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Gefangen auf einer abgelegenen Forschungsstation in der Arktis hat sich etwas unter uns gemischt. Wir sind scheinbar nicht mehr allein, irgendetwas will die Station sabotieren. Doch warum? Und vor allem wer oder was? Es sind doch nur jene hier, mit denen ich seit Monaten die Station teile, oder?

Nein! Denn irgendetwas, ein Ding, hat sich heimlich in die Gruppe geschlichen und versucht diese nun zur Abreise von der Station zu bewegen oder alle zu töten.

Ein Filmplakat als Schachtel verrät gleich den Zusammenhang zum Klassiker.
Ein Filmplakat als Schachtel verrät gleich den Zusammenhang zum Klassiker.

Das Spiel mit einem ähnlichen Mechanismus wie in Nemesis versetzt die Spielenden in das Szenario des Filmklassikers aus 1982, in dem eine Gruppe von Wissenschaftler*innen in der Arktis auf ein außerirdisches Lebewesen trifft. Dieses Ding ist in der Lage, seine Gestalt zu verändern, sodass niemand wirklich sicher ist, mit wem oder was man es gerade zu tun hat.

Wie der Film von damals, der bei dem Bechdel-Test durchfiel, ergeht es dem Spiel, denn wir übernehmen die durchgehend männlichen Charaktere des Films und versuchen nun unsererseits aus der Station zu fliehen, bevor wir alle zu Opfern des Dings werden. Wie das geschieht und warum man hier in einer Schachtel gleich zwei Spiele bekommt, das erfahrt ihr im Folgenden.

Spielablauf

Wer versucht, die Anleitung zu verstehen, ohne das Spiel gleichzeitig auch zu spielen, wird vermutlich viele Fragezeichen im Gesicht stehen haben. Letztlich unterteilt sich das Spiel allerdings in klar strukturierte Phasen und ist übersichtlicher, als es auf den ersten Blick scheint. Nur verstehen muss man es zunächst einmal.

Nach dem Spielaufbau und dem damit einhergehenden Verteilen von Charakteren (wobei jemand von Anfang das Ding ist), Ressourcen, dem Zuweisen der Rolle des Anführers und dem Skalieren des Spiels, startet man die erste Runde mit dem Wurf eines Wetterwürfels. Dieser bestimmt, wie das Wetter in dieser Runde sein wird. Da die Erderwärmung in diesem Spiel noch kein Thema ist, ist es jedes Mal kalt, wie kalt genau allerdings, das legt der Würfel fest. Dadurch wird dann bestimmt, wie viel Treibstoff die Heizung benötigt, welche die Station auf einer Temperatur hält, mit der man leben kann.

Auf den ersten Blick zwar eine Materialschlacht, ist der Inhalt der Box später klar verständlich.
Auf den ersten Blick zwar eine Materialschlacht, ist der Inhalt der Box später klar verständlich.

Nachdem das Wetter zufällig bestimmt wurde, und die damit einhergehenden Veränderungen in der Basis erfolgten, besprechen die Spielenden im ersten Teil der Aktionsphase, wie es weitergehen soll. Irgendjemand sollte immer in Richtung der Heizung gehen, um diese mit Treibstoff zu versorgen, jemand in der Küche für Essen sorgen und wenn man Licht in der Station möchte, sollte auch der Generator am Laufen gehalten werden. Neben diesen drei Räumen stehen aber auch noch andere Möglichkeiten zur Verfügung. So kann in der Wetterstation etwa das vorhandene Wetter „fixiert“, im Labor können Tests durchgeführt werden, um das Ding zu enttarnen oder in Kammern nach Ausrüstung oder Waffen gesucht werden. Zudem gibt es Fluchtwege, die jeweils eine gewisse Vorbereitung erfordern. Alle Charaktere haben zwar besondere Fertigkeiten, manche lassen sich jedoch nur in bestimmen Räumen nutzen. Daher ist der Weg für den einen oder anderen schon vorherbestimmt.

Wenn die Charaktere schließlich an die Orte bewegt wurden, ziehen die Spielenden jeweils Aktionskarten bis das Handkartenlimit erreicht ist und wählen anschließend eine der Aktionskarten aus. Diese legen sie verdeckt vor dem Anführer auf einen Stapel. Er bildet den Aktive-Karten-Stapel, aus dem der Anführer in der Folge schöpfen kann.

