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Welche sind die besten Spiele aller Zeiten? Jeder Brettspielfan sollte diese doch mal gespielt haben – oder kann man sich so manche davon auch sparen? Es ist Zeit für ein Update über die aktuell am höchsten bewerteten Spiele auf BoardGameGeek, der größten internationalen Plattform für Brettspiele.

Was hat sich im letzten Jahr getan an der Spitze der beliebtesten Brettspiele? Gloomhaven ist nicht vom Thron zu verdrängen und wird mit dem supererfolgreichen Frosthaven vielleicht sogar eine Doppelspitze für Isaac Childres – erfolgreichster Kickstarter in der Kategorie Brettspiel ist Frosthaven bereits mit 13 Millionen erwirtschafteten Dollar. Für Ende 2021, falls die Lieferwege sich wieder normalisieren, ist das gar nicht so unwahrscheinlich. Bis dahin wird Pandemic Legacy Season 1 aber wohl den zweiten Platz verteidigen, auch wenn nach dem soliden (aktuell Platz 32), aber nicht ganz so durchschlagenden zweiten Teil für 2020 auch immer noch Teil 3 angekündigt ist. Nichtsdestoweniger gibt es jede Menge neuer Erweiterungen und Content für viele Spiele und somit lohnt sich eine Neubetrachtung allemal.

Scythe, das Erfolgsspiel von Jamey Stegmaiers Verlag Stonemaier Games ist aus den Top 10 geflogen und wir haben auch einen Neuzugang und mehr Bewegung als im Jahr davor. Mittlerweile dominieren Sci-Fi-Spiele die Top 10. Vier Spiele kann man dem Genre zurechnen, neben der Postapokalypse, Fantasy und mehr oder minder historischen Spielen.

Die Wertungsmechanik

Zur zugrundeliegenden Mechanik: Damit man nicht mit ein paar Dutzend Fake-Accounts sein neues Spiel an die Spitze katapultieren kann, gibt es zwei Wertungen bei BGG. Zur durchschnittlichen Bewertung werden Dummies hinzugerechnet. Je mehr Bewertungen ein Spiel hat, umso weniger fallen diese durchschnittlich wertenden Dummies ins Gewicht. Die Top 10-Spiele wurden jeweils 10.000 bis 30.000 Mal bewertet. Darunter hat man – selbst bei einer ausgezeichneten Bewertung – keine Chance, in die höchsten Sphären aufzusteigen. Daher sind Titel wie Kingdom Death Monster mit einer durchschnittlichen Bewertung von 8,72 (ein Zehntel Punkt hinter Gloomhaven) auf Platz 33, denn mit knapp unter achttausend Bewertungen hat das Spiel keine ausreichend große Fanbase, um ganz oben mitzuspielen – bislang.

Aber der letzte Kickstarter dieses Giganten ist noch nicht ausgeliefert, also kann man hier sicher noch ein paar Plätze mehr erwarten. Auch Mythic Battles: Pantheon und Middara (beide mit Bewertungen jenseits der 8,5 bzw. 8,7) haben ein erfolgreiches zweites Kickstarter-Projekt hinter sich und dürften nach Auslieferung einige Treppchen aufsteigen. Diese großen und entsprechend teuren Spiele haben eine sehr aktive Fanbase, die wohl geneigter ist, ihr Fanprojekt zu benoten. Das kooperative Spirit Island ist von Platz 15 auf 13 geklettert. Kennerspiel des Jahres 2019 Flügelschlag, der Überraschungs-Überflieger von Stonemaier Games über das Brutverhalten von amerikanischen (und mit Erweiterung auch europäischen) Vögeln, würde sich mit mehr Stimmen auch nicht in den 70ern, sondern zwischen fünf und sechs befinden. Das Spiel ist immerhin nun aus den 70ern rauf auf Platz 21 geklettert. Wir sind gespannt, was sich dieses Jahr noch alles so tun wird (selbst wenn es weniger Neuerscheinungen und zudem Lieferschwierigkeiten geben dürfte), aber schauen wir doch mal, wer aktuell die Hitliste anführt:

11 (-3): Scythe (2016)

Wie letztes Jahr fügen wir die elfte Position als Bonus mit ein, schließlich ist Scythe auch das Spiel, welches gezeigt hat, wie viel Geld man für hochwertige Komponenten ausgeben kann.

