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Die Kampagne: Durch sie kann man großartige und bedeutende Geschichten erleben, aber sie stellt ebenso eine zeitliche Investition dar. Vieles kann in ihrem Verlauf dazu führen, dass immer seltener und irgendwann gar nicht mehr weitergespielt wird. Aber wie immer gibt es Hoffnung und Möglichkeiten, eine solche Kampagne wiederaufleben zu lassen.

Eine Kampagne im Tischrollenspiel ist etwas Großartiges: Ob gekauft oder selbst ausgedacht, die Spielleitung nimmt die Spieler*innen mit auf eine epische Reise. Die Charaktere werden in einer großen, zusammenhängenden Geschichte gemeinsam vieles erleben und durchstehen. Nicht selten behandeln Kampagnen monumentale Ereignisse in der Welt ihres jeweiligen Systems.

Doch eine Kampagne bedeutet auch eine monate-, wenn nicht gar jahrelange Verpflichtung seitens Spieler*innen und Spielleitung. Man sollte sich also vorher gut überlegen, ob man bereit ist, diese Zeit in ein solches Projekt zu investieren. Der Start einer Kampagne bedeutet jedoch nicht, dass sie auch beendet wird. So schlimm muss es zwar nicht kommen, aber manchmal lässt sich eine Unterbrechung nicht vermeiden.

Was kann man also tun, um einer eingeschlafenen Kampagne wieder Schwung zu verleihen?

Eine Kampagne ist ein Langzeitprojekt mit vielen epischen Geschichten. © blackregis2
Eine Kampagne ist ein Langzeitprojekt mit vielen epischen Geschichten. © blackregis2

Wie kommt es dazu?

Für das Einschlafen oder Unterbrechen einer laufenden Kampagne gibt es viele Gründe. Ein Umzug, neuer Job, Nachwuchs, Konflikte zwischen Mitgliedern der Gruppe oder ein unerwartetes Ereignis im Leben können dazu führen, dass Spieler*innen nicht mehr genügend Zeit für das Hobby Tischrollenspiel aufbringen können oder wollen. Insbesondere langfristige Kampagnen, die mehr oder weniger regelmäßig stattfinden sollen, sind davon betroffen.

Das Wegfallen von Mitspieler*innen muss dabei noch nicht das Aus für die Kampagne bedeuten. Wenn die Anzahl der restlichen Spieler*innen groß genug ist oder jemand Neues gefunden wird, kann durchaus weitergespielt werden, auch wenn sich das Einführen neuer Mitspielender und ihrer Charaktere immer schwieriger gestaltet, je weiter die Kampagne fortgeschritten ist. Manchmal ist ein Fortführen jedoch nicht möglich, insbesondere dann, wenn die Spielleitung betroffen ist. In diesem Fall wird eine Pause unumgänglich sein.

Eine Kampagne kann aber auch langsam einschlafen. Zunächst hat man sich einmal wöchentlich getroffen, dann sind die Abstände immer größer geworden und schließlich ist die Runde völlig zum Erliegen gekommen. Vielleicht sind Mitglieder der Gruppe so weit weggezogen, dass ein regelmäßiges und häufiges Treffen schwierig ist. Vielleicht hat sich die Gruppe einfach auseinandergelebt. Gerade der Pandemie werden einige Kampagnen zum Opfer gefallen sein, wenn der Sprung zur Online-Spielrunde, aus welchen Gründen auch immer, nicht geglückt ist.

Fehlende Zeit ist eines der häufigsten Probleme bei Kampagnen. © Geraldas1
Fehlende Zeit ist eines der häufigsten Probleme bei Kampagnen. © Geraldas1

Wie verhindere ich, dass eine Kampagne unterbrochen wird?

Am besten ist es natürlich, wenn eine Kampagne gar nicht erst einschläft oder unterbrochen werden muss. Manches im Leben lässt sich weder verhindern noch planen, aber dennoch gibt es Möglichkeiten, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass ein Fortlaufen der Kampagne gewährleistet ist. Hier ein paar Ideen:

