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Die Spielleitung wacht neutral über die Regeln, allwissende und omnipotente Macht des Rollenspiels. Sie schaut von außen auf die Spielenden und bewertet voller Neutralität ihre Aktionen, um ein gutes Spielerlebnis für alle am Tisch zu schaffen. Eine SL darf niemals Position beziehen – oder doch?

Die Rolle der Spielleitung hat sich mit den Jahren verändert: Aus der Situation SL vs. Spieler*innen wurde mehr und mehr ein gemeinsames Spielen. Das zeigt sich schon am Begriff: War früher „Meister“ – abgeleitet von „Gamemaster“ – der gängige Term im deutschen Sprachraum, wird heute häufig lieber SL, also Spielleitung, genutzt. Von einer allmächtigen Welterschaffungsgottheit wurde die SL mehr und mehr zu einer Art Schiedsgericht: Es geht nicht darum, die Regeln so auszulegen, dass Charaktere möglichst effektiv in einem Dungeon um die Ecke gebracht werden, sondern darum, dass alle Teilnehmenden gemeinsam Spielspaß haben. Dabei darf die SL auch unterstützt werden, damit nicht alle Last auf ihren Schultern liegt.

„Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher.

– Farm der Tiere

Eine SL muss immer neutral sein! Charaktere der Partner*in sollten nicht bevorzugt und Loot sollte für alle Klassen fallengelassen werden: für die Bogenschützin genauso wie für die Krieger der Gruppe. Die Neutralität der SL geht sogar so weit, dass sie die eigenen Ideen nicht übermäßig in den Fokus stellen sollte, um das berühmt-berüchtigte Railroading zu vermeiden. Denn nur, weil Vorschläge von Spieler*innen von der vorgeplanten Geschichte abweichen, sollten sie nicht abgeblockt werden.

Eine SL muss immer neutral sein – oder? Die kurze Antwort ist: Nein! Die lange Antwort folgt.

Die Aufgaben einer Spielleitung

Jedes Rollenspielbuch hat ein Kapitel darüber, was die Aufgaben einer SL sind, und das Internet ist voller Antworten auf diese Frage. Auch für diesen Artikel ist es wichtig, sich darüber Gedanken zu machen. Deshalb hier noch einmal in aller Kürze: Was sind die Aufgaben einer SL?

Die Spielleitung tut genau das, was dransteht: Sie leitet das Spiel. Sie wird als „zentrale Person am Spieltisch“ bezeichnet oder gilt als Schiedsgericht. Es ist ein bisschen von beidem und noch viel mehr.

Bevor eine Rollenspielrunde zusammenkommt, bereitet die SL eine Kampagne oder einen One-Shot vor, legt die bespielte Welt fest und erschafft so die Spielwiese für die Spielenden. Wie genau das dann aussieht, unterscheidet sich natürlich von SL zu SL – das ist auch gut so!

Nach der Vorbereitung gilt es, den Spielabend zu organisieren. Das Hauptaugenmerk sollte darauf liegen, die wichtigsten Regeln zu kennen und ihre richtige Anwendung anzuleiten, die Gruppe zu managen und die Charaktere in spannende Situationen zu bringen – aber auch alle NSC zu verkörpern. Entscheidungen zu treffen, gehört immer dazu.

Eine SL muss immer wieder unzählige Entscheidungen treffen © PixelsAway
Eine SL muss immer wieder unzählige Entscheidungen treffen © PixelsAway

Von diesen Entscheidungen gibt es unzählige: Ist die Aktion des Charakters logisch? Wie reagiert der NSC darauf? Erlaube ich einen Würfelwurf auf Einschüchtern, obwohl der Händler viel bedrohlicher als der Charakter ist? Die Spieler*innen haben vergessen zu looten, lasse ich den Loot verfallen oder gebe ich ihnen die Chance, diesen an anderer Stelle zu finden?

Bei jeder dieser Entscheidungen setzt man sich möglicherweise Kritik aus, und es ist eine Menge Vertrauen seitens der Spieler*innen notwendig, um auch solche Konsequenzen ohne Frust anzunehmen, die besonders negativ für die eigenen Charaktere sind. Dieses Vertrauen in die SL ist die Grundkonstante, ohne die jede Runde zum Scheitern verurteilt ist.

Manchmal ist es sehr schwierig, SL zu sein. Dann nervt ein*e Spieler*in damit, ständig gegen die Gruppe zu arbeiten oder nur auf das eigene Spotlight hinzuarbeiten. Vielleicht wird zum dritten Mal die Szene wegen eines OT-Witzes gesprengt, oder im spannendsten Moment muss mit dem Hund Gassi gegangen werden. Trotzdem muss die SL neutral bleiben. Immer! Immer?

Die Spielleitung mit eigener Position

Eine SL sollte sich niemals ohne Anlass gegen SC stellen und niemals Spielende exponieren. Die Vertrauensbasis würde dadurch zunichte gemacht werden. Alle am Tisch müssen gleichwertig behandelt werden und das auch spüren. Trotzdem ist es manchmal wichtig, als SL Position zu beziehen. Niemals eine Meinung zu haben, ist nämlich auch keine Lösung.

Die steile These: Manchmal darf eine Spielleitung nicht neutral sein.

Aber wann muss eine SL ihre Neutralität ziehen lassen? Immer, wenn das Wohl der Runde gefährdet ist oder einzelne Teilnehmende Hilfe benötigen, muss die Spielleitung einschreiten. In welchen Situationen ist das der Fall?

Disclaimer:

Mit den folgenden vier Beispielen wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Es sind jedoch Situationen, die mir als SL oder Spieler passiert sind. Die persönlichen Beispiele sind durch Boxen abgesetzt, um den allgemeinen Teil des Artikels von diesen Erfahrungen zu trennen.

Wenn Erwartungen nicht erfüllt werden

Alle haben Erwartungen an eine Runde: Die SL möchte vielleicht eine epische Geschichte erzählen oder ein ausgeklügeltes Intrigenspiel am Hofe des dänischen Königs leiten. Die Spielenden wollen heldenhaft sein, die Story genießen oder in ein geliebtes Setting eintauchen. Die Motivationen, Rollenspiel zu betreiben, sind so vielfältig wie die Spieler*innen.

Manchmal sind diese Wünsche und Erwartungen nicht deutlich formuliert worden, und man merkt erst im Laufe der Zeit, dass sie unerfüllt bleiben oder diametral zu denen der anderen stehen. In einer Shadowrun-Runde kann es für manche völlig normal sein, gegen die eigene Gruppe zu intrigieren, für andere ist es ein absolutes No-Go. Vielleicht war es am Anfang nicht ganz klar, dass sich in Die Verbotenen Lande keine übermächtigen Charaktere durch billige Monsterhorden schlachten, oder man hat unterschätzt, dass die Schrecken, die Kinder in Tales from the Loop erleben, einem nahe gehen. Manchmal kann es auch einfach am Würfelsystem scheitern.

Es kann überraschend sein, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden © nikolay100
Es kann überraschend sein, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden © nikolay100

Wenn so etwas passiert, muss die SL steuernd eingreifen, was besonders schwierig ist, wenn die Erwartungen der SL nicht erfüllt werden. Gleichzeitig zu vermitteln, obwohl man selbst betroffen ist, ist eine große Herausforderung. Wie kann man das am besten bewältigen?

Die einfachste Lösung ist natürlich, präventiv zu handeln. Wer eine solche Situation schon einmal erlebt hat, wird in zukünftigen Runden alle Erwartungen im Vorfeld so gut abstecken, wie es geht. Vielleicht trägt dieser Artikel ja dazu bei, Rollenspielende dafür zu sensibilisieren.

Ist das Kind aber schon in den Brunnen gefallen, hilft nur offene Kommunikation: Nach einem Spielabend kann man offen darüber reden, was genau einen stört. Dabei muss klar sein, dass unterschiedliche Erwartungen nicht das Aus für eine Runde bedeuten müssen. In den meisten Fällen kann man durch geringe Anpassungen alle zurück ins Boot holen. Manchmal hilft ein Systemwechsel, und in seltenen Fällen kann es auch sein, dass jemand die Runde verlässt. Dafür muss sich dann aber niemand schämen – die Spielabende müssen allen Spaß machen.

Horror und Suspense

Horror-Settings sind schwierig umzusetzen. Ich habe an einer Vaesen-Runde teilgenommen, bei der wir es als Spieler*innen einfach nicht geschafft haben, uns genügend in die Gruselatmosphäre hineinzuversetzen. Die SL war davon ein wenig enttäuscht und hat es thematisiert. Die Erwartung der SL war ganz klar, dass wir so gefangen im düsteren und wirklich hervorragenden Setting sind, dass uns allezeit angst und bange ist. Das Gespräch in einer Pause machte klar, dass wir das aus unterschiedlichen Gründen nicht ganz hinbekommen werden. Doch waren wir uns einig, dass der Spaß darunter nicht gelitten hatte und wir unbedingt weiterspielen wollten. Auch die SL hatte Spaß und schüttelte den Frust über die unerfüllten Erwartungen ab. So konnten wir gemeinsam ein nicht ganz so gruseliges, aber sehr spannendes Abenteuer erleben.

In meiner Shadowrun-Runde bin ich einmal als SL gescheitert, Horrorstimmung zu erzeugen. Die Runner waren in eine Höhle gestürzt und ich testete Dynamic Lighting auf Roll20. Alles war penibel vorbereitet, und es gab viel in den dunklen Gängen zu entdecken. Der Plan war es, mit einigen Hinweisen langsam Ängste aufzubauen und dann alles in einem großen Kampf zwischen drei Insektengeister-Schwärmen gipfeln zu lassen, in den die Charaktere geraten sollten. Durch viele Witze litt die Intensität der Stimmung. Meine Lösung war es, den Action-Teil vorzuziehen, und so wurde es am Ende zumindest sehr gefährlich, wenn auch nicht gruselig.

Wenn sich etwas verändert

Jede Runde benötigt einige Sitzungen, sich zu finden. Aber auch später im Laufe einer langen Kampagne können sich Dinge verändern. Vielleicht wechselt jemand den Job und hat weniger Zeit, oder eine Pandemie verhindert jegliches Treffen. Die meisten Veränderungen sind unproblematisch und völlig normal: Spielende fassen Vertrauen zueinander und spielen offener auf, Charaktere lernen sich kennen und knüpfen Verbindungen oder entwickelten Differenzen. Problematisch sind zumeist nur Veränderungen im OT-Bereich. Wenn diese an der Dynamik der Runde rütteln, sollte die SL eingreifen und klären.

Je länger eine Runde dauert, desto schwieriger wird das. Nach der ersten Sitzung steigen immer mal wieder Leute aus einer Runde aus, weil irgendetwas nicht passt. Nach einem Jahr würde man sich aber schon wundern, wenn unerwartet Probleme auftauchen.

Veränderungen beeinflussen auch unsere Hobbys © zorabc
Veränderungen beeinflussen auch unsere Hobbys © zorabc

Interessen verändern sich im Laufe eines Lebens. Man kann jahrelang begeistert einem Hobby nachgehen und dann irgendwann merken, dass es gar nicht mehr zu einem passt. Vielleicht fällt es immer schwerer, abzuschalten und in die Welten einzutauchen, oder man hat einfach nicht mehr die Zeit, mehrere Stunden am Stück eine Sache zu machen. Eine neue Leidenschaft verändert die Lebensumstände, oder man bekommt ein Kind und hat einen neuen und spannenden Schlafrhythmus. Nicht alles im Leben kann man beeinflussen.

Wenn man merkt, dass das Interesse oder die Zeit für das Hobby schwindet, sollte man das nicht verschleppen. Ja, manche Dinge renken sich von allein wieder ein, aber das ist nicht immer der Fall. Bei so etwas muss man die SL ansprechen und darüber reden, ob eine Veränderung der Sache Abhilfe schafft. Wenn das nicht der Fall ist, sollte eine Pause oder gar der Ausstieg in Betracht gezogen werden.

Ist die SL selbst die betreffende Person, wird die Runde natürlich gesprengt, doch wie eingangs geschrieben, müssen alle gleichermaßen Spaß an den Spielabenden haben.

Veränderung der Plattform

Die Pandemie hat dazu geführt, dass viele Spielrunden nicht mehr stattfinden konnten – vor allem lag das daran, dass man sich nicht mehr treffen durfte. Für mich fielen damit drei Runden weg. Eine davon war die Mutant: Year Zero-Runde. Ich nahm einmal im Monat viele Kilometer Fahrtstrecke auf mich, um meinen Charakter zu spielen – zum Glück ist es bald wieder so weit. Da wir alles versuchten, diese Runde weiterzuführen, hat sich unsere SL mit Roll20 beschäftigt. Mit viel Mühe und Arbeit hat sie die Runde digital aufgebaut, nur damit wir dann feststellen mussten, dass die Gruppendynamik eine völlig andere war. Wir kamen überhaupt nicht in den Flow, den wir am Tisch hatten. Ich habe viele Online-Runden, und alle Teilnehmenden waren schon – miteinander oder mit anderen – am digitalen Spieltisch unterwegs, aber in diesem speziellen Fall hat es einfach nicht geklappt. Die Veränderung der Plattform hat auch unsere Charaktere und unser Spiel beeinflusst. Daran trägt niemand die Schuld, aber wir mussten reagieren. Schweren Herzens haben wir diesen Testballon dann wieder eingestampft, und die Runde freut sich nun auf den ersten richtigen Spieltag, sobald alle doppelt geimpft sind.

Wenn es Konflikte am Spieltisch gibt

Immer wieder kommt es in Spielrunden zu Streit. Dieser kann aus Missverständnissen entstehen, aus Frust oder einfach wegen einer kurzen Lunte durch den stressigen Alltag. Das ist völlig normal, denn es handelt sich um ein soziales Gesprächsspiel. Im zwischenmenschlichen Miteinander kommt man nicht immer uneingeschränkt miteinander klar. Die Ursachen für Konflikte sind vielfältig und müssen nicht alle aufgezählt werden, aber man sollte sich mit den Konsequenzen beschäftigen, die daraus folgen.

Was tun, wenn es kracht? © Rangizzz
Was tun, wenn es kracht? © Rangizzz

Sollte sich ein Konflikt nicht von allein lösen, ist ein*e Mediatior*in gefragt. Diese Rolle übernimmt in der Regel die SL. Besteht der Streit zwischen zwei Spieler*innen, kann die SL ihre Neutralität wahren: Beide Parteien sollten ihren Konflikt im Gespräch unter Anleitung der SL klären können. Rollenspielenden dürfte es nicht schwerfallen, sich in andere hineinzuversetzen, um gegenseitiges Verständnis zu entwickeln. Die SL darf hier auf keinen Fall Partei für eine Seite ergreifen! Manchmal wünschen die Beteiligten keine Mediation und wollen das untereinander klären – dann kann die SL nur hoffen.

Besteht der Konflikt zwischen Spieler*innen und SL, ist es ungleich schwieriger. Falls dieser Konflikt nicht beigelegt werden kann, muss der*die Spieler*in immer fürchten, aus der Runde geworfen zu werden. Es gibt also ein Machtgefälle. Um eine solche Situation gut zu lösen, darf die SL ihre Macht nicht ausnutzen, um die eigene Position zu stärken. Eventuell muss eine weitere Person vermitteln.  

Streit unter Spieler*innen

In einer meiner Runden gab es zwei Spielende, die im Privaten ab einem gewissen Punkt nicht mehr harmonierten. Zwischen zwei Freund*innen zu stehen war immer schwierig für mich. Am Ende führte dies sogar dazu, dass eine der Personen die Runde verließ, was ich sehr bedauert, aber akzeptiert habe.

Nach einiger Zeit wurde ich gefragt, ob eine Rückkehr möglich sei, und natürlich habe ich mich gefreut! Der Streit war aber noch nicht beigelegt, und ich beging den Fehler, diese Rückkehr nicht offen in der Runde zu besprechen. Der Charakter wurde wiedergefunden, die Belastung durch den andauernden Streit merkte man der Runde aber an. In Zukunft würde ich so eine Situation anders handhaben.

Wenn jemand die Runde verlässt

Die wenigsten Runden spielen ihre Kampagnen durchweg in derselben Konstellation. Das hat früher während der Schulzeit funktioniert, aber im späteren Verlauf des Lebens verändern sich permanent Dinge. Es kann dazu kommen, dass Spieler*innen aus der Runde ausscheiden, weil ihnen die Zeit fehlt, es einen Streit gab oder aus ganz anderen Gründen. Manchmal wird auch jemand gebeten, die Runde zu verlassen.

Manchmal ist ein Abschied die richtige Entscheidung © gustavofrazao
Manchmal ist ein Abschied die richtige Entscheidung © gustavofrazao

Der Weggang von Mitspielenden ist immer heikel. In den wenigsten Fällen hat man ein Problem mit der Person an sich, sondern das Zusammenspiel passt einfach nicht mehr. Geht die Person von sich aus, sollte sie nicht dafür kritisiert, sondern diese Entscheidung respektiert werden. Entscheidet sich die SL, dass jemand nicht mehr in die Gruppe passt, muss sie das finale Gespräch allein führen, denn niemand will vor ein Tribunal gestellt werden. Es ist wichtig, die guten Dinge hervorzuheben und zu begründen, warum man diese Entscheidung gefällt hat. Klar ist, dass eine solche Entscheidung reiflich überlegt sein muss und die Probleme bereits im Vorfeld angesprochen und auch innerhalb der Gruppe besprochen worden sein sollten. Jede*r hat eine zweite Chance verdient.

Wie geht man damit um, dass auf einmal jemand fehlt? Einige Runden sind so groß, dass man trotzdem mit den verbliebenen Personen weiterspielen kann. Ist das nicht der Fall, weil zum Beispiel eine wichtige Rolle in der Gruppe fehlt, muss jemand Neues gesucht werden. Auf jeden Fall sollte man die Entscheidung gemeinsam treffen und mit dem Neuzugang die vorangegangenen Probleme besprechen. Keine Runde sollte zweimal aus den gleichen Gründen jemanden verlieren.

Ein*e Spieler*in geht

Wie eingehend erklärt, können unterschiedliche Erwartungshaltungen problematisch werden. In meiner Tales from the Loop-Runde hat ein Spieler unterschätzt, wie stark es ihn belastet, dass das System auch vorsieht, Kinder in schwierige Situationen zu bringen. Ignoriert von der Familie, vernachlässigt von den Eltern oder Opfer des gewalttätigen Vaters – für Eltern kann es schwierig sein, solche Momente im Rollenspiel zu erleben, wenn sie selbst Kinder in dem Alter haben.

Der Spieler hat immer mehr abgeschaltet und weniger teilgenommen. Das war sehr schade. Hier wäre es gut gewesen, einen Schnitt zu machen – von mir als SL oder von ihm als Spieler. Wir haben uns nach Abschluss der Kurzkampagne lange darüber ausgetauscht. An der Fortsetzung der Runde mit Things from the Flood wird er nicht mehr teilnehmen.

Ein*e Spieler*in wird gebeten, zu gehen

Um ein Setting zu bespielen, muss man manchmal gewisse Prämissen akzeptieren. In Shadowrun ist das in aller Regel die Prämisse, dass man ein professioneller Verbrecher ist. Ein Spieler hatte Probleme, diese Rolle anzunehmen und trotz eines Charakterwechsels hat mich das als SL zunehmend irritiert und irgendwann frustriert. Letztlich haben wir miteinander gesprochen und ich entschloss mich dazu, ihn zu bitten, die Runde zu verlassen.

Obwohl die Situation schwierig war, haben wir uns nicht zerstritten. Es ist für beide Seiten unschön, jemanden aus einer Runde zu komplementieren, und ich hatte große Sorge vor dem Gespräch. Für sein Verständnis bin ich ihm noch immer sehr dankbar.

Fazit

In den meisten Fällen ist es wichtig, dass die Spielleitung die Neutralität den Spieler*innen und sich selbst gegenüber wahrt. Als SL darf man keine Charaktere bevorzugen oder benachteiligen und muss ihnen allen gerecht werden – das gilt gleichermaßen für Klassen, Völker oder Traditionen und auch alles andere. Frisch geschlüpfte Ideen der Spielenden sollten genauso berücksichtigt werden wie die vorher liebevoll ausgearbeiteten Pläne der SL.

Aller Neutralität zum Trotz: Wann immer das Gruppenwohl in Gefahr ist, kann eine Spielleitung nicht mehr nur neutral sein. Sie muss eine Position beziehen, die klarmacht, wohin die Reise geht. Gefahr droht durch Missverständnisse oder falsche Erwartungen, durch Veränderungen oder Streit. Manchmal kann man diese Faktoren beeinflussen, und manchmal kann man nichts dagegen tun. Was auch immer das Gruppenwohl bedroht, die SL sollte aktiv an der Lösung beteiligt sein.

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Titelbild: depositphotos © rfphoto

Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Simon Burandt

 

3 Kommentare

  1. Guter Artikel – wobei ich in vielen der genannten Situationen, wo es um grundsätzliche Unstimmigkeiten mit einzelnen Spielern geht, die Verantwortung nicht allein bei der SL sehe, sondern bei allen Mitspielenden. Es ist ja nicht so, dass die SL die einzige ist, der solche Probleme auffallen oder sich Gedanken über mögliche Lösungen machen sollte.
    Genauso sehe ich es als „Gute Spieler-Pflicht“, sein eigenes Spiel in der Gruppe zu reflektieren und zweifelsfalls nicht drauf zu warten, bis jemand Probleme, die ich vielleicht habe, anspricht, sondern da auch für mich selbst Verantwortung zu übernehmen. Das kann schwierig sein, wenn es um sehr persönliche Themen geht, aber gerade dann um so wichtiger.

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