In Scythe (gesprochen übrigens mit scharfem S, dann ein ei und am Ende noch ein englisches th) treten Supermächte nach dem ersten Weltkrieg in einer alternativen Zeitlinie voller Steampunk gegeneinander an, um möglichst schnell die meisten Siegpunkte zu erlangen – durch Beliebtheit oder schlicht durch Folgekriege. Auf dem Weg dahin werden Rohstoffe produziert, die Produktionsmodalitäten effizienter gestaltet sowie riesige Transport- und Kampfroboter gebaut. In dem Rennen um das Erreichen von sechs Zielen mit recht schnellen individuellen Zügen gibt es viele Möglichkeiten, seine Fortentwicklung zu priorisieren und bei Ereignissen auch noch den ein oder anderen Vorteil abzugreifen. Hierzu bedient sich das Spiel der interessanten Mechanik zweier Spielbretter, die jeder erhält: eins für die Fraktion, die man spielt (nahe an damalige Nationen angelehnt) inklusive besonderer Eigenschaften, und eins, das die Kombination von Aktionsmöglichkeiten reguliert, denn man erhält in jedem Spielzug zwei Aktionen.

Das Spiel verfügt über epische Bebilderungen, hochwertiges Spielmaterial, eine interessante Welt, spannende Mechaniken und einen tollen Designer (der quasi einen 24-Stunden-Facebook-Instant-Support bietet). Vor allem wirkt es wie ein großes vier/fünf-Stunden-Spiel (für die man oft einfach nicht die Zeit hat), was sich jedoch teilweise in ein bis zwei Stunden spielen lässt.

Mit der Fenris-Erweiterung kam zudem eine Kampagne hinzu, welche ähnlich wie in Legacy-Spielen eine fortlaufende Geschichte erzählt. Dabei gibt es neue Mechaniken und sogar Fraktionen; anders als bei Legacy-Spielen ist die Kampagne allerdings wiederholbar zu spielen, da kein Spielmaterial verändert wird.

Erweiterung Invaders from Afar.

Das Balancing des Spiels hängt jedoch stark davon ab, dass alle Spieler wissen, welche Fraktion welche Stärken hat, um diese gezielt zu bekämpfen. Sonst kann es passieren, dass die „Preußen“ (die relevant schneller Ziele erreichen können) das Spiel beenden, und wenn sie nicht aufpassen, gewinnen die „Russen“ (die sich direkt Spielboni holen können, die andere erst in der Mitte des Spiels erkämpfen müssen) am Ende trotzdem. Viele entgegnen hier, dass man ja genau mit diesen Informationen arbeiten muss, und gerade dies den Reiz des asymmetrischen Spiels ausmacht.

Neben der Rezension des Grundspiels haben wir auf unserer Seite auch einen Überblick über alle Erweiterungen und Komponenten für euch.

Trotzdem lieben alle Scythe – wer also etwas ähnliches will, nur vielleicht etwas kürzer/weniger komplex, ist mit Viticulture vom gleichen Autor gut beraten, mit Winzige Weltreiche oder aber einfach mit der Mein-kleines-Pony-Edition von Scythe.

  • Autor: Jamey Stegmaier
  • Verlag: Stonemaier Games, Feuerland Spiele
  • Spieleranzahl: 1 2 3 4 5 (Mit Erweiterung: 6 7)
  • Preis: ca. 61 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo
    Erweiterungen: Invasoren aus der Ferne (2016), Kolosse der Lüfte (2017), Aufstieg des Fenris (2018), Encounters (2018)

 

10 (-1): Great Western Trail (2016)

Wer sich vom Coverdesign (das auch auf einem Spieltisch in der Welt von Planet der Affen nicht weiter auffallen würde) nicht abschrecken lässt, kommt in den Genuss einer interessanten und komplexen Verquickung unterschiedlicher Spielmechanismen.

Als Rinderbaron muss man immer wieder seine Herde (bestehend aus fünf oder mehr Rinder-Handkarten) über verschiedene Aktionsfelder zum großen Markt nach Kansas City treiben, um sie dort für Geld zu verkaufen – damit sie … an einen besseren Ort kommen. Mehr Geld gibt es, je weiter das eigene Eisenbahnnetz ausgebaut ist, denn im fernen San Francisco lassen sich höhere Preise erzielen als im überlaufenen Kansas City. Geld zählt zu den Siegpunkten, man braucht es aber auch, um bessere Kühe und Mitarbeiter zu erwerben oder Gebäude sowie Hindernisse zu bauen, die man dann wiederum auf den weiteren Wegen nach Kansas City nutzen kann oder anderen Spielern in den Weg legt.

Auf der Jagd nach Siegpunkten und Geld betreiben die Spieler also Hand-Management im Sinne eines Deckbuilders (durch die Veredelung der Rinderherde), es gibt Worker-Placement-Elemente, und im Kern entscheidet man selbst, wie schnell man die aktuelle Herde verkaufen oder wie viele Zusatzeffekte auf dem Weg man jeweils nutzen möchte.

Von der Komplexität her sicher nicht zu unterschätzen, kommt jeder Spieler immer weiter im eigenen Aufbau voran. Die Möglichkeiten, die anderen Spieler zu behindern sind dezent genug, um nicht zu frustrieren, aber gleichzeitig spannend genug, um die Konkurrenz immer im Auge behalten zu müssen.

Erweiterung Rails to the North.

Die 2018 erschienene Erweiterung Rails to the North führt das Spiel ins Industriezeitalter und nun müssen per Bahn auch Chicago und New York City beliefert werden. Die zusätzlichen Optionen und dadurch gewonnene Spieltiefe kommen bei den Fans hervorragend an.

Wer komplexere Handels- und Aufbauspiele wie Marco Polo oder Rajas of the Ganges mag, oder es bereits seit dem Kindergarten vermisst, mal wieder ein Cowboy zu sein, ist bei Great Western Trail genau richtig aufgehoben.

  • Autor: Alexander Pfister
  • Verlag: eggertspiele, Pegasus Spiele
  • Spieleranzahl: 2 3 4
  • Preis: ca. 32 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo
  • Erweiterung: Rails to the North (2018)

 

9 (-2): Gaia Project (2017)

Alter Wein in neuen Schläuchen oder doch ein neues oder zumindest verbessertes Spieleerlebnis? Das fragte sich so ziemlich jeder Terra-Mystica-Fan (jetzt auf Platz fünfzehn) bei Erscheinen von Gaia Project. Vieles an den Mechaniken ist identisch. Auf den ersten Blick sieht man nur, dass Holz dem (vielleicht stimmigeren) Plastik weichen musste und zwischen den Planeten auf dem nun modularen Spielbrett natürlich leerer, freier Weltraum liegt, der die einzelnen zu terraformenden Planeten trennt. Dafür wurden die Fraktionsentwicklungsoptionen sowie einige der bei Terra Mystica gezogenen Plättchen auf Technologiebäume verteilt, die für alle Spieler zur Verfügung stehen. Einer dieser Tracks ist das namensgebende Gaia Project. Durch Entwicklungen hier kann man Planeten bebauen, die sonst für alle Spieler unbewohnbar wären.

Auch an den Siegbedingungen und dem Macht-System wurde etwas rumgeschraubt, und man hat somit mehr Möglichkeiten. Der Streit darüber, welches das mechanisch bessere Spiel sei, scheint nun basisdemokratisch entschieden – da es sich um eine Weiterentwicklung desselben Teams handelt, wohl auch kein Wunder. Wer sich thematisch allerdings doch lieber in Fantasy-Welten zu Hause fühlt, wird wohl weiter zum bewährten Terra Mystica greifen.

  • Autor: Jens Drögemüller, Helge Ostertag
  • Verlag: Feuerland Spiele
  • Spieleranzahl: 1 2 3 4
  • Preis: ca. 60 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

8 (-3): Twilight Struggle/Gleichgewicht des Schreckens (2005)

Der „Opa“ und langjährige erste Platz im Ranking ist vermutlich zum letzten Mal in den Top 10 vertreten. Es handelt sich dabei um ein asymmetrisches Zweispieler-Spiel, in dem die Spieler entweder die USA oder die Sowjetunion im Kalten Krieg darstellen und in Ländern auf der ganzen Welt Einfluss sammeln. Dazu spielen sie jede Runde eine ihrer begrenzten Handkarten, die Bezug auf Ereignisse aus dem Kalten Krieg nehmen – insgesamt drei Kartensets werden ausgeteilt für drei Spielphasen. Hierbei gibt es klingende Ereignisse wie „Atomversuchungsverbot“ oder „Entstalinisierug“, aber auch „Salt Verhandlungen“. Die Ereignisse können neutral sein, die meisten sind jedoch einer Seite zugeordnet. Egal wer sie spielt, man löst damit (meist positive) Ereignisse für diese Seite aus, es sei denn, die Karte wird anderweitig genutzt.

Hierbei können die Spieler entweder neuen Einfluss setzen oder bestehenden verändern, zum Beispiel durch einen Putschversuch, bei dem dann allerdings Würfelglück ins Spiel kommt. Alternativ kann man sich auch vom tagespolitisch weltlichen Geschehen abwenden und die Aktion dazu nutzen, weiter am Wettlauf um die erste Mondlandung zu arbeiten. Ganz besonders wichtig sind Wertungskarten, denn eine davon muss in einer Phase gespielt werden, auch wenn es gerade für einen nachteilig ist – sonst gewinnt der andere Spieler.

Insgesamt ist es ein Tauziehen um 20 Siegpunkte, man muss folglich zum Sieg 20 Punkte mehr haben als der Gegner. Es gibt auf dem Weg allerdings jede Menge Möglichkeiten, das Spiel vorzeitig zu beenden, indem man zum Beispiel einen Kontinent komplett dominiert. Und auf dem Weg, dieses komplexe Spiel zu meistern, gibt es viele Fallstricke, wie dass man als Amerikaner den russischen Spieler bei Defcon (Sicherheitsstufe) 2 nicht zur Teilnahme an einer Olympiade nötigen sollte (die man natürlich gewonnen hätte), denn wenn er ablehnt, geht es auf Defcon 1 runter und der Ami hat verloren.

Es heißt, nach ungefähr zehn Partien habe man das Spiel grundlegend verstanden. Alternativ kann man sich im Netz teils 200-seitige Strategie-Guides durchlesen.

Wer seine Geschichtskenntnisse über wichtige Ereignisse der 40er bis 80er Jahre aufbessern möchte und ein komplexes Zweispieler-Spiel sucht, dessen Tiefe und Vielfalt man mit jedem Spiel mehr und mehr zu schätzen weiß, der sollte zugreifen. Das neuere The Expanse-Brettspiel zur Erfolgsserie von Netflix wird oft als einfacheres Twilight Struggle für bis zu vier Spieler beschrieben.

  • Autor: Ananda Gupta, Jason Matthews
  • Verlag: GMT Games
  • Spieleranzahl: 2
  • Preis: ca. 55 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

7 (-1): Star Wars Rebellion (2016)

Vorbei sind die Zeiten, in denen bei Franchise-Spielen durch die Lizenz nicht genug Geld für eine ordentliche Spieleentwicklung zu sein schien – dafür sorgt Fantasy Flight Games immer wieder. Neben diversen Spielen zu A Game of Thrones und Herr der Ringe gibt es auch bereits um die zehn verschiedene Spiele im Star Wars-Universum – neben etlichem Rollenspielmaterial.

In diesem asymmetrischen Zweispieler-Spiel (bei dem man auch in Zweier-Teams spielen könnte) verkörpert einer das militärisch massiv überlegene Imperium, während der andere die Rebellen anführt, die mit politischen Manövern und Guerilla-Taktiken versuchen, die Galaxie zur Rebellion zu bewegen. Doch wenn die Imperialen einmal die geheime Basis des Widerstands entdeckt haben, ist es ein leichtes, diese zu vernichten – es sei denn, den Rebellen gelingt in letzter Minute eine Evakuierung und Verlagerung ihrer Zentrale. Mit über 150 Plastikminiaturen werden Raumschiffe sowie Bodentruppen auf den einzelnen Planeten aufeinander treffen. Die aus der klassischen Trilogie bekannten Helden und Bösewichte können hier durch Taktikkarten unterstützen oder aber versuchen, die Loyalität eines Planeten zu kippen, auf Questen gehen, in Fallen tappen, gefangen genommen werden und natürlich von der dunklen Seite korrumpiert werden. Dabei wird man stets sehr immersiv an die großen Szenen der Filmgeschichte erinnert. Nach der Erweiterung von 2017, die das Kampfsystem und auch sonst einiges verbessert hat, kletterte das Spiel rasch in die Top 10. Wird es dem Widerstand gelingen, gegen die militärische Übermacht zu bestehen, oder wird der Rebellenabschaum ein für alle Mal zerschlagen werden – in diesem Katz-und-Maus-Spiel bleibt es bis zuletzt immer spannend.

Wer bereits mit Hobbits und Elfen Spaß im Ringkrieg gegen die Schergen Saurons hatte, wird an diesem durchaus ähnlichen Spielprinzip (mit einigen relevanten Unterschieden) sicher Gefallen finden.

  • Autor: Corey Konieczka
  • Verlag: Heidelberger, Fantasy Flight, Asmodee
  • Spieleranzahl: 2 (3) 4
  • Preis: ca. 85 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo
  • Erweiterung: Aufstieg des Imperiums (2017)

 

6 (+4): Twilight Imperium (Vierte Edition) (2017)

Seit 2017 ist die vierte Auflage des Spiels erhältlich, welches Fantasy Flight Games und deren Gründer Christian T. Petersen auf der Bildfläche erscheinen ließ. Im letzten Jahr in den Top 10 angekommen, hält es weiter Kurs auf die Top 3.

Wer bis zu sechs Spieler und vier bis acht Stunden zur Verfügung hat, findet in Twilight Imperium (oder kurz TI) ein episches Brettspiel, welches seinesgleichen sucht. Dabei wirkt der Klassiker wie ein plastikbeladenes, kampflastiges 4X-Spiel, in dem jedoch ein Wettlauf auf 10 (oder epische 14) Siegpunkte und fehlendem vierten X (für Explore) steckt. Die 17, aus TI3 und seinen Erweiterungen bekannten, unterschiedlichen Rassen sind nun Bestandteil des Grundspiels, was eine breite Auswahl garantiert. Im Gegensatz dazu steht die vierte Edition ansonsten voll im Zeichen des Streamlining. Um den Kampf über die Vorherrschaft auf Mecatol Rex, dem galaktischen Zentralplaneten, herum wurden Technologie- und Politik-Systeme verbessert und an vielen weiteren Ecken gefeilt, um ein runderes und zügigeres Spielerlebnis zu ermöglichen.

Die vierte Edition von TI gibt es seit Ende 2018 endlich auch in einer deutschen Edition. Eine Erweiterung für bis zu acht Spieler und mehr Varianz in Zielen und Hex-Feldern würde uns nicht überraschen.

Die Mutter aller Witze à la „Hey, es ist erst drei Uhr morgens, noch Lust auf eine kurze Runde XY?“ findet in Twilight Imperium seinen Ursprung, auch wenn die dritte Auflage nun schon ein wenig gestreamlined wurde. Wer also gute Freunde hat, die keinen Ärger kriegen, wenn sie drei bis vier Stunden später als geplant nach Hause kommen, und wer Spiele wie Rex (der kleine Bruder im gleichen Universum), Cosmic Encounter oder auch Der Eiserne Thron mag, ist hier sicher gut beraten.

  • Autor: Dane Beltrami, Corey Konieczka, Christian T. Petersen
  • Verlag: Fantasy Flight Games, Asmodee
  • Spieleranzahl: 3 4 5 6
  • Preis: ca. 120 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo (aktuell nur sehr teuer und/oder Fremdsprachen-Editionen erhältlich)

 

5: (-2) Through the Ages: Eine neue Geschichte der Zivilisation (2015)

