Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten

In Flamecraft schicken wir unseren Drachen in unterschiedliche (Drachen-)Geschäfte, um sich mit Rohstoffen einzudecken oder die Ladentheke zu verzaubern. Das farbenfrohe Artwork sollte zu Beginn nicht über die Zielgruppe hinwegtäuschen. Wird das Spiel aus einem kleinen Funken eine lodernde Flamme der Leidenschaft entfachen können? 

Drachen sind faszinierende Wesen und sind sowohl in der Literatur, im Pen-and-Paper-Genre und natürlich in der Welt des Larps feste Bestandteile der jeweiligen Bereiche. Oft wachen sie tief im Schlaf versunken über ihre Schätze, um sich letztendlich als furchteinflößender Endgegner vor der Held*innengruppe zu manifestieren. In Flamecraft spielen wir selbst einen Drachen und optimieren liebenswerte Drachen-Geschäfte. Warum daher „Nickel“ ein passender Drachenname ist, wie uns ein berühmter Koch verzaubern kann und warum ihr sogar an die weltberühmte Musikband Queen denken werdet, wird sich genauso auflösen, wie hoffentlich die Frage, wer einen Blick in das Flammenhandwerk werfen sollte.

Spielablauf

Bis zu fünf Spielende versuchen in Flamecraft, durch das Erreichen von Siegpunkten das Spiel für sich zu entscheiden. In der Kern-Mechanik wird dafür eine Spielfigur versetzt und man erhält dafür eine gewisse Anzahl an Ressourcen oder tauscht diese in Siegpunkte (hier in Herzen) um. So simpel sind die Regeln tatsächlich fast auch schon komplett erklärt. Allzu viel strategischen Tiefgang kann man davon nicht erwarten, aber es gilt, seine Züge und die Ressourcen strikt zu optimieren.

Der Spielaufbau beginnt mit dem Ausrollen des Spielplans und dem Verteilen von sechs vorgegebenen Drachenläden. Jeder Laden repräsentiert dabei eine der sechs Ressourcen im Spiel. Es gilt dort Brot, Fleisch, Eisen, Kristall, Pflanzen und Tränke zu erwerben. In den Startläden wird je eine kleine Drachenkarte (Werkeldrachen) mit dem entsprechenden gleichen Ressourcen-Symbol in einen von drei Laden-Slots gelegt – etwa der Drache Nickel für den Eisenladen. Die Spielenden bekommen neben einer Aktionsübersichtskarte noch vier der Werkeldrachen auf die Hand.

Beim Aufbau kann man sich den staunenden Blicken der Mitspielenden Gewiss sein.
Beim Aufbau kann man sich den staunenden Blicken der Mitspielenden Gewiss sein.

In der eigenen Runde bewegt man die Drachenfigur in einen Laden, wobei man denselben Laden nicht direkt zweimal hintereinander besuchen darf. Sollten bereits Figuren der Mitspielenden in dem Laden sein, muss man diese vor dem Betreten mit Ressourcen entlohnen können. In dem Laden selbst stehen die beiden Aktionen Sammeln und Verzaubern zur Verfügung.

Die zentrale Aktion zu Beginn ist das Sammeln von Ressourcen. Sowohl auf dem Laden als auch auf den später dazu kommenden Verzauberungen und den im Laden ausliegenden Werkeldrachen sind Ressourcensymbole abgedruckt. Dieses mögliche Potpourri erhält man in Form von Ressourcen-Plättchen. In der ersten Runde sind das meist nur zwei Ressourcen, im weiteren Spielverlauf kann hier eine wahre Schwemme zusammenkommen.

Zusätzlich zu der Ressourcen-Sammelei darf man noch einen eigenen Werkeldrachen aus den Handkarten in einem der freien Slots ablegen. Die Symbole auf dem Slot und die des Drachen müssen dafür ebenfalls übereinstimmen. Nicht jede Karte kann demnach in allen Läden verwendet werden.

Die Spielhilfen stellen alle Aktionen und dazugehörigen Schritte umfangreich dar.
Die Spielhilfen stellen alle Aktionen und dazugehörigen Schritte umfangreich dar.

Daraufhin bekommt man eine kleine Belohnung und darf noch eine der Spezialfähigkeiten der im Laden ausliegenden Drachen verwenden. Das können zum Beispiel weitere Ressourcen oder das Nachziehen einer Handkarte sein. Gerade diese Option ist nicht zu unterschätzen, da es keinen Automatismus gibt, an neue Handkarten zu gelangen. Später können bis zu sechs weitere Läden auf dem Spielbrett dazu gekommen.

Sobald in einem Laden alle drei Slots mit Werkeldrachen belegt werden, wird ein neuer, zufällig gezogener Laden aufgedeckt. Die neuen Läden haben immer eine Sonderfähigkeit, die ebenfalls in der Sammelaktion genutzt werden darf. Dies kann von günstigen Tauschaktionen (Ressourcen gegen Herzen) bis zu kleinen Glücksspielen gehen. Mit den Minispielen wirft man unter anderem eine Münze, verliert diese oder darf auf der Herzleiste weiterwandern.

Die Verzauberungen sind mit Ressourcen zu bezahlen: Fleisch für die Hortensie.
Die Verzauberungen sind mit Ressourcen zu bezahlen: Fleisch für die Hortensie.

Alternativ zu der Sammelaktion kann der besuchte Laden verzaubert werden. Auf der großen Spielfläche liegen stets fünf Verzauberungen offen aus. Jede Verzauberung muss mit einem Mix unterschiedlicher Ressourcen bezahlt werden. Analog zu den Läden sind die Verzauberungen ebenfalls einer Ressource zugeordnet und können daher nur in diesen Läden platziert werden.

Als Belohnung erhält die Person für die Verzauberung Siegpunkte, um auf der Herzleiste voranzukommen, und manchmal auch einen neuen Werkeldrachen. Die Verzauberung wird oberhalb des Ladens abgelegt. Wie bereits bei den Werkeldrachen, dürfen in einem Laden maximal drei Verzauberungen platziert werden. Zusätzlich darf man in dieser Aktion noch die Spezialfähigkeit aller im Laden ausliegender Werkeldrachen auslösen.

Das Spielende wird eingeläutet, wenn der letzte Werkeldrachen oder die letzte Verzauberung aus dem entsprechenden Nachziehstapel offen in die Auslage gelegt wird. Alle dürfen nun noch einen letzten Zug ausführen.

Zu Beginn des Spieles und während der Züge können Bonuskarten (Schmuckdrachen-Karten) erworben werden. Dies sind kleinere Sieg-Bedingungen, die in die Gesamtbewertung einfließen. Bei manchen muss man eine gewisse Anzahl an Ressourcen vor sich liegen haben. Es gibt aber auch Boni, auf die man gezielter hinarbeiten muss, wie in etwa eine gewisse Verteilung der Werkeldrachen in den ausliegenden Läden. Auf der Herzleiste werden infolgedessen übrige Münzen und Punkte aus den Bonuskarten abgetragen. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt das Spiel.

Startaufstellung für den Joko und … Glas Laden.
Startaufstellung für den Joko und … Glas Laden.

Für das beste Spielgefühl stellt sich in unseren Testrunden eine Anzahl von drei Personen heraus. In dem Spiel zu zweit gibt es zu viele Freiheiten und Auswahlmöglichkeiten bei den Läden. In den ersten zwei Runden steuert man vielleicht noch dieselben Läden an und muss eine Ressource verschenken, aber je länger das Spiel geht, desto mehr spielt man nebeneinander her. Bei vier oder fünf Spielenden sehen bereits die Regeln vor, dass die letzten beiden Personen zusätzlich eine freie Ressource bekommen.

Das ist auch zwingend notwendig, da sie diese sehr sicher in der ersten Runde gleich verschenken. Auch wenn die Züge recht schnell gehen, ist das Spiel so leichtgewichtig, dass bei mehr Personen die Nebengespräche aufgrund der Wartezeit deutlich zunehmen. Je nach gewünschter Atmosphäre ist Flamecraft also ein nettes Spiel, ohne dass man allzu große Aufmerksamkeit auf das Spielgeschehen lenken muss. Bei Brettspiel-Hobbyist*innen dürfte dies in der Regel nicht gerade als Qualitätsmerkmal dienen.

Sechs Drachen in hübschen Pastelltönen stehen den Spielenden zur Auswahl.
Sechs Drachen in hübschen Pastelltönen stehen den Spielenden zur Auswahl.

Flamecraft kommt zusätzlich mit einem Solo-Modus einher. Die Spielregeln sind dafür erfreulich nah am Hauptspiel ausgerichtet und bedürfen keiner komplexen Automa-Steuerung. Am Ende des eigenen Zuges wird ein Werkeldrache gezogen und nach einem vorgegebenen Schema in die Slots auf die Läden gelegt.

Das Spiel wird dadurch schneller und manchmal werden einem wertvolle Slots vor der Drachennüster weggeschnappt. Der Solo-Modus wird mit einer vorgegebenen Mischung aus Verzauberungen, Läden und Werkeldrachen gestartet.

Erreicht man über 75 Punkte und eine von elf Bedingungen, darf man – abhängig von der erreichten Bedingung – das Startkarten-Set verbessern. In Summe fühlt es sich etwas an wie eine Mini-Kampagne. Die 75 Punkte in Verbindung mit mindestens einer der zu erreichenden Bedingungen ist auch nicht ganz einfach. Für eine kurze Session zwischendurch ist es ein lohnender Zeitvertreib.

Ausstattung

Kaum eine Testrunde in den vergangenen Wochen, die nicht unbedingt Flamecraft spielen wollte. Das Artwork auf der Verpackung holt die meisten direkt ab. Entrollt man dann theatralisch die Neoprenmatte (Spielbrett) mit einer Gesamtlänge von 106 cm, hat man die Aufmerksamkeit für sich gewonnen.

Die Drachenfiguren und die Marker für die Herzleiste sind aus Holz gefertigt und toll verziert. Auf den Karten insbesondere bei den Läden und Verzauberungen trifft man auf witzige Wortspiele, die insbesondere in den ersten Runden zum Entdecken und Schmunzeln einladen. Der Laden Freddy Mehrcurry in etwa bietet frisch gegrilltes und damit die Ressource Fleisch an. Diese lässt sich unter anderem für die Verzauberung Tim Schmelzer in Siegpunkte umwandeln.

Die Spielanleitung ist recht bunt, aber inhaltlich schlüssig aufgebaut. Die einzelnen Regeln sind in der Anleitung mit einem individuellen farbigen Hintergrund extra abgegrenzt. Nach dem kurzen Studium sollten keine Fragen mehr offen sein. Die Spielenden bekommen zusätzlich eigene Spielhilfen an die Hand, die sowohl die Aktionen (Vorderseite) als auch die Spezialfähigkeiten der Werkeldrachen (Rückseite) beschreiben. Selbst für den Solo-Modus gibt es eine eigene Spielhilfe.

Der Karton ist sowohl innen als auch außen mit demselben stimmigen Artwork ausgestattet. Im Inneren stehen unterschiedlich große Fächer zur Verfügung. Damit bietet Flamecraft eine einfache, aber zweckmäßige Sortierhilfe an.

Die Deluxe-Version enthält hübsche Upgrades.
Die Deluxe-Version enthält hübsche Upgrades.

Auf der Verlag-Homepage wird zusätzlich die Deluxe-Version beworben, diese ist nach aktuellem Stand nur für ausgewählte Einzelhändler*innen vorgesehen. Die Deluxe-Variante enthält sechs detailreiche Plastikfiguren, 25 Münzen aus Metall inklusive Beutel, Ressourcen aus Holz und einen Sortiereinsatz von Gametrayz. Das Spiel als solches wird dadurch nicht hinsichtlich Spiele-Mechaniken bereichert, aber die Luxus-Komponenten sehen sehr ansprechend aus. Teilzeitheld Tim konnte aus seiner Privat-Sammlung ein paar Bilder der Deluxe-Version beisteuern.

 

Flamecraft BoxDie harten Fakten:

  • Verlag: Asmodee
  • Autor*in(nen): Manny Vega
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 60 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 1 2 3 4 5
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Preis: ca. 32 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Für Flamecraft lassen sich die Regeln direkt auf der Homepage von Asmodee herunterladen.

Herausgegeben wird das Spiel ursprünglich von Cardboard Alchemy. In ihrem neusten Crowdfounding-Projekt Andromedas Edge lässt sich als Add-on eine Flamecraft-Rasse dazu bestellen. Im selben Bundle ist außerdem ein Promo-Laden für Flamecraft enthalten.

Wer im Aufbau etwas Zeit sparen möchte und sich etwas mehr Ordnung bei der Ressourcen-Verwaltung im Spiel wünscht, findet interessante 3D-Drucke beispielsweise auf Thingverse: vom kompletten Spieltableau bis hin zur reinen Ressourcen-Aufbewahrung.

Fazit

Das süße Artwork sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Flamecraft ein striktes Ressourcen-Management-Spiel ist. Mit nur wenig Regeln und nur zwei Aktionsmöglichkeiten werden Ressourcen beschafft und schließlich in Siegpunkte umgewandelt. Alle Karten weisen sehr viel Texte auf, sodass es trotz des bezaubernd anmutenden Artworks wirklich erst ab Lesealter – wie empfohlen – interessant sein dürfte.

Leider ist die Mechanik schnell durchdrungen und es entsteht wenig Abwechslung beziehungsweise die Spielzüge wiederholen sich permanent. Personen, die gerne optimieren, kommen dabei etwas auf ihre taktischen Kosten. In den ersten zwei Partien gibt es aufgrund der Wortspiele auf den Karten noch viel zu entdecken, aber danach nimmt der Wiederspielwert doch recht schnell ab. Im Solo-Modus wird man über elf zu erreichende Ziele für einige weitere Partien herausgefordert.

Es gibt viele lustige Wortspiele zu entdecken.
Es gibt viele lustige Wortspiele zu entdecken.

Flamecraft mitzuspielen, lohnt sich in jedem Fall. Dauerhaft bietet es zu wenig Abwechslung und dürfte eher selten auf den Tisch wandern. Schade eigentlich, da die Materialien und Aufmachung eine herausragende Tischpräsenz bieten. Für Neulinge in den Mechaniken Worker-Placement und Ressourcen-Management kann Flamecraft einen guten Einstieg bieten. Mitspielende mit Erfahrung werden den Neulingen aber Punkte-technisch davonlaufen.

Unter dem Strich stellt Flamecraft ein niedliches Spiel mit einfachen Regeln dar. Für wenig Spielende dürfte es jedes Mal beim Auspacken ein tolles Erlebnis darstellen. Familien, die Spiele öfter auf den Tisch packen, werden dauerhaft eher zu anderen Titeln greifen.

 

  • Verspieltes und niedliches Artwork
  • Guter Einstieg in bestimmte Spiel-Mechaniken
  • Guter Solo-Modus
 

  • Wenig Interaktion
  • Wenig Abwechslung in den Zügen
  • Partien laufen ähnlich ab

 

 

Artikelbilder: © Asmodee
Layout und Satz: Norbert Schlüter
Lektorat: Saskia Harendt
Fotografien: Horst Brückner
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein