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Welche sind die besten Spiele aller Zeiten? Jeder Brettspielfan sollte diese doch mal gespielt haben – oder kann man sich so manche davon auch sparen? Es ist Zeit für einen Überblick über die zehn aktuell am höchsten bewerteten Spiele auf BoardGameGeek, der größten internationalen Plattform für Brettspiele.

Mehr als die Hälfte der Top 10-Spiele auf BoardGameGeek (BGG), der größten englischsprachigen Spieledatenbank mit über 1,5 Millionen Nutzern weltweit, entspringen der Phantastik. Neben zwei Fantasy-Titeln findet man drei aus dem Bereich SciFi und einmal sogar Steampunk. Weitere drei sind historische Spiele um die Themen Aufbau, Politik und Krieg, und nur eines ist eine klassische Wirtschaftssimulation, die aber immerhin auch im Wilden Westen spielt.

Damit man nicht mit ein paar Dutzend Fake-Accounts sein neues Spiel an die Spitze katapultieren kann, gibt es zwei Wertungen bei BGG. Zur durchschnittlichen Bewertung werden Dummies hinzugerechnet. Je mehr Bewertungen ein Spiel hat, umso weniger fallen diese durchschnittlich wertenden Dummies ins Gewicht. Die Top 10-Spiele wurden jeweils 10.000-30.000 Mal bewertet.

Auch wenn einem Großteil der Brettspiel-Muggel da draußen als erstes immer noch die drei großen, bösen M in den Sinn kommen: Monopoly, Mensch ärgere dich nicht und Mau Mau. In den letzten Jahrzehnten, insbesondere seit Die Siedler von Catan (1995), hat sich einiges getan. Und es tut sich laufend etwas Neues. Daher ist auch nur ein Titel dieser Liste älter als 6 Jahre und immerhin auch nur knapp doppelt so alt. Spannend auch, dass drei Titel Zweispieler-Spiele sind und es bei den kooperativen Titeln einige Fans gibt, die ganz für sich allein spielen. Die Welt der Brettspiele differenziert sich aus, und das sind aktuell die beliebtesten Titel:

10: 7 Wonders Duel (2015)

7 Wonders Duel
7 Wonders Duel

Aufbaustrategie mit Karten war schon das Erfolgsrezept von 7 Wonders, dem Kennerspiel des Jahres von 2011. Jenes Spiel hat das Draften von Karten etabliert, man behält dabei nicht alle Handkarten, sondern sucht eine aus und gibt den Rest weiter, so lange, bis alle verteilt sind. Jede Runde legen alle Spieler dann eine dieser Karten, zunächst Rohstoffe, die man danach als dauerhafte Ressource nutzen kann um teurere Gebäudekarten zu bauen, die Siegpunkte geben oder weitere Effekte haben. Parallel kann man noch mächtige Wunder fertigstellen, die besonders starke Fähigkeiten verleihen.

Dieses Grundprinzip greift die Zweispieler-Variante erfolgreich auf, fügt eine interessante halbverdeckte Kartenauslage hinzu (welche das Draften ersetzt) und sorgt durch drei unterschiedliche Siegbedingungen für ein spannendes Spiel, mit oft überraschenden Wendungen. Wer militärisch oder wissenschaftlich überlegen ist, gewinnt das Spiel sofort – also muss man hier geschickt taktieren, um nicht abgehängt zu werden. Meist kommt es zum zivilen Sieg, bei dem alle Karten mit Siegpunkten ausgezählt werden.

Einen ausführlichen Bericht zum Spiel von uns findet ihr hier.

Das Spiel ist sicher was für euch, wenn ihr bereits die Mehrspieler-Variante mögt oder Fans der Zweispieler-Serie von Kosmos seid. Auch Spieler, die schnelle Züge mit begrenzten aber weitreichenden Entscheidungsoptionen mögen, kommen auf ihre Kosten.

  • Autor: Antoine Bauza, Bruno Cathala
  • Verlag: Repos Production, Asmodee
  • Spieleranzahl: 2
  • Preis: ca. 23 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon
  • Erweiterung: Pantheon (2015)

 

9: Great Western Trail (2016)

Great Western Trail
Great Western Trail

Wer sich vom Coverdesign (das anmutet wie ein Filmplakat über eine Geschichte inzestuöser Affenmenschen) nicht abschrecken lässt, kommt in den Genuss einer interessanten und komplexen Verquickung unterschiedlicher Spielmechanismen.

Als Rinderbaron muss man immer wieder seine Herde (bestehend aus 5 oder mehr Rinder-Handkarten) über verschiedene Aktionsfelder zum großen Markt nach Kansas City treiben, um sie dort für Geld zu verkaufen – damit sie… an einen besseren Ort kommen. Mehr Geld gibt es, je weiter das eigene Eisenbahnnetz ausgebaut ist, denn im fernen San Francisco lassen sich höhere Preise erzielen als im überlaufenen Kansas City. Geld zählt auch zu den Siegpunkten, man braucht es aber auch, um bessere Kühe und Mitarbeiter zu erwerben, oder Gebäude sowie Hindernisse zu bauen, die man dann wiederum auf den weiteren Wegen nach Kansas City nutzen kann oder sie anderen Spielern in den Weg legt.

Auf der Jagd nach Siegpunkten und Geld betreiben die Spieler also Hand-Management im Sinne eines Deckbuilders (durch die Veredelung der Rinderherde), es gibt Worker-Placement-Elemente, und im Kern entscheidet man selbst, wie schnell man die aktuelle Herde verkaufen oder wie viele Zusatzeffekte auf dem Weg man jeweils nutzen möchte.

Von der Komplexität sicher nicht zu unterschätzen, kommt jeder Spieler immer weiter im eigenen Aufbau voran. Die Möglichkeiten, die anderen Spieler zu behindern sind dezent genug, um nicht zu frustrieren, aber gleichzeitig spannend genug, um die Konkurrenz immer im Auge behalten zu müssen.

Wer komplexere Handels- und Aufbauspiele wie Marco Polo oder Rajas of the Ganges mag, oder es bereits seit dem Kindergarten vermisst, mal wieder ein Cowboy zu sein, ist bei Great Western Trail genau richtig aufgehoben.

  • Autor: Alexander Pfister
  • Verlag: eggertspiele, Pegasus Spiele
  • Spieleranzahl: 2 3 4
  • Preis: ca. 35 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon
  • Erweiterung: Race to the North (angekündigt, 2018)

 

8: Terra Mystica (2012)

Terra Mystica
Terra Mystica

Als eine von 14 (20 mit Erweiterung) phantastischen Rassen/Gruppierungen (Zwerge, Nixen, Chaosmagier etc.) möchte man sein Volk möglichst weit expandieren lassen. Aber leider fühlt man sich nur im eigenen Habitat so richtig wohl – bei den Meerjungfrauen vermutlich am leichtesten nachzuvollziehen. Also betreibt man Terraforming der einzelnen Landstriche/Felder. Die Spieler bauen dabei unterschiedliche Gebäude, die weitere Fähigkeiten freischalten. Hierzu benötigt man natürlich Geld, aber auch Macht, welche in einem interessanten Kreislaufmodell wächst. In drei „Schalen“ wird die Macht zunächst angereichert (von I in II und dann von II in III), und nur die Machtchips in Schale III können letztlich genutzt werden und landen dann wieder in Schale I – jedenfalls wenn sie nicht permanent verbrannt werden, was ermöglicht, schneller wieder alle Macht (wenn auch weniger) zur Verfügung zu haben. Zudem gibt es noch Siegpunkte durch vier verschiedene Kulte, Rundenbonuskarten, Gunstplättchen und Wertungsplättchen. Selbstverständlich spielt sich jede der Rassen ein wenig anders. Eine hohe Wiederspielbarkeit ist allein aufgrund dieser Vielzahl an Möglichkeiten garantiert.

Am ehesten vergleichbar wären wohl Spiele wie Tzolk’in: Der Maya Kalender oder vielleicht Keyflower. Sonst gefällt Terra Mystica sicher jedem, der komplexe Aufbauspiele mag, die man beim ersten Mal gegen erfahrenere Spieler sicher nicht gewinnt und die bis tief in die Nacht dauern können, denn die angegebene Spielzeit von 30 Minuten pro Spieler kann auch schon mal um einiges überschritten werden.

  • Autor: Jens Drögemüller, Helge Ostertag
  • Verlag: Feuerland Spiele
  • Spieleranzahl: 2 3 4 5
  • Preis: ca. 66 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon
  • Erweiterung: Feuer & Eis (2014)

 

7: Scythe (2016)

Scythe
Scythe

In Scythe (gesprochen übrigens mit scharfem S, dann ein ei und am Ende noch ein englisches th) treten Supermächte nach dem ersten Weltkrieg in einer alternativen Zeitlinie voller Steampunk gegeneinander an, um möglichst schnell die meisten Siegpunkte zu erlangen, durch Beliebtheit oder schlicht durch Folgekriege. Auf dem Weg dahin werden Rohstoffe produziert, die Produktion effizienter gestaltet sowie riesige Transport- und Kampfroboter gebaut. In dem Rennen um das Erreichen von sechs Zielen mit recht schnellen individuellen Zügen gibt es viele Möglichkeiten, seine Fortentwicklung zu priorisieren und bei Ereignissen auch noch den ein oder anderen Vorteil abzugreifen. Hierzu bedient sich das Spiel der interessanten Mechanik zweier Spielbretter, die jeder erhält: eins für die Fraktion, die man spielt (nahe an damalige Nationen angelehnt) inklusive besonderer Eigenschaften, und dann eins, das die Kombination von Aktionsmöglichkeiten reguliert, denn man erhält in jedem Spielzug zwei Aktionen.

Das Spiel verfügt über epische Bebilderungen, hochwertiges Spielmaterial, eine interessante Welt, spannende Mechaniken und einen tollen Designer (der einen absurden, gefühlt 24-Stunden-Facebook-Instant-Support bietet). Vor allem wirkt es wie ein großes 4-5-Stunden-Spiel (für die man oft einfach nicht die Zeit hat), was sich jedoch teilweise in 1-2 Stunden spielen lässt.

Das Balancing des Spiels hängt jedoch stark davon ab, dass alle Spieler wissen, welche Fraktion welche Stärken hat, um diese gezielt zu bekämpfen. Sonst kann es passieren, dass die „Preußen“ (die relevant schneller Ziele erreichen können) das Spiel beenden, und wenn sie nicht aufpassen, gewinnen die „Russen“ (die sich direkt Spielboni holen können, die andere erst in der Mitte des Spiels erkämpfen müssen) am Ende trotzdem. Viele entgegnen hier, dass man ja genau mit diesen Informationen arbeiten muss, und gerade dies den Reiz des asymmetrischen Spiels ausmacht. Für mich gibt es aber noch zu viele andere gute Spiele, um dieses oft genug mit den gleichen Leuten zu spielen, damit es vielleicht ausgeglichener wäre.

Trotzdem lieben alle Scythe – wer also etwas ähnliches will, nur vielleicht etwas kürzer/weniger komplex, ist mit Viticulture vom gleichen Autor gut beraten, mit Winzige Weltreiche oder aber einfach mit der Mein-kleines-Pony-Edition von Scythe.

  • Autor: Jamey Stegmaier
  • Verlag: Stonemaier Games
  • Spieleranzahl: 1 2 3 4 5
  • Preis: ca. 61 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon
  • Erweiterungen: Invaders from afar (2016), Wind Gambit (2017), The Rise of Fenris (angekündigt, 2018)

 

6: Star Wars Rebellion (2016)

Star Wars Rebellion
Star Wars Rebellion

Vorbei sind die Zeiten, in denen bei Franchise-Spielen durch die Lizenz nicht genug Geld für eine ordentliche Spieleentwicklung zu sein schien – dafür sorgt Fantasy Flight Games immer wieder. Neben diversen Spielen zu A Game of Thrones und Herr der Ringe gibt es auch bereits acht verschiedene Spiele im Star Wars-Universum – neben etlichem Rollenspielmaterial.