Neun Jahre nach Erscheinen der ersten Version kam 2015 die neue Edition heraus, in neuem Gewand sowie mit verschlankten und ausbalancierten Regeln – und hat sofort eingeschlagen. Startend mit einer kurzen Phase in der Antike, spielt man über drei Zeitalter (das Mittelalter, die Renaissance und die Moderne), indem man mit begrenzten Aktionspunkten Karten von einer stetig erneuerten Kartenauslage kauft und diese verbaut. Dabei gibt es vor allem Gebäude, mit denen die eigenen Arbeiter Ressourcen wie Nahrung, Rohstoffe und Wissenschaft generieren, welche für den Fortschritt benötigt werden, aber auch Kultur, also Siegpunkte. Daneben gibt es in der Auslage auch Anführer und zu errichtende Wunder, die besondere Boni gewähren, wie auch Eventkarten für Einmaleffekte. Parallel dazu kann man seine Arbeiter auch ins Militär schicken. Überlegenheit hier gewährt oft Boni und ermöglicht es, durch Überfälle und Kriege den anderen Mitspielern Ressourcen oder gar Kultur/Siegpunkte zu klauen.

Ungewöhnlich ist hierbei nicht nur, dass das Spiel ganz ohne Weltkarten-Spielbrett auskommt, sondern auch das Ressourcen-Management, denn nicht nur stirbt die Bevölkerung bei Unterernährung (inklusive Kulturverlust); wenn man zu viele Rohstoffe rumliegen hat, steigt auch die Korruption und das eigene Volk lässt das mühsam angesammelte Baumaterial verschwinden. Das macht jeden einzelnen Spielzug mit anfänglich vier, am Ende auch gern mal an die 15 Aktionspunkten zu einem kleinen, spannenden und taktischen Puzzle, welches allerdings auch recht zeitaufwendig ist.

Wer Aufbauspiele wie Civilization in seinen unterschiedlichen Ausformungen mag, ist hier goldrichtig. Besonderer Tipp: Durch die langen Spielzüge eignet sich ein Blick in die sehr gute App-Umsetzung (mit amüsantem und großartigem Tutorial, in dem der Autor selbst durch die Epochen führt), da hier jeder im Spiel gegen andere bis zu 24 Stunden für seinen Zug Zeit hat.

  • Autor: Vlaada Chvátil
  • Verlag: Czech Games Edition, Heidelberger, Asmodee
  • Spieleranzahl: 2 3 4
  • Preis: ca. 47 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

4 (neu): Brass: Birmingham (2018)

Das edle Kickstarter-Sequel des Eurogame-Klassikers von 2007 Brass wurde 2019 zusammen mit seinem Cousin Brass: Lancashire (BGG: Platz 18) ausgeliefert. Bei letzterem handelt es sich um die Neuauflage des Spiels über Baumwollproduktion in Mittelengland während der industriellen Revolution. Brass: Birmingham wandelt das Spielprinzip ein wenig ab, fügt eine Scouting-Aktion zum Kartenziehen hinzu und teilt das Spiel in zwei Äras ein, die Kanal-Phase und die Zug-Phase. Außerdem gibt es Brauereien, Handwerksgüter und Töpferei. Insgesamt bietet es also ein wenig mehr Spieltiefe als das Original bzw. die Lancashire-Variante.

Wer ein klassisches und in schlichtem Schwarz edel designtes Wirtschaftsspiel mit volatilen Märkten zu schätzen weiß, ist hier vermutlich gut aufgehoben. Wer es weniger komplex mag, greift vielleicht doch einfach zu Brass: Lancashire, welches sich näher am Original befindet.

  • Autor: Martin Wallace, Gavan Brown, Matt Tolman
  • Verlag: Roxley Games, Funforge
  • Spieleranzahl: 2 3 4
  • Preis: ca. 73 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon

 

3 (+1): Terraforming Mars (2016)

