Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Bereits auf Handys oder anderen Mobilgeräten hat die postapokalyptische Bunker-Aufbausimulation Fallout Shelter zu begeistern gewusst. Bis zu vier Spieler*innen können nun auch als gemeinsames Brettspiel Tiefbau betreiben und müssen dabei sowohl Räume errichten als auch Gefahren bekämpfen. Wie gelungen ist der Sprung von der digitalen App auf den heimischen Spieletisch?

Der Trend, Video- oder Computerspiele auch als physisches Brettspiel auf den Markt zu bringen, setzt sich fort. Nachdem schon die postapokalyptische Videospielreihe Fallout selbst einen erfolgreichen Brettspiel-Ableger bekommen hat, zieht nun auch das Handyspiel-Spinoff Fallout Shelter nach.

Nach einem Atomkrieg liegt die Welt in Trümmern. Doch unter der Oberfläche des tristen Ödlands regt sich Leben! Wir übernehmen die Leitung eines unterirdischen Bunkers. Dort haben wir die Aufgabe, den Betrieb am Laufen zu halten und unsere Bewohner*innen glücklich zu machen. Am Ende gewinnt die Person mit den meisten Zufriedenheitsmarkern.

In der Brettspiel-Variante bauen jedoch nicht alle einen eigenen Bunker, man führt stattdessen eher eine Bunker-WG miteinander: Alle haben eine eigene Etage, während sie sich mehrere Spielfelder in der obersten Etage teilen. Außerdem spielt man gegeneinander und nicht gegen das Spiel, wie im Handyspiel von Bethesda Softworks. Es muss natürlich auch wieder gekämpft werden, denn die Gefahren im Ödland sind ebenso zahlreich wie gefährlich. Jedoch liegt der Fokus eindeutig auf dem Sammeln von Ressourcen und Bauen von neuen Räumen, die wiederum neue Aktionsmöglichkeiten eröffnen.

Wir haben uns angeschaut, wie das Spiel funktioniert und ob die Umsetzung überzeugen kann.

Spielaufbau

Fallout Shelter ist schnell aufgebaut. Als erstes wird der Grundstock des Bunkers aus Karten zusammengelegt – jede Karte ist ein Raum in unserem unterirdischen Zuhause. In die Mitte werden je nach Spieler*innenanzahl noch weitere kleinere Kärtchen gelegt, daraus entsteht eine Art Aufzugsschacht, unter dem im weiteren Spielverlauf die Stockwerke der Mitspieler*innen entstehen. 

Würfel, Marker für Ressourcen und Zufriedenheit, sowie Kartenstapel für Gefahren, Gegenstände und Räume werden griffbereit neben dem Spielbereich hingelegt. Räume und Gegenstände haben hierbei auch eine offene Auslage von jeweils drei Karten.

Jede*r Spieler*in wählt außerdem eine Spielfarbe und erhält eine entsprechende Ressourcentafel und zwei Pip-Boy-Meeples zum Start. In den Vertiefungen der Tafel bunkern (he, he …) wir unsere Ressourcenmarker. Davon gibt es im Spiel vier verschiedene: Strom, Essen, Wasser und Zufriedenheit. Letztere entscheidet über den Sieg in Fallout Shelter. Das Spiel endet, wenn keine Gefahrenkarten mehr gelegt werden können oder ein*e Mitspieler*in den sechsten Raum auf der eigenen Etage gebaut hat. Dann werden die Zufriedenheitsmarker wie Siegpunkte gezählt – wer die meisten hat, siegt!

Spielablauf

Ähnlich wie man im digitalen Fallout Shelter Bewohner*innen zuweisen muss, funktioniert auch die analoge Fassung als Worker-Placement-Spiel. Die Regeln sind nicht kompliziert, am längsten dauert eigentlich das Lernen der Symbole und Wirkungen auf den Aktionsfeldern. Der Kern des Spiels ist somit, die Meeples den Aktionsfeldern zuzuweisen und mit den gesammelten Ressourcen effizient zu haushalten, um weiter zu expandieren.

Eine Spielrunde verläuft folgendermaßen:

  1. Es erscheinen neue Gefahren: Für jede Etage wird einmal mit zwei Würfeln gewürfelt, die entsprechende Augenzahl bestimmt, auf welchem Raumfeld eine Gefahrenkarte platziert werden muss.
  2. Meeples zuweisen: Im Uhrzeigersinn platziert jede*r einen der eigenen Meeples auf einem freien Feld im Bunker, bis gepasst wird oder keine Meeples mehr vorhanden sind.
  3. Meeples zurückrufen: Alle Meeples werden wieder zurückgenommen.

 

Es gibt viel zu tun in unserem Bunker! In der Startausstattung haben wir einige Felder zum Sammeln von Ressourcen, etwa den Generator für Strom, das Diner für Nahrung oder die Wasserbehandlung für Wasser. Worker-placement-typisch setzen wir unseren Meeple auf das gewünschte Feld und bekommen (oder bezahlen) die angezeigten Ressourcen. Die gesammelten Ressourcen können wir dann auf anderen Feldern wieder ausgeben. So kann zum Beispiel am Vault-Eingang Nahrung ausgegeben werden, um einen neuen Meeple für die nächste Runde zu rekrutieren. Um das trockene Ödland nach Gegenständen zu durchforsten, muss Wasser ausgegeben werden.

Außerdem kann das Aktionsfeld des eigenen Aufzugs dazu verwendet werden, neue Räume zu bauen, deren Kosten ganz unterschiedlich ausfallen können. Wurde ein neuer Raum auf einer Etage gebaut, können auch dessen Aktionsfelder fortan mitbenutzt werden, auch von anderen Spieler*innen.

In jeder Runde (außer in Runde eins) wird ein Aktionsfeld eines Raumes von einer halbtransparenten Gefahrenkarte überdeckt. Statt der Nutzung des Feldes muss die Gefahr bekämpft werden, bis dahin kann das Feld nicht regulär benutzt werden. Hierzu wird meist schlicht mit zwei Würfeln gewürfelt. Wenn das Ergebnis höher ist als der Wert auf der Karte, hat man gesiegt, ansonsten nicht und der betroffene Meeple fällt für eine Runde aus. Die Gefahren sind fallouttypische Monster wie Maulwurfsratten, RAD-Kakerlaken, Raider oder Todeskrallen. Aber auch andere Widrigkeiten bedrohen unsere Bunkeridylle, wie Stromausfälle oder Feuer. Mit ebenso fallouttypischen Gegenständen wie Waffen, Kleidung oder tierischer Begleitung kann man seine Würfelwürfe und diverse andere Spielmechanismen zu seinen Gunsten verbessern.

Wer Fallout kennt, dem sagt auch das S.P.E.C.I.A.L.-Training etwas. Dies hat es auch in Fallout Shelter geschafft. Wenn man einen Meeple von einem Aktionsfeld mit einem Pfeil nach oben zurückholt, ist er im entsprechenden Buchstaben für den Einsatz in der nächsten Spielrunde trainiert und kann die Ressourcen eines Feldes doppelt einsammeln. Dies ist taktisch ein nettes Element zum Austüfteln.

Fallout Shelter eignet sich für eine nette Runde zwischendurch, die auch mal mehr als 90 Minuten dauern kann. Da Glück und Karten immer ein wenig anders verteilt sind, macht jede Partie gleichermaßen Spaß; viel mehr Neues zu entdecken gibt es irgendwann jedoch nicht mehr. Mit vier Spieler*innen spielt sich Fallout Shelter zwar immer noch gut, aber dauert doch bis zum Erreichen des Partieendes eine Weile, daher sind drei ein empfehlenswerter Spieler*innen-Mittelwert.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

PGlmcmFtZSBjbGFzcz0ieW91dHViZS1wbGF5ZXIiIHdpZHRoPSI2OTYiIGhlaWdodD0iMzkyIiBzcmM9Imh0dHBzOi8vd3d3LnlvdXR1YmUtbm9jb29raWUuY29tL2VtYmVkL3VCSUNlQ2VVTnhvP3ZlcnNpb249MyYjMDM4O3JlbD0xJiMwMzg7c2hvd3NlYXJjaD0wJiMwMzg7c2hvd2luZm89MSYjMDM4O2l2X2xvYWRfcG9saWN5PTEmIzAzODtmcz0xJiMwMzg7aGw9ZGUtREUmIzAzODthdXRvaGlkZT0yJiMwMzg7d21vZGU9dHJhbnNwYXJlbnQiIGFsbG93ZnVsbHNjcmVlbj0idHJ1ZSIgc3R5bGU9ImJvcmRlcjowOyIgc2FuZGJveD0iYWxsb3ctc2NyaXB0cyBhbGxvdy1zYW1lLW9yaWdpbiBhbGxvdy1wb3B1cHMgYWxsb3ctcHJlc2VudGF0aW9uIGFsbG93LXBvcHVwcy10by1lc2NhcGUtc2FuZGJveCI+PC9pZnJhbWU+

Ausstattung

Mit Fallout Shelter holt man sich eine kleine Metallbox ins Haus, die an ein Überlebenskit erinnert. Sowohl außen als auch innen ist alles im Look-and-Feel von Fallout Shelter gehalten, von der Farbwahl mit leuchtend „atomgrünen“ Plastikmarkern bis hin zu den Abbildungen auf den Raumkarten.

Die Haptik der Spielkarten und Plättchen ist sehr gut und hochwertig produziert. Gelungen finde ich die Idee mit den halbdurchsichtigen Gegnerkarten, die auf die Räume gelegt werden, beim Kartenmischen jedoch kann da leider schon mal die ein oder andere Karte wegrutschen. Das Spielmaterial, insbesondere die Pip-Boy-Figuren (die sich im Übrigen voneinander unterscheiden!) sind hübsch gemacht, aber sehr kleinteilig. Dem einen oder anderen Spieler mit größeren Händen könnte das doch zu fummelig ausfallen.

In der mit netter, etwas „altbackener“ Optik gestalteten Spielanleitung bleiben keine Regelfragen offen und der Spielablauf wird Schritt für Schritt übersichtlich erklärt. Auf der Rückseite ist noch eine Symbolübersicht für die im Spiel verwendeten Felder als schnelle Legende für die ersten Runden.

Der Preis für die kleine Box ist mit 35-40 Euro schon ziemlich hoch. Dafür kriegt man aber ein nettes Sammlerstück.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Fantasy Flight, Asmodee
  • Autor: Andrew Fischer
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 60-90 Minuten
  • Spieler*innenanzahl: 2 3 4
  • Alter: Ab 14 Jahren
  • Preis: ca. 35-40 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Seite von Asmodee kann man einen Blick in die Spielregeln werfen.

Fazit

Ich mag Worker-Placement-Spiele generell. Sie dürfen gerne komplex wie Black Angel sein, jedoch kriegt man mich auch mit schlankeren Mechanismen. Fallout Shelter erfindet das Rad nicht neu, es ist weder besonders innovativ noch besonders anspruchsvoll. Dennoch macht es vieles richtig und, was am allerwichtigsten ist: Es macht einfach Spaß.

Ein schlankes Worker-Placement-Spiel, schnell erklärte, unkomplizierte Regeln und hübsches Spielmaterial, viel mehr braucht es auch gar nicht. Das Taktieren, wie man seine Arbeiter*innen und die verfügbaren Aktionsfelder am effizientesten einsetzt, ohne dabei die Züge der Gegner*innen außer Acht zu lassen, macht auch unter dem Ödland viel Spaß. Und es harmoniert ganz wunderbar mit dem augenzwinkernden Charme des Fallout-Universums. Fallout-Fans werden sich ohnehin von den Illustrationen und bekannten Anspielungen angesprochen fühlen. Wem das Handyspiel gut gefällt, kann sich bestimmt mit der Brettspielfassung anfreunden – würdig umgesetzt ist es definitiv.

Wer ein liebloses Lizenzspiel befürchtete, hat sich glücklicherweise zu Unrecht Sorgen gemacht.

Die kleine Box ist außerdem sehr mitnahmefreundlich und eine klare Empfehlung für urlaubstaugliche Brettspiele, der Preis ist trotz der Hochwertigkeit eher am oberen Ende.

Unterm Strich ist Fallout Shelter ein rundes und sehr zugängliches Brettspiel, auch, wenn man nicht viele Brettspiele spielt oder ein Fallout-Nerd ist. Hier können Einsteiger*innen und Kenner*innen gleichermaßen zusammen Spaß haben.

 

Titelbild: © Fantasy Flight Games
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Rick Davids
Fotografien: Thekla Barck
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein