  • Autor*in(nen): David Kühn
  • Illustrator*in(nen): Roman Kucharski
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: deutsch
  • Spieldauer: 45 – 60 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 2, 3, 4
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Preis: ab 42 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Die Chefin der SPIEL ESSEN Carol Rapp als Königin, natürlich mit Maskottchen Meeps

Zur SPIEL ESSEN 2023 gab es eine Promokarte, ebenso gibt es in den Spielen Pirate Tales und Zwergendorf von Skellig Games jeweils eine Promokarte die für Kingscraft als König*in-Karte benutzt werden kann.

Wer die Anleitung nicht lesen möchte, kann sich auf YouTube das Regelvideo von Autor David Kühn ansehen.

Auf der Webseite von Skellig Games gibt es die Deutsche Anleitung zum Download.

 

Fazit

Mit Kingscraft liefert Skellig Games ein solides gehobenes Familienspiel. Es verbindet dabei sowohl Push-Your-Luck- als auch Rollenspiel-Elemente. Durch die übersichtliche Anleitung ist das Spiel schnell erlernt. Das Material ist in Ordnung, aber es fehlt ein wenig das Besondere.

Nach Auswahl der Charaktere, wird die Schmiede aufgebaut. Alle erhalten ihre Startgegenstände und es kann sofort los gespielt werden. Der schnelle Aufbau ist vor allem im Spiel mit Kindern vorteilhaft.

Bei Kingscraft wird die Zugreihenfolge durch das Ausspielen von Aktionskarten bestimmt. Das Schmieden und der Kampf stellen hierbei die wichtigsten Aktionen dar.

Die Schwierigkeit kann etwas variiert werden, je nachdem welche König*in-Karte gewählt, und ob mit asymmetrischen Charaktertableaus gespielt wird.

Gleichzeitig stellt sich bei Erfahrenen oder Vielspielenden nach wenigen Partien ein langweiliges Spielgefühl ein. Es wird an dieser Stelle deutlich, dass Skellig Games das Spiel vor allem für Familien konzipiert hat. Hält man sich das vor Augen, merkt man, dass das gut gelungen ist. Dennoch ist der Preis für ein Familienspiel etwas hoch.

Insgesamt erhält Kingscraft vier von fünf Kronen und darf bei Spieleabenden in der Familie gern auf den Tisch.

  • Es kann sofort los gespielt werden
  • Sehr gut für Familien mit Kindern ab 10 Jahren geeignet
  • Guter Einstieg in Rollenspiele
 

  • Preis für ein Familienspiel etwas hoch
  • Vielspielende könnten schnell gelangweilt sein

 

Artikelbilder: © Skellig Games
Layout und Satz: Andreas Hübner
Lektorat: Susanne Stark
Fotografien: Claudia Scarvaglieri

Dieses Produkt wurde mit Presserabatt erworben.

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