In diesem Spiel verkörpert man Megakonzerne, die über Generationen hinweg das Ziel haben, den roten Planeten bewohnbar zu machen – und auf dem Weg dorthin den größten Beitrag zu leisten. Sobald es so warm ist wie im sibirischen Sommer, der Sauerstoffgehalt hoch genug und alle neun Ozeane angelegt wurden, endet das Spiel und die Siegpunkte werden gezählt. Jeder Konzern produziert in jeder Generation/Spielrunde die folgenden sechs Ressourcen: Stahl (zum Kauf von Gebäuden), Titan (für besondere Techniken oder Weltraumereignisse), Pflanzen (zum Anlegen von Wäldern, die den Sauerstoffgehalt erhöhen), Energie (um diverse Karten zu aktivieren) und deren ungenutzter Rest, der zu Abwärme wird, mit der man die Grundtemperatur steigert, sowie Megacredits (als Universalressource und um damit Eventkarten wie neue Wissenschaften zu erwerben). Wissenschaftliche Errungenschaften, errichtete Städte und Wälder und als erstes erreichte Meilensteine bringen dabei Siegpunkte. Das gleiche gilt auch für die eigenen Tiere, Pflanzen und Mikroben, die durch Handkarten ausgespielt werden und viele Synergieeffekte haben. Außerdem sollten einfach mehr Spiele über eine Haustiere-Karte verfügen, die als einzige sicher sind vor den bösen Fleischfressern der Mitspieler.

Terraforming Mars, Spielinhalt

Die Erweiterungen bringen bislang die üblichen neuen Karten, vor allem aber auch neue Spielbretter. Besonders interessant wird wohl die aktuell in Entwicklung befindliche Legacy-Variante sein, die Anfang 2019 angekündigt wurde, von der allerdings bislang wenig bekannt ist. Ebenso wenig Informationen gibt es aktuell zur Collector’s Edition, die Stephen Buonocore im April 2019 beim Podcast Board Game Insider angekündigt hat. Doch ist ein Kickstarter noch für 2020 angekündigt – man darf gespannt sein, was uns hier erwartet. Dafür gibt es seit 2019 auch eine App, zu der ihr hier mehr lesen könnt.

Das Spiel verbindet Elemente von Spielen wie Terra Mystica und Race for the Galaxy, aber auch Suburbia bis hin zu Evolution. Wer ein paar davon mag oder gern mal zusammen zu einem komplexen neuen Spiel verdichtet sehen möchte, sollte beim größten Gemeinschaftsprojekt der Menschheitsgeschichte teilnehmen.

  • Autor: Jacob Fryxelius
  • Verlag: FryxGames, Schwerkraft Verlag, Stronghold Games
  • Spieleranzahl: 1 2 3 4 (5)
  • Preis: ca. 59 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo (engl.)
  • Erweiterungen: Hellas & Elysium (2017), Nächster Halt: Venus (2017), Präludium (2018), Kolonien (2018), Turmoil (2019), Legacy-Variante (geplant für 2020/21)

 

2 (+-0): Pandemic Legacy Season 1 (2015)

Auch wenn Risiko Evolution von 2011 das erste Legacy-Spiel war, so richtig gewann der Trend durch Pandemic Legacy Season 1 an Aufwind. Die zweite Season hat die Spielemesse Essen 2017 beherrscht, hier könnt ihr unseren ausgiebigen Bericht zum zweiten Teil lesen.

Aber um sich nicht zu spoilern, sollte man natürlich mit Season 1 starten. Wie im Originalspiel Pandemie gibt es vier verschiedene Krankheiten, die sich über die 48 Städte der Weltkarte verteilen. Nach jedem Spielerzug werden vom Infektionsstapel zwei oder mehr der Orte infiziert. Die Spieler verkörpern Spezialisten, die versuchen, die Krankheiten einzudämmen, denn bei der vierten Infektion kommt es zur Pandemie, und alle verbundenen Städte werden ebenfalls infiziert. Um jedoch das Spiel zu gewinnen reicht es nicht, die akuten Brennpunkte immer wieder zu versorgen – Heilmittel müssen her. Hierzu sammelt und tauscht man Spielerkartensets in den entsprechenden Virus-Farben. Aber in genau diesem Kartenstapel verstecken sich auch Epidemie-Karten, die dafür sorgen, dass man alle infizierten Orte wieder neu gemischt auf das Infektionsdeck legt. Die Brandherde bleiben also die gleichen und die Lage spitzt sich zu.

In der Legacy-Variante spielt man nun ein wichtiges Jahr der Menschheitsgeschichte, in dem eine der Krankheiten mutiert. Jeden Monat hat man zwei Versuche, das aktuelle Spielziel zu erreichen – das Spiel kommt also 12–24 Mal auf den Tisch, und währenddessen erlebt man eine fortlaufende Geschichte und sich weiterentwickelnde Spielmechaniken. Dabei werden Kisten geöffnet, Karten beklebt, Charaktere benannt, aber auch Spielmaterial für immer zerstört.

