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In Dungeons of Doria warten unzählige Gewölbe, Verliese und Kerker darauf, erkundet, erobert und geplündert zu werden. Dabei können sich Einzelspieler oder Gruppen auf die Jagd nach bis zu 400 einzigartigen Beutestücken machen, müssen sich aber auch vor insgesamt 19 verschiedenen Monstern in Acht nehmen.

Die Flut an Dungeon-Crawlern und Adventure-Spielen scheint auch aktuell noch kein Ende zu nehmen. Egal ob Pen-and-Paper, Brett- oder Videospiel, die Erkundung von geheimen Kerkern, Verliesen und unterirdischen Gewölben ist häufig Inhalt unserer liebsten Unterhaltungsmedien, egal ob im Pen-and-Paper oder Brettspielen. In Dungeons of Doria, das wir bereits zur Vorschau auf die SPIEL 2023 vorgestellt haben, bietet uns Dungeons in nahezu unbegrenzter Menge. Denn das Spiel bezeichnet sich selbst als Roguelike-Dungeon-Crawler. Ursprünglich aus dem Videospiel-Bereich stammend, bezeichnet der Begriff Roguelike ein Genre, in dem bei jedem neuen Spiel Elemente zufällig angeordnet werden, so wie Hades. Bei Dungeons of Doria können Räume, Monster und Beute in jedem neuen Durchlauf anders verteilt sein. Dadurch entstehen oft einzigartige Situationen und Gefahren, denen die Spielenden gemeinsam trotzen müssen, um die gewählte Mission erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Es stehen 20 vorgefertigte Szenarien und vier Kampagnen zur Auswahl. Gleichzeitig gibt es eine Menge Informationen und Material, um das Spielerlebnis noch stärker zu individualisieren. Optionale Raumeffekte, selbst erstellbare Charaktere und die Möglichkeit, eigene Szenarien und Kampagnen zu entwickeln, begünstigt durch die modulare Gestaltung des Materials. Ursprünglich als Ersatz für langwierigere Rollenspielrunden gedacht, entwickelte Autor Viktor Ahrens einen spannenden Dungeon-Crawler, der an vielen Stellen an klassische Rollenspielrunden erinnert.

Triggerwarnungen

keine

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Spielablauf

Zu Beginn einer Partie Dungeons of Doria steht die Auswahl eines Szenarios oder einer Kampagne. Kampagnen bestehen aus mehreren festgelegten Szenarien und erzählen eine zusammenhängende Geschichte, die allerdings häufig eher Grundgerüst als tatsächlich spannende Erzählung ist. Dabei kommen in der Regel einzigartige Kampagnenmonster oder besondere Gegenstände zum Einsatz, die in den übrigen Einzelszenarien nicht vorkommen. Außerdem können Teile der gefundenen Ausrüstung in das nächste Szenario mitgenommen werden. Auf der anderen Seite ist die Charakterprogression innerhalb der Szenarien langsamer.

Dungeons of Doria hat eine Menge Lesestoff im Gepäck.
Dungeons of Doria hat eine Menge Lesestoff im Gepäck.

Ist das Szenario bzw. die Kampagne gewählt, besteht die Vorbereitung des Spiels nur noch darin, die entsprechenden Raumkarten zusammenzusuchen und der Anleitung entsprechend vorzubereiten. Über diese Raumkarten wird nach und nach der Dungeon aufgebaut, den es zu erkunden gilt. Die Raumkarten sind in Quadrate aufgeteilt, auf denen Charaktere und Monster bewegt werden. Zusätzliche Symbole geben das Erscheinen von Monstern oder Beute an. Zusätzlich können zufällige Raum-Events ausgelöst werden, die besondere Effekte mit sich bringen. So kann es sein, dass bei Betreten eines Raumes zusätzliche Monster erscheinen, eine Säule einstürzt und so Wege versperrt oder andere Fallen ausgelöst werden, die das Leben der Charaktere erschweren.

Nach Wahl des Szenarios werden die Charaktere ausgewählt beziehungsweise bei erfahrenen Spielenden selbst erstellt. Acht vorgefertigte Charaktere stehen zur Auswahl, die allesamt genretypischen Archetypen entsprechen. Magier, Krieger, Jägerin, Schildmaid, Priesterin, Abenteurer, Gaunerin und Waldläufer starten mit unterschiedlichen Attributen und Ausrüstung in das Abenteuer. Bei selbst erstellten Charakteren werden Attribute und Startausrüstung selbst gewählt.

So kann eine Runde Dungeons of Doria für vier Spielende aussehen.
So kann eine Runde Dungeons of Doria für vier Spielende aussehen.

Die Attribute sind intuitiv und bieten wenig Überraschungen: Stärke, Konstitution, Geschicklichkeit, Wahrnehmung, Weisheit und Psi geben Stärken und Schwächen der Charaktere an, wobei Psi hier das Zauberattribut darstellt. Um Ausrüstung oder Zauber nutzen zu können, müssen bestimmte Werte erreicht werden. Schwere Waffen benötigen hohe Stärke und Konstitution, Bögen und andere Fernkampfwaffen Geschicklichkeit und Wahrnehmung, Offensivzauber Weisheit und Psi, Defensivzauber Konstitution und Psi. Zu jedem Charakter gibt es ein Ausrüstungstableau und einen Charakterbogen auf dem die aktuellen Werte und Boni notiert werden. Jeder Charakter kann neun Gegenstände am Körper tragen, einige sind auf bestimmte Körperpartien beschränkt und können nur dort ausgerüstet werden. Außerdem hat jeder Charakter einen Gürtel, an dem drei weitere Gegenstände befestigt werden können. Diese können dann allerdings nur mit Verzögerung eingesetzt werden. Zuletzt kann überschüssige Ausrüstung auch im Rucksack verstaut werden. Dessen Platz ist unbegrenzt, allerdings dauert es hier noch länger, Gegenstände aus dem Rucksack einzusetzen.

Die zugrundeliegenden Regeln sind logisch und wahrscheinlich den meisten Spielenden bekannt, die schon einmal einen Dungeon-Crawler oder genreverwandte Spiele gespielt haben.

Eine Runde von Dungeons of Doria läuft in mehreren Phasen ab. Zu Beginn jeder Runde werden Gegenstände aus dem Beutestapel aufgedeckt, die in einer späteren Phase gekauft werden können.

Danach wird die Initiative für die Aktionsphase ausgewürfelt. Dazu werden zwei W10 gewürfelt und das Ergebnis mit dem Initiative-Wert des Charakters addiert. Je höher dieser Wert, desto mehr Aktionen kann der Charakter in einer Runde durchführen.

Das Initiative-Tableau.
Das Initiative-Tableau.

Die darauffolgende Aktionsphase ist die Hauptphase des Spiels. Hier handeln alle Charaktere und Monster nacheinander ihre Aktionen ab. Für jedes Monster gibt es eine Stat-Karte, die Angriffsstärke und Verteidigung, Schwächen und Fähigkeit anzeigt. Zusätzliche Monster-Modifikatoren verleihen ihnen gegebenenfalls besondere Eigenschaften, sodass der nächste auftauchende Ork beispielsweise plötzlich Durchgänge versperren oder nur durch Nahkampfangriffe besiegt werden kann.

Die Figur, egal ob Monster oder Spielcharakter, die die meisten Aktionspunkte besitzt, darf den nächsten Zug machen. Bewegung, Aktionen wie Gegenstände aufsammeln und kämpfen kosten unterschiedlich viele Aktionspunkte, sind alle aufgebraucht, muss bis zur nächsten Runde gewartet werden. Kämpfe und Aktionen, die misslingen können, werden durch Würfelproben gelöst. In der Regel werden zwei W10 gewürfelt und charakter- oder ausrüstungsspezifische Boni addiert. Ist ein vorgegebener Zielwert erreicht, gelingt die Aktion oder der Kampf. Die Monster folgen eindeutigen Regeln und Verhaltensmustern, sodass ihre Aktionen im Voraus ersichtlich sind und die Gruppe dementsprechend handeln kann.

Zu jedem Monster gibt es einen oder mehrere Pappaufsteller.
Zu jedem Monster gibt es einen oder mehrere Pappaufsteller.

In den nachfolgenden Phasen werden weitere Spezialeffekte wie Gift oder besondere Monsteraktionen abgehandelt, außerdem rückt der Verderbenszähler vor. Dadurch können Monster höhere Stufen erreichen, was Stärke und Widerstandsfähigkeit erhöht oder neue Fähigkeiten erhalten lässt. Je nachdem, welche Aktionen in der Runde durchgeführt wurden, rückt der Zähler entsprechend vor. Die Idee dahinter ist, dass die Spielenden in jeder Spielrunde die Erkundung des Dungeons vorantreiben sollen, sich gleichzeitig, aber nicht zu weit voneinander entfernen sollten.

Zum Abschluss einer Runde dürfen die Spielenden ihre Charaktere verstärken, wenn sie genug Monster besiegt und ausreichend Erfahrungspunkte gesammelt haben. Zum Abschluss der Runde können sie die Gegenstände, die zu Beginn der Runde ausgelegt wurden, kaufen.

Eine besondere Rolle spielen Fallen bei Dungeons of Doria. Unter den regulären Beutekarten befinden sich auch Fallenkarten, die genauso wie Gegenstände immer dann gezogen werden können, wenn eine Beutekarte gezogen wird. Die Effekte der Falle können einzelne Charaktere, mehrere Charaktere, den Raum oder die gesamte Gruppe betreffen. In der Regel wird mithilfe einer oder mehrere Würfelproben entschieden, welchen Schaden die Falle anrichtet.

Jedes Szenario bietet unterschiedliche Siegbedingungen. Mal muss ein besonderer Raum gefunden werden, mal müssen die Charaktere eine bestimmte Stelle betreten, besondere Monster besiegen oder andere Bedingungen erfüllen. Charakterfortschritte werden zwischen einzelnen Szenarien nicht beibehalten, sondern wieder gelöscht. Wird eine Kampagne gespielt, wird ein Teil des Fortschrittes auf das nächste Szenario übertragen.

Insgesamt erinnert das Spielprinzip stark an Pen-and-Paper-Rollenspiele, allerdings ohne viel soziale Interaktionen. Der Fokus liegt hier eindeutig auf der Erkundung und dem Kampf. Die Zufallselemente sorgen für unterschiedliche Verläufe, selbst wenn gleiche Szenarien gespielt werden. Außerdem wird keine Spielleitung benötigt. Die Kämpfe gegen die Monster sind sehr basal gehalten, Angriffe werden mit Waffen oder Zaubern gegen den Verteidigungswert des Monsters geführt und sind je nach Ausgang der Würfelprobe erfolgreich oder misslingen. Spezialfähigkeiten gibt es nur auf Seiten der Monster. Ausrüstung kann im Kampf beschädigt werden und muss durch den Einsatz von Aktionspunkten repariert werden, damit sie wieder voll einsatzfähig ist.

Ausstattung

Dungeons of Doria kommt in einer großen Box, die viel Material beinhaltet. Raumkarten, Beutekarten, Monsterkarten, Charakter-Tableaus, Initiative-Tableaus, Rüstungs-, Trefferpunkte-, Gift- und Rüstungsmarker, Zähler, Würfel, Pappaufsteller für Monster und Charaktere, Standfüße und so weiter. Das Material ist aus hochwertiger und fester Pappe und scheinen auch längerer Benutzung gut standzuhalten. Einige der Karten, insbesondere die Beutekarten sind allerdings sehr klein geraten, sodass gute Augen respektive eine passende Brille Pflicht sind. Neben der umfangreichen Spielanleitung gibt es noch einen Schnellstart-Guide, ein Szenarien- und vier Kampagnen-Hefte. Außerdem ein weiteres Buch, in dem mögliche Raumeffekte beschrieben sind. Zusätzlich bietet die Spielanleitung ein Glossar, sodass bei Unklarheiten schnell nach den richtigen Regeln gesucht werden kann.

Aktuell ist die Box-Version nur auf Englisch erhältlich, Regelbuch und die Schnellstart-Anleitung sind in deutscher Sprache zum Download erhältlich.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Xploding 10 Games
  • Autor*in(nen): Viktor Ahrens
  • Illustrator*in(nen): Viktor Ahrens, Jes Cole, Delapouite, Nathan Park, Eric Quigley, Nicoleta Stavarache, Thomas Tamblyn
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Englisch
  • Spieldauer: 45 Minuten pro Spieler*in
  • Spieler*innen-Anzahl: 1 2 3 4 5 6
  • Alter: 14+
  • Preis: 99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, verlagseigener Shop

 

Bonus/Downloadcontent

Das Regelbuch gibt es zum Download in deutscher und englischer Sprache, genauso wie die Schnellstart-Anleitung. Außerdem zusätzliche Charakterbögen und Initiative-Tableaus zum Selbstdruck. Bei Bedarf kann auch das gesamte Spiel zum Selbstdruck auf der Verlagsseite erstanden werden. Zusätzlich finden sind dort auch weitere Raumkarten samt Icons zur individuellen Gestaltung.

Fazit

Dungeons of Doria bietet typisches Dungeon-Crawling, aber davon eine ganze Menge. Die zufälligen Elemente können für viel Abwechslung im Spielablauf sorgen. Die vorgefertigten Szenarien und Kampagnen erzählen keine epischen Geschichten, sondern dienen eher als Mittel zum Zweck, diese Rolle erfüllen sie aber angemessen. Für unerfahrene Spielende bietet das ausführliche, aber dennoch verständliche Regelwerk eine passende Ausgangslage, um mit Dungeons of Doria in die Welt der Dungeon-Crawler einzusteigen. Durch optionale Systeme, wie den Raumund TürEvents (besondere Ereignisse, die beim Öffnen von Türen eintreten), kann bei Bedarf die Schwierigkeit zusätzlich gesteigert werden, sodass auch erfahrene Gruppen eine angemessene Herausforderung finden können. Die Anzahl der Spielenden ist variabel, der Schwierigkeitsgrad wird dabei insbesondere durch die Anzahl der erscheinenden Monster angepasst.

In den vielen Testrunden gab es nur eine Situation, in denen ein Kampf bereits im Vorfeld aussichtslos schien und nur außerordentliches Würfelglück noch für einen Sieg hätte sorgen können. Die Jägerin war nicht im Besitz einer Nahkampfwaffe, während die Gruppe gegen mehrere Skelette antreten musste, die allerdings von Natur aus immun gegen Fernkampfwaffen sind.

Wem eine ausgearbeitete und dramatische Geschichte wichtig ist, wird bei Dungeons of Doria allerdings nicht fündig. Die Mechaniken des Spiels stehen im Vordergrund, die mitgelieferten Geschichten sind Beiwerk und dienen lediglich als Rahmen für die Dungeon-Abenteuer.

Noch besser funktioniert Dungeons of Doria als Dungeon-Sandbox. Die hohe Modularität, das Zusatzmaterial und die universell einsetzbaren Regeln sorgen dafür, dass eigene Charaktere, Szenarien und Kampagnen leicht zu erstellen sind.

Dungeons of Doria erfüllt den eigenen Anspruch gut und verspricht für Dungeon-Crawler-Fans und solche, die es werden wollen, viele Stunden Unterhaltung.

 

  • Intuitives Regelsystem

  • Große Materialfülle

  • Viel Individualisierung möglich

 

  • Kampfsystem teilweise zu einfach gehalten

  • Beutekarten sehr klein

 

Artikelbilder: © Xploding 10 Games
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Nina Horbelt
Fotografien: Maximilian Lentes
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.
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