  • Ein festgelegter Termin, etwa einmal in der Woche oder einmal monatlich, sorgt dafür, dass regelmäßig gespielt wird. Sollte ein Termin ausfallen, dann steht der nächste trotzdem schon fest. Nach jeder Sitzung einen neuen Termin auszumachen ist mühsam und kann dazu führen, dass folgende Termine immer weiter auseinanderliegen, da immer jemand an einem anderen Tag keine Zeit hat. Bei einem festgelegten Termin ist der entsprechende Tag schon im Voraus geblockt, sodass Sätze wie „Da habe ich keine Zeit“ hoffentlich nur als Ausnahme fallen.
  • Für Spieler*innen, die Interesse haben, an einer Kampagne teilzunehmen, ist es hilfreich, wenn die Spielleitung noch vor Beginn einen ungefähren zeitlichen Rahmen setzen kann. Auf diese Weise wissen alle, worauf sie sich einlassen und ob sie bereit dazu sind.
  • Im Zweifelsfall ist eine kleinere Kampagne besser als eine, die mehrere Jahre dauern soll. Nicht alle können oder möchten sich für eine so lange Zeit verpflichten. Spieler*innen zu verlieren ist eines der schlimmsten Dinge, die einer laufenden Kampagne passieren können. Zudem kann eine Endloskampagne eine demotivierende Wirkung entfalten, wenn weder für die Spieler*innen, noch ihre Charaktere ein Ende in Sicht ist, auf das man mit einem angemessenen Zeitaufwand hinarbeiten kann.
  • Die Spielleitung kann im Laufe der Kampagne immer wieder Punkte finden, an denen Charaktere gewechselt werden oder neue dazukommen können. Manchmal merkt man zum Beispiel erst nach ein paar Sitzungen, dass man lieber einen anderen Charakter spielen würde. Bevor dadurch die Lust an der ganzen Kampagne verloren geht, sollte man besser wechseln. Wenn es doch zum Verlust von Spieler*innen und damit ihren Charakteren kommt, können an solchen Punkten auch einfacher neue Leute einsteigen, ohne dass es mit der Geschichte in Konflikt gerät.

Wie kann ich eine Kampagne wiederaufleben lassen?

Falls sich die Gruppe nicht komplett getrennt oder aus den Augen verloren hat und alle immer noch Lust haben, kann auch eine länger nicht gespielte Kampagne fortgesetzt werden. Dennoch sollte die Gruppe sich zuvor zusammensetzen und Gedanken darüber machen, was der Grund für die Unterbrechung der Kampagne war, um es in Zukunft am besten nicht noch einmal so weit kommen zu lassen. Offensichtliche Gründe wie ein Umzug oder Nachwuchs sind hierbei natürlich ausgenommen und bedürfen keiner Diskussion. Wie so oft ist auch hier Kommunikation der Schlüssel: Verlor jemand aus der Gruppe vielleicht die Lust, weil er*sie mit dem eigenen Charakter nicht warm wurde? Gab es ungelöste Unstimmigkeiten zwischen zwei Spieler*innen? Wenn man sich die Ursachen klarmacht, kann man beim nächsten Mal besser gegensteuern.

Die Zeit, die eine Kampagne zu ihrer Vollendung benötigt, ist auch ihr größtes Problem. Wenn viele Termine aufgrund von zu wenigen Spielenden abgesagt werden mussten, ist es eine Überlegung wert, ob nicht eine festgelegte Gruppe, sondern ein größerer Pool aus Spieler*innen besser ist. Eine Gruppe aus sechs Spielenden ist für die meisten vermutlich das Maximum, aber auf diese Weise können bis zu drei von ihnen fehlen, ohne dass der Termin abgesagt werden muss. Die zusätzliche Option, dass nicht jede*r jedes Mal dabei sein muss, nimmt zusätzlich Druck und lockert die Gruppendynamik.

Es gibt verschiedenste Mittel und Wege, wie man eine Kampagne wiederaufleben lassen kann. © thinglass
Es gibt verschiedenste Mittel und Wege, wie man eine Kampagne wiederaufleben lassen kann. © thinglass

Ein festgelegter Tag als Spieltermin ist für eine Kampagne, die regelmäßig stattfinden soll sehr hilfreich. Wenn dies nicht mehr möglich ist, gibt es immer noch die Möglichkeit auf flexible Termine auszuweichen, damit die Kampagne nicht komplett zum Erliegen kommt.

Wenn nicht die Zeit, sondern die Kampagne selbst das Problem war, gibt es dennoch Möglichkeiten, sie zu retten. Falls man mit den Regeln nicht warm geworden ist, kann man das System wechseln – entweder zu einem universellen oder einem, das man bereits gut kennt und mag. Vielleicht war die Kampagne zu langatmig, sodass man sie kürzen kann, um mehr Dynamik reinzubringen. Gerade Kämpfe nehmen in einigen Systemen viel Zeit in Anspruch. Man kann also schon allein dadurch Zeit einsparen, indem der Gruppe nicht jede*r Gegner*in, welche die Kampagne vorschlägt, auf den Hals gehetzt wird.

Hat man es nun geschafft, die Gruppe wieder zusammenzubringen, lassen sich die Möglichkeiten, um wieder in die Kampagne einzusteigen, grob in zwei Kategorien unterteilen: „Es existiert eine Chronik“ und „Es existiert keine Chronik“.

Es existiert eine Chronik

Gerade in einer Kampagne sollte eine Chronik geführt werden, in welcher die wichtigsten Ereignisse, Zusammenhänge und Personen aufgeführt sind. Für die Spieler*innen ist dies enorm wichtig, um sich jederzeit Informationen zurück ins Gedächtnis rufen zu können. Die meisten kennen vermutlich Fragen wie „Wer war das nochmal?“. Solche Nachfragen werden nicht seltener, wenn die letzte Sitzung schon einige Zeit zurückliegt.

Doch wer führt diese Chronik? Hierzu gibt es verschiedenste Modelle. Am genauesten ist es, wenn die Spielleitung diese Aufgabe übernimmt, da sie naturgemäß den größten Überblick hat. Andererseits leitet sie die komplette Kampagne und so können Spieler*innen die Chronik führen, um der SL etwas Arbeit abzunehmen. Manche Spieler*innen führen ohnehin parallel ihre eigene Chronik und halten so die für sie selbst wichtigsten Informationen fest. Eine weitere Variante ist auch, die Chronik aus Sicht eines der Charaktere zu schreiben. Damit ist sie zwar subjektiv, aber auch immersiv.

Das Führen einer Chronik ist hilfreich, um dort die erhaltenen Informationen zu sammeln. © PixelsAway
Das Führen einer Chronik ist hilfreich, um dort die erhaltenen Informationen zu sammeln. © PixelsAway

Möchte man eine Kampagne wiederaufnehmen, so ist eine Chronik von großem Vorteil. Nach einer wochen-, monate- oder gar jahrelangen Pause werden die Spieler*innen nicht mehr alle Informationen parat haben. So könnte man zum Beispiel allen Spieler*innen einen Abschnitt der Geschehnisse zuteilen, über den sie den anderen berichten. Die Spielleitung könnte auch ein Quiz erstellen oder die Charaktere einen Brief an ihre Liebsten verfassen lassen, in dem sie von ihren Erlebnissen berichten.

Eine weitere Idee bedeutet etwas mehr Aufwand für die SL, beinhaltet dafür aber das Auffrischen der Informationen im Rollenspiel direkt: Die Spieler*innen erleben in kurzen Szenen wichtige Ereignisse aus der Perspektive von NSC, welche die Taten der Held*innen oder davon gehört haben.

Es existiert keine Chronik

Wenn niemand eine Chronik geführt hat, erschwert dies das Auffrischen der Informationen über bereits in der Kampagne Geschehenes. Die einfachste Lösung wäre, dass die Spielleitung die Aufgabe der nicht vorhandenen Chronik übernimmt und den Spieler*innen eine Zusammenfassung gibt. Denkbar ist ebenso eine Art Brainstorming, in dem die Spielenden alles zusammentragen, an das sie sich noch erinnern. Lücken können dann von der SL gefüllt werden. Auf diese Weise werden alle aktiv eingebunden.

Wenn die Kampagne noch nicht weit fortgeschritten war, bietet sich hier auch die Möglichkeit an, noch einmal ganz von vorne zu beginnen. Dann könnte man die Chance nutzen und direkt eine Chronik anfangen.

Abschließende Worte

Eine Kampagne ist ein ganz besonderes Erlebnis. Aber sie ist auch ein Langzeitprojekt. Dieser Tatsache müssen sich alle Beteiligten bewusst sein, wenn sie eine solche starten wollen. Deshalb ist es wichtig, dass man bei der Frage, ob man dazu bereit ist, ehrlich zu sich ist. Nicht nur für sich selbst, sondern auch für die anderen.

Je länger eine Kampagne dauert, desto höher ist das Risiko, dass sie irgendwann einschläft oder unterbrochen wird. Manche Dinge im Leben lassen sich zwar nicht vorhersehen, aber für alles andere gibt es Möglichkeiten, die man ergreifen kann, um es gar nicht so weit kommen zu lassen.  

Auf der anderen Seite muss es nichts Schlimmes sein, eine Kampagne aktiv für ein paar Wochen zu pausieren, wenn man in eine Sackgasse geraten ist. So haben alle Zeit, sich wieder zu sammeln und klar darüber zu werden, ob und wie sie die Kampagne weiterführen möchten.

Es ist nie zu spät, eine Kampagne doch noch weiterzuführen. © Violin
Es ist nie zu spät, eine Kampagne doch noch weiterzuführen. © Violin

So oder so, beides bedeutet nicht automatisch das Aus für eine Kampagne. Es spricht nichts dagegen, sie jederzeit wieder aufnehmen zu können. Ob einfaches Weiterspielen, zeitliche und terminliche Anpassungen oder das Wechseln des Systems – für jedes Problem gibt es eine Lösung. Wenn man wieder zusammenfindet, steht dem Wiederaufnehmen des Fadens nichts im Wege. Man muss es nur tun.

Titelbild: depositphotos © vitalytitov
Artikelbilder: depositphotos © wie gekennzeichnet
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Denise Hollas

1 Kommentar

  1. Schöner Artikel, der Tipp mit der Chronik wird sofort umgesetzt 🙂 Es kommt bei mir leider häufiger zu langen Unterbrechungen, wir verbringen deshalb echt viel Zeit damit, uns die letzten Sitzungen in Erinnerung zu rufen.

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