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Schreckliche Monster verwüsten und plündern die Erde, von der Menschheit ist nichts mehr übrig, denn die Großen Alten sind erwacht. Doch der Kampf hält an. Nun geht es Monster gegen Monster und Großer Alte gegen Großer Alte, wer herrscht am Ende über das, was von der Erde übrig bleibt?

Ähnlich inflationär wie das Zombie-Thema wurde H. P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos über Jahre als Pflichtversion für jede Spielereihe verwendet. Wir haben daher einen eigenen Überblickartikel geschrieben, der zehn Cthulhu-Spiele bespricht. Neben der Vielzahl an Titeln mit etwas künstlich aufgeklebtem Thema gibt es aber auch einige echte Qualitätstitel in der Welt der Großen Alten. Allen voran ist hier sicher das Arkham Horror LCG zu nennen. Aber auch Mansions of Madness, Cthulhu – Death may die oder das Rollenspiel Achtung! Cthulhu 2D20 haben bei uns positiven Anklang gefunden.

Wenn dann einer der Ur-Väter für Cthulhu-Spiele – Sandy Petersen – selbst sich anschickt, mit Cthulhu Wars das größte, weil opulent ausgestattete, Cthulhu-Spiel zu liefern, schauen wir uns das natürlich auch gespannt an. Lange, lange hat es gedauert, dass es auch die deutsche Version von Cthulhu Wars in die Spieleregale geschafft hat. Zwischen dem Kickstarter, der, 2013 gestartet, knapp 1,5 Millionen USD eingesammelt und die ersten englischen Exemplare 2015 ausgeliefert hat und dem Erscheinen der deutschen Version bei Pegasus Spiele Ende 2022 liegen fast zehn Jahre. Wenn Pegasus Spiele nach so vielen Jahren noch ein lokalisiertes Cthulhu Wars anbietet, haben wir wohl einen Dauerbrenner? Leider schaut es mittlerweile so aus, als ob Petersen Games für weitere Cthulhu Wars-Wellen Geld braucht, um Finanzlöcher zu stopfen und Pegasus Spiele sich nach vier Erweiterungen entschieden hat, keine weiteren zu lokalisieren und sogar alle aktuellen Artikel aus dem eigenen Webshop zu entfernen. Aber schauen wir uns an, worum es bei Cthulhu Wars geht:

Triggerwarnungen

Abscheulichkeiten, Body Horror

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Spielablauf

Neben den üblichen Spielkomponenten wie Fraktionskarten, Markern und einfachen Spielfiguren bietet Cthulhu Wars mit den riesigen Figuren für die Großen Alten echte Hingucker. Werden diese im Spiel beschworen, ändert sich das Spiel ziemlich, da sie nicht nur eines der begehrten sechs Zauberbücher freischalten, sondern auch mächtige Fähigkeiten mitbringen, die ab dann starken Einfluss auf den Fortgang der Partie haben.

Es dauert jedoch einige Runden, bis die Großen Alten selbst am Krieg teilnehmen, denn es wird viel Macht benötigt, um sie zu beschwören, weshalb auch das Timing gut gewählt sein will, da meist eine ganze Runde hierfür geopfert wird. Aber der Reihe nach:

Im Grundspiel von Cthulhu Wars kämpfen die Großen Alten Gelbes Zeichen, Großer Cthulhu, Kriechendes Chaos und Schwarze Ziege um die Ruinen der von der Menschheit befreiten Erde. Um die Vorherrschaft zu erlangen, muss ein Großer Alter seine sechs individuellen Zauberbücher erspielen und als erster 30 Verdammnis erzeugen. Sollten vorher zu viele Rituale der Verdammnis durchgeführt worden sein, gewinnt der Große Alte, der seine sechs Zauberbücher und die meiste Verdammnis hat. Gespielt auf einem großen Spielplan, der die Erde in Zonen zeigt, die sich je nach Mitspielendenzahl regional unterscheiden. Land und Wassermassen sind hierbei gleichwertig benachbart, die Ozeane verbinden das rechte und linke Ende des Spielplans miteinander. Eine Partie Cthulhu Wars erstreckt sich üblicherweise über vier bis sechs Runden, die in jeweils vier Phasen ablaufen.

Rundenablauf

In der Aktionsphase findet der Großteil des Spiels statt. In dieser Phase benutzen die Großen Alten reihum Machtpunkte, um Aktionen wie Kultist rekrutieren, Monster beschwören, Großen Alten erwecken, Tor erschaffen, Bewegen, Kampf oder Kultist gefangen nehmen durchzuführen. Dazu hat jeder Große Alte noch Aktionen auf seiner Fraktionskarte, die nur er nutzen kann. Jede Aktion hat bestimmte Machtkosten und Große Alte ohne Machtpunkte werden übersprungen, bis alle keine Machtpunkte mehr haben. Wichtig hierbei: Hat ein Großer Alter keine Machtpunkte mehr, kann er auch keine kostenlosen Aktionen mehr durchführen.

Zu Beginn des Spiels konzentrieren sich die Großen Alten darauf, erste Zauberbücher freizuspielen, eine Machtbasis zu etablieren und die eigene Armee aufzubauen. Zauberbücher werden auf jeder Fraktionskarte unterschiedlich freigespielt. Auf jedes freigespielte Zauberbuchfeld kann dann eins der sechs Zauberbücher gelegt werden und die Fähigkeit daraus ab dann genutzt werden. Die Reihenfolge der gewählten Bücher hat also einen großen Einfluss auf das Spiel.

In der Machtphase generieren alle Großen Alten neue Macht, um in der folgenden Aktionsphase möglichst viel Unheil anrichten zu können. Für jeden eigenen Kultisten, jedes selbst kontrollierte Tor und jedes unkontrollierte Tor auf der Karte wird macht generiert. Ebenso werden gefangen genommene Kultisten an ihre Großen Alten zurückgegeben und dafür Macht erzeugt.

Wer die meiste Macht generiert hat wird in der Startspielerphase der*die neue Startspielende für die nächste Runde. Da es strategisch von Vorteil sein kann, als letzter Großer Alter noch Machtreserven zu haben und handeln zu können ist es sinnvoll, dass der Große Alte mit der meisten Macht beginnt.

In der Verdammnisphase verursachen die Großen Alten noch Verdammnis für jedes Tor, dass sie kontrollieren. Es wird also deutlich, gekämpft wird auf der Karte hauptsächlich um die Tore, da diese sowohl siegbringende Verdammnis als auch Macht für den Weg dorthin bringen. Wenn die Tore ausgewertet sind, hat jeder Große Alte noch die Gelegenheit ein Ritual der Auslöschung durchzuführen. Für diese ist auch die Spielreihenfolge interessant, da die Machtkosten mit jedem durchgeführten Ritual steigen.

Für das Ritual erhält ein Großer Alter noch einmal Verdammnis für jedes kontrollierte Tor und ein Älteres Zeichen für jeden eigenen Großen Alten auf dem Spielfeld. Abhängig von der Anzahl der Spielenden endet das Spiel auch nach einer bestimmten Zahl durchgeführter Rituale mit dem Sofortigen Tod. Mit dem Ende der Verdammnisphase gewinnt dann der Große Alte, der seine sechs Zauberbücher und die meiste Verdammnis erspielt halt. Ist kein Sofortiger Tod eingetreten; geht es direkt mit der nächsten Aktionsphase weiter, die der neue Startspielende beginnt.

Kampf

Neben dem Einsetzen und Bewegen von eigenen Figuren in der Aktionsphase, geht es im Kampf darum, Figuren wieder vom Spielfeld zu bekommen. Gleichzeitig ist der Kampf wohl das komplizierteste Ereignis in Cthulhu Wars-Partien. Gestartet wird ein Kampf durch eine Aktion des aktiven Mitspielenden, der die Machtkosten bezahlt und die Zone auf dem Spielbrett bestimmt, in der gekämpft wird. Bevor der eigentliche Kampf beginnt, dürfen beide Kampfparteien entscheiden, ob sie noch Vorkampffähigkeiten einsetzen wollen, die meistens auf der Fraktionskarte oder einem Zauberbuch zu finden sind. Anschließend werden die Kampfwerte aller teilnehmenden Figuren beider Seiten addiert und entsprechend der Summen viele Würfel pro Partei geworfen. Sechsen sind Todesresultate, Vieren und Fünfen Schmerzresultate. Anschließend weist jede Kampfseite zuerst die Todesresultate den eigenen Figuren zu, diese werden eliminiert. Danach werden die Schmerzresultate zugewiesen, diese Einheiten müssen sich in angrenzende Zonen zurückziehen. Auf diesem Wege werden gegnerische Einheiten vom Spielfeld entfernt und meist Zonen mit Portalen erkämpft, um sie selbst zu kontrollieren. In der Anleitung finden sich noch beachtliche zehn Seiten, die auf spezielle Sondersituationen im Kampf eingehen.