Bei den Aktionskarten kann es sich um Reparieren, Sabotieren und Benutzen handeln.

Nachdem das geschehen ist, kann es zu Begegnungen kommen. Diese finden immer dann statt, wenn mehr als ein Lebewesen an einem Ort ist. Und das ist oft der Fall, da viele Aktionen einfach sinnvoller mit mehr Charakteren durchgeführt werden können.

Kartenbereiche für Menschen sind grün. Das enttarnte Alien kann in rote Bereiche. Blaue Zonen sind keine aktive Spielzone für Aktionen.
Kartenbereiche für Menschen sind grün. Das enttarnte Alien kann in rote Bereiche. Blaue Zonen sind keine aktive Spielzone für Aktionen.

Sie bilden den kritischsten Moment des Spiels, da es hier zur Assimilation von Charakteren kommen kann. Bei diesen Begegnungen werden zuvor erhaltene Infektionsmarker eingesetzt, um die eigene Rolle zu demonstrieren. Hierzu werden zwei Marker ausgelegt, betrachtet werden darf jedoch nur einer. Das Ding darf in diesem Schritt entscheiden, ob es versucht, sein Opfer zu assimilieren, indem es einen Mensch– und einen AlienInfektionsmarker auslegt, oder ob es wie die Menschen lieber zwei menschliche Marker legt und unentdeckt agieren möchte.

Nach der Begegnung werden die Rollenkarten zwingend angeschaut und im Geheimen auf die aktuelle Rolle gelegt, damit man nicht auf das Ergebnis der Begegnung schließen kann. Zudem rücken alle, die einen Infektionsmarker gesehen haben, den eigenen Marker auf der Verdachtsleiste ein Feld vor. Diese Leiste dient dazu, einen Überblick zu behalten, wer viele Kontakte hatte und daher besonders „gefährdet“ ist, ein Ding geworden zu sein. Zudem gibt sie vor, wer unter bestimmten Umständen getestet werden kann und, dass ab einem vordefinierten Zeitpunkt Aktionskarten des Charakters offen gespielt werden müssen.

Nun ist es am Anführer, vom Aktive-Karten-Stapel immer eine Karte umzudrehen und diese einem Charakter zuzuweisen. Das bedeutet im Klartext, dass nicht der Charakter die Aktionskarte bekommt, welche der entsprechende Spielende auch gelegt hat. Der Anführer weist diese nach seiner Entscheidung zu. Im Anschluss werden nicht gespielte Karten abgelegt. Die zugewiesenen Aktionen müssen schließlich durchgeführt werden, bevor sich alle Charaktere in dem Aufenthaltsraum sammeln.

Nun wird darüber diskutiert, wer denn am wahrscheinlichsten infiziert ist und es werden Beschuldigungen ausgesprochen. Hierzu zeigt jeder auf Kommando des Anführers auf die Person, welche am verdächtigsten erscheint. Enthaltungen sind möglich. Jede Stimme lässt den Verdachtsmarker auf der Leiste vorrücken.

Anschließend können die Verdächtigen durch Test von dem Verdacht befreit werden oder werden als Ding enttarnt. Im ersten Fall wird der Marker an die untere Stelle der Verdachtsleiste gesetzt, im zweiten gibt sich das Ding zu erkennen und spielt von nun an offen als Alien weiter. Sollte das Alien enttarnt werden, ändert sich der Spielablauf etwas, da das enttarnte Alien eine eigene Phase für Aktionen bekommt und deutlich aggressiver vorgeht als noch zuvor.

Nach diesem aufreibenden Abschnitt kommt es noch zu so etwas wie dem profanen Nahrungsverbrauch. Sollte sich nun in der Küche nicht mindestens ein Nahrungsmarker befinden, werden vier aus dem Vorrat entfernt. Sollte auch das nicht gehen, werden die Charaktere hungrig und das Handkartenlimit wird reduziert.

Zuletzt können sich noch Hunde aus dem Zwinger befreien und über die Karte laufen, um es den Charakteren schwerer zu machen, bestimmte Räume aufzusuchen. Denn hier wird wiederum eine Begegnung ausgelöst, die zu einer Infektion führen kann.

Außerdem wird der Anführermarker weitergegeben und damit ein neuer Anführer bestimmt, sollte der entsprechende Marker zuvor eingesammelt worden sein.

Das erfreut das Miniaturenherz ein wenig: Teilweise hat man sich bei dem Spiel für Plastikmodelle entschieden.
Das erfreut das Miniaturenherz ein wenig: Teilweise hat man sich bei dem Spiel für Plastikmodelle entschieden.

Dieser Ablauf wiederholt sich so lange, bis die Charaktere entkommen oder tot sind.

Dann entscheidet sich, welche Fraktion das Spiel gewonnen hat. Die Menschen können nämlich nur dann gewinnen, wenn sie entkommen und kein Alien bei der Flucht dabei ist. Das Ding hingegen kann auch einfach alle Charaktere infizieren oder töten. Dazu reicht es manchmal schon, lange genug das Spiel zu verzögern, sodass die Heizung ausfällt und alle Überlebenden kurze Zeit später sterben.

Spielablauf bei ein bis drei Personen

Im Spiel mit weniger Spielenden geht unglaublich viel des eigentlichen Spielmechanismus’ verloren. Durch die Spielenden werden mehrere Charaktere übernommen. Zunächst ist dabei allerdings unklar, wer bereits ein Ding ist. Dies kann nur im Laufe des Spiels festgestellt werden, wenn es bei einem Test enttarnt wird oder das vom Brett gesteuerte Alien auf der Bedrohungsleiste mit dem Marker eines Charakters auf ein Feld rückt. Dann wird dieser Charakter zu einem Ding und spielt offen gegen die restlichen Charaktere.

Zudem fallen die Begegnungen zwischen den Charakteren fast vollständig weg. Lediglich Hunde und das Ding lösen noch eine Interaktion aus. Ebenfalls fällt das Abgeben von Aktionskarten an den Anführer weg. Stattdessen werden durch diesen die Aktionen gewürfelt und anschließend verteilt. Der gesamte Rundenablauf ändert sich durch das Spiel mit weniger Spielenden, sodass man hier im Grunde ein zweites Spiel mit den gleichen Materialien bekommt.

Kleinere Spielgruppen könnten gleich auf ein Spiel wie Mantis Falls ausweichen, welches für eine geringere Spielendenzahl konzipiert wurde.

Ausstattung

Beginnen wir bei der Ausstattung zunächst mit der Schachtel. Optisch ist sie für Filmkenner sofort zu erkennen. Sie zeigt eine Mischung der Filmplakate von 1982 und 2011 mit der Aufschrift The Thing in der entsprechenden Schriftart und dem Zusatz Das Brettspiel. Ansonsten ist die Schachtel schwarz gehalten und verzichtet auf weitere Designelemente.

Wenn man die Box öffnet, sieht man viel Material: Spielplan, Würfel, Plastikmarker für Ressourcen, Charaktertafeln, Pappaufsteller für das Ding und die Charaktere, dutzende Marker für Feuer, Infektion und Frost und Stromausfall, über 100 Karten und Plastikminiaturen für die Hunde befinden sich ebenso wie zwei Stoffsäckchen und die Anleitung in der Schachtel.

Die Anleitung selbst konnte zu Beginn nicht so richtig überzeugen.

Verwirrung durch die Anleitung. Diese spricht von acht Ding-Aufstellern. Wir haben nur vier.
Verwirrung durch die Anleitung. Diese spricht von acht Ding-Aufstellern. Wir haben nur vier.

Das Spiel ist vom Aufbau her recht komplex, die Anleitung hingegen versucht, dies so leicht wie möglich darzustellen. Dabei gehen jedoch einige Aspekte verloren, welche erst beim Spielen auffallen. So werden die Regeln für enttarnte Aliens etwa separat in roter Schrift in der Anleitung erwähnt, sodass sie schnell erkennbar sind, allerdings bedeutet das auch, dass alle Spielenden die Anleitung lesen müssen. Fragt nämlich jemand im laufenden Spiel wie sich das Ding nun verhält, ist die Rolle schon verraten. Gerade beim Spiel mit weniger als vier Spielenden war das Verständnis der Anleitung eher mangelhaft, wenn nicht zuvor das Grundspiel einmal gespielt und verstanden worden ist. Daraus folgte dann recht schnell der Wunsch, das Spiel einfach abzubrechen.