In diesem asymmetrischen Zweispieler-Spiel (bei dem man auch in Zweier-Teams spielen könnte) verkörpert einer das militärisch massiv überlegene Imperium, während der andere die Rebellen anführt, die mit politischen Manövern und Guerilla-Taktiken versuchen, die Galaxie zur Rebellion zu bewegen. Doch wenn die Imperialen einmal die geheime Basis des Widerstands entdeckt haben, ist es ein leichtes, diese zu vernichten – es sei denn, den Rebellen gelingt in letzter Minute eine Evakuierung und Verlagerung ihrer Zentrale. Mit über 150 Plastikminiaturen werden Raumschiffe sowie Bodentruppen auf den einzelnen Planeten aufeinander treffen. Die aus der klassischen Trilogie bekannten Helden und Bösewichte können hier durch Taktikkarten unterstützen, oder aber versuchen, die Loyalität eines Planeten zu kippen, auf Questen gehen, in Fallen tappen, gefangen genommen werden und natürlich von der dunklen Seite korrumpiert werden. Dabei wird man stets sehr immersiv an die großen Szenen der Filmgeschichte erinnert. Nach der Erweiterung von 2017, die das Kampfsystem und auch sonst einiges verbessert hat, kletterte das Spiel rasch in die Top 10. Wird es dem Widerstand gelingen, gegen die militärische Übermacht zu bestehen, oder wird der Rebellenabschaum ein für alle mal zerschlagen werden – in diesem Katz-und-Maus-Spiel bleibt es bis zuletzt immer spannend.

Wer bereits mit Hobbits und Elfen Spaß im Ringkrieg gegen die Schergen Saurons hatte, wird an diesem durchaus ähnlichen Spielprinzip (mit einigen relevanten Unterschieden) sicher Gefallen finden.

  • Autor: Corey Konieczka
  • Verlag: Heidelberger, Fantasy Flight, Asmodee
  • Spieleranzahl: 2 (3) 4
  • Preis: ca. 77 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon
  • Erweiterung: Rise of the Empire (2017)

 

5: Terraforming Mars (2016)

Terraforming Mars
Terraforming Mars

In diesem Spiel verkörpert man Megakonzerne, die über Generationen hinweg das Ziel haben, den roten Planeten bewohnbar zu machen – und auf dem Weg dorthin den größten Beitrag zu leisten. Sobald es so warm ist wie im sibirischen Sommer, der Sauerstoffgehalt hoch genug und alle neun Ozeane angelegt wurden, endet das Spiel und die Siegpunkte werden gezählt. Jeder Konzern produziert in jeder Generation/Spielrunde die folgenden sechs Ressourcen: Stahl (zum Kauf von Gebäuden), Titan (für besondere Techniken oder Weltraumereignisse), Pflanzen (zum Anlegen von Wäldern, die den Sauerstoffgehalt erhöhen), Energie (um diverse Karten zu aktivieren) und deren ungenutzter Rest zu Abwärme wird, mit der man die Grundtemperatur steigert, sowie Megacredits (als Universalressource und um damit Eventkarten wie neue Wissenschaften zu erwerben). Wissenschaftliche Errungenschaften, errichtete Städte und Wälder und als erstes erreichte Meilensteine bringen dabei Siegpunkte. Das gleiche gilt auch für die eigenen Tiere, Pflanzen und Mikroben, die durch Handkarten ausgespielt werden und viele Synergieeffekte haben. Außerdem sollten einfach mehr Spiele über eine Haustiere-Karte verfügen, die als einzige sicher sind vor den bösen Fleischfressern der Mitspieler.

Um die Wiederspielbarkeit noch zu erhöhen, gibt es im Spiel quasi die erste Erweiterung: Neben neuen Marskarten gibt es in Zeitalter der Konzerne auch einige neue Konzernkarten. Bei diesen geht es darum, zu Beginn des Spiels seine eigene Engine erst einmal in Gang zu bringen. Erfahrenen Spielern wird außerdem als Variante empfohlen, Handkarten zu Beginn und während des Spiels stets zu draften, um den Glücksfaktor bei der Zufallskomponente des Spiels zu senken. Beide Optionen gemeinsam machen das Spiel um einiges strategischer, erhöhen aber auch die Spielzeit von 1,5-2 auf 2,5-3+ Stunden.

Das Spiel verbindet Elemente von Spielen wie Terra Mystica und Race for the Galaxy, aber auch Suburbia bis hin zu Evolution. Wer ein paar davon mag oder gern mal zusammen zu einem komplexen neuen Spiel verdichtet sehen möchte, sollte beim größten Gemeinschaftsprojekt der Menschheitsgeschichte teilnehmen.

  • Autor: Jacob Fryxelius
  • Verlag: FryxGames, Schwerkraft Verlag, Stronghold Games
  • Spieleranzahl: 1 2 3 4 (5)
  • Preis: ca. 59 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon
  • Erweiterungen: Hellas & Elysium (2017), Venus next (2017), Prelude (angekündigt, 2018)

 

4: Twilight Struggle / Gleichgewicht des Schreckens (2005)

Twilight Struggle
Twilight Struggle

Der „Opa“ und langjährige erste Platz unter den Top 10-Spielen ist auch sonst ein Sonderling. Ein asymmetrisches Zweispieler-Spiel, in dem die Spieler entweder die US-Amerikaner oder die Russen im Kalten Krieg darstellen und in Ländern auf der ganzen Welt Einfluss sammeln. Dazu spielen sie jede Runde eine ihrer begrenzten Handkarten, die Bezug auf Ereignisse aus dem Kalten Krieg nehmen – insgesamt drei Kartensets werden ausgeteilt für drei Spielphasen. Hierbei gibt es klingende Ereignisse wie „Atomversuchungsverbot“ oder „Entstalinisierug“, aber auch „Salt Verhandlungen“. Die Ereignisse können neutral sein, die meisten sind jedoch einer Seite zugeordnet. Egal wer sie spielt, löst damit (meist positive) Ereignisse für diese Seite aus, es sei denn, er nutzt die Karte anderweitig.

Hierbei können die Spieler entweder neuen Einfluss setzen oder bestehenden verändern, zum Beispiel durch einen Putschversuch, bei dem dann allerdings Würfelglück ins Spiel kommt. Alternativ kann man sich auch vom tagespolitisch weltlichen Geschehen abwenden und die Aktion dazu nutzen, weiter am Wettlauf um die erste Mondlandung zu arbeiten. Ganz besonders wichtig sind Wertungskarten, denn eine davon muss in einer Phase gespielt werden, auch wenn es gerade für einen nachteilig ist – sonst gewinnt der andere Spieler.

Insgesamt ist es ein Tauziehen um 20 Siegpunkte, man muss folglich zum Sieg 20 Punkte mehr haben als der Gegner. Es gibt auf dem Weg allerdings jede Menge Möglichkeiten, das Spiel vorzeitig zu beenden, indem man zum Beispiel einen Kontinent komplett dominiert. Und auf dem Weg, dieses komplexe Spiel zu meistern, gibt es viele Fallstricke, wie dass man als Amerikaner den russischen Spieler bei Defcon (Sicherheitsstufe) 2 nicht zur Teilnahme an einer Olympiade nötigen sollte (die man natürlich gewonnen hätte), denn wenn er ablehnt, geht es auf Defcon 1 runter und der Ami hat verloren.

Es heißt, nach ca. 10 Partien habe man das Spiel grundlegend verstanden. Alternativ kann man sich im Netz teils 200-seitige Strategie-Guides durchlesen.

Wer seine Geschichtskenntnisse über wichtige Ereignisse der 40er bis 80er Jahre aufbessern möchte und ein komplexes Zweispieler-Spiel sucht, dessen Tiefe und Vielfalt man mit jedem Spiel mehr und mehr zu schätzen weiß, der sollte zugreifen. Das neue The Expanse-Brettspiel zur Erfolgsserie von Netflix wird oft als einfacheres Twilight Struggle für bis zu vier Spieler beschrieben.

  • Autor: Ananda Gupta, Jason Matthews
  • Verlag: GMT Games
  • Spieleranzahl: 2
  • Preis: ca. 70 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

3: Through the Ages: Eine neue Geschichte der Zivilisation (2015)

Through the Ages
Through the Ages

Neun Jahre nach Erscheinen der ersten Version kam 2015 die neue Edition heraus, in neuem Gewand sowie mit verschlankten und ausbalancierteren Regeln – und hat sofort eingeschlagen. Startend mit einer kurzen Phase in der Antike, spielt man über drei Zeitalter (das Mittelalter, die Renaissance und die Moderne), indem man mit begrenzten Aktionspunkten Karten von einer stetig erweiterten Kartenauslage kauft und diese verbaut. Dabei gibt es vor allem Gebäude, mit denen die eigenen Arbeiter Ressourcen wie Nahrung, Rohstoffe und Wissenschaft generieren, die man für den Fortschritt braucht, aber auch Kultur, also Siegpunkte. Daneben gibt es in der Auslage auch Anführer und zu errichtende Wunder, die besondere Boni gewähren, wie auch Eventkarten für Einmaleffekte. Parallel dazu kann man seine Arbeiter auch ins Militär schicken, und Überlegenheit hier gewährt oft Boni und ermöglicht es, durch Überfälle und Kriege den anderen Mitspielern Ressourcen oder gar Kultur/Siegpunkte zu klauen.

Ungewöhnlich ist hierbei nicht nur, dass das Spiel ganz ohne Weltkarten-Spielbrett auskommt, sondern auch das Ressourcen-Management, denn nicht nur stirbt die Bevölkerung bei Unterernährung (inklusive Kulturverlust); wenn man zu viele Rohstoffe rumliegen hat, steigt auch die Korruption und das eigene Volk lässt das mühsam angesammelte Baumaterial verschwinden. Das macht jeden einzelnen Spielzug mit anfänglich vier, am Ende auch gern mal an die 15 Aktionspunkten zu einem kleinen, spannenden und taktischen Puzzle, damit allerdings auch recht zeitaufwendig.

Wer Aufbauspiele wie Civilization in seinen unterschiedlichen Ausformungen mag, ist hier goldrichtig. Besonderer Tipp: Durch die langen Spielzüge eignet sich ein Blick in die sehr gute App-Umsetzung (mit amüsantem Tutorial), da hier jeder im Spiel gegen andere bis zu 24 Stunden für seinen Zug Zeit hat.

  • Autor: Vlaada Chvátil
  • Verlag: Czech Games Edition, Heidelberger, Asmodee
  • Spieleranzahl: 2 3 4
  • Preis: ca. 48 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

2: Pandemic Legacy Season 1 (2015)

Pandemic Legacy
Pandemic Legacy

Auch wenn Risiko Evolution das erste Legacy-Spiel war, so richtig gewann der Trend durch Pandemic Legacy Season 1 an Aufwind. Die zweite Season hat die Spielemesse Essen 2017 beherrscht, hier könnt ihr unseren ausgiebigen Bericht zum zweiten Teil lesen.

Aber um sich nicht zu spoilern, sollte man natürlich mit Season 1 starten. Wie im Originalspiel Pandemie gibt es vier verschiedene Krankheiten, die sich über die 48 Städte der Weltkarte verteilen. Nach jedem Spielerzug werden vom Infektionsstapel zwei oder mehr der Orte infiziert. Die Spieler verkörpern Spezialisten, die versuchen, die Krankheiten einzudämmen, denn bei der vierten Infektion kommt es zur Pandemie und alle verbundenen Städte werden ebenfalls infiziert. Um jedoch das Spiel zu gewinnen reicht es nicht, die akuten Brennpunkte immer wieder zu versorgen – Heilmittel müssen her. Hierzu sammelt und tauscht man Spielerkartensets in den entsprechenden Virus-Farben. Aber in genau diesem Kartenstapel verstecken sich auch Epidemie-Karten, die dafür sorgen, dass man alle infizierten Orte wieder neu gemischt auf das Infektionsdeck legt. Die Brandherde bleiben also die gleichen und die Lage spitzt sich zu.

In der Legacy-Variante spielt man nun ein wichtiges Jahr der Menschheitsgeschichte, in dem eine der Krankheiten mutiert. Jeden Monat hat man zwei Versuche, das aktuelle Spielziel zu erreichen – das Spiel kommt also 12-24 Mal auf den Tisch, und währenddessen erlebt man eine fortlaufende Geschichte und sich weiterentwickelnde Spielmechaniken. Dabei werden Kisten geöffnet, Karten beklebt, Charaktere benannt, aber auch Spielmaterial für immer zerstört.

Wer das Grundspiel Pandemie mit seinen vielen Ablegern mag, kann hier nichts verkehrt machen. Ebenso wie Freunde von Legacy-Spielen und/oder kooperativen Spielen.

  • Autor: Alexander Pfister
  • Verlag: eggertspiele, Pegasus Spiele
  • Spieleranzahl: 2 3 4
  • Preis: ca. 48 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

1: Gloomhaven (2017)

Gloomhaven
Gloomhaven

Der aktuelle Throninhaber ist mit 9 kg und jeder Menge Spielmaterial ein wahres Schwergewicht. Ein Hybrid aus einem kooperativen Dungeon-Crawler, der aber mit dem verbreiteten Bewegung-und-Kampfwürfel-Prinzip seiner Artverwandten bricht und stattdessen eine Eurogame-Mechanik nutzt. Jede der anfangs sechs (später 17) Klassen hat ein eigenes Handkartenset, von dem man immer zwei Karten auswählt, die jeweils eine Aktion oben und unten besitzen. Sobald alle ihre Wahl getroffen haben, wird offenbart, was die Gegner in der aktuellen Runde tun werden, und erst dann entscheidet man, welche der beiden Kombinationen (oben auf der einen und unten auf der anderen Karte – oder andersherum) man spielen möchte. Ist der Kartenstapel aufgebraucht, muss man rasten, um seine Handkarten wiederzuerhalten – jedoch immer eine weniger. Bis einem also die Karten ausgehen, werden Dutzende verschiedene Gegner verdroschen, aber auch Schätze entdeckt, Gegenstände gekauft, gelevelt, neue Szenarien (insgesamt 99 im Grundspiel allein) und auch Charaktere freigespielt. Viele Elemente sind also auch einem Legacy-Spiel entlehnt, denn neben den Charakteren gibt es noch Umschläge mit Rätseln und Stadt- und Wegeevents, die man vor jeder Runde zieht und jeweils eine Entscheidung treffen muss, wie in einem Choose-your-own-Adventure-Buch.

Das Spiel erscheint dieses Jahr noch auf Deutsch und ist nicht ganz günstig, aber wenn man bedenkt, wie viel Material und Content drinsteckt, kommt man schnell auf einen günstigen Pro-Spiel-Preis – denn es macht süchtig. Wen die 14.000 Stimmen auf BGG für den ersten Platz noch nicht überzeugen, der kann bei uns einen ausführlichen Artikel zum Spiel lesen.

Wer noch in Erinnerungen an HeroQuest feuchte Träume bekommt oder einen der vielen aktuellen Dungeon-Crawler (Descent, Sword & Sorcery etc.) schätzt, aber einfach noch etwas mehr will; wer eine innovative Welt entdecken möchte und es genießt, wenn jede Kampfrunde einem kleinen Puzzle gleicht, der sollte dringend zugreifen.

  • Autor: Isaac Childres
  • Verlag: Cephalofair Games, Feuerland
  • Spieleranzahl: 1 2 3 4
  • Preis: ca. 130 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon
  • Erweiterung: Forgotten Circles (angekündigt, 2018)

 

Artikelbild: Depositphotos | Laksen
Coverabbildungen: Genannte Verlage

 

2 Kommentare

  1. Schöne Zusammenfassung.
    Kleine Anmerkung zu Twilight Struggle und generell zum kalten Krieg. Es sind Sowjets, nicht Russen!

  2. Spannend, da besitzt/ besaß man fast 400 Brettspiele und ich kenne keines dieser Spiele.
    Das uralte englische Advanced Civilisation wäre bei mir wohl Platz 1, im Kampf mit dem ebenfalls uralten Titan und Puerto Rico.
    Ahh…nein Star Traders ist das wohl beste Spiel das ich je gespielt habe.

    Wenn ich noch Zeit zum Spielen hätte würde ich heute 10 neue Spiele kaufen….

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