Wer das Grundspiel Pandemie mit seinen vielen Ablegern mag, kann hier nichts verkehrt machen. Ebenso werden Freunde von Legacy-Spielen und/oder kooperativen Spielen auf ihre Kosten kommen.

  • Autor: Alexander Pfister
  • Verlag: eggertspiele, Pegasus Spiele
  • Spieleranzahl: 2 3 4
  • Preis: ca. 44 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

1 (+-0): Gloomhaven (2017)

Der ungeschlagene Throninhaber ist mit 9 kg und jeder Menge Spielmaterial ein wahres Schwergewicht. Ein Hybrid aus einem kooperativen Dungeon-Crawler, der aber mit dem verbreiteten Bewegung-und-Kampfwürfel-Prinzip seiner Artverwandten bricht und stattdessen eine Eurogame-Mechanik nutzt. Jede der anfangs sechs (später 17) Klassen hat ein eigenes Handkartenset, von dem man immer zwei Karten auswählt, die jeweils eine Aktion oben und unten besitzen. Sobald alle ihre Wahl getroffen haben, wird offenbart, was die Gegner in der aktuellen Runde tun werden, und erst dann entscheidet man, welche der beiden Kombinationen (oben auf der einen und unten auf der anderen Karte – oder andersherum) man spielen möchte. Ist der Kartenstapel aufgebraucht, muss man rasten, um seine Handkarten wiederzuerhalten – jedoch immer eine weniger. Bis einem also die Karten ausgehen, werden Dutzende verschiedene Gegner verdroschen, aber auch Schätze entdeckt, Gegenstände gekauft, gelevelt, neue Szenarien (insgesamt 99 im Grundspiel allein) und auch Charaktere freigespielt. Viele Elemente sind also auch einem Legacy-Spiel entlehnt, denn neben den Charakteren gibt es noch Umschläge mit Rätseln und Stadt- und Wege-Events, die man vor jeder Runde zieht und jeweils eine Entscheidung treffen muss, wie in einem Choose-your-own-Adventure-Buch.

Das Spiel, dessen deutsche Version von Feuerland verlegt wurde, ist nicht ganz günstig, aber wenn man bedenkt, wie viel Material und Content drinsteckt, kommt man schnell auf einen günstigen Pro-Spiel-Preis – denn es macht süchtig. Wen die knapp 35.000 Stimmen auf BGG für den ersten Platz noch nicht überzeugen, der kann bei uns einen ausführlichen Artikel zum Spiel lesen.

Die erste Erweiterung  bietet eine weitere Klasse und eine eigene kleine Geschichte mit 20 neuen Abenteuern. Der neue Charakter, der Diviner, sieht sich die obersten Karten unterschiedlicher Decks an und beeinflusst sie. Sieben neue Monstertypen runden das Paket ab. Wer mit den 99 Grund- und 17 Soloszenarien schon durch ist, der kann sich indes aber auch mit drei eher linearen jeweils zehnteiligen Storylines von Isaac Childres die Zeit vertreiben. Am ersten Mai 2020 wurde der Kickstarter zu Frosthaven, dem Folgespiel analoger Ausmaße, mit knapp 13 Millionen Dollar das erfolgreichste Brettspiel auf Kickstarter (und hat dabei Kingdom Death Monster vom Thron geschubst).

Wer noch in Erinnerungen an HeroQuest feuchte Träume bekommt oder einen der vielen aktuellen Dungeon-Crawler (Descent, Sword & Sorcery etc.) schätzt, aber einfach noch etwas mehr will; wer eine innovative Welt entdecken möchte und es genießt, wenn jede Kampfrunde einem kleinen Puzzle gleicht, der sollte dringend zugreifen.

  • Autor: Isaac Childres
  • Verlag: Cephalofair Games, Feuerland
  • Spieleranzahl: 1 2 3 4 (5)
  • Preis: ca. 140 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo
  • Erweiterung: Forgotten Circles (2019), Jaws of the lion (geplant für 2020)

 

Artikelbilder: die jeweiligen Verlage, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur

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