Ebenfalls recht enttäuscht waren wir, als wir feststellen mussten, dass für die Charaktere und die Aliens einfache Pappaufsteller herhalten mussten. Die Hunde haben Miniaturen bekommen, die Charaktere hingegen nicht. Gerade mit Hinblick auf den Gametrailer, der ebenfalls die Minis zeigt, ist das sehr schade.

Anders als im Gametrailer leider nur „Pappkameraden“, die Charaktere.
Anders als im Gametrailer leider nur „Pappkameraden“, die Charaktere.

Ein kleines Schmunzeln hat uns aber dann doch das Innere der Schachtel abgewonnen, als wir nämlich das Inlay betrachtet haben. Dieses ist in einem durchsichtigen Eisblau gehalten und darunter, am Boden der Schachtel, ist das Raumschiff abgedruckt, welches somit „im Eis gefangen“ ist.

Auch wenn der Einstieg in das Spiel etwas schleppend ist, bekommt man für den Preis einiges an Material, mit dem man lange seinen Spaß haben kann.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Asmodee /  Pendragon Game Studio
  • Autor*in(nen): Andrea Crespi und Giuseppe Cicero
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 60+
  • Spieler*innen-Anzahl: (1) (2) (3) 4 5 6 7 8
  • Alter: 13+
  • Preis: ca. 42 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, KuTaMi

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Website von Asmodee erhält man neben der Spielanleitung und der Auflistung des Spielinhalts auch Zugriff auf den Gamertrailer. Zudem wird auf die Erweiterung Norwegischer Außenposten hingewiesen. Dabei handelt es sich um den Film von 2011 und eine Vorgeschichte zu den Ereignissen des Spiels.

Fazit

Zunächst einmal: Wir hatten Spaß!

Allerdings muss gesagt werden, dass es dahin etwas gedauert hat. Die Anleitung hat es uns nicht leicht gemacht und einige Geheimnisse versucht, für sich zu behalten. Gerade im Spiel zu dritt erreichten wir das eine oder andere Mal Bereiche, in denen keiner mehr weiterwusste. Und das, obwohl alle am Tisch die Anleitung gelesen hatten. Zudem fehlte hier oftmals das Gefühl von Spannung und wir kamen in einen Trott, der das Spiel langweilig und fade werden ließ.

Das legte sich nach den ersten Runden und vor allem mit mehr Spielenden. Man kam in ein flüssiges Spielen, was nahezu keine Pausen beinhaltete. Wir haben gemeinsam an der Station gearbeitet, obwohl wir wussten, dass jeder Kontakt mit den anderen Charakteren immer ein Risiko darstellte, vielleicht zu einem Alien zu werden. Aber nur so konnten die Ziele erreicht werden.

Ab sechs Personen im Spiel fing es dann richtig an mit der Spannung. Man verdächtigte alles und jede*n wegen Kleinigkeiten und Blicken, die man sich zuwarf. Alle waren immer an allem schuld. Selbst wenn der Charakter immer nur für die Station und die Menschen arbeitete, wurde ein Täuschungsmanöver des Aliens vermutet.

Nur unser Koch hatte ein kleines Problem. Er wurde Runde für Runde zum Küchendienst verdonnert und hatte somit kaum Begegnungen, die ihn verdächtig werden ließen. Das ist der Nachteil, wenn Charaktere besondere Fertigkeiten haben. Will man von seiner Aufgabe abweichen, muss man das schon richtig gut begründen.

Einmal allerdings hätte er uns sicher auch vergiften können, wenn es die Mechanik hergegeben hätte, denn als wir ihn in den Helikopter ließen, verschlang er den Piloten und entkam in die Welt, die wir retten wollten.

In The Thing ist man eben nie sicher. Und das ist das Großartige an dem Spiel.

  • Das Ding-System überzeugt
  • Spannend bis zum Schluss
  • Hohe Interaktion
 

  • Anleitung teils unverständlich
  • Zäher Einstieg

 

Artikelbilder: © Asmodee
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Denise Hollas
Fotografien: © Thomas Mottl
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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