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Terraforming Mars und seine mittlerweile fünf Erweiterungen erfreuen sich weiter großer Beliebtheit. Asmodee Digital hat sich die Rechte der digitalen Umsetzung von Jacob Fryxelius’ Hit gesichert. Wir schauen uns an, wie reif die Steam-Version nach gut einem Jahr ist und ob sie dem Erfolg der analogen Version gerecht wird.

Mittlerweile ist Terraforming Mars auf Platz 3 bei Boardgamegeek geklettert. Noch eindrucksvoller sind bereits über 50.000 abgegebene Bewertungen, obwohl es erst 2016 erschienen ist. Diese Sphären erreichen bislang keine 20 Titel und nur solche mit Evergreen-Potenzial, wie Zug um Zug, Pandemie, Dominion, Carcassonne oder Die Siedler von Catan. Seinen Erfolg verdankt Terraforming Mars sicherlich der geschickten Kombination der beliebten Elemente Drafting, Ressource Management und semi-gemeinsamer Aufbau (in diesem Fall die Marsbesiedelung). Auch die konsequenten Ergänzungen (fünf Erweiterungen in drei Jahren!) des Spiels haben es frisch und beliebt gehalten. Mittlerweile sollen alle geplanten Erweiterungen für Terraforming Mars erschienen sein, damit soll es aber nicht ruhig um den Namen werden. Für 2020/2021 ist sowohl eine Legacy-Variante als auch eine Sammleredition in Aussicht gestellt. 2021 soll auch ein Terraforming Mars-Würfelspiel erscheinen.

Vorlage – Wie läuft das Spiel in der analogen Welt?

Über Generationen verfolgen die Megakonzerne/Megacorps der Spieler das Ziel, den roten Planeten bewohnbar zu machen – und auf dem Weg dorthin den größten Beitrag zu leisten. Sobald es so warm ist wie im sibirischen Sommer, der Sauerstoffgehalt hoch genug und alle neun Ozeane angelegt wurden, endet das Spiel und die Siegpunkte werden gezählt. Jeder Beitrag zu diesen drei Entwicklungen wird mit der Steigerung des Terraformingwerts der beitragenden Megacorp belohnt.

In jeder Generation/Spielrunde hat jeder Spieler in jedem Zug die Möglichkeit, bis zu zwei Aktionen zu spielen oder zu entscheiden, für diese Generation zu passen. Ab dann wird er übersprungen. Als Aktionen stehen folgende Optionen zur Auswahl:

  • Ausspielen eines Patents/einer Handkarte
  • Aktivierung eines bereits gespielten Patents mit Aktion
  • Finanzierung eines Standardprojekts (Stadt, Grünfläche, Ozean oder Kraftwerk anlegen/bauen, die Temperatur steigern oder Patente verkaufen)
  • Meilenstein erreichen (Punkte für denjenigen, der diese zuerst erreicht und die Aktion durchführt)
  • Auszeichnung finanzieren (Wertung auswählen, am Spielende Punkte an die Spieler vergeben, die sie am besten erfüllen)

 

Jeder Konzern produziert in jeder Generation die folgenden sechs Ressourcen, um die Aktionen zu finanzieren: Stahl (Gebäudepatente), Titan (Weltraumpatente), Pflanzen (Anlegen von Grünflächen, die den Sauerstoffgehalt erhöhen und Punkte bringen), Energie (Patente aktivieren) und Wärme. Wärme kann sowohl direkt als auch aus ungenutzter Energie als Abwärme produziert und zum Steigern der Mars-Temperatur genutzt werden. Als Universalressource werden Megacredits verwendet und durch den eigenen Terraformingwert und direkte Megacreditproduktion vermehrt. Vor jeder Generation können mit Megacredits neue Patente erworben/gedraftet, Patente ausgespielt, Aktionen bezahlt und Meilensteine oder Auszeichnungen finanziert werden. Neben diesen beiden unterschiedlichen Endwertungen werden die Städte und Wälder der Spieler sowie Patente und darauf gesammelte Rohstoffe ausgewertet und zum Terraformingwert der Megacorp hinzugezählt.

Umfang – Was ist drin in der digitalen Umsetzung?

