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Imaginarium. Ein interessanter Titel. Die Box mit ihrem Elefanten mit Zahnrädern wirkt sehr ansprechend. Und auch das aufgebaute Spiel ist ein echter Hingucker. Aber was steckt mechanisch dahinter? Kann das Spiel mithalten oder muss die Optik von spielerischen Schwächen ablenken? Wir haben es für euch ausprobiert.

Nimmt man die Anleitung von Imaginarium in die Hand, weckt diese ebenfalls direkt Interesse an der Geschichte. Die Spieler übernehmen die Rolle von Angestellten in der Traumfabrik, die sich beweisen sollen, indem sie Traummaschinen reparieren. Wow, das klingt spannend. Aber wie funktioniert das im Spiel selbst?

Spielablauf

Die zwei bis fünf Spieler in Imaginarium wählen zu Beginn des Spiels jeweils eine der Spielfiguren. Diese werden zum einen durch einen Pappschirm repräsentiert, der das Bild der Figur zeigt, und hinter dem man eigene Ressourcen aufbewahrt. Zum anderen erhält jeder Spieler eine passende Büste als Spielfigur.

Außerdem erhält jeder Spieler eine zufällige Werkstatt zugewiesen. Diese geben sowohl die anfänglichen Rohstoffe an als auch die Startreihenfolge. Dabei gilt generell: Je früher man in der ersten Runde am Zug ist, desto schlechter sind die Startressourcen und -maschinen. Etwas sonderbar dabei: Bei weniger als fünf Spielern werden nicht bestimmte Werkstätten vorher aussortiert, sondern es wird aus allen zufällig gezogen. Wenn also bei drei Spielern die Werkstätten Nummer 4 und 5 gezogen werden, ist der dritte Spieler auf jeden Fall der Startspieler. Aber dabei kann er Glück haben und die Werkstatt Nummer 3 erwischen oder Pech und die 1. Wirklich riesig ist der Unterschied vielleicht nicht, aber dennoch scheint hier ein Passus zu fehlen, der derartige Ungleichheiten direkt verhindert.

Auf dem Spielplan in der Tischmitte werden die anfänglichen Assistenten und Maschinen aufgedeckt, die in der ersten Runde zur Verfügung stehen. Und auch die Projekte werden aufgedeckt. Diese bleiben innerhalb einer Partie weitestgehend identisch und bilden die hauptsächliche Quelle für Siegpunkte.

Nachdem der Aufbau erledigt ist, beginnt das eigentliche Spiel, das in Runden gespielt wird. Jede Runde besteht dabei aus drei Phasen: Planung, Durchführung sowie Kontrolle / Neueinstellung. In der Planungsphase setzen die Spieler, in der Reihenfolge, auf der sie aktuell auf der Treppe stehen, ihre Spielfiguren auf einen der Plätze am Fließband – wo man die Maschinen erhalten kann – oder an die Kohlium-Presse. In letzterer erhält man keine Maschine, dafür aber ein wenig zusätzliches Geld, denn nichts anderes ist Kohlium.

Ein sehr ansehnlicher Plan. Bis auf das Gebiss rechts, das irgendwie deplatziert wirkt.

Nachdem alle Spielfiguren verteilt sind, geht es in die Durchführungsphase. In der Reihenfolge, in der die Figuren in der Fabrik stehen, wird diese Phase von den Spielern jeweils komplett abgehandelt.

Zuerst generieren dabei die aktiven Maschinen des Spielers Ressourcen, dann muss er die Aktion seines Feldes durchführen – also die Maschine kaufen, an der er steht oder in der Presse etwas Geld erhalten. Danach wird in der eigenen Werkstatt der Zeiger verstellt, um die zwei Aktionen für diese Runde auszuwählen, die sodann in beliebiger Reihenfolge durchgeführt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Zeiger nicht auf die gleichen beiden Aktionen wie in der vorherigen Runde deuten dürfen. Und da die beiden Zeiger fest miteinander verbunden sind, ist auch nicht jede Kombination aus Aktionen überhaupt möglich. Stattdessen müssen die beiden Aktionen auf dem Aktionskreis benachbart sein. Die möglichen Aktionen sind (in der Reihenfolge, in der sie in den Werkstätten zu finden sind):