Ausstattung

Die Ausstattung ist beeindruckend, die übergroßen Figuren der Großen Alten stechen hervor. Alle anderen Materialien sind gut verarbeitet. Der Katalog, der dem Spiel beiliegt, ist etwas absurd. Auf fast 300 Seiten bewirbt er vor allem Erweiterungen, die nicht im Spiel enthalten sind, gibt Strategie-Tipps für alle Fraktionen und Ähnliches. Auf die tatsächliche Anleitung zum Spiel entfallen dann nicht mal 30 Seiten, hier hätte es vielleicht auch ein separates, besser strukturiertes, Regelheft sein dürfen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Petersen Games, Pegasus Spiele
  • Autor*in(nen): Sandy Petersen, Lincoln Petersen
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 90 – 120
  • Spieler*innen-Anzahl: 2, 3, 4 (mit Erweiterungen bis zu 8)
  • Alter: 14+
  • Preis: ca. 130 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Die Liste der Zusatzprodukte und Erweiterungen für Cthulhu Wars ist lang, hier daher nur einige beispielhafte Nennungen. Hier einige zusätzliche Große Alte:

  • Wächter des Weges
  • Schläfer
  • Windschreiter
  • Azathoth
  • Tcho-Tcho

Dazu gibt es verschiedene neue Spielpläne, vor allem der für sechs bis acht Große Alte ist relevant für große Gruppen.

Fazit

Cthulhu Wars ist nicht nur ein echter Hingucker. Die riesigen Plastikfiguren machen echt Eindruck auf dem Spieltisch und wer sich alle Erweiterungen besorgt, kann auch ein ganzes Regal mit Cthulhu Wars füllen. Aber auch spielerisch weiß das Spiel wirklich zu überzeugen. Wer Spiele mag, in denen Aktionen mit Punkten gekauft werden und gerne Plastikfiguren über eine Karte schiebt, um die anderen zu terrorisieren, kommt hier voll auf seine Kosten. Nicht nur die Produktion ist gelungen, die Partien sind auch durchweg spannend, da die groß wirkende Karte eng verbunden ist und sehr viel Interaktionsmöglichkeiten bietet. Dabei läuft das Spiel flüssig, da die Regeln recht einfach sind und die Herausforderung sich eher im Abwägen und Taktieren um die richtigen Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt abspielen. Die Motivation, sich gegenseitig Tore wegzuschnappen, ist hoch, da jedes Tor wertvolle Macht und Verdammnis bringt. Dabei spielen sich alle Großen Alten mit ihren zahlreichen unterschiedlichen Fähigkeiten sehr individuell, was die Wiederspielbarkeit erhöht. Wenn nach und nach mehrere Große Alte selbst am Spiel teilnehmen, werden, die zur Verfügung stehenden Fähigkeiten sehr mächtig und die Partie prescht auf die Endphase zu. Partien enden dann meist auch ziemlich genau nach zwei rasanten Stunden, nach denen man eigentlich direkt Lust hat, noch eine Runde zu spielen und andere Dinge auszuprobieren. So sollen Spiele sein, von uns gibt es einen Daumen hoch.

  • Große Alte spielen sich sehr asymmetrisch
  • Hohes Maß an Interaktion
  • Viel Action in überschaubarer Spielzeit

 

  • Grundspiel möchte Erweiterungen verkaufen
  • Anleitung ist nicht gut
  • Zukunft der deutschen Version unklar

 

Artikelbilder: © Pegasus Spiele
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Denise Hollas
Fotografien: Niko Kwekkeboom
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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