Jeder, der schon einmal Kontakt mit einer IT-Abteilung hatte, weiß: Auf Ergebnisse muss immer zu lange gewartet werden (ja, ich arbeite selbst in einer). Dem Klischee gerecht hält die digitale Umsetzung nicht mit der Erweiterungsflut der analogen Welt schritt. Genau genommen ist bislang nur das Grundspiel umgesetzt und es sind noch nicht alle Bugs beseitigt. Dafür, dass die Umsetzung bereits Ende 2018 erschienen ist, ist bislang auch noch wenig über Erweiterungspläne bekannt.

Grafisch versucht die digitale Umsetzung sich möglichst nah am Vorbild zu halten. Das Spielbrett ist originalgetreu abgebildet. Per Drag&Drop kann das Spielbrett verschoben und per Mausrad gezoomt werden. In der Standard-Ansicht befinden sich am unteren Bildrand die Megacorp des Spielers, die sechs Ressourcen (getrennt in Vorrat und Produktion darüber), die Handkarten und Menüs für Ressourcen auf Karten, zusammengezählte Kartensymbole (wünscht man sich am analogen Spiel auch oft), Siegpunkte auf Karten und verfügbare Aktionen auf Karten sowie aktive Effekte. Auch die gespielten Karten können hier aufgerufen und unterschiedlich sortiert angeschaut werden.

Der linke Rand zeigt die Mitspieler in Spielreihenfolge mit ihren Megacorps und Terraformingwerten an. Über die Megacorps kann der untere Rand auf die Ansicht der anderen Spieler gewechselt werden, um deren Spielstand zu prüfen. Rechts wird oben die aktuelle Generation mitgezählt und darunter die drei Spielziele Temperatur, Sauerstoff und Ozeane dargestellt. Am oberen Rand sind das Navigationsmenü, das Spielprotokoll (leider ohne Undo-Funktion) und drei Schaltflächen für Meilensteine, Standard-Projekte und Auszeichnungen platziert.

Da selbst diese kurze Beschreibung der vielen Bedienmöglichkeiten sicherlich einschüchternd wirkt, sei an dieser Stelle auf das wirkliche gute, fünfstufige Tutorial hingewiesen, welches den Zugang sowohl zum digitalen als auch zum analogen Spiel erleichtert. Optisch ist der Gesamteindruck der Spieloberfläche stimmig und insoweit zugänglich, als dass die Orientierung nach wenigen Partien gut gefunden ist und die Steuerung ab dann gut von der Hand geht.

Asmodee Digital veröffentlicht seit Erscheinen des Spiels alle zwei bis drei Monate Updates, in denen jeweils die Bedienfreundlichkeit gesteigert, Computergegner verbessert und Bugs korrigiert werden. Die essenzielle Draft-Variante wurde zum Glück in einem der ersten großen Updates nach Erscheinen nachgeliefert. Seit kurzem werden auch die Veröffentlichungen für die mobilen Plattformen vorangetrieben. Eine iOS-Version ist bereits verfügbar, Android soll folgen. Das Abdecken weiterer Plattformen scheint also Vorrang vor Vertiefung der Funktionalitäten in Richtung Erweiterungen erhalten zu haben.

Community – Hallo, jemand da?

Was nützt die schönste Spielumsetzung, wenn vor dem Spiel eine lange Wartezeit steht? Für die ganz Ungeduldigen bleiben immer das lokale Spiel, auch mit mehreren Spielern, und Solo-Herausforderungen. Aber im Onlinespiel ist die Wartezeit bei Terraforming Mars Digital zum Glück ebenfalls überschaubar.

Zu den meisten Zeiten ist eine gut dreistellige Zahl an potenziellen Mitspielern in Spielen und dem Gruppenchat anzutreffen. Nach wenigen Minuten ist das Warten auf eine neue Partie in der Regel schon wieder vorbei. Als Optionen lassen sich Draft-Variante und asymmetrische Konzerne abschalten, Spielzeit und Mindestkarma pro Spieler sowie die Wertung der Partie einstellen.

Wer online gut und viel spielt, kann sich an einer hohen Platzierung in der Bestenliste erfreuen.
Wer online gut und viel spielt, kann sich an einer hohen Platzierung in der Bestenliste erfreuen.

Der Chat ist rudimentär, es lassen sich lediglich Favoriten- und Ignore-Listen pflegen. Normalerweise ist die Stimmung in den Onlinespielen freundlich, aber nicht unbedingt rücksichtsvoll, was Anfänger angeht. Neben deutschen Spielern trifft man online vor allem auf Spieler aus dem osteuropäischen und englischsprachigen Raum, es wird vor allem Englisch gesprochen.