  • Anheuern von Assistenten
  • Erhalt von drei Kohlium
  • Bau von zuvor erhaltenen Maschinen
  • Handel (Kauf, Verkauf von Ressourcen und Kauf von Siegpunkten)
  • Verschrotten von Maschinen
  • Kopplung / Entkopplung von gebauten Maschinen

 

Sowohl für Assistenten als auch für Maschinen ist dabei der eigene Platz beschränkt. Bei Assistenten auf drei, bei Maschinen auf vier. Assistenten sind dabei unkündbar, das heißt, man wird sie nicht mehr los, wenn man sie einmal hat. Maschinen hingegen können mit anderen Maschinen kombiniert werden, um Platz zu sparen und teils stärkere Effekte zu erhalten, oder verschrottet werden, um Siegpunkte oder Ressourcen zu erhalten.

An der eigenen Werkstatt werden sowohl die Assistenten (oben) als auch Maschinen (unten) angelegt. Außerdem benötigt man die Uhr in der Mitte, um die Aktionen der aktuellen Runde einzustellen.

Um Maschinen zu bauen, benötigt man neben der Maschine selbst, die man zuvor vom Fließband erhalten und in seinen eigenen Vorrat gelegt hat, auch Ressourcen. Diese kann man entweder durch Handel kaufen oder aber aus der Produktion eigener Maschinen erhalten haben. Neben Kohlium – dem Geld des Spiels – gibt es Holz, Kupfer und Kristall als weitere Ressourcen.

Ist man mit seinen beiden Aktionen fertig, kann man noch schauen, ob man eines oder mehrere der ausliegenden Projekte erfüllt. Tut man dies, so legt man einen der eigenen Marker auf das Projekt und nimmt sich die entsprechenden Siegpunkte. Ist man der erste Spieler, der ein Projekt erfüllt, sind das die vollen Siegpunkte. Sind bereits einer oder mehrere Spieler schneller gewesen, ist es ein Punkt weniger. Jeder Spieler kann dabei jedes Projekt nur einmal werten.

Die Figuren sind eines der optischen Highlights von Imaginarium.

Nachdem auch das erledigt ist, wandert die eigene Spielfigur auf das unterste noch freie Feld der Treppe. Wer mit der Durchführung eher dran war, wird in der nächsten Planungsphase ebenfalls früh am Zug sein.

Danach ist der nächste Spieler mit seiner Durchführung an der Reihe.

Sind alle Spieler damit fertig, wird geschaut, ob einer der Spieler 20 oder mehr Siegpunkte hat. Ist dies der Fall, endet das Spiel und die Endwertung wird eingeleitet. In dieser gibt es für die Mehrheit in jeder der vier Ressourcen noch einmal zwei Siegpunkte. Dann hat der Spieler mit den meisten Punkten das Spiel gewonnen.

Falls das Spielende noch nicht erreicht ist, wird die am weitesten rechts liegende Maschine vom Fließband entfernt, alle anderen rücken nach rechts auf und das Fließband wird vom Nachziehstapel aufgefüllt. Dann beginnt eine weitere Runde.

Die Regeln sind relativ schnell erklärt und die meisten Elemente auch einfach zu verstehen. Einzig die Kombination von Maschinen ist nicht sofort verständlich und es wurde in allen Testspielen wieder und wieder nachgefragt, was denn nun wie kombinierbar sei. Eine Auflistung der möglichen Kombinationen ist dabei in jedem Spielerschirm zu finden, aber auch dort ist es nicht ohne weiteres sofort verständlich. An sich ist es aber gar nicht so komplex und nach ein paar Spielzügen hatte es dann auch jeder verstanden.

Was jedoch nicht so einfach ist, sind die Symbole auf den Assistenten und den Projekten. Hier musste jedes Mal, wenn ein neues entsprechendes Element ins Spiel kam, die Regel befragt werden, was denn genau diese Symbole nun wieder bedeuten. Und das nicht nur beim ersten Spiel, sondern auch in weiteren Partien. Hier hätte eine andere Sortierung in der Regel auch etwas geholfen, denn die Assistenten, also genau die, die man während des Spiels ständig nachschlagen muss, sind nicht am Ende der Regeln zu finden, sondern ein paar Seiten vorher, so dass man entweder das ziemlich große Regelheft dort aufgeschlagen lassen oder aber jedes Mal aufs neue Blättern muss.

Imaginarium ist ein insgesamt ziemlich strategisches Spiel. Die einzigen Zufallsfaktoren sind die Maschinen und Assistenten, die verfügbar werden.

Spielerinteraktion gibt es dabei sowohl indirekt über die Positionen im Spiel und das Wegschnappen von besonders begehrten Karten als auch direkt über Angriffsmaschinen, die bei den anderen Spielern Rohstoffe vernichten können. Eine konstruktive Interaktion im Sinne von Handel oder ähnlichem ist nicht vorhanden.

Mit unterschiedlicher Anzahl an Spielern ändert sich das Spielprinzip zwar nicht grundlegend, aber es fühlt sich doch deutlich anders an. Zum einen wird die Wartezeit bis zum eigenen Zug deutlich länger, je mehr Spieler dabei sind, zum anderen ist es erheblich schwieriger, eine langfristige Strategie zu entwickeln, wenn zu viele andere Leute da sind, die die dafür benötigten Dinge vor der eigenen Nase wegschnappen könnten. Insbesondere bei den Assistenten und den Plätzen an der Kohliumpresse wird die Luft zu Beginn schnell dünn, denn davon sind jeweils nur drei Stück pro Runde vorhanden, so dass im Zweifel für zwei Leute nichts mehr übrig bleibt, wenn alle einen ähnlichen Plan verfolgen.

Für zwei Spieler gibt es eine Regelvariante, die dafür sorgt, dass mehr Maschinen pro Runde das Spiel verlassen und somit die Auswahl sich hinreichend verändert. Auch wird es dadurch deutlich einfacher, dem anderen Spieler wichtige Maschinen vorzuenthalten, da man diese nicht selbst kaufen muss, um dies zu tun.

Dadurch, dass in jeder Partie unterschiedliche Projekte ausliegen – und somit auch unterschiedliche Dinge Siegpunkte verleihen – spielt sich jede Partie Imaginarium anders. Leider sind sich jedoch die Projekte dabei zu ähnlich, so dass der Unterschied zwar im Detail vorhanden ist, aber das Spiel sich nicht wirklich anders anfühlt.

Ein weiterer Wermutstropfen sind die Assistenten. Bei diesen gibt es solche, die höchst spekulativ sind, und solche, die eigentlich immer gut sind. Insbesondere drei Stück sind dabei hervorzuheben: 1. Einer der Assistenten erlaubt es, zwei beliebige Aktionen zu nehmen, statt an die Zeiger der eigenen Uhr gebunden zu sein. Dies erlaubt deutlich effizientere Spielzüge, da man ohne diesen oftmals gezwungen ist, eine Aktion mitzunehmen, die wenig bis gar nichts bringt.

  1. Ein anderer Assistent verleiht zwei weitere Bauplätze für Maschinen. Man hat dann also sechs Felder Platz statt nur vier. Der Unterschied ist im späteren Spielverlauf enorm, da man damit viel freier Maschinen bauen kann, und auch so manches Ziel erheblich einfacher zu erfüllen wird, da man seine Werkstatt nicht mit eigentlich unnützen Maschinen verstopfen muss.
  2. Der dritte wirklich starke Assistent gibt für jedes erfüllte Projekt einen weiteren Siegpunkt. Gelingt es früh, diesen Assistenten zu ergattern, kann das 4-5 Siegpunkte ausmachen, was bei einem Spiel, das bei 20 Punkten endet, eine enorme Menge ist.

 

Und auch bei den Maschinen gibt es mehr oder weniger sinnvolle und was davon wirklich sinnig ist, ist nicht immer auf den ersten Blick erkennbar.

Ausstattung

Die Box von Imaginarium enthält eine Menge Material. Bis auf die Karten, die etwas lose herumfliegen, lässt sich dieses gut wieder verstauen.

Optisch macht Imaginarium nahezu alles richtig. Schachtel und Spielbrett sind echte Hingucker, die Spielfiguren sind eindrucksvoll groß und schwer. Einzig der Zermalmer, in dem recycelte Maschinen landen, sticht negativ heraus. Der Rest der Optik ist steampunkig bis fantastisch, aber dieses komische Gebiss mitten auf dem Spielplan wirkt einfach deplatziert.

Etwas absonderlich und für mich persönlich auch störend sind die Namen von Dingen in diesem Spiel. Kohlium? Kupferette? Transmuteur? Waldräubeur? Musste das wirklich sind? Warum braucht es diese unsinnigen Fantasieworte?

Positiv hingegen sticht heraus, dass es für die Ressourcen eine Pappschachtel gibt, die sowohl im verpackten Spiel Platz hat, als auch auf dem Spielplan. So bleiben die Ressourcenwürfel bei Lagerung und Transport stets sicher verstaut und der Auf- und Abbau wird nicht dadurch verlangsamt, dass man sie aus oder in Plastikbeutel packen muss.

Sehr praktisch ist die Box zum Aufbewahren der Ressourcenwürfelchen, die auch einen eigenen Platz auf dem Spielplan hat.

Was den Aufbau ansonsten angeht, ist dieser schnell erledigt, benötigt aber einen recht großen Tisch. Denn neben dem bereits ziemlich opulenten Spielplan benötigt jeder Spieler auch noch Platz für seinen Sichtschirm, seine Werkstatt, sowie die Maschinen, die er für den Bau bereithält. Gerade bei fünf Spielern werden die meisten Tische dafür nicht mehr ausreichen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Bombyx / Asmodee
  • Autor(en): Bruno Cathala / Florian Sirieix
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 90-120 Minuten
  • Spieleranzahl: 2 3 4 5
  • Alter: 14+
  • Preis: ca. 45 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Produktseite des Spiels kann man die deutschen Regeln herunterladen. Außerdem kann man bei BoardGameGeek eine inoffizielle englische Regel für eine Solovariante finden.

Fazit

Bruno Cathala ist ein Name, der spätestens seit Five Tribes und Kingdomino in der Spielebranche bekannt ist. Und Steampunk ist ein Thema, das gerade dort noch relativ wenig Beachtung gefunden hat. Ein Steampunk-Spiel von Herrn Cathala war also etwas, das ich mit Spannung erwartet hatte, seit es das erste Mal angekündigt wurde.

Als das Spiel dann auf den Tisch kam, machte es auf den ersten Blick auch einen bombastischen Eindruck. Das Spielmaterial ist optisch und haptisch weitgehend gut bis sehr gut gelungen.

Leider ist das Spiel selbst das nur bedingt. Zu unfair gut erscheinen manche Assistenten, zu uninteressant sind viele Maschinen. Und zu langweilig das Spiel an sich. Im Grunde handelt es sich um einen reinen Würfelchen-Schubser (cube pusher) – man erlangt verschiedenfarbige Ressourcenwürfel, mit denen man dann Dinge baut, die mehr dieser Würfel produzieren. Eine Verbindung zum Thema ist während des Spiels nicht im Mindesten erkennbar. Und obwohl es Faktoren gibt, die jedes Spiel leicht unterschiedlich machen, so sind die Unterschiede doch nicht groß genug, um mehr als 3-5 Partien interessant zu machen, bevor man sich anderen Spielen zuwendet. Schade eigentlich, denn die Mechanismen sind solide und das Material einfach gelungen. Es fehlt nur am Ende irgendwie der Funken Besonderes, um das Spiel mehr als nur mittelmäßig werden zu lassen. Die Aufmachung führt dabei zwar zu einer kleinen Aufwertung, aber an der Gesamtnote ändert das nichts.

 

mit Tendenz nach oben

 

Artikelbilder: Bombyx / Asmodee, Fotografien: Holger Christiansen, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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