Zur kurzen Absprache für eine Partie ist der Online-Chat zu gebrauchen, für alles andere gibt es genug Alternativen außerhalb des Spiels.
Zur kurzen Absprache für eine Partie ist der Online-Chat zu gebrauchen, für alles andere gibt es genug Alternativen außerhalb des Spiels.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: Asmodee Digital
  • Publisher: Asmodee Digital
  • Plattform: Steam (PC only)
  • Mindestanforderungen: PC: Dual Core 3.0 GHz, 4GB RAM, 250 MB HDD
  • Genre: Brettspielumsetzung
  • Releasedatum: 17.10.2018
  • Spielstunden: 1 pro Partie
  • Spieleranzahl: 2-5
  • Altersfreigabe: o.A.
  • Preis: EUR 19,99 (war schon mit 60%-Rabatt im Sale)
  • Bezugsquelle: Steam

 

Fazit

Als Fan des Brettspiels habe ich mich auf die digitale Umsetzung gefreut. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten ist das Spiel mittlerweile gut umgesetzt, einige Bugs hinterlassen aber noch einen faden Beigeschmack. Einige Karten funktionieren schlicht nach wie vor nicht und sind somit nicht spielbar. Das Tutorial, den Solomodus, sowie die 20 Achievements lässt man schnell hinter sich und widmet sich voll dem Onlinemodus, der sich mittlerweile auch besserer Stabilität erfreut, auch wenn noch einige Meldungen zu Abbrüchen existieren. Dank der Beliebtheit in den USA (das Spiel wurde zuerst von Stronghold Games groß gemacht) lassen sich zu jeder Uhrzeit Mitspieler finden.

Auch online spielt sich Terraforming Mars flüssig und Partien sind nach etwa 90 Minuten Spielzeit meist durch. Trotz der netten Aufmachung und des guten Spiels sind mir die Partien für ein digitales Brettspiel meist doch zu lang, um – anders als z. B. bei Scythe Digital – abends noch schnell eine Runde zu spielen. Auch schränkt das Fehlen der Erweiterungen die Motivation etwas ein. Ich gehe davon aus, dass sowohl bei Bugs als auch an den Erweiterungen im Laufe des Jahres gearbeitet wird. Da wir den aktuellen Stand bewerten, geben wir:

Mit Tendenz nach Oben

 

Über den Publisher/Verlag

Asmodee Digital

Nicht nur Spiele aus dem Asmodee-Katalog finden bei Asmodee Digital eine digitale Umsetzung. Großen Titeln aus anderen Verlagen wie Scythe oder Terraforming Mars folgte jüngst auch Gloomhaven. Aber auch Spiele aus dem eigenen Portfolio wie Catan, Pandemie oder das Herr der Ringe-Kartenspiel wurden von Asmodee Digital meist mit externen Entwicklungsstudios umgesetzt. Mittlerweile werden Spiele für die sechs Plattformen Apple AppStore, Google Play, Steam, Amazon, PS4 und Nintendo Switch angeboten.

Screenshots: Niko Kwekkeboom. Artikelbilder: © Asmodee Digital

3 Kommentare

  1. Ich spiele es wirklich häufig und mich nervt vor allem der Zeitmodus. Dieser läuft bereits, wenn die Gegneraktionen noch dargestellt werden und ich bin nun mehrfach in der letzten runde rausgeflogen. Wünschenswert wäre, dass die Mitspieler einem einen zusätzlichen Zeitbonus von 5, 10 oder 15 min. einräumen könnten.

    Zudem finde ich das Ende mehr als traurig. Man hat keine Möglichkeit mehr, sich das Feld nochmal in Ruhe anzusehen. Die Sieggrafik kommt, over and out.

    Zu guter Letzt warte ich auch auf die ganzen Erweiterungen als auch die Möglichkeit, zwischen mehreren Partien zu wechseln.

    Also Asmodee, wenn ihr das lest, kümmert euch mal.

  2. Ich bin eine begeisterte Brettspielerin von Terrafaroming Mars mit allen Erweiterungen. Seit Corona bin ich nun auch auf die online-Version umgestiegen und finde auch diese toll umgesetzt. Aber wo bleiben die Erweiterungen? Diese vermisse ich sehnsüchtig, gerdade die Venus-Erweiterungen. Bitte schnell